Literature and Society
Barbara
Mariacher
Utrecht

Die Sprache als »Werkstück«

Überlegungen zu Elfriede Jelineks poetologischem Konzept am Beispiel des Theaterstückes »Stecken, Stab und Stangl« (1996)

»Die Sprache ist […] ein Werkstück, und jeder kann auf sie draufhauen«,1 sagt Elfriede Jelinek 2006 in einem Interview und deutet damit in pointierter Weise auf den Kern ihrer poetologischen Verfahrensweise.

Wie aber schlägt man auf die Sprache ein, womit und wozu? Welche Auffassung von Sprache und Text, von Werk und Autor liegt diesem Konzept zu Grunde? Und welche Position nimmt darin der Leser oder der potentielle Zuschauer eines Theaterstückes von Elfriede Jelinek ein?

All diese Fragen stehen im Mittelpunkt der folgenden Überlegungen, die am Beispiel des 1996 unter der Regie von Thirza Bruncken in Hamburg uraufgeführten Stückes Stecken, Stab und Stangl2 geführt werden. Den theoretischen Ausgangspunkt bilden einige Gedanken aus Roland Barthes’ 1984 unter dem Titel Le bruissement de la langue erschienener und 2005 unter dem deutschsprachigen Titel Das Rauschen der Sprache3 vorliegender Essaysammlung, anhand derer die Bedeutung von Jelineks Arbeitsweise gespiegelt werden soll. Wiewohl der Einfluss von Roland Barthes auf das Werk Elfriede Jelineks in der Sekundärliteratur immer wieder konstatiert wird, liegt der Schwerpunkt der wissenschaftlichen Auseinandersetzung auf der Diskussion der von Barthes angeregten Dekonstruktion von Trivialmythen.4 Doch zeichnet sich eine Zuwendung zu anderen Schriften Barthes ab, wie zum Beispiel in Ulrike Haß’ Überlegungen zur »Figur des Chores« in Einar Schleefs Inszenierung von Jelineks Sportstück,5 die meinen Blick auf die texttheoretischen Schriften von Roland Barthes angeregt haben.

Ziel der hier vorgenommenen Spiegelung ist es zum einen, die ideologiekritischen Zusammenhänge des poetischen Verfahrens Jelineks, das besonders für ihre späten Werke charakteristisch ist, zu verdeutlichen. Zum anderen soll ein Beitrag geleistet werden, den in der Rezeption Jelineks immer wiederkehrenden Vorwurf von der Unlesbarkeit ihrer Texte zu entkräften. Es sollen Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie mittels einer aktiven, den Irritationen des Textes folgenden Rezeptionshaltung eine neue Lust an der textuellen Auseinandersetzung entsteht, die nicht durch lineares Lesen, sondern durch das Abtragen von Textschichten im Intertext gestillt wird.

Zuvor ist es jedoch notwendig, einen kurzen Blick auf die Entstehungsgeschichte und auf die gesellschaftspolitischen Zusammenhänge des Stückes zu werfen, sowie seinen sich unter dem kryptischen Titel Stecken, Stab und Stangl verbergenden Inhalt zu beleuchten.

1. Bemerkungen zu Entstehung und Inhalt des Stückes Stecken, Stab und Stangl

Den außerliterarischen Anlass für das Werk Stecken, Stab und Stangl bildete ein Rohrbombenanschlag, der im Februar 1995 im burgenländischen Oberwart verübt wurde und vier Angehörigen der österreichischen Minderheit der Roma das Leben kostete. Der tödliche Sprengstoff wurde unter einem Schild mit der provokativen Aufschrift »Roma, zurück nach Indien!« versteckt und explodierte, als die vier Männer die Tafel entfernen wollten.

Dieses Verbrechen, »das den Text auflädt wie eine Batterie«, kommentierte Jelinek als das »katastrophalste Ereignis der Zweiten Republik«.6 Dabei bezog sich ihr Urteil nicht allein auf den heimtückischen Mord, sondern auf die Art und Weise, wie damit in der österreichischen Öffentlichkeit durch Presse und Politik umgegangen wurde. So insinuierte der damalige FPÖ-Vorsitzende Jörg Haider in einem Interview in den Kärntner Nachrichten eine Mitschuld der Opfer an dem Verbrechen, indem er sie und ihre Angehörigen kriminalisierte und damit den Mord zu verharmlosen versuchte. Eine dieser Bemerkungen Haiders findet sich im Gestus eines Mottos dem Text vorangestellt: »Wer sagt, daß es nicht um einen Konflikt bei einem Waffengeschäft, einen Autoschieberdeal oder um Drogen gegangen ist.«7

Die Empörung über den unstatthaften Umgang mit dem Verbrechen und die eigene emotionale Beteiligung evozierten in Jelinek den Wunsch

einer so unterdrückten Minderheit, die unter unglaublichen Umständen lebt, deren Kinder alle automatisch in Sonderschulen abgeschoben werden, die also gar keine Möglichkeit zur Bildung bekommen, diesen Menschen das Äußerste, was ich mir in meiner Kunst erarbeitet habe, zur Verfügung [zu] stellen: Für die, die sprachlos sind oder deren Sprache wir nicht verstehen, zu sprechen […].8

Die den Titel bildenden, stabreimenden Nomen ›Stecken, Stab und Stangl‹ stehen in einem vieldeutigen Verweiszusammenhang, für dessen Auflösung Jelinek in ihrem Interview zum Stück einige Assoziationsfelder aufruft. So habe sie die Zwillingsformel »Stecken und Stab« dem Hirtenpsalm Davids entnommen, in dem es bekanntlich heißt: »Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln. […] Auch wenn ich wandere im Tal des Todesschattens, fürchte ich kein Unheil, denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich.«9 Als ironisch verwendetes Zitat spiegelt es nicht nur die gesellschaftliche Randposition der Roma und ihre damit verbundene Schutzlosigkeit wider, sondern verweist zugleich auch auf die Ursachen der Ausgrenzung: Denn Stecken und Stab können als Symbole einer patriarchal ausgerichteten Gesellschaft mit ›katholisch-nationalsozialistischer‹ Prägung verstanden werden, wie sie Thomas Bernhard in ähnlicher Weise in seinen Werken angeprangert hat. Die Bezeichnung ›Stangl‹ bezieht sich denn auch auf Franz Stangl, den aus Österreich gebürtigen, berüchtigten ›Kommandanten‹ des Konzentrationslagers Treblinka, der 1970 wegen gemeinschaftlichen Mordes an mindestens 400.000 Menschen angeklagt und verurteilt wurde. Der im Titel zwischen Stecken und Stangl in der Mitte angesiedelte Stab ist nicht nur Teil der Zwillingsformel aus dem Hirtenpsalm, sondern zeigt sich auch mit der anderen Seite verschmolzen, indem damit auf den rechtspopulistischen Kolumnenschreiber Staberl angespielt wird. Staberl ist das Pseudonym des 1920 geborenen, unterschwellig rassistisch und antisemitisch agierenden Journalisten Richard Nimmerrichter, der von 1964 bis 2001 in der österreichischen Boulevardzeitung Krone eine täglich erscheinende Kolumne unterhielt. Sowohl aus den Prozessprotokollen von Franz Stangl als auch aus den fremdenfeindlichen Kolumnen Staberls wird in Stecken, Stab und Stangl an mehreren Stellen zitiert.

Das Stück ist an einer überdimensionalen Fleischtheke aus Chrom und Glas situiert, die auf ironische Weise die Konsumgesellschaft in ihrer österreichischen Ausprägung10 augenfällig macht. Das Figureninventar besteht aus einem Fleischer und seinen diversen Kunden, die nicht näher differenziert sind und entweder keinen Namen tragen oder entweder Herr Stab oder Frau Margit heißen. Sie fungieren lediglich als Sprachträger und sind keine Schauspieler im traditionellen Sinn. Denn die Schauspieler des dramatischen Theaters haben in Jelineks ›postdramatischem‹11 Theater ausgedient. Der Jelinek’sche Schauspieler soll keine »andere Person […] aus seinem Mund hervor[zerren], die ein Schicksal hat, welches ausgebreitet wird,« sondern ist hier um »ein Sprechen [zu] vollziehen«.12

Gegenstand dieses Sprechens ist »die zitierende Rede über sich selbst«,13 die in einem kunstvollen Arrangement der unterschiedlichsten Diskursflächen die »Ermordung der Roma […] an Auschwitz [spiegelt], und beide Themen an der Sprache der Presse.«14 Hinein verwoben in diese sprachliche Häkellandschaft, – in der der Ekel lautlich mitschwingt, – sie stellenweise zerreißend und durchbrechend – sind Texte und Zitate unterschiedlichster philosophischer und literarischer Provenienz: Neben der am deutlichsten vernehmbaren Stimme von Paul Celan finden sich Texte und Gedanken von Martin Heidegger, Ludwig Wittgenstein, Moritz Schlick oder auch von weniger bekannten Künstlern wie etwa Viktor Ullmann, einem Komponisten, der 1944 in Auschwitz ermordet wurde.15

»Das meiste, was man sieht«, – so Jelinek in der ersten Bühnenanweisung – »ist mit eiskremfarbenen Häkelüberzügen, meistens rosa, überzogen« und schlägt für den weiteren Verlauf des Stückes, das nicht umsonst den Untertitel Eine Handarbeit trägt, das Folgende vor:

Im Verlauf des Textes wird an den Häkelwaren herumgebessert, geflickt etc. Die Schauspieler sollen damit, fast unmerklich beginnend, sukzessive immer stärker beschäftigt sein. Am Ende ist eine Handarbeitslandschaft entstanden. Auch die Schauspieler sind dann mit Hüllen überzogen. (SSS, S. 17)

Unter der an der Textoberfläche offensichtlichen Gleichsetzung von Text und Textur, verbirgt sich auch ein ironischer Seitenhieb auf die den Frauen im Verlauf der Geschichte immer wieder abgesprochenen Leistungen in Kunst, Kultur und Wissenschaft, wie Jelinek im Interview mit Anke Roeder zum Ausdruck bringt:

Weder in der Freudschen Kulturtheorie (Freud begründet ja die von ihm als gegeben angenommene Tatsache, daß die Frau, außer Flechten und Weben – was vom Verhüllen ihres Genitals herrühren soll – keine großen Kulturleistungen erbracht habe, damit, daß sie nicht, wie der Mann, sublimieren müsse, kein annähernd starkes Über-Ich ausbilden könne), noch in der öffentlichen Meinung, der veröffentlichten Meinung, wird der Frau ein Sprechen zugestanden, das über das Sprechen-Lehren des Kindes (man sagt ja »die Mutter-Sprache«!) hinausgeht in den Raum des Symbolischen.16

Mit der Aufforderung einen Blick in diese Textur als bühnenmetaphorische Häkellandschaft zu nehmen, die EINER, EGAL WER an das Publikum heranträgt, setzt das Stück ein:

EINER, EGAL WER: Bitte, sehen Sie hier eine flache Landschaft, in die versenkt Jauchegruben, Ziegelteiche, Erdhügel ruhen, eine Ebene, die gleichmütig von sich selbst fortstrebt! Sie ist leer und doch wieder nicht, das sehen Sie doch, oder? Normalerweise ist Leere das Fehlen von etwas, und sie ist auch das Fehlen von dem dazwischen, das sich hätte zeigen können. Vorausgesetzt wir hätten rechtzeitig darauf geachtet. (SSS, S. 17f.)

Dass es sich hier um keine reale österreichische (Ferien-)Landschaft, sondern um eine Sprachlandschaft handelt, wird spätestens nach dem ersten Lesen des Textes vollständig deutlich. Dann nämlich, wenn sich der um seine Lesefrüchte geprellte Leser noch einmal aufmacht und – wie ihm die ironische Stimme des Fleischers am Ende empfiehlt, – einfach »ein bisschen [am Text] zu rubbeln« beginnt und dabei auf unterschiedliche, einander teilweise überlagernde Textschichten stößt.

Da liest sich dann zum Beispiel der Satz »Normalerweise ist Leere das Fehlen von etwas, und sie ist auch das Fehlen von dem dazwischen, das sich hätte zeigen können« als gedankliches Spiel mit Sätzen aus Ludwig Wittgensteins Tractatus logico philosophicus, in welchem das Fragen nach dem Metaphysischen der Unsinnigkeit überführt wird. Kurz bevor die Abhandlung Wittgensteins in den berühmten Satz »Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen« mündet, räumt er ein, dass es »Unaussprechliches« gebe. »Dies zeigt sich, es ist das Mystische.«17

Wittgenstein folgend gibt es auch in Jelineks Stück nichts Metaphysisches und um das Mystische zu sehen, muss man »rechtzeitig darauf achten«, was ein salopp gesprochener Hinweis auf die im Stück im Verborgenen liegenden Stimmen von Künstlern und Künstlerinnen sein mag, die unter den verwobenen und verfilzten Sprach- und Diskursflächen durchscheinen oder diese aufreißen. Von dieser Textpassage aus kann der Leser weiteren Bedeutungspuren folgen und die nahezu kalauerhafte Brechung des letzten Satzes des Tractatus – dahingehend verstehen, dass es in Stecken, Stab und Stangl darum geht, zu sprechen, wovon man nicht sprechen darf und worüber (vor allem in Österreich) geschwiegen wird.

2. Schreiber, Text, Leser

2.1. Autor versus Schreiber

In seinem berühmten Essay »Der Tod des Autors« aus dem Jahre 1968 verabschiedet Roland Barthes den traditionellen Autor- und Werkzusammenhang, der die bisherige, konventionelle Auffassung von Literatur geprägt hat. Es ist dies – wie Fotis Jannidis und andere in der Einleitung zu ihrer umfangreichen Studie zur Rückkehr des Autors betonen – die »wirkungsmächtigste Kritik am Autor«,18 für deren Durchsetzungsvermögen die 68er Bewegung mitverantwortlich war.19 Die Polemik Barthes’ richtete sich denn auch – so Fotis Jannidis – besonders gegen die in Frankreich bis dahin übliche »explication de texte, eine seit dem Jahrhundertbeginn staatlich sanktionierte Instruktion«, die »umfassende Geltung für Schulen und Universitäten beansprucht hatte.«20 Diese Vorstellung von Literatur ist in den Augen von Roland Barthes

tyrannisch auf den Autor ausgerichtet, auf seine Person, seine Geschichte, seine Vorlieben und seine Leidenschaften. […] Die Erklärung des Werkes wird immer auf seiten desjenigen gesucht, der es hervorgebracht hat, als »spräche sich« durch die mehr oder weniger durchsichtige Allegorie der Fiktion hindurch letztlich immer die Stimme ein und derselben Person »aus«, nämlich des Autors.21

Anstelle dieses traditionellen Autor- und Werkzusammenhangs setzt Roland Barthes den Begriff des Schreiber- und Textzusammenhangs, der besonders für die Lektüre moderner beziehungsweise postmoderner Texte nutzbar wird. Denn die Abwesenheit des traditionellen Autors, der als Schöpfer des Werkes für dessen Sinn bürgt, hat nach Roland Barthes den »modernen Text von Grund auf verwandelt« und zwar insofern als dieser Text

nicht aus einer Wortzeile besteht, die einen einzigen gewissermaßen theologischen Sinn (das wäre die »Botschaft« des ›Autor-Gottes‹) freisetzt, sondern aus einem mehrdimensionalen Raum, in dem vielfältige Schreibweisen, von denen keine ursprünglich ist, miteinander harmonieren oder ringen: Der Text ist ein Geflecht von Zitaten, die aus den tausend Brennpunkten der Kultur stammen.22

Die Rolle des Schreibers beschränkt sich darauf, »die Schreibweisen zu mischen, sie dergestalt gegeneinander auszuspielen, daß er sich nie auf eine von ihnen stützt.«23 Er kann sich dem Text wohl einschreiben, sich aber nicht darin ausdrücken, ohne zu wissen, »daß die innerliche ›Sache‹, die er sich zu ›übersetzen‹ anmaßt, selbst wieder nur ein völlig zusammengesetztes Wörterbuch ist, dessen Wörter sich nur durch andere Wörter erklären lassen und dies ad infinitum […].«24

Solche »Gesten der Einschreibung«25 reichen weit über die Bedeutung eines konventionellen autobiographischen Verweises hinaus und finden sich auf vielfältige Weise im Werk Jelineks. In ihrem programmatischen Theateressay Sinn egal. Körper zwecklos vergleicht sie diesen Modus der Einschreibung beispielsweise mit dem Aufladen einer Batterie:

Also lade ich ihn, den Schauspieler, mit der Herausforderung meiner Sprache auf, mische die unbezahlten Forderungen von mindestens zweihundert anderen Autoren […] und mische alsdann auch noch meine eigenen Einkaufsposten, die sich sofort neben mir aufpflanzen und keinen mehr durchlassen darunter; der Schauspieler erhält die Anforderung, welche jetzt auch die meine geworden ist […] auf den Körper gedrückt. Na, die kriegt er nie mehr ab, jetzt kann er das Theater verlassen und später wieder reingehen, meinen Stempel trägt er.26

Ein anderes Beispiel für eine Einschreibung der Autorin im Text findet sich im Sportstück aus dem Jahre 1998, in dem sie sich selbst in der Figur der Elfi Elektra eine Rolle zuweist und so mit ihrer Rolle als Autorin spielt. Auch in Stecken, Stab und Stangl gibt es eine Einschreibung der Schriftstellerin und zwar eingeflochten in eine längere Textpassage, innerhalb der der Fleischer die Autorin plötzlich als »doppeltkohlensaure Gletscherspalte« anspricht. Der genaue Wortlaut dieser Textstelle heißt:

DER FLEISCHER: […] Bitte, ich zum Beispiel kann Ihr Verhalten nicht ganz verstehen, Frau Autorin, Sie doppeltkohlensaure Gletscherspalte, dass Sie mir dauernd sagen, ich sei an etwas schuld, das ich persönlich überhaupt nur vom Hörensagen kenne. (SSS, S. 48)

Bei dieser möglicherweise tatsächlich einmal so oder ähnlich vorgebrachten Beschimpfung27 handelt es sich nicht nur um eine ironische Selbstzuschreibung Jelineks als beispielsweise »sexuell frigide Moralistin«,28 wie dies Bärbel Lücke in ihrer Studie nahelegt. Vielmehr hat man es auch hier mit einem umfangreichen Verweiszusammenhang zu tun, der sich dem Assoziationsprinzip folgend ›aufschlüsseln‹ lässt. So zeigt zum Beispiel Gerda Baumgartner, wie sich diese Bezeichnung ganz im Sinne von Roland Barthes zerlegen und bis ins Detail aufspalten lässt und sich die Bedeutungshöfe der einzelnen Begriffe zur poetologischen Metapher verdichten. Dieser Metapher entsprechend schreibt sich die Autorin als »Riss im festen Material«29 ein, oder als »Leerstelle« im Text, in dem sie etwas verbirgt, »was sich nur zeigt, wenn man in den Text wie in eine Gletscherspalte hineinfällt […] und sich auf die Mehrdeutigkeit und auf Unauflösbares einlässt.«30

Dass solche autobiographischen Einschreibungen nicht nur der Destruktion des Mythos vom Autor dienen, sondern eine viel weitreichendere Rolle im poetologischen Kalkül Jelineks innehaben, zeigt Jeanine Tuschling in ihren Überlegungen zu Jelineks Internetroman Neid. Darin bestimmt sie das Spiel mit der Autorinstanz als wichtiges Element im literarischen Verfahren der ›Autofiktion‹, wobei Tuschling hier dem von Serge Doubrovsky in den siebziger Jahren geprägten Begriff folgt, der darunter einen Text im Spannungsgefüge zwischen »autobiographische[n]« und »fiktionalen Anteilen«31 versteht. »Aufgabe« dieses Verfahrens, das nach Tuschling eine besondere Rolle bei der Artikulation von historischer Erfahrung innehat, ist es, »gegen die Verdrängung und das Verschweigen anzuarbeiten.«32 Jelinek demonstriere damit

die paradoxe Stellung des Autors im Erinnerungsdiskurs, die darin besteht, dass das Biographische einerseits zur Legitimation der Sprecherposition dient, den/die Sprechende/n aber gleichzeitig erneut zum Opfer und damit das Leiden zur Privatsache macht.33

Inwieweit sich die Kategorie des Autors für die Interpretation von Literatur überhaupt hintergehen lässt, bleibt fraglich und ist ein wiederkehrender Diskussionspunkt der literaturwissenschaftlichen Auseinandersetzung. So zeigt beispielsweise Gerhard Lauer, dass sich die Überlegungen von Roland Barthes zum Tod des Autors selbst wesentlich auf ein bestimmtes Autorenkonzept stützen und sich so offensichtlich in einem logischen Widerspruch befinden:

Um zu zeigen, der Autor sei eine obsolete Kategorie für die literaturwissenschaftliche Arbeit, beruft sich Barthes auf Autorennamen, nennt Mallarmé, Valéry und Proust. Mit diesen Namen verknüpft er ein ganz spezifisches poetologisches Wissen, das er aus wenigen ausgewählten Selbstdeutungen der Autoren ableitet.34

Einen ähnlichen Widerspruch könnte man auch den hier gemachten Überlegungen vorwerfen, die sich ja bereits im Titel auf die Autorin berufen. Hierzu lässt sich Folgendes vorbringen: Bei aller Richtigkeit der Einwände gegenüber der Polemik Barthes’, die erstens an ihre Zeit gebunden ist und zweitens die Vielfalt des Umgangs mit der Funktion des Autors sowohl seitens der Schriftsteller als auch seitens der Literaturwissenschaft außer Acht lässt,35 findet in der Diskussion um den Tod des Autors der Begriff des Schreibers, den Barthes anstatt des traditionellen Autorbegriffs einsetzt, meiner Meinung nach zu wenig Beachtung. Denn die Polemik von Barthes richtet sich nicht gegen den Textschaffenden, sondern gegen die Rolle, die sich dieser anmaßt beziehungsweise die an ihn heran getragen wird. Diese aber definiert sich wiederum über die jeweilige kultur- und gesellschaftspolitische Situation, in die er eingebunden ist sowie aus seinem jeweiligen Verhältnis zur Sprache. Genauer gesagt: Während der Autor die Sprache benutzt, um damit Botschaften auszudrücken, dient sie dem Schreiber dazu, sie selbst zum Sprechen zu bringen.

Festzuhalten bleibt, dass der Schreiber oder genauer gesagt die Schriftstellerin Jelinek deshalb nicht auf ihren persönlichen und künstlerischen ›Stempel‹ verzichtet und die Textdeutung keineswegs vollständiger Beliebigkeit preiszugeben ist. Dies wäre schon allein mit dem politischen Engagement unvereinbar, mit dem Jelinek ihre Kunstproduktion von Beginn an verbindet und dessen Bedeutung sie in Interviews verschiedentlich zum Ausdruck gebracht hat. So zum Beispiel 1989 in einem Gespräch mit Anke Roeder, in dem es heißt:

Meine Texte sind engagierte Texte […]. Sie wollen Gegenwart sichtbar machen in ihrer historischen Dimension, und sind vor allem einer politischen Aussage untergeordnet. Das unterscheidet sie entschieden von der Postmoderne.36

Das heißt, dass sich ihre Stücke trotz der darin vorgenommenen Dekonstruktion von Sinnzusammenhängen nicht mit der kurzschlüssigen Vorstellung von postmoderner Beliebigkeit vereinbaren lassen. Die politische Aussage, der die Texte untergeordnet sind, steht im Dienst einer aufklärerischen, marxistisch orientierten Ideologiekritik, die Jelinek auch nach ihrem Austritt aus der Kommunistischen Partei Österreichs, den sie nach der Wende im Jahre 1991 vollzogen hat, beibehält.37 Diese von Jelinek intendierte Gesellschaftskritik greift die Grundfesten einer patriarchal ausgerichteten, westlichen Industriegesellschaft mit all ihren Verstrickungen und Schuldzusammenhängen im Nationalsozialismus an.

Zusammenfassend lässt sich also sagen: So sinnvoll es auf der einen Seite sein kann, den in diversen Interviews und Reden von Jelinek ausgelegten Spuren nachzugehen, so wichtig bleibt auf der anderen Seite die Erkenntnis, dass es sich dabei nur um eine, von vielen anderen möglichen Spuren handelt und dass der Leser letztlich selbst aktiv werden muss. »Denn die Autorin« – so betont auch Maja Sybille Pflüger in ihrer Studie zur Theaterästhetik Jelineks – »gebietet nicht wie ein Souverän über ihre Sprache, sondern ist letztlich nur eine der an den Texten beteiligten Instanzen.«38 Dies sollen die folgenden Abschnitte näher verdeutlichen.

2.2. Text versus Werk

Den Unterschied zwischen Werk und Text macht Roland Barthes mit folgenden Worten sinnfällig: »[D]as Werk ruht in der Hand, der Text ruht in der Sprache.«39 Das bedeutet – so Roland Barthes, – »daß der ›Text‹ nicht enden kann (etwa auf dem Regal einer Bibliothek); seine konstitutive Bewegung ist die Durchquerung40 Ein Text, der ein vielschichtig gesponnenes »Geflecht von Zitaten [ist], die aus den tausend Brennpunkten der Kultur stammen«,41 ist in der Lage, nicht nur eines sondern eine Vielzahl an Werken zu durchwandern. Der Begriff der Durchquerung als ständig fortschreitende Bewegung macht deutlich, was einen so gestalteten Text charakterisiert. Ich zitiere Roland Barthes im unüberhörbaren Anklang an den von Jacques Derrida geprägten Begriff der différance42: Der Text »praktiziert das endlose Zurückweichen des Signifikats, der ›Text‹ schiebt hinaus; sein Feld ist das des Signifikanten«;43 er verweist auf das endlose Spiel der Zeichen. Der so entstehende »immerwährende Signifikant« wird – so Barthes – »nicht auf dem organischen Weg einer Reifung oder auf dem hermeneutischen Weg einer Vertiefung« hervorgebracht, sondern »eher in einer seriellen Bewegung von Versetzungen, Überlappungen und Variationen […].« Seine Logik ist

keine begreifende (definieren, was das Werk ›meint‹), sondern eine metonymische; die Arbeit der Assoziationen, der Kontiguitäten und der Übertragungen deckt sich mit einer Freisetzung der Symbolenergie […].44

Ganz ähnlich hört es sich an, wenn Elfriede Jelinek ihre Arbeitsweise beschreibt. So spricht sie beispielsweise von einer »Assoziationssucht«, deren Wurzeln sie in ihrer jüdischen Herkunft ortet und erläutert diese so:

irgendwie stößt man auf fremde Sprachfelder, wo man sie braucht. Das geschieht weitgehend intuitiv, aber dann fasst man ein (fremdes) Wort und dreht es, wie ein Mistkäfer den Mist, um und um, bis etwas Neues herauskommt.45

Das Ergebnis dieser Vorgehensweise sei aber nicht Beliebigkeit, sondern – so Jelinek im Gespräch mit Tilman Urbach – »man zwinge die Wörter dazu, ihren eigentlichen (ideologischen) Charakter preiszugeben. Auch gegen ihren Willen.«46

2.3. Leser versus Konsument

Dass die Texte Elfriede Jelineks vielfältige Geflechte von Zitaten vorstellen, ist ein unter dem Begriff der Intertextualität firmierender Gemeinplatz der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit ihrem Werk. Wie diese zu bewerten ist und vor allem wie man als Leser damit umgeht, stößt auf weit größere Meinungsdifferenzen.

Entsprechend der Bandbreite, welche »die beinahe dreißig Jahre währende Diskussion über die Definition von Intertextualität in all ihren Abgrenzungen zu Dialogizität und Montage«47 entfaltet hat, lassen sich – am Beispiel von Einzelstudien zu Prosa und Dramen Jelineks – verschiedene theoretische Ausgangspunkte feststellen, die auf unterschiedliche Weise nutzbar gemacht werden. So beschreibt Margret Sander »Intertextualität als Verfahren der Textherstellung«48 und richtet ihr Augenmerk besonders auf die Montagetechnik Jelineks. Sie orientiert sich dabei an Manfred Pfisters Definition von Intertextualität, der diese als

Oberbegriff für jene Verfahren eines mehr oder weniger bewußten Bezugs auf einzelne Prätexte, Gruppen von Prätexten […], wie sie die Literaturwissenschaft unter Begriffen wie Quellen und Einfluß, Zitat und Anspielung, Parodie und Travestie, Imitation, Übersetzung, Adaption bisher schon behandelt hat.49

Einen anderen Zugang zum Intertextualitätsbegriff bei Jelinek unternimmt Maja Sybille Pflüger, die sich auf Julia Kristevas Bachtin-Adaption bezieht, wobei sie allerdings einschränkend feststellen muss, dass der »auf Bachtins Dialogizität aufbauende Begriff der Intertextualität von Kristeva so weitgehend generalisiert« wurde, dass er kein brauchbares Analyseinstrument vorstellt: »Denn wenn jedes Zeichensystem in einen universalen Intertext eingerückt wird, drohen die Begriffe nichtssagend zu werden und erlauben keinen analytischen Zugriff mehr.«50 Der Begriff der Dialogizität, den Bachtin »exklusiv« auf Phänomene des Romans angewendet habe, scheint ihr besser dazu geeignet, »die Komplexität der Jelinek’schen Theatertexte zu erfassen« und die »Interferenz der Textfragmente« zu analysieren. Intertextualität ist in ihren Augen ein »Produktionsverfahren, mittels dessen die Dialogizität der Rede«51 hergestellt wird.

Uda Schestag, die »die Vorzüge beider Ansätze« für ihre Deutung nutzbar macht, erweitert das Spektrum zudem mit dem Wittgenstein’schen Sprachspiel-Begriff, der die Bedeutung der intertextuell miteinander verknüpften sprachlichen Äußerungen in ihren Gebrauch, das heißt, im Kontext, in dem sie eingebettet sind, verortet.52

Alexandra Pontzen hingegen begreift die Intertextualität bei Jelinek als einen »Modus, Weltekel durch Formulierungsfreude abzuarbeiten«53 und stellt die These auf, dass »Aggression […] nicht die Ursache von Jelineks Texten, sondern die Wirkung von deren Lektüre« sei, da sie »den Leser mit dem Verlust seiner hermeneutischen Unschuld« konfrontiere. Pontzen meint damit das Faktum, dass sich Jelineks Texte »nicht […] linear lesen lassen«, wodurch der Leser »zu einer intertextuellen Lektüre gezwungen« sei. »Schon dieses Diktat ›zum Lesen mit Bleistift‹ provoziert bei vielen, auch professionellen Lesern Abwehr«,54 so Alexandra Pontzen.

Die von Pontzen angesprochenen Aggressionen, die sich vielfach bei der Lektüre der Texte Jelineks einstellen, verweisen auf die veränderte Rolle des Lesers, der den Text als mehrdimensionale »neuartige Partitur« nicht einfach konsumieren kann. Vielmehr »fordert [sie] vom Leser eine praktische Mitarbeit«.55 Gerade diese »Reduktion der Lektüre auf einen Konsum«, die den Text lediglich als eine binäre Verknüpfung von Form und Inhalt wahrnimmt, ist nach Roland Barthes

verantwortlich für die »Langeweile«, die viele vor dem modernen (»unlesbaren«) Text, dem avantgardistischen Film oder Bild empfinden: Sich langweilen heißt, daß man den Text nicht hervorbringen, nicht auf ihm spielen, ihn nicht zerlegen, ihn nicht loswerden kann.56

Gefragt ist also eine intertextuelle Lektüre, die sich nicht auf das Dekodieren der disparaten Hypotexte beschränkt, die den Text also nicht nur »entziffert«, sondern »entwirrt«. Barthes versteht darunter das Nachvollziehen der Struktur, die

an all ihren Nahtstellen und auf allen ihren Stufen verfolgt [und] aufgetrennt werden [kann], (wie eine Laufmasche einen Strumpf auftrennt), aber es gibt keinen Inhalt, der Raum des Schreibens muß durchlaufen, nicht durchstoßen werden; das Schreiben setzt fortwährend Sinn, aber immer nur, um ihn zu verflüchtigen.57

Eine Laufmasche kann sich bekanntlich an jeder beliebigen Stelle einer Textur befinden: Der Leser, der in Form einer vom Text ausgehenden Irritation eine solche »Laufmasche« in Jelineks »Handarbeit« wahrnimmt, hat die Wahl von hier oder aber von einer anderen Stelle aus den Text aufzutrennen, oder – eine andere Metapher von Barthes gebrauchend – den Text von hier oder von einer anderen Stelle aus zu »durchqueren«.58 Auf diese Weise befindet er sich – ehe er sich versieht – in höchst spannender Lektüre im Intertext, immer mehr Textschichten durchschreitend und abtragend, in denen sich das Generalthema des Stückes auf vielfältige Weise spiegelt.

Ein Beispiel für einen solchen Lesevorgang sei im Folgenden angeführt, wobei die dargestellte »Textdurchquerung« auf die Lese- und Recherchearbeit von Thomai Diamanti zurückgeht, die diese im Rahmen ihrer Vorstudien zu ihrer Diplomarbeit Im Netz der Diskurse59 vorgenommen hat. Es bezieht sich auf folgende Textpassage, die der Deutlichkeit halber zunächst in voller Länge und samt den Bühnenanweisungen zitiert wird.

DER FLEISCHER im Häkelwerken: Bluthufe scharren die Denksträuße zusammen, ein Aschen-Juche blättert die Singstimmen um. Freigegeben auch dieser Start. Tür du davor einst, Tafel mit dem getöteten Kreidestern drauf. Sie sehen, solche und ähnliche Sachen beschäftigen mich zur Zeit beinahe ununterbrochen. Ich bin zeitgeschichtlich interessiert.

EINE ANDERE: Entschuldigung, was haben Sie da eben gesagt?

Der Fleischer nimmt statt einer Antwort den Schweinskopf ab, darunter trägt er eine rosa Häkelmaske wie sie Bankräuber tragen, eine Schimütze also, die die Augen und den Mund mit Löchern freiläßt. Er näht sich neue Ohren an den Schweinskopf, den er abgenommen hat.

Die folgende Passage wird zuerst normal, dann sozusagen umbrochen gesprochen, das heißt die Leute in der Warteschlange sprechen jeweils eine Zeile des Textes, am Ende der geschriebenen Zeile hört der jeweilige Sprecher auf, und die nächste Zeile wird dann, ohne Rücksicht auf den sich ergebenden Sinn, vom nächsten gesprochen und so fort. Sie hüpfen dabei übermütig aus dem Stand hoch, zusammengehäkelt.

Wenn in einem halbwegs zivilisierten Staat ein Mordprozeß abläuft, dann geht es klarerweise vor allem darum, ob der Angeklagte die ihm zur Last gelegte Tat begangen hat. Als weniger wichtig wird angesehen werden, ob der Mörder sein Opfer erwürgt, erschossen, erschlagen oder erstochen hat. In der großen Politik ist das offenbar anders. Bei dem vor einem halben Jahrhundert begangenen Mordverbrechen des Hitlerregimes an den weniger begüterten Juden – die wohlhabenderen konnten sich ja zumeist durch Emigration retten, nicht selten auch bei den Nazis loskaufen – geht es heute anscheinend weniger darum, ob das Verbrechen begangen worden ist, sondern um die von den Nazis angewendete Todesart. (SSS, S. 29f.)

In dieser Textpassage können zunächst zwei thematisch verbundene, aber in Herkunft und Inhalt völlig entgegengesetzte »Sprachflächen«60 festgestellt werden, die scharf aneinander kantend das Thema des Holocausts reflektieren: Die Sätze des Fleischers, mit denen die zitierte Passage beginnt, stammen, wie Marlies Janz bereits nachgewiesen hat, »aus drei verschiedenen Gedichten Paul Celans«.61 Der der Bühnenanweisung folgende Text hingegen ist ein Zitat aus einem Artikel des rechtspopulistischen Kolumnenschreibers Staberl aus der Kronenzeitung, der unter dem Titel Methoden eines Massenmordes am 10. Mai 1992 in dem Blatt erschienen ist und auf atemverschlagende Weise die Verbrechen des Holocausts verharmlost.

Die Stelle, von der aus Thomai Diamanti ihre Textdurchquerung im Internet vorgenommen hat, befindet sich in den Bühnenanweisungen. Von dem Abschneiden und Annähen der Ohren in dieser Textstelle irritiert, durchwandert sie ganz im Sinne Barthes als nunmehr mitarbeitende Leserin mehrere Textschichten im Internet bis sie zur leidvollen Geschichte der Roma am Anfang des 18. Jahrhunderts gelangt und auf einen mit dem Ohrenabschneiden verbundenen Aufruf zum sogenannten ›Zigeunerjagen‹ stößt, den der österreichische Kaiser Karl der VI., der Vater Maria Theresias, im Jahre 1726 erlassen hat. Dabei sollten damals alle männlichen Zigeuner ausgerottet werden, den Frauen und Kindern unter achtzehn Jahren ein Ohr abgeschnitten werden. Zigeuner an der steirisch-ungarischen Grenze erhielten darüber hinaus ein Verbot, die Grenze nach Österreich zu überschreiten, wobei dieses Verbot mit Hilfe von sogenannten ›Zigeunerpflöcken‹ markiert wurde. Dies waren Tafeln, auf denen drakonische Strafen aufgemalt waren, die die Zigeuner bei Nichteinhaltung des Verbots zu befürchten hatten.62

Kehrt man mit diesen Informationen wieder zurück zur Ausgangstextstelle und also zum Beginn der »Laufmasche« erhellt sich plötzlich die Bedeutung des Schweinskopfes, den der Fleischer trägt: Als schimpfwörtliche Zuschreibung beispielsweise, die darunter liegende Häkelmaske eines Banditen als stigmatisierende Etikettierung der Zigeuner zu Verbrechern wie sie sich im Laufe der Geschichte immer wieder wiederholt hat und wie sie im Fall des Mordanschlages von Oberwart auf die Spitze getrieben wurde, indem man in der Kronenzeitung und durch Insinuierungen Jörg Haiders das Attentat zunächst den Opfern selbst zuschrieb.

Indem der Leser den je eigenen Irritationen, die der Text für ihn bereithält, nachgeht, und in dem daraus resultierenden »Durchqueren« der Texte können die im Stück verborgenen unerhörten Gegenstimmen der Opfer hörbar gemacht werden. Und dies letztlich unabhängig davon, ob der Hinweis mit den Ohren nun bewusst oder unbewusst von Jelinek in den Text »hineingelegt«63 wurde.

Die Bühnenmetapher des Häkelns, die den buchstäblichen und übertragenen Handlungsfaden des Stückes ausmacht, entwickelt also nicht nur auf der inhaltlichen sondern auch auf der strukturellen Ebene ihre Symbolkraft. So ist das Häkeln, mit dem die Spieler darin beschäftigt sind, nicht nur eine ironische Anspielung auf eine bestimmte Form spießbürgerlicher Gemütlichkeit österreichischer Provenienz, die sich durch Vorfälle, wie der Ermordung der vier Roma in Oberwart nicht beunruhigen lassen will und der es um das Beschönigen, Verschleiern und Verhüllen der Wirklichkeit zu tun ist. Die Metapher verweist auch auf die Tiefenstruktur des Textes: Die Bühnenanweisungen, die die Textmetapher wörtlich nehmen, lesen sich als literarischer Kommentar auf die Selbstreferenzialität des Stückes: Da werden Häkelhüllen sorgfältig angepasst oder aufgetrennt, einige Figuren nähen sich aneinander an, die anderen versuchen sich zu trennen, mit und ohne Gewalt. Dies entspricht den im Stück verwobenen »Sprachflächen«,64 die teilweise hart aneinander kanten, manchmal unmerklich ineinander verwoben sind oder im Auftrennen begriffen sind. Die einzelnen Sprecher sind teilweise vollkommen überhäkelt, sie bilden im fortwährenden Wiederholen eines einzigen Satzes eine Häkelschlange, die sich langsam auftrennt, »darunter sind die Leute nackt, rosa auf rosa.« (SSS, S. 60) Ähnliches passiert im Text mit den einzelnen Zitaten: Sie sind überwoben von anderen Texten, entstellt, scharf abgetrennt, in anderen Textstellen verborgen oder in sie hinein geflochten. Der in der Sprache ruhende Text thematisiert sich selbst.

3. Das Zerschlagen von Diskursen

»Die Metapher des ›Textes‹ ist die des Netzes « heißt es bei Barthes – aber diesem Text muss »keinerlei vitaler ›Respekt‹ geschuldet werden: Er kann zerschlagen werden.« 65

Das kritische Potenzial, das im Zerschlagen von Texten steckt, stellt Barthes am Beispiel von Bertolt Brechts in den Jahren 1934/35 entstandener Schrift Über die Wiederherstellung der Wahrheit dar. Darin heißt es: »In Zeiten, wo die Täuschung gefordert und die Irrtümer gefördert werden, bemüht sich der Denkende, alles, was er liest und hört, richtigzustellen.« 66 Brecht führt diesen Prozess der »Richtigstellung« an zwei Beispieltexten vor, und zwar zuerst an einem Text von General Göring über die Überwindung des Kommunismus in Deutschland, der am 12. Dezember 1934 in der Basler Nationalzeitung publiziert wurde, sowie am Beispiel der Weihnachtsbotschaft des Stellvertreters des Führers (Hess) im Jahre 1934, ebenfalls abgedruckt in der Basler Nationalzeitung. 67Dabei werden die Texte Satz für Satz aufgespalten und in ihrem Zusammenhang gestört, die »unwahren Aussagen durch wahre« ersetzt, im Bewusstsein, dass gerade »der Zusammenhang Sätzen oft einen Anschein von Richtigkeit verleiht«, der ihnen in Wirklichkeit nicht zukommt. Dieser Anschein komme daher, »daß man im Zusammenhang, aufbauend auf einem unrichtigen Satz, mehrere richtige Folgerungen ziehen kann.« 68 So erscheine – wie Barthes zusammenfasst – die Rede von Hess nur deshalb als wahr, weil sie »ein[en] fortlaufenden Diskurs darstelle.« 69

Das Stück Stecken, Stab und Stangl mündet in das Zerschlagen einer Häkelschlange. Dieses Zerschlagen der Häkelwurst entspricht auf intertextueller Ebene dem Zerschlagen von Texten, dem »Diskontinuieren« 70 von auf Unwahrheiten basierenden Diskursflächen, von dessen Notwendigkeit Roland Barthes überzeugt ist. Nachgerade programmatisch fordert er Schriftsteller und Denker wie folgt auf:

[W]ir müssen die ausgewogene Masse der Wörter erschüttern, die Decke aufreißen, die Verknüpfungsfolge der Sätze auseinanderbringen, die Strukturen der Sprache zerbrechen […]. 71

Von diesen Gedanken ausgehend lohnt es sich, die Textstelle, in der der Fleischer auf die Häkelschlange einschlägt, genauer ins Auge zu fassen:

DER FLEISCHER kommt hinter der Theke hervor und schlägt mit einem Paket Häkelwürsten zornig auf die Häkelschlange ein:

Sie haben dem Tod seinen Geltungsbereich über die Lebendigen genommen! Sie haben nämlich den Tod selbst genichtet, zu einem empfindungslosen Nichts. Indem so viele getötet worden sind, ist es unmöglich geworden, die Lebenden im Gegensatz zu den Toten überhaupt noch zu definieren. Und was für einen Sinn hat jetzt unserer todesentleertes Dasein? Da hätten wir ja gleich ungezeugt bleiben können! Es kommen die Hunde die Hunde! Rex kommt! Unser Rexi kommt! Bravo!

Leiernd, uninteressiert, ganze Silben verschluckend, als läse er aus einer Zeitung vor:

Schimmelgrün ist das Haus des Vergessens. Vor jedem der wehenden Tore blaut dein enthaupteter Spielmann. Hierher, Rex! So is brav! (SSS, S. 60)

Für den Leser, der einen solchen Text in seiner Vielschichtigkeit verstehen will, sind zwei Betrachtungs- beziehungsweise Arbeitsschritte notwendig. Zuerst muss die Beschaffenheit des Textes dargestellt werden, das heißt, die auf assoziativer Reihung basierenden Textschichten müssen sichtbar gemacht und entwirrt werden, um dann in Bezug mit dem von den Bühnenanweisungen geschaffenen ›Handlungsverlauf‹ gesetzt zu werden. Beginnen wir mit Ersterem:

Der dem Fleischer in den Mund gelegte Text beginnt – wie ich an anderer Stelle ausführlich dargestellt habe – mit einer intertextuellen Anspielung auf die Oper Der Kaiser von Atlantis, deren Komponist Viktor Ullmann 1944 in Auschwitz umgebracht wurde. 72 Diese Oper handelt von dem allegorisierten Tod, der sich weigert, dem Kaiser Overall von Atlantis in seinen allumfassenden Vernichtungsplänen dienstbar zu sein. Der Tod, gekränkt und beleidigt sitzt mit dem Harlekin, der allegorisch für das Leben auftritt, im Ausgedinge. Er ist angesichts »der motorisierten Kohorten« des Kaisers nur noch »ein kleiner Handwerker des Sterbens« 73 und muss als solcher abdanken.

Im Vorwurf des Fleischers »Sie haben dem Tod den Geltungsbereich über die Lebendigen genommen!« sind auf subtile Weise die Stimmen der Opfer verwoben, die einen namenlosen, fabrikmäßig von den »motorisierten Kohorten« durchgeführten Tod sterben mussten. »Sie haben nämlich den Tod selbst genichtet zu einem empfindungslosen Nichts.« In diesem Satz geschieht vielerlei. Zum einen wird die Anspielung auf Viktor Ullmanns Oper aufrechterhalten, die sich auf die Einschränkung des Geltungsbereichs des natürlichen Todes bezieht. Zum anderen verschränken sich zwei weitere intertextuelle Bezüge ineinander und zwar erstens ein Satz von Epikur über den Tod, der wie folgt heißt: »Der Tod ist nichts, was uns betrifft. Denn das Aufgelöste ist empfindungslos. Das Empfindungslose aber ist nichts, was uns betrifft.« 74 Dieser Satz findet sein Echo in der Bezeichnung des Todes als »empfindungsloses Nichts«. In der im selben Satz zitierten Formulierung vom genichteten Nichts, das der Tod sein soll, klingt außerdem eine Wortschöpfung Heideggers aus seiner Antrittsvorlesung an, die er im Juli 1929 an der Freiburger Universität unter dem Titel Was ist Metaphysik? 75 gehalten hat. Diese in die Stimmen der Opfer eingeflochtenen philosophischen Diskurselemente über den Tod entlarven sie im Kontext der Shoa als Gerede, der Tod als »empfindungsloses Nichts« erweist sich als grobe Verharmlosung, der Hinweis auf Heidegger deutet auf dessen fragwürdiges Involviertsein, seine eigene Parteimitgliedschaft.

Die Situation im Konzentrationslager Theresienstadt, der die Oper von Viktor Ullman gewidmet ist, hallt im nächsten Satz wider: »Indem so viele getötet worden sind, ist es unmöglich geworden, die Lebenden im Gegensatz zu den Toten überhaupt noch zu definieren.« Er verweist unter anderem auf einen Vorfall im Konzentrationslager Treblinka, der zur Suspension des damaligen Kommandanten Irmfried Eberl und zum Einsatz Stangls im Lager führte. Durch ein technisches Gebrechen kam es zum »Ausfall der Tötungsmaschinerie«, was dazu führte, dass das ganze Lager von Leichen übersät war, eine Situation der der Bregenzer Irmfried Eberl psychisch nicht mehr gewachsen war und die schließlich zum Einsatz von Franz Stangl führte. 76 Der Ausruf »Es kommen die Hunde die Hunde!« evoziert die Erinnerung an die Angst der Opfer vor den auf sie gehetzten Hunden. Diese Angst wird aber sogleich banalisiert durch den Ruf nach Rex, gemeint ist »Kommissar Rex«, der Schäferhund aus der gleichnamigen Serie.

Auf diesen Versuch des Banalisierens und des Vergessens antwortet die darauffolgende Textstelle, genauer gesagt, die ersten beiden Zeilen aus Paul Celans Titelgedicht Der Sand aus den Urnen, die ebenfalls der Fleischer spricht aber »leiernd, uninteressiert, ganze Silben verschluckend, als läse er aus einer Zeitung vor«.

Schimmelgrün ist das Haus des Vergessens. Vor jedem der wehenden Tore blaut dein enthaupteter Spielmann. 77

Doch erst in Verbindung mit den Bühnenanweisungen, die auf die selbstreferenzielle Ebene des Textes führen, lässt sich die eingangs gestellte Frage nach dem Wie und Warum des »Draufhauns« 78 auf die Sprache beantworten: Das Einschlagen auf die Häkelschlange vollzieht der Fleischer mit einem Paket Häkelwürste. Das Einschlagen auf die Sprache, das dem von Barthes postulierten »Diskontinuieren« 79 von Diskursflächen entspricht, vollzieht Elfriede Jelinek mit der Sprache, mit ihrer Kunst und der Kunst jener, die nicht mehr gehört werden.

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  • 1. Elfriede Jelinek: »Die Sprache ist ein Werkstück«. Elfriede Jelinek im Interview mit Franz Manola. ORF. http://newsv1.orf.at/061020-5088/ (zuletzt eingesehen am 06.07.2010).
  • 2. Ich beziehe mich in meinen Ausführungen auf die folgende Textvariante: Elfriede Jelinek: Stecken, Stab und Stangl. Eine Handarbeit. Reinbek bei Hamburg 1997. Dieser Version geht ein Text voraus, der in den der Zeitschrift Manuskripte erstveröffentlicht wurde. Vgl. Elfriede Jelinek: »Stecken, Stab und Stangl«. In: Manuskripte 129 (1995), S 6–26. Alle Zitate aus dem Stϋck werden im Text mit dem Sigle SSS angeführt.
  • 3. Roland Barthes: Essais Critiques IV. Le bruissement de la langue. Paris 1984. Alle Zitate stammen aus der deutschprachigen Übersetzung: Ders.: Das Rauschen der Sprache. Frankfurt/M. 2005.
  • 4. Vgl. Marlies Janz: Elfriede Jelinek. Stuttgart 1995, S. 8–15.
  • 5. Ulrike Haß: »›Sinn egal. Körper zwecklos.‹ Anmerkungen zur Figur des Chores bei Elfriede Jelinek anläßlich Einar Schleefs Inszenierung von ›Ein Sportstück‹«. In: Heinz Ludwig Arnold (Hg.): Elfriede Jelinek. München ²1999, S. 51–62, hier S. 61 (Text + Kritik, VIII/99).
  • 6. Elfriede Jelinek: »›Ich bin im Grunde ständig tobsüchtig über die Verharmlosung‹. Elfriede Jelinek im Gespräch mit Stefanie Carp«. In: Theater der Zeit Mai/Juni (1996). Zitiert nach: www.elfriedejelinek.com (zuletzt eingesehen am 12.09.2011).
  • 7. Jörg Haider im Interview mit den Kärntner Nachrichten vom 27.07.1995. Ein Journalist der Tageszeitung Der Standard wurde von Haider aufgefordert, die familiären Hintergründe der Opfer zu durchleuchten: »Schauen Sie sich an, wer von diesen Familien sitzt. Das ist relativ einfach.« Vgl. Jörg Haider im Interview mit dem Standard vom 16.08.1995.
  • 8. Jelinek: »Ich bin im Grunde ständig tobsüchtig« (Anm. 6).
  • 9. Psalm 23, Hirtenpsalm Davids. In: Die Bibel. Elberfelder Übersetzung. Wuppertal 82001 (= Taschensonderausgabe), S. 686. Jelinek verweist in oben zitiertem Interview ausdrücklich auf den Bibelzusammenhang. Vgl. Jelinek: »Ich bin im Grunde ständig tobsüchtig« (Anm. 6).
  • 10. Die Hauptnahrungsmittel der Österreicher bestehen – wie Jelinek in ironischer Überspitzung im Roman Gier konstatiert – vornehmlich aus »Fleisch und Alkohol«. Vgl. Elfriede Jelinek: Gier. Reinbek bei Hamburg 2000, S. 163.
  • 11. Der Terminus stammt von Hans-Thiess Lehmann: Postdramatisches Theater. Frankfurt/M. 1999.
  • 12. Elfriede Jelinek: »Ich möchte seicht sein«. In: Theater Heute Jahrbuch (1983), S. 102.
  • 13. Evelyn Annuß: Elfriede Jelinek. Theater des Nachlebens. München 2005, S. 11.
  • 14. Jelinek: »Ich bin im Grunde ständig tobsüchtig« (Anm. 6), S. 3.
  • 15. Vgl. Barbara Mariacher: »Das Unbeliebige im ›Rauschen der Sprache‹. Moritz Schlick und Viktor Ullmann: Ermordete Autoren in Elfriede Jelineks ›Stecken, Stab und Stangl‹ (1996)«. In: Sabine Müller u. Cathrine Theodorsen (Hg.): Elfriede Jelinek – Tradition, Politik und Zitat (= Ergebnisse der Internationalen Elfriede Jelinek-Tagung 1.–3. Juni 2006 in Tromsø). Wien 2008, S. 145–165.
  • 16. Elfriede Jelinek: Überschreitungen. Gespräch schriftlich/mündlich geführt von Anke Roeder. Juli 1996. www.elfriedejelinek.com (zuletzt eingesehen am 21.08.2010).
  • 17. Ludwig Wittgenstein: Tractatus logico-philosophicus. Frankfurt/M. 1963 (1960), S. 115.
  • 18. Fotis Jannidis u.a. (Hg.): Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenen Begriffs. Tübingen 1999, S. 14. Für diesen Hinweis danke ich Jeanine Tuschling.
  • 19. Vgl. ebd., S. 15.
  • 20. Ebd., S. 16.
  • 21. Roland Barthes: »Der Tod des Autors«. In: Ders.: Das Rauschen der Sprache. Frankfurt/M. 2005, S. 57–63, hier S. 58.
  • 22. Ebd., S. 61.
  • 23. Ebd.
  • 24. Ebd.
  • 25. Ebd., S. 60.
  • 26. Elfriede Jelinek: »Sinn egal. Körper zwecklos«. In: Dies.: Stecken, Stab und Stangl, Raststätte, Wolken. Heim. Neue Theaterstücke. Göttingen 1997, S. 7–13, hier S. 12.
  • 27. Die Schriftstellerin war vor dem Entstehungszeitpunkt des Stückes heftigen Attacken und Drohbriefen ausgesetzt. Die Angriffe auf Jelinek standen in Zusammenhang mit der Diffamierungskampagne, die die FPÖ im Wiener Wahlkampf 1995/96 gegen linksgerichtete Künstler und Kulturschaffende führte. Vgl. Pia Janke (Hg.): Die Nestbeschmutzerin. Jelinek & Österreich. Salzburg und Wien 2002, S. 87–116.
  • 28. Bärbel Lücke: Elfriede Jelinek: Eine Einführung in das Werk. Göttingen 2008, S. 128.
  • 29. Gerda Baumgartner: Die ›doppeltkohlensaure Gletscherspalte‹. Autorproblematik, Dramenästhetik und Selbstreferenzialität in Elfriede Jelineks Theaterstück »Stecken, Stab und Stangl«. Hausarbeit. Unveröffentlicht. Universiteit van Amsterdam 2010, S. 9.
  • 30. Vgl. ebd., S. 23.
  • 31. Jeanine Tuschling: »›Ich, eine Figur, die zu nichts taugt?‹ Autofiktionale Erzählstrategien in Elfriede Jelineks Internetroman Neid «. In: Martina Wagner-Egelhaaf (Hg.): Auto( r )fiktion. Literarische Verfahren der Selbstkonstruktion. Bielefeld 2013, S. 235–260, hier S. 247.
  • 32. Ebd., S. 252.
  • 33. Ebd., S. 260.
  • 34. Gerhard Lauer: »Kafkas Autor. Der Tod des Autors und andere notwendige Funktionen des Autorkonzepts«. In: Fotis Jannidis u.a. (Hg.): Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenenen Begriffs. Tübingen 1999, S. 209–234, hier S. 215.
  • 35. Vgl. Fotis Jannidis u.a.: »Rede über den Autor an die Gebildeten unter seinen Verächtern«. In: Dies. (Hg.): Rückkehr des Autors. Zur Erneuerung eines umstrittenenen Begriffs. Tübingen 1999, S. 3–35.
  • 36. Anke Roeder: »Ich will kein Theater – Ich will ein anderes Theater.« In: Theater heute 8 (1989), S. 30f.
  • 37. Die Bedeutung des politischen Engagements Jelineks in Zusammenhang mit der Rezeption ihrer Texte unterstreicht auch Marlies Janz in ihrer Monographie an einleitender Stelle: »Wie immer man zu Jelineks politischer Situierung stehen mag: ohne sie zur Kenntnis zu nehmen, wie es in der Jelinek-Rezeption weitgehend der Fall ist, ist ihr Werk mißverstanden.« Marlies Janz: Elfriede Jelinek. Stuttgart 1995, S. VIII.
  • 38. Maja Sybille Pflüger: Vom Dialog zur Dialogizität. Die Theaterästhetik von Elfriede Jelinek. Tübingen, Basel 1996, S. 60. [Hervorhebung B.M].
  • 39. Roland Barthes: »Vom Werk zum Text«. In: Ders.: Das Rauschen der Sprache. Frankfurt/M. 2005, S. 64–72, hier S. 65.
  • 40. Ebd., S. 66.
  • 41. Barthes: »Der Tod des Autors« (Anm. 21), hier S. 61.
  • 42. Intensiv mit dem Einfluss Derridas auf das Werk Jelineks hat sich Bärbel Lücke in mehreren ihrer Schriften aus unterschiedlichen Blickwinkeln beschäftigt. Vgl. Bärbel Lücke: Semiotik und Dissemination: Von A. J. Greimas zu Jacques Derrida. Eine erzähltheoretische Analyse anhand von Elfriede Jelineks ›Prosa‹ »Oh Wildnis, oh Schutz vor ihr«. Würzburg 2002; Dies.: Jelineks Gespenster. Grenzgänge zwischen Politik, Philosophie und Poesie. Wien 2007.
  • 43. Barthes: »Vom Werk zum Text« (Anm. 39), S. 67.
  • 44. Ebd.
  • 45. Elfriede Jelinek zitiert nach Tilman Urbach: »Die Sprache unter dem Skalpell«. In: du. Elfriede Jelinek. Schreiben, Fremd bleiben. Oktober 1999, Heft 700, S. 14f., hier S. 14.
  • 46. Ebd.
  • 47. Heidrun Siller: »Intertextualität und sprachliche Überschreitung. Zu Elfriede Jelineks Über Tiere (2006)«. http://jelinetz2.files.wordpress.com/2013/02/xintertextualitc3a4t-und-sp..., S. 14 (zuletzt eingesehen am 25.02.2013).
  • 48. Margarete Sander: Textherstellungsverfahren bei Elfriede Jelinek: das Beispiel »Totenauberg«. Würzburg 1996, S. 83.
  • 49. Manfred Pfister: »Konzepte der Intertextualität.« In: Ulrich Broich u. Ders. (Hg.): Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien. Tübingen 1985, S. 1–30, hier S. 15.
  • 50. Maja Sybille Pflüger: Vom Dialog zur Dialogizität. Die Theaterästhetik von Elfriede Jelinek. Tübingen, Basel, S. 54f.
  • 51. Ebd., S. 58.
  • 52. Vgl. Uda Schestag: Sprachspiel als Lebensform. Strukturuntersuchungen zur erzählenden Prosa Jelineks. Bielefeld 1997, S. 17 u. S. 168f.
  • 53. Alexandra Pontzen: »Pietätlose Rezeption? Elfriede Jelineks Umgang mit der Tradition in Die Kinder der Toten «. In: Sabine Müller u. Cathrine Theodorsen (Hg.): Elfriede Jelinek – Tradition, Politik und Zitat (= Ergebnisse der Internationalen Elfriede Jelinek-Tagung 1.–3. Juni 2006 in Tromsø). Wien 2008, S. 51–69, hier S. 53.
  • 54. Ebd., S. 52f.
  • 55. Barthes: »Vom Werk zum Text« (Anm. 39), S. 71.
  • 56. Ebd.
  • 57. Barthes: »Der Tod des Autors« (Anm. 21), S. 62.
  • 58. Barthes: »Vom Werk zum Text« (Anm. 39 ), S. 66.
  • 59. Thomai Diamanti: Im Netz der Diskurse. Bachelorsskriptie. Unveröffentlicht. Amsterdam 2010.
  • 60. Christina Schmidt: »›Sprechen sein.‹ Elfriede Jelineks Theater der Sprachflächen«. In: Sprache im technischen Zeitalter 38 (2000), S. 65–74, hier S. 66.
  • 61. Marlies Janz: »Das Verschwinden des Autors. Die Celan-Zitate in Elfriede Jelineks Stück ›Stecken, Stab und Stangl‹«. In: Celan-Jahrbuch. 7 (1997/98). Heidelberg 1999, S. 279–292, hier S. 284.
  • 62. Vgl. http://www.burgenland-roma.at/index.php/geschichte/die-roma-im-17-18-jhdt (zuletzt eingesehen am 21.04.2013).
  • 63. Auf dieses durchaus zweideutig aufzufassende Hineinlegen von Zitaten und damit möglicherweise Hereinlegen des Lesers verweist die letzte Bühnenanweisung des Stückes. Vgl. SSS, S. 68.
  • 64. Schmidt: »Sprechen sein.« (Anm. 60).
  • 65. Barthes: »Vom Werk zum Text« (Anm. 39), S. 69.
  • 66. Bertolt Brecht: »Über die Wiederherstellung der Wahrheit«. In: Ders.: Schriften 2, 1933–1942. Große kommentierte Berliner und Frankfurter Ausgabe. Hg. von Werner Hecht u.a. Berlin 1993, S. 89.
  • 67. Ebd., S. 90–96.
  • 68. Ebd., S. 90.
  • 69. Roland Barthes: »Brecht und der Diskurs. Beitrag zu einer Untersuchung der Diskursivität.« In: Ders.: Das Rauschen der Sprache. Frankfurt/M. 2005, S. 241–251, hier S. 245.
  • 70. Ebd., S. 245.
  • 71. Ebd., S. 242.
  • 72. Vgl. hier und im Folgenden Mariacher: »Das Unbeliebige im ›Rauschen der Sprache‹« (Anm. 15), S. 162f.
  • 73. Peter Kien: »Opernlibretto zu Der Kaiser von Atlantis oder Die Todverweigerung «. In: Hans-Günter Klein (Hg.): Viktor Ullmann. Der Kaiser von Atlantis. Hölderlin-Lieder. CD-Programmheft zur Oper. Leipzig: DECCA 1993, S. 34–79, hier S. 42 u. S. 34.
  • 74. Epikur: Briefe, Sprüche, Werkfragmente, Philosophie und Erkenntnis. Hg. von H. W. Krautz. Stuttgart 1986, S. 66–79, hier S. 67.
  • 75. Martin Heidegger: Was ist Metaphysik? Bonn 1931, S. 18.
  • 76. Vgl. Michael Grabher: Irmfried Eberl. »Euthanasie« – Arzt und Kommandant von Treblinka. Frankfurt/M. 2006, S. 65–83.
  • 77. Paul Celan: Der Sand aus den Urnen. Frankfurt/M. 2003.
  • 78. Vgl. Jelinek: »Die Sprache ist ein Werkstück« (Anm. 1).
  • 79. Barthes: »Brecht und der Diskurs« (Anm. 69), S. 245.

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