Digital Journal for Philology
Postmigration als Analysekategorie
Der Begriff ›Postmigration‹ scheint im deutschsprachigen Raum zu Beginn des 21. Jahrhunderts eine Gegenwartsdiagnose zu stellen, die nicht nur in der Wissenschaft, sondern immer häufiger auch über den Wirkkreis des ›akademischen Tellerrands‹ hinaus Beachtung und Anwendung findet. Seminare und Tagungen widmen sich der postmigrantischen Realität in Deutschland, im Feuilleton werden Bücher von Autor*innen der postmigrantischen Generation besprochen und postmigrantische Fragestellungen beschäftigen Politik und Kultur gleichermaßen. Auch wir haben uns in den vergangenen Jahren mit dem stetig an Aktualität gewinnenden Themenfeld befasst und auf unterschiedliche Weise zum Diskurs beigetragen: mit Tagungen, Publikationen und der Gründung eines Netzwerks. Bevor die wichtigsten Meilensteile unserer bisherigen Forschung zu einer postmigrantisch ausgerichteten Literatur- und Kulturwissenschaft im Folgenden kurz vorgestellt werden, sind zunächst ein paar einleitende Worte zur Erläuterung von Postmigration nötig.
Im deutschsprachigen Kontext wurde der Begriff von der Berliner Theaterschaffenden Shermin Langhoff im Jahr 2011 so auf den Punkt gebracht: Postmigration meine die Perspektiven und Geschichten derer, die nicht mehr selbst migriert sind, diesen sogenannten Migrationshintergrund aber als persönliches Wissen und kollektive/familiale Erinnerung mitbringen. Ferner stehe das Postmigrantische »in unserem globalisierten, vor allem urbanen Leben für den gesamten gemeinsamen Raum der Diversität jenseits von Herkunft«.1 Langhoffs Verwendung des Begriffs schob die bis heute andauernden, interdisziplinären Debatten um Postmigration an, obwohl der Terminus in fachwissenschaftlichen Diskursen bereits früher auftauchte.2
Dem Erziehungswissenschaftler und Soziologen Erol Yıldız zufolge ist die postmigrantische Perspektive zudem eine politische Geisteshaltung, »die auch subversive, ironische Praktiken einschließt und in ihrer Umkehrung provokant auf hegemoniale Verhältnisse wirkt«.3 Yıldız und Marc Hill fassen das Postmigrantische im Sinne einer Denkfigur, die »ein Überwinden von Denkmustern, das Neudenken des gesamten Feldes, in welches der Migrationsdiskurs eingebettet ist, meint – mit anderen Worten: eine kontrapunktische Deutung gesellschaftlicher Verhältnisse«.4 Der Literatur- und Kulturwissenschaftler Moritz Schramm stellt in seinen Ausführungen der »korpusbasierten Annahme einer ›Literatur der Postmigration‹« eine »postmigrantische Perspektive« entgegen, die sich »prinzipiell auf alle Texte und Gattungen anwenden« lässt.5 Diese vier Stimmen akzentuieren zudem, dass eine postmigrantische Perspektive irritierend auf eine nationale Mythenbildung wirkt und einen kritischen Blick auf eine Geschichtsschreibung fordert, in der Migrationsprozesse und Fluchtbewegungen viel zu häufig ausschließlich aus Sicht der Mehrheitsgesellschaft erzählt werden.6
Die Forschung verweist weiterhin auf Analogien in der Theoriebildung zwischen den Forschungsbereichen der Postmigration und des Postkolonialismus. Parallelen zwischen postkolonialen und postmigrantischen Verfahren sind schnell gefunden: Beide einen widerständige Praktiken, die sich gegen Dominanzgesellschaften richten, wie etwa die Mimikry, Hybridität und ein strategischer Essentialismus. In einem von Ömer Alkın und Lena Geuer herausgegebenen Sammelband werden die Analogien in verschiedenen Beiträgen aufgearbeitet.7 Aufgrund dieser Ähnlichkeiten beider Diskurse beruft sich die Forschung zum Postmigrantischen bislang meist auf postkoloniale Theorien – wobei dekonstruktive Ansätze im Kontext von Postmigration weniger durchscheinen. Dabei spricht jedoch vieles dafür, Postmigration als genuin deutsches Phänomen zu fassen, das durch spezifische historische Gegebenheiten (Anwerbeabkommen und Arbeitsmigration) entstanden ist und nach einer eigenen Theoriebildung – abseits des postkolonialen Forschungsparadigmas – verlangt.
Forschungsnetzwerk »Widerständige Praxen«
Anfang 2021 haben wir das interdisziplinäre wie internationale Forschungsnetzwerk »Widerständige Praxen. Postmigration in Literatur, Medien und Sprache der Gegenwart« gegründet.8 Dieses an der Universität Hamburg angesiedelte Netzwerk macht es sich zur Aufgabe, mit interdisziplinären Analysen von Literatur, Film, Theater, digitalen Medien und Sprache zur Erforschung postmigrantischer Diskurse unserer Gesellschaft beizutragen und dabei insbesondere Diskriminierungsrealitäten, Widerstandspraxen und eine künstlerische Wehrhaftigkeit Marginalisierter in den Fokus zu rücken.
Die Mitglieder des Netzwerks aus Deutschland (u. a. Freie Universität Berlin, Goethe- Universität Frankfurt am Main), Österreich (Universität Innsbruck), Australien (Macquarie University, Sydney) und den USA (Princeton University) arbeiten einem Weiterdenken des Postmigrantischen zu und möchten mit Untersuchungen zu verschiedenen künstlerischen, literarischen, filmischen, theatralen, medialen und sprachlichen – postmigrantischen Verfahren im Sinne eines Perspektivwechsels den Blick auf eine ›radikal diverse Gesellschaft‹ schärfen.9 Denn eine von Migration geprägte Gesellschaft, wie die deutsche, ist in Konsequenz auch eine diverse Gesellschaft, die dies nicht nur formal, sondern auch strukturell und sozial anerkennen muss. Das Präfix ›post‹ in ›postmigrantisch‹ bezieht sich also auf veränderte Strukturen – auch Machtstrukturen – einer Gesellschaft, die infolge von Migration eintreten. Postmigration und Diversität10 werden demnach als allgegenwärtig und alle Gesellschafts- wie Forschungsbereiche betreffend gedacht und nicht als exklusive Forschungsfelder oder Phänomene.
Reclaiming als postmigrantische, widerständige Praxis
Die von uns im September 2020 hybrid veranstaltete, interdisziplinäre und internationale Tagung »Reclaim! Postmigrantische Diskurse der Aneignung« war Auftakt zur Netzwerkgründung. Im Zentrum der Tagung standen gegenwärtige kritische Stimmen, die sich für Diversität sowie gegen eine Diskriminierung aufgrund von Gender, Race, Herkunft, Religion, Queerness, Aussehen, Disability oder auch Klasse aussprechen und die als Reaktionen auf sowie Aktionen gegen eine gesellschaftliche Normierung und den zunehmenden Rechtspopulismus und -ruck in Deutschland und ganz Europa zu verstehen sind. In diesem Kontext wurde (Re-)Claiming als feministischer wie politischer Aktivismus, als Praktik der Aneignung bzw. Wiederaneignung, die zumeist von marginalisierten Personen oder Bevölkerungsgruppen initiiert wird und Forderungen nach gesellschaftlicher Partizipation betrifft, fokussiert. Ein bekanntes Beispiel dieser widerständigen Praxis des (Re-)Claiming ist die Aneignung von Beleidigungen, die andere Personen diskriminierend gegen jemanden verwenden. In angeeigneter Form der Selbstbezeichnung erhalten sie eine empowernde, statt eine verletzende Wirkung. Auch hinsichtlich der Diskussion um Erzähl- und Deutungshoheit deutscher Geschichte kann die literarische Inszenierung einer marginalisierten Perspektive auf historische Ereignisse (zum Beispiel die eines türkischen Arbeitsmigranten auf den Fall der Berliner Mauer) als Beispiel eines (Re-)Claiming verstanden werden.
Aus der Tagung ging der Anfang 2022 publizierte Sammelband Reclaim! Postmigrantische und widerständige Praxen der Aneignung hervor.11 Die darin versammelten Beiträge befassen sich mit den Stimmen Diskriminierter und Marginalisierter sowie mit widerständigen Praxen und setzen dabei ein Zeichen für eine gerechte Gesellschaft, die radikal divers gefasst und geschützt werden muss. Diese wissenschaftliche Auseinandersetzung geschieht in einem interdisziplinären Format, indem eine künstlerische, aktivistische und/oder von Privatpersonen ausgehende Wehrhaftigkeit sowie unterschiedliche Formen des (Re-)Claiming in Literatur, Musik, Sprache, Institutionen, auf dem Theater oder auch im Stadtraum untersucht werden.
Kleine Formen abseits kuratierter Publikationswege
Auch aus dem im November 2021 vom Netzwerk organisierten Workshop zum Thema »Kleine Formen – widerständige Formen? Postmigration intermedial« ging ein Sammelband hervor.12 Dieser widmet sich mit interdisziplinären Beiträgen dem künstlerischen und wehrhaften Potenzial eines Zusammendenkens von Postmigration und kleinen Formen.
Zwar ist ein Rückgriff auf Kürzestformen des Erzählens nicht etwa bedingt durch das Aufkommen der neuen digitalen Medienformate, dennoch stellen sich in einer von Globalisierung, Digitalisierung, Migrations- und Datenströmen geprägten Welt dringende Fragen nach Strategien der Publikation von analogen wie digitalen Kürzestformen: Bei welchen Akteur*innen liegt die Erzählhoheit, welche Reichweite generiert das veröffentlichte Material, welche politische Schlagkraft beinhaltet ein Tweet, wie funktioniert ein Schreiben gegen marginalisierende, exkludierende oder gar rassistische Narrative? Durch die Kombination der postmigrantischen Perspektive mit kleinen Formen, die verschiedenste Genres durchwandern, stehen daher insbesondere jene literarischen und künstlerischen Texte, Medien und Verfahren im Fokus des Bandes, die auch abseits etablierter, kuratierter Publikationswege einen Raum für die Partizipation marginalisierter Stimmen öffnen. Dabei werden nicht nur unterschiedliche Formate in den Blick genommen
– die postmigrantische Agenda folglich als medienübergreifend begriffen –, es kommen auch intermediale Verfahren, insbesondere Medienwechsel und -kombinationen, zum Einsatz, etwa durch Vertonungen und Videoinstallationen von Lyrik oder durch collagenartige Zines. Insbesondere die von unserem Netzwerk fokussierte Widerständigkeit ist ein zentrales Merkmal der kleinen Form im Kontext des postmigrantischen Schreibens und Schaffens: Narrative des Widerstands und der Wehrhaftigkeit, des Gegenanschreibens und Widersprechens lassen sich auffällig häufig in den untersuchten Kleinformen identifizieren.
Postmigrant Turn
Anfang 2023 haben wir zudem gemeinsam mit Rahel Cramer, einer Soziolinguistin aus Sydney, einen Essayband mit dem Titel Postmigrant Turn. Postmigration als kulturwissenschaftliche Analysekategorie veröffentlicht.13 Der Band will mit dem Begriff des ›Postmigrant Turn‹ eine Diskussion anstoßen: Wie kann die postmigrantische Perspektive für kulturwissenschaftliche Untersuchungen als Analysekategorie nutzbar gemacht werden?
Ein Postmigrant Turn steht für eine Hinwendung zu Realitäten der Diversität, die keinen Mehrheitsnormativen gehorchen. So gelingt ein Perspektivwechsel, der Diskurshoheiten verschiebt und die Dominanzgesellschaft kritisch unter die Lupe nimmt. Als konkrete Analysekategorien postmigrantischer Herangehensweisen stehen Narrative der Widerständigkeit, Praxen des Verbündet-Seins und der stilistische Einsatz von Autofiktion im Zentrum unseres Bandes. Beispielhafte Untersuchungen dienen dazu, den
Perspektivwechsel und die Diskursverschiebung aufzuzeigen, und argumentieren dafür, Postmigration als kulturwissenschaftliche Analysekategorie zu etablieren. Mit der Argumentation für einen Postmigrant Turn geht auch die Forderung einher, die künstlerischen Beispiele nicht als Einzelphänomene zu betrachten, sondern ihnen eine wissenschaftstheoretische Rahmung zu geben. Denn ein Turn, eine Wende (von Theorien, Methoden etc.), geht immer mit einer Neufokussierung von Forschung einher. Laut Doris Bachmann-Medick geht es bei einem Turn weniger um eine theoretisch-konzeptuelle Wende, sondern mehr um inhaltliche und methodische Forschungsimpulse, die in die Forschungsarbeit der unterschiedlichen Wissenschaftsdisziplinen eingebracht werden sollen. Dabei finden solche Wenden ausdrücklich zwischen den Disziplinen statt und widmen sich ihren Untersuchungsgegenständen aus der Perspektive der Inter- und Transdisziplinarität.14 Deshalb stehen in unserem Band literatur-, medien- und filmwissenschaftliche neben linguistischen Analysen, deren Zugriffe jeweils anschlussfähig und disziplinübergreifend anwendbar sind.
Turns können laut Bachmann-Medick nicht ohne eine Rückbindung an gesellschaftlich-politische sowie soziokulturelle Prozesse und Entwicklungen gedacht werden: Verändert sich die Gesellschaft, so ergeben sich auch neue Forschungsgegenstände. Neuartige Themen wiederum fordern unter Umständen ein neues Repertoire an Zugriffsmöglichkeiten und Methoden, um diese zu erforschen.15 Es ist jedoch erst dann von einem Turn zu sprechen, erläutert Bachmann-Medick, wenn »Beschreibungsbegriffe zu disziplinenübergreifenden konzeptuell-methodischen Analysekategorien werden, wenn sie also nicht mehr nur Objekt von Erkenntnis bleiben, sondern selbst zum Erkenntnismittel und -medium werden«16 – wie im Kontext der Postmigration. Schaut man auf die vielfältigen künstlerischen Produktionen und Verfahren, die von Autor*innen und Künstler*innen entweder selbst in einem postmigrantischen Schaffenskontext verortet oder von der Kritik mit dieser Zuschreibung versehen werden, stellt sich rasch heraus, dass die postmigrantische Perspektive häufig auf eine Reihe von gattungsübergreifenden Verfahren, Motiven und Themenkomplexen zurückgreift.17
Unserer Argumentation für einen Postmigrant Turn legen wir deshalb die drei Analysemerkmale (Widerständigkeit, Praxen des Verbündet-Seins und der stilistische Einsatz von Autofiktion) zugrunde. Diese Merkmale werden auf inhaltlicher und formaler Ebene, aber auch auf extratextuellen Ebenen wie der Produktion und Distribution relevant. Die Merkmale und ihre Untersuchungsebenen, auf deren Grundlage die Analysekategorie ›Postmigration‹ und die Konzeption eines Postmigrant Turn vorgeschlagen werden, treten häufig gebündelt auf: Künstler*innen beispielsweise rufen in Manifesten und Streitschriften zur Widerständigkeit und zum Verbündet-Sein auf und bedienen sich in diesen Texten zudem Erzählverfahren der Autofiktion. Ebenso fallen widerständige Rezeptionsbedingungen, beispielsweise nicht übersetzte Passagen in Text und Film, in die Kategorie der Widerständigkeit. Das Verbündet-Sein kommt wiederum auffallend häufig auf intertextueller Ebene zum Tragen, wenn Autor*innen in ihren Texten wechselseitig (durch Text- oder Bildzitate) Referenz nehmen und damit gleichsam einen eigenen Kanon zur postmigrantischen Perspektive in der Gegenwartsliteratur kuratieren. Das autofiktive Moment, das viele Texte mit postmigrantischer Perspektivierung auszeichnet, scheint außerdem mit Blick auf ein den westeuropäischen Literaturmarkt der letzten Jahre dominierendes Erzählformat, die Autosoziobiografie, relevant: Der an soziologischen Paradigmen angelehnte, reflektierte Bildungsaufstieg und Klassenwechsel einer autofiktiven Erzählinstanz ist ein Narrativ, das in der Zusammenführung mit der postmigrantischen Perspektive in der jüngeren Forschung unter dem Stichwort ›Postmigrantische Autosoziobiografie‹ Beachtung gefunden hat.18
Daher werden die drei Merkmale in den Beispielanalysen als grundlegend für die Analysekategorie des Postmigrantischen diskutiert, weitere zentrale Merkmale ließen sich ergänzen. Unsere Ausführungen sollen illustrieren, wie ein erster Konzeptionsversuch des Postmigrant Turns aussehen könnte – dieser bedarf selbstverständlich weiterer interdisziplinärer Forschung in den nächsten Jahrzehnten sowie Untersuchungen unter Einbezug von Akteur*innen der postmigrantischen Communities.19
Mit Blick auf methodische Verfahren und theoretische Annahmen der Literaturwissenschaft wird die postmigrantische Perspektive sich zukünftig neben dem writing back der (deutschsprachigen) Gegenwartsliteratur verstärkt mit kontrapunktischen (Re-)Lektüren – auch kanonischer Texte – befassen müssen. Zudem sind die Differenzen zwischen postkolonialen und postmigrantischen Theorien noch stärker herauszuarbeiten, etwa hinsichtlich des (mangelnden) dekonstruktivistischen Potenzials. Beziehungsweise steht die Frage nach genuin deutschsprachigen Verfahren im Raum, also die Frage danach, ob der Ursprung des Postmigrantischen in Deutschland an eine Spezifizität gekoppelt ist, die es in (literatur-)theoretischen Ansätzen noch genauer zu fassen gilt.
Literaturverzeichnis
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YILDIZ, Erol: »Postmigrantische Perspektiven. Aufbruch in eine neue Geschichtlichkeit«. In: Marc Hill u. ders. (Hg.): Nach der Migration. Postmigrantische Perspektiven jenseits der Parallelgesellschaft. Bielefeld 2015, S. 19–36.
- 1. Shermin Langhoff u. Katharina Donath: »Die Herkunft spielt keine Rolle – ›Postmigrantisches‹ Theater im Ballhaus Naunynstraße. Interview mit Shermin Langhoff«, Bundeszentrale für politische Bildung, 10. März 2011, https://www.bpb.de/gesellschaft/bildung/kulturelle-bildung/60135/intervi... (zuletzt eingesehen am 07. Februar 2023).
- 2. Vgl. die von dem britischen Germanisten Tom Cheesman im Jahr 1998 organisierte Tagung »Türkisch-Deutsche Postmigrantenkultur: Transnationalismus, Übersetzung, Politik der Repräsentation«; Moritz Schramm: »Jenseits der binären Logik. Postmigrantische Perspektiven für die Literatur- und Kulturwissenschaft«. In: Naika Foroutan, Julia Karakayali u. Riem Spielhaus (Hg.): Postmigrantische Perspektiven. Ordnungssysteme, Repräsentationen, Kritik. Frankfurt a. M. u. a. 2018, S. 83–94, hier S. 83.
- 3. Erol Yıldız: »Postmigrantische Perspektiven. Aufbruch in eine neue Geschichtlichkeit«. In: Marc Hill u. ders. (Hg.): Nach der Migration. Postmigrantische Perspektiven jenseits der Parallelgesellschaft. Bielefeld 2015, S. 19–36, hier S. 23.
- 4. Marc Hill u. Erol Yıldız: »Editorial«. In: Dies. (Hg.): Postmigrantische Visionen. Erfahrungen – Ideen – Reflexionen. Bielefeld 2018, S. 2.
- 5. Schramm: »Jenseits der binären Logik«, S. 89.
- 6. Vgl. weitere grundlegende Forschungsliteratur zum Postmigrantischen: Naika Foroutan: Die postmigrantische Gesellschaft. Ein Versprechen der pluralen Demokratie. Bielefeld 2019; Anna Meera Gaonkar u. a. (Hg.): Postmigration. Art, Culture, and Politics in Contemporary Europe. Bielefeld 2021; Moritz Schramm, Sten Pultz Moslund u. Anne Ring Petersen (Hg.): Reframing Migration, Diversity and the Arts. The Postmigrant Condition. London 2019 wie auch das Projekt »Inventar der Migrationsbegriffe« des Instituts für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück, insbesondere Erol Yıldız: »Postmigrantisch«. In: Inken Bartels u. a. (Hg.): Inventar der Migrationsbegriffe, 18. Januar 2022, S. 1–10. DOI: 10.48693/23.
- 7. Vgl. Ömer Alkın u. Lena Geuer (Hg.): Postkolonialismus und Postmigration. Münster 2021.
- 8. Vgl. die Webauftritte des Netzwerks unter: https://www.slm.uni-hamburg.de/germanistik/forschung/forschungsprojekte/... (Universität Hamburg) sowie https://wipra.hypotheses.org (Hypotheses).
- 9. Vgl. Max Czollek: Gegenwartsbewältigung. München 2020, S. 158–159.
- 10. Unser Diversitätsverständnis entnehmen wir der kritischen, antirassistischen Praxis, die strukturelle Diskriminierung fokussiert und nicht – wie viele Unternehmen, aber auch Hochschulpolitiken – aus einer privilegierten Perspektive argumentierend von ›Bereicherung durch Diversität‹ spricht: »Der Begriff Diversity wird […] als Vielfalt, radikale Verschiedenheit, Unterschiedlichkeit oder Heterogenität von Menschen übersetzt. Diversity unterstreicht zumeist, dass Menschen unterschiedlich sind: Eine Person fühlt nicht wie die andere, eine Person denkt nicht wie die andere […]. Diversity ist nicht ›die Vielfalt, die mich bereichert‹, ist keine Ressource oder Möglichkeit zur Steigerung von Produktivität. Diversity als radikale Verschiedenheit ist vielmehr relevant für die Frage, warum bestimmte Menschen strukturelle Diskriminierung erfahren, andere hingegen Privilegien haben«, Leah Carola Czollek u. a.: Praxishandbuch Social Justice und Diversity. Theorien, Training, Methoden, Übungen. 2., vollst. überarb. u. erw. Aufl. Weinheim 2019, S. 30.
- 11. Vgl. Jara Schmidt u. Jule Thiemann (Hg.): Reclaim! Postmigrantische und widerständige Praxen der Aneignung. Berlin 2022.
- 12. Vgl. Jara Schmidt u. Jule Thiemann (Hg.): Kleine Formen – widerständige Formen? Postmigration intermedial. Würzburg 2023.
- 13. Vgl. Rahel Cramer, Jara Schmidt u. Jule Thiemann: Postmigrant Turn. Postmigration als kulturwissenschaftliche Analysekategorie. Bd. 16 der Reihe »Relationen. Essays zur Gegenwart«. Berlin 2023.
- 14. Vgl. Doris Bachmann-Medick: »Cultural Turns, Version: 2.0«. In: Docupedia-Zeitgeschichte, 17.Juni 2019, S. 1–19, hier S. 5. DOI: 10.14765/zzf.dok-1389.
- 15. Vgl. ebd.
- 16. Ebd., S. 6.
- 17. Selbstverständlich müssen Künstler*innen und Autor*innen, die sich als postmigrantisch identifizieren, nicht automatisch auch ›postmigrantisch schreiben‹ und als Repräsentant*innen marginalisierter Gruppen fungieren. Einige Autor*innen möchten vielleicht gar nicht politisch gelesen werden, aufgrund von Fremdprojektionen wird aber schnell eine Identitätssuche oder ähnliches in die Texte hineingelesen. Dass so viel autofiktive Literatur publiziert wird, mag auch einer Vorliebe und Verengung des Buchmarktes geschuldet sein, der sich von diesen Erzählungen Erfolge verspricht.
- 18. Vgl. Jule Thiemann: »Postmigration und autosoziobiografisches Erzählen in Dilek Güngörs Vater und ich (2021)«. In: Laura Auteri u. a. (Hg.): Jahrbuch für Internationale Germanistik. Wege der Germanistik in transkultureller Perspektive. Akten des XIV. Kongresses der Internationalen Vereinigung für Germanistik (IVG), Bd. 7. Bern u. a. 2022, S. 547–554.
- 19. Wenngleich die Postmigration ein gesamtgesellschaftliches Phänomen beschreibt, sollen mit dem Begriff der ›postmigrantischen Communities‹ jene Gruppen gefasst werden, die von der Dominanzgesellschaft migrantisiert bzw. marginalisiert werden. Postmigrantische Literatur und Kunst kann aber ebenso von Autor*innen und Künstler*innen der Dominanzgesellschaft geschaffen werden, deren Artefakte und Verfahren Migration selbstverständlich miteinbinden und Essenzialismen überwinden. Vgl. Schramm: »Jenseits der binären Logik«, S. 91.
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