Literary Studies and Praxis
Nadine N.
Başer
Jena

Édouard Louisʼ »Combats et métamorphoses d’une femme«

Ein soziologischer Blick auf die literarische Verarbeitung eines Klassenwechsels

Einleitung

»J’ai pleuré devant cette image parce que j’ai été, malgré moi, ou peut-être, plutôt, avec elle, et parfois contre elle, l’un des acteurs de cette destruction.«1 Diese Selbstbeschreibung der erzählenden Figur Louis2 als eine der Akteur:innen der Zerstörung der Figur Monique und somit ihrer Mutter3 findet sich bereits auf den ersten Seiten von Combats et métamorphoses d’une femme. Darin rekonstruiert der Schriftsteller Édouard Louis, welcher mit seinen gesellschaftskritischen Texten die französische Gegenwart prägt, aus der Ich-Perspektive die Beziehung zu Monique von der Kindheit bis ins Erwachsenenalter. Louis zeichnet Klassenverhältnisse nach, die er als Kind und Jugendlicher in einer Familie der Arbeiter:innenschaft im Norden Frankreichs erfährt und die sich verändern, nachdem es ihm gelungen ist, aufgrund seines Bildungserfolgs in die Kreise Pariser Intellektueller zu gelangen. Der hier analysierte Text scheint an die Mutter gerichtet zu sein, ist aber auch eine Verhandlung patriarchaler Strukturen, die trotz dargestellter Selbstreflexion nicht immer überwunden werden können. So macht der Erzähler Herrschaftsstrukturen, welche in einer bourdieuschen Perspektive als symbolische Gewalt bezeichnet werden, sichtbar, reproduziert diese jedoch stellenweise, wenn dies auch nicht intendiert sein muss.

Das Konzept der symbolischen Gewalt arbeitet Pierre Bourdieu in seiner Studie Die männliche Herrschaft aus.4 Darin analysiert der Soziologe Die Fahrt zum Leuchtturm von Virginia Woolf,5 um »die männliche Erfahrung der Herrschaft in ihren Widersprüchen [zu] untersuchen«6. Der Rückgriff auf einen literarischen Text wird damit begründet, dass die schriftstellerische Arbeit eine Darstellung der Geschlechterbeziehungen begünstige, die, anders als viele theoretische Texte, frei von Klischees sei.7 Dem folgend soll hier eine soziologische Perspektive eingenommen werden, wobei ein kritischer Fokus auf vergeschlechtlichte Konstruktionsprinzipien von Männlichkeit sowie Klasse gelegt wird. Anhand dieser Konstruktionsprinzipien wird einerseits deutlich, wie Louis seine eigene Involviertheit in vergeschlechtlichte Herrschaftsstrukturen8 reflektiert und er andererseits Gefahr läuft, stellenweise eine männliche Überschreibung9 vorzunehmen.

In Combats et métamorphoses d’une femme wird in vier Teilen der Lebensweg Moniques skizziert. Der Text beginnt mit ihr als zwanzigjähriger Frau, die ein Foto von sich selbst macht, und schließt, ohne ein konkretes Alter zu nennen, wohl am Ende der 2010er-Jahre. Diese Fotografie wird erst auf der letzten Seite gezeigt und stellt somit den Abschluss dar.10 Hinzu kommen zwei weitere Fotografien, welche als »eine Art Realitätsanker«11 gedeutet werden können. Hierdurch wird ein Authentizitätsanspruch verstärkt, welchen der Semiotiker und Literaturtheoretiker Roland Barthes als Realitätseffekt bezeichnet.12 Eine zeitliche Linearität wird dabei nicht eingehalten. Mitunter willkürlich erscheinen die erzählten Szenen und Ereignisse in anachronistischer Weise angeordnet, wodurch ein Prozess der Selektion deutlich wird. Mithilfe dieser Szenen wird eine Transformation der Figur Monique nachgezeichnet, für welche sich in der Forschungsliteratur Begriffe wie ›Klassenübergang‹13, ›Klassenwechsel‹14 oder ›Bildungsaufstieg‹15 finden.

Im Folgenden soll der Frage nachgegangen werden, auf welche Weise die Analyse literarischer Texte aus einer soziologischen Perspektive dazu beitragen kann, implizite und explizite Herrschaftsverhältnisse sichtbar zu machen. Hierfür wird der Fokus zunächst auf den Begriff der ›Autosoziobiographie‹ gelegt. Anschließend wird der Klassenbegriff, wie ihn Bourdieu verwendet, vorgestellt. Das theoretische Kapitel schließt mit einer kurzen Erläuterung zur Konzeptionierung von Männlichkeiten. Der analytische Teil dieser Arbeit beginnt mit einer knappen Vorstellung der methodischen Herangehensweise, woraufhin das autosoziobiographische Schreiben im Werk interpretiert wird. Daran schließt sich an, inwiefern Monique und Louis in ihrer Beziehung zueinander überhaupt erst zu Mutter und Sohn werden, bevor abschließend der Fokus auf die Frage nach einem erzählten Klassenwechsel gelegt wird.

Soziologische Rahmung – »Autosoziobiographie«, »Männlichkeiten« und »Klassen«

Perspektivierung eines Lebens oder Autosoziobiographie

Didier Eribons Retour à Reims16 gilt mit Blick auf die Textform der Autosoziobiographie als ausschlaggebendes Werk.17 Eva Blome, Philipp Lammers und Sarah Seidel schreiben von einer »autobiographisch grundierte[n] literarische[n] Sozioanalyse des Klassenübergängers Eribon«.18 Den genannten Autor:innen zufolge ist im »autobiographischen Gefüge die Neuschöpfung von Begriffen und Ausdifferenzierungen gattungsprägend«19. Nach Marck Reiser ist Louis’ Text von einem Changieren zwischen (Auto)-Biographie und Autofiktion geprägt.20 Yasemin Sezgin begreift die bis 2018 veröffentlichten Werke von Édouard Louis als Autofiktionen, die sich sowohl durch einen »autobiographischen und inhaltlichen Wahrheitsanspruch und Realitätsbezug«21 auszeichnen als auch durch »strukturelle Freiheiten und literarische Konstruktionen, die durch die Fiktion ermöglicht werden«.22 Mit Annie Ernaux soll im Folgenden auf die Autosoziobiographie23 fokussiert werden, ohne dabei autofiktionale Elemente aus dem Blick zu verlieren. Die nahegelegte Identität von Erzähler, Autor und Hauptfigur lässt den Eindruck eines homo- sowie autodiegetischen Textes entstehen.24 Die Autofiktionalität scheint jedoch dadurch betont zu werden, dass die Figur Monique als Louisʼ Mutter konstruiert wird, während in En finir avec Eddy Bellegueule seine Mutter den Namen Brigitte trägt.25

Im Genre der Autosoziobiographie sind soziologische Praktiken sowie soziologisches Wissen eingelagert.26 Nach Blome verfolgen sie den Anspruch, »individuelle Erfahrungen des Klassenwechsels mit einer Analyse aktueller gesellschaftlicher Problemlagen zu verbinden«.27 Dargestellt werden »individuelle Lebensgeschichten, die von einem Klassenwechsel qua Bildung und dessen Hindernissen erzählen und sich zugleich als Analysen der Mechanismen von Reproduktion und Nicht-Reproduktion bestehender Sozialverhältnisse zu erkennen geben«.28 Konstituierend ist eine Ausweitung des autobiographischen Authentizitätsversprechens. Die Aussagen der Erzählsubjekte beanspruchen Deutungshoheit sowohl über das eigene Leben als »auch gegenüber der sozialen Gegenwart, an der sie als Akteur:innen aktiv mitwirken und der sie sich gleichermaßen ausgesetzt fühlen«.29

Ein weiteres Merkmal autosoziobiographischer Texte ist eine Sprecher:innenposition, welche eine qua Bildung erworbene hegemoniale Position darstellt, wodurch »die Artikulation der Autosoziobiograph:innen überhaupt erst ermöglicht und legitimiert«30 wird. Während in vielen Fällen die Rückkehr zum sozialen Herkunftsmilieu als Anlass für eine soziologische Introspektion genommen wird,31 steht in dem hier analysierten Werk der Weg im Vordergrund, den Monique und Louis zurückgelegt haben, bis zu dem Ort, an dem sie sich in der erzählten Gegenwart befinden.

Soziologisches und theoretisches Wissen wird mit literarischen Verfahren verknüpft, woraus eine akteurspezifische Perspektivierung des eigenen Lebens resultiert, welche theoretisch reflektiert und in eine objektivierende Form gegossen wird. Hierdurch verlegen Autosoziobiographien die Objektivierung sozialer Verhältnisse in die eigene Kompetenz.32 Die erfahrene Transition geht auch mit einer identitätsbezogenen Verunsicherung einher, die es zu narrativieren gilt. Nach Blome u. a. bedienen sich die Texte »verschiedener sprachlicher Mittel und Techniken«33, wozu »Wiederholungen, Listen und Aufzählungen, Alltagssprache, aber auch die Montage von Fotografien«34 gehören. Hinzu kommen Zitate und Paraphrasen als Teil von Intertextualitäts- und Montagestrategien, wodurch deutlich wird, dass autosoziobiographische Texte nicht nur auf die außersprachliche Realität referieren, sondern auch auf Textwelten.35 Im Hinblick auf die identitätsbezogene Verunsicherung, die mit »Zwischenzuständen oder Schwellenmomenten«36 einhergehen kann, erscheint es von Bedeutung, sowohl die Ebene der histoire als auch die Ebene des discours zu untersuchen.

Als einen problematischen Aspekt hebt Blome die Frage der Adressierung hervor. Dabei wird das Lesepublikum oftmals in dichotome Lager eingeteilt, das der Herkunftsklasse, die als Arbeiter:innenklasse und bildungsfern stilisiert wird, sowie das der Ankunftsklasse, in der ein intellektuelles bürgerliches Publikum vermutet wird. Das Schreiben über die soziale und familiäre Herkunft birgt außerdem die »Gefahr einer […] Ausbeutung«.37 Für Julia Reuter resultiert hieraus auch die Frage, »inwiefern die Arbeiter*innenklasse bzw. unterprivilegierte Schichten überhaupt Einfluss auf die Regeln des Repräsentierens haben, diese verstehen, sich durch diese selbst diskriminiert fühlen und/oder Einfluss auf die weitere Nutzung dieser Darstellungen besitzen«.38 Es zeigt sich, dass Autosoziobiograph:innen die »Frage nach der richtigen Haltung gegenüber dem Erzählten, nach einem angemessenen Ton der Darstellung«39 thematisieren, wie Blome für den Text Qui a tué mon père40 feststellt. Zudem macht sie ein »Ringen um die richtige Selbst- und Fremdrepräsentationsweise«41 deutlich, welches auch auf das hier analysierte Werk zutrifft. Neben der Problematik der Adressierung sowie möglichen Ausbeutung verweist Carlos Spoerhase kritisch auf die Privilegierung von Erzählweisen, deren Protagonist:in eine singuläre Figur und keine Generation oder Familie darstellt.42 Der Erzähler nimmt zwar nicht seine gesamte Familie in den Blick, erzählt aber von zwei Figuren, wodurch Monique zu einer Protagonistin wird.

Bourdieuscher Blick auf Klassen(dimensionen)

Der erwähnte Fokus auf Herkunfts- und Ankunftsklasse führt zur Frage der Definition von Klasse, wobei eine rein ökonomische Betrachtung gesellschaftlicher Verhältnisse den Begriff verkürzen würde. Rita Mae Brown betont, dass Klasse nicht allein auf die marxsche Definition bezogen werden kann, da Klasse viel mehr sei:

Class involves your behavior, your basic assumptions about life, your experiences (determined by your class) validate those assumptions, how you are taught to behave, what you expect from yourself and from others, your concept of a future, how you understand problems and solve them, how you think, feel, act.43

In einer bourdieuschen Perspektive lassen sich diese Verhaltens- und Denkweisen unter dem Begriff des ›Habitus‹ fassen. Dieser wird verstanden als individuelle und kollektive Praktiken erzeugende »Wahrnehmungs-, Denk- und Handlungsschemata«.44 Der Habitus setzt zwei Leistungen zueinander in Beziehung, die grundlegend für die Einteilung von Klassen sind. Erstens werden im Sinne eines Erzeugungsprinzips klassifizierbare Praxisformen und Werke hervorgebracht. Zweitens werden diese Formen und Produkte, wobei letztere für Bourdieu den Geschmack45 darstellen, im Sinne eines Klassifikationssystems unterschieden und bewertet. Indem diese den Habitus definierenden Leistungen in Beziehung gesetzt werden, »konstituiert sich die repräsentative soziale Welt, mit anderen Worten der Raum der Lebensstile«.46 Der Wahrnehmung der sozialen Welt liegt Bourdieu zufolge das Prinzip der division in logische Klassen zugrunde, welches wiederum ein Produkt der Inkorporierung der Teilung in soziale Klassen darstellt.47

Eine Klassenzugehörigkeit kann mit Bourdieus Kapitalbegriff in Verbindung gebracht werden.48 Neben ökonomischem Kapital hängt die Zuordnung zu einer Klasse von weiteren Dimensionen in Form von sozialem, kulturellem oder symbolischem Kapital ab.49 Dabei bezieht sich das soziale Kapital auf »die Gesamtheit der aktuellen und potentiellen Ressourcen, die mit dem Besitz eines dauerhaften Netzes von mehr oder weniger institutionalisierten Beziehungen gegenseitigen Kennens oder Anerkennens verbunden sind«.50 Bourdieu spricht hier auch von der Ressource der Zugehörigkeit zu einer Gruppe.51 Das kulturelle Kapital existiert in inkorporiertem, objektiviertem oder institutionalisiertem Zustand und bezieht sich damit auf dauerhafte »Dispositionen des Organismus«,52 auf kulturelle Güter wie Bücher, Instrumente oder Bilder53 oder Titel, deren Verleihung die »Objektivierung von inkorporiertem Kulturkapital«54 darstellt. Auf Grundlage von ökonomischem, sozialem und kulturellem Kapital lässt sich symbolisches Kapital in Form von »Anerkennung, Prestige, Macht und Autorität«55 akkumulieren.56 Während Umfang und Struktur der Kapitalsorten sowohl in synchronischer als auch diachronischer Dimension relevantes Merkmal für die sozio-ökonomische Lage sind, ist für die soziale Position im Raum der Lebensstile von besonderer Relevanz, was sie gerade nicht ist oder was ihr entgegengesetzt ist. Bourdieu resümiert: »[S]oziale Identität gewinnt Kontur und bestätigt sich in der Differenz«.57

Eine solche Perspektive ist in Bezug auf autosoziobiographische Werke relevant, da in diesen nicht selten ein gespaltener Habitus58 sichtbar wird. Es zeigt sich zudem, dass ein Klassenwechsel mitnichten dazu führt, im Raum der Lebensstile trotz einer ähnlichen Kapitalstruktur identische Positionen einnehmen zu können wie jene, die stets Positionen in der Ankunftsklasse innehatten und -haben. Die Themen Klasse und Herkunft sind in Autosoziobiographien derart bedeutsam, dass Blome u. a. fragen, ob diese Texte ohne eine »an die soziale Kategorie der Klasse gebundene Transgressionserfahrung«59 überhaupt denkbar sind. Das stete Gefühl, an einem sozialen wie auch räumlichen Ort zu sein, dessen Struktur nie so verinnerlicht werden kann, als wäre er schon immer der eigene Ort gewesen, wird im hier analysierten Werk deutlich. Dabei spielt der Aspekt Geschlecht eine entscheidende Rolle.

Konzeptionierung von Männlichkeiten

Die Vorstellung von Männlichkeiten als soziale Konstruktionen steht im Kontrast zu jener, bei der Männlichkeit als unveränderlich und vermeintlich natürlich aufgefasst wird.60 Mit Raewyn Connells Konzept der hegemonialen Männlichkeit61 wird »die männliche Herrschaft weniger in der Erzwingung von Unterordnung […] fundiert, sondern in einer Anerkennung allgemeiner Werte und Normen durch Männer und Frauen«.62 So kann die hegemoniale Männlichkeit »als jene Konfiguration geschlechtsbezogener Praxis« definiert werden, »welche die momentan akzeptierte Antwort auf das Legitimitätsproblem des Patriarchats verkörpert und die Dominanz der Männer sowie die Unterordnung der Frauen gewährleistet (oder gewährleisten soll)«.63 Neben dieser Dominanz von Männern über Frauen, aufgefasst als soziale Gruppen, muss auch das hierarchische Verhältnis zwischen verschiedenen Ausprägungen von Männlichkeiten berücksichtigt werden.64

Den zunächst für die Analyse von Klassenverhältnissen entwickelten Habitus-Begriff wendet Bourdieu in den späten 1990er-Jahren auf Geschlechterverhältnisse an.65 Demnach existiert ein vergeschlechtlichter und vergeschlechtlichender Habitus. Der männliche Habitus wird in einem homosozialen Raum konstruiert, in welchem »die ernsten Spiele des Wettbewerbs«66 stattfinden. Bourdieu betont, dass ›Männlichkeit‹ ein relationaler Begriff ist, »der vor und für die anderen Männer und gegen die Weiblichkeit konstruiert ist, aus einer Art Angst vor dem Weiblichen«.67 Von den ernsten Spielen ausgeschlossen, tragen Frauen dennoch zur Aufrechterhaltung dieser ungleichen Machstrukturen bei. Dies konzeptualisiert Bourdieu als symbolische Gewalt. Dabei werden Denkschemata auf die Machtverhältnisse angewendet, »die das Produkt der Inkorporierung dieser Machtverhältnisse sind und die in den Gegensätzen, auf denen die symbolische Ordnung basiert, ihren Ausdruck finden«.68 Aufgrund dieser Inkorporierung richtet sich die symbolische Gewalt

mittels der Zustimmung ein, die dem Herrschenden (folglich der Herrschaft) zu geben der Beherrschte gar nicht umhinkann, da er, um ihn und sich selbst, oder besser, seine Beziehung zu ihm zu erfassen, nur über Erkenntnismittel verfügt, die er mit ihm gemein hat, und die, da sie nur die verkörperte Form des Herrschaftsverhältnisses sind, dieses Verhältnis als natürlich erscheinen lassen.69

Die Herrschaftsstrukturen aber sind das Produkt einer steten und historischen Reproduktionsarbeit, »an der einzelne Akteure (darunter die Männer mit den Waffen der physischen und symbolischen Gewalt) und Institutionen, die Familien, die Kirche, die Schule, der Staat beteiligt sind«.70 Das Verkennen der sozialen Konstruiertheit dieser Verhältnisse ist eine der stärksten Stützen der männlichen Herrschaft, wie Bourdieu betont, und kann die Form einer Liebe zum Herrschenden und seiner Herrschaft annehmen, wobei eigene Machtansprüche fallen gelassen werden. Die sogenannte libido dominantis, das Verlangen nach dem Herrschenden, impliziert dabei »den Verzicht, der eigenen libido dominandi (dem Verlangen zu herrschen) nachzugeben«.71

Für die Analyse von symbolischer Gewalt erscheint bedeutend, was Toni Tholen für die Untersuchung von Geschlecht und dabei insbesondere von Männlichkeiten in literarischen Texten voraussetzt, nämlich die »Haltung eines schwebenden, wahrnehmenden Lesens«.72 Dabei gilt es nicht, sich auf einzelne Protagonisten und somit eine reine Figurencharakterisierung zu beschränken, sondern, »männliche Figuren in ihren Beziehungen zu anderen männlichen und weiblichen Figuren zu sehen und […] diese Beziehungen als Prozess zu betrachten«.73 Es ist jedoch nicht ausreichend, einen literarischen Text allein mit Blick auf soziologische Kategorien zu untersuchen, da Literatur soziale Verhältnisse nicht einfach abbildet, sondern ästhetisch darstellt.74 Da besonders die literarische Form für die Konstruktion von Männlichkeit wegweisend ist, müssen die geschlechtlich konnotierten Denk-, Fühl- und Handlungsweisen stets in »Zusammenhang mit der Form ihrer narrativen Inszenierung«75 betrachtet werden. Notwendig sei außerdem, »die literaturwissenschaftliche Erforschung von Männlichkeit als Teil einer erfahrungsoffenen, reflexiv- kritischen Theorie der Geschlechter- und Machtverhältnisse zu verstehen«.76 Dabei gilt es im Rahmen der Textauslegung sowohl Restaurierung als auch Neucodierung hegemonialer Männlichkeit genauso wie einen »möglichen Wandel der Geschlechterverhältnisse und die kulturelle Repräsentation alternativer Männlichkeiten«77 im Blick zu behalten.

In ihrer Analyse von 2023 untersucht Brigitte Bargetz die Neukonfiguration von hegemonialer Männlichkeit und verweist auf Eribon und Louis, »die als schwule Jungen in der Arbeiterklasse aufwuchsen, den ineinander verschränkten Klassen- und Sexualitätsverhältnissen in ihren eigenen Herkunftsgeschichten nachspüren und diese über das Persönliche hinaus als Ausdruck struktureller Herrschaftsverhältnisse fassbar machen«.78 Die Texte der beiden Autoren lassen sich als ein Anschreiben gegen Objektifizierungen und somit eine Praxis der Selbst- sowie Subjektkonstitution verstehen.79 In solchen Werken wird das Persönliche in den Mittelpunkt gerückt und als etwas genuin Politisches verstanden, womit eine Kritik sozialer Verhältnisse einhergeht. Laut Bargetz findet aber eine Verschiebung von der feministischen hin zu einer männlichen Politisierung des Persönlichen statt, was dazu führt, »dass feministische Anliegen und Debatten aufgegriffen und auf unterschiedliche Weise männlich überschrieben werden«.80 Im Diskurs über die männliche Politisierung des Persönlichen und damit in der Auseinandersetzung mit Männlichkeit(en) geht aus Bargetz’ Sicht die Beschäftigung mit Geschlechterverhältnissen verloren. Als besonders problematisch für den literarischen Raum hebt sie hervor, wenn die Auseinandersetzung mit Männlichkeit dort als besonders bemerkenswert erachtet und nicht als Teil eines hierarchischen Geschlechterverhältnisses aufgefasst wird.81

Der Rekurs auf das Persönliche sowie auf Gefühle lässt auf den ersten Blick androzentrische Wissenspraktiken als überwunden erscheinen. Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass diese Praktiken erneut an Bedeutung gewinnen, »indem sich das Interesse für Gefühle vor allem auf ein besseres Verständnis von Männlichkeit(en) und männliche Lebenswelten verlagert, eine männliche weiße Erzählung universalisiert wird und geschlechterkritische Ansätze und ihre Einsichten zugunsten dieser Erzählung partikularisiert werden«.82 In dem hier analysierten Werk scheint eine größere Differenziertheit vorzuliegen, insofern der Emanzipationsprozess von Monique erzählt wird, wobei Geschlechter- sowie Klassenverhältnisse reflektiert werden. Es stellt sich jedoch die Frage, inwiefern dabei nicht dennoch vergeschlechtlichte Herrschaftsstrukturen teilweise reproduziert werden.

Literarisches Schreiben und Werden83

Methodische Herangehensweise

Methodisch wird zunächst ein close reading84 vorgenommen. Diese Form der Interpretationstechnik stößt nach Carolin Amlinger, David-Christopher Assmann und Urs Büttner an ihre Grenzen, »wenn die Bedeutungsstrukturen nicht mehr nur im Text situiert werden, sondern sich erst vollständig unter Bezugnahme auf das Soziale entfalten«.85 In dem hier analysierten Text werden soziologisches und theoretisches Wissen mit literarischen Verfahren86 verknüpft. Diese Verknüpfung wie auch intertextuelle Verweise erfordern eine Herangehensweise, die über ein close reading hinausgeht. Eine Möglichkeit scheint die Annäherung an Barthes’ Vorgehen zu sein. Es geht dabei darum, die Offenheit eines Textes anzunehmen und diesen aufgrund seiner Intertextualität als Zwischentext eines anderen Textes zu betrachten.87 Dabei werden auch soziologisches und theoretisches Wissen als Texte aufgefasst. Die Offenheit eines Textes wird bei Yasemin Sezgin besonders deutlich, die in Histoire de la violence88 eine Stelle ausmacht, in welcher die Leser:innen mit einem Wortschwall konfrontiert würden und es daher schiene, »als würde die Gewalt durch die Seiten des Buches hinausdrängen«.89

Um solche Übergänge vom geschriebenen Text hin zur symbolischen Gewalt zu analysieren, wird im Anschluss an Barthes der Text in einzelne Leseeinheiten zerlegt. Dabei kann es sich um einen Satz, einen Satzteil oder eine Gruppe von drei oder vier Sätzen handeln.90 Je nach inhaltlichem Zusammenhang werden in dieser Arbeit auch Leseeinheiten verwendet, die darüber hinausgehen. Hierbei entsteht eine Art Rasterung, die der Text teilweise selbst durch inhaltliche Sprünge vorgibt. Stellenweise wird nur ein einziger Satz auf einer Seite platziert.91 Im Fokus stehen sprachliche Mittel und Techniken wie auch Intertextualitäts- und Montagestrategien, die im Text beispielsweise anhand von Zitaten aus anderen Zusammenhängen deutlich werden.92 Bei jeder Leseeinheit werden deren Konnotationen erfasst.93 So kann zum Beispiel »die auf mehrere Sätze erstreckte körperliche Beschreibung einer Person nur ein Konnotationssignifikat besitzen, etwa die ›Nervosität‹ dieses Protagonisten, obwohl dieses Wort […] nicht aufscheint«.94 Beispielhaft sei auf eine Reaktion von Louis’ Vater verwiesen: »Mon père a rit«,95 die auf den ersten Blick unscheinbar wirkt, tatsächlich aber im Kontext so interpretiert werden kann, dass er Monique, die versucht, für die Familie einen Urlaub zu ermöglichen, auslacht oder nicht ernst nimmt.96 Darüber hinaus werden Korrelationen hergestellt, die entweder zwischen Leseeinheiten bestehen oder über den Text hinausweisen.97 So zieht sich »la violence masculine«98 durch den gesamten Text, wird konkret benannt oder kann im Rahmen von Leseeinheiten interpretiert werden, weist aber auch darüber hinaus, indem sie auf außertextuelle Strukturen verweist, die für Leser:innen real sind. Der gesamte hier analysierte Text wird auf diese Weise abgeschritten, wobei eine kritische Perspektive in Bezug auf symbolische Gewalt eingenommen wird.

Autosoziobiographisches Schreiben

Der Text Combats et métamorphoses d’une femme beginnt mit der Beschreibung einer Fotografie, die vor der Geburt Louis’ gemacht wurde. Louis erklärt, wie er sich den Vorgang des Fotografierens vorstellt. Die Leser:innen erfahren, wie Monique, welche an dieser Textstelle noch nicht als seine Mutter identifiziert worden ist, den Kopf neigt, lächelt und wie sie aussieht. Hierbei deutet sich ein male gaze an.99 Die androzentrische Perspektive wird deutlich, wenn der Erzähler das Bild nicht nur beschreibt, sondern es auch interpretiert: »Cʼétait comme si elle cherchait à séduire«.100 Die Konstruktion des Erzählers als steter, auch empathischer Beobachter von Monique, der bis hin zu Details Veränderungen an ihr wahrnimmt, zieht sich durch den gesamten Text.

Louis101 ist Moniques drittes Kind von insgesamt fünf Kindern. Sie hat mit Louisʼ Vater, dessen Name nicht genannt wird, außerdem noch Zwillinge. Aus einer vorhergehenden Beziehung stammen Louisʼ älterer Bruder und seine ältere Schwester. Die erste Schwangerschaft, so suggeriert der Erzähler, sei der Grund, weshalb Monique diesen Mann heiratete.102 Der Erzähler betont im Folgenden mit dem Possessivpronomen der dritten Person Singular, dass sie vor seiner Geburt frei war und fragt, ob sie damals glücklich war: »J’avais oublié, je crois, qu’elle avait été libre avant ma naissance – heureuse ?«103 Die angedeutete Unfreiheit, die mit seiner Geburt einhergeht, und das Infragestellen, ob sie damals glücklich war, implizieren, dass sich der Erzähler eine außergewöhnlich machtvolle Position zuordnet. Louis ist sich nicht sicher, ob er darüber nachgedacht hat, als er noch mit ihr zusammenlebte, womit die Konstruktion dieser Erinnerung umso deutlicher wird.

Die Begriffe ›libre‹ (frei), ›corps‹ (Körper) und ›futur‹ (Zukunft) werden an dieser Stelle nahezu als eine Verheißung konstruiert, die nicht erfüllt wird, wenn der Erzähler noch im selben Satz seinen Vater einführt:

De la voir libre, projetée de tout son corps vers le futur, m’a fait revenir en tête les années de sa vie partagées avec mon père, les humiliations venues de lui, la pauvreté, vingt années de sa vie mutilées et presque détruites par la violence masculine et la misère, entre vingt-cinq et quarante-cinq ans, à l’âge où d’autres espérimentent la vie, la liberté, les voyages, l’apprentissage de soi. De voir cette photo m’a rappelé que ces vingt années de vie détruites n’étaient pas quelque chose de naturel, mais qu’elles avaient eu lieu par l’action de forces extérieures à elle – la société, la masculinité, mon père – et que les choses auraient donc pu être autrement. La vision du bonheur m’a fait ressentir l’injustice de sa destruction. J’ai pleuré devant cette image parce que j’ai été, malgré moi, ou peut-être, plutôt, avec elle, et parfois contre elle, l’un des acteurs de cette destruction.104

Auffällig ist, dass der Vater als solcher genannt und das Possessivpronomen der ersten Person Singular verwendet wird, während erst später im Text die Worte »ma mère«105 gesprochen werden.

Hervorgehoben und explizit benannt wird »la violence masculine«,106 die vom Vater ausgeht und welche mit Demütigungen, Versehrung und einer Beinahe-Zerstörung ihres Lebens einhergeht. Einerseits macht der Erzähler mit »la société, la masculinité, mon père«107 externe Faktoren von einer gesellschaftlichen bis zu einer individuellen Ebene aus, die verantwortlich sind, sucht aber zum Ende dieses Absatzes die Schuld auch bei sich. Er nennt sich einen der mitwirkenden Akteure »de cette destruction«108, die vollzogen wurde, nicht ohne auch Monique in eine Mitverantwortung zu nehmen. Hier wird die Inkorporierung von Herrschaftsverhältnissen deutlich, welche dazu führt, dass die Beherrschten jene Verhältnisse reproduzieren, unter denen sie selbst leiden. So erfährt die Figur Monique, wie sich andere über sie lustig machen, weil sie einen zu großen Mantel trägt, der ihrem zweiten Ehemann gehört hat,109 sie selbst aber macht sich ihrerseits über die Körperformen anderer Frauen lustig.110

An einer Lebenszerstörung mitbeteiligt zu sein, geht hier mit einem Gefühl der Schuld einher. Mit der Zeitform des passé composé wird aber ein Abschluss suggeriert, welcher auf einen veränderten Zustand in der Gegenwart hindeutet. Auffallend ist, wie dennoch eine Distanz entsteht, wenn der Erzähler von sich als ›acteur‹ schreibt. Er ist nicht allein für diese Zerstörung verantwortlich und er verzichtet auf ein Wort wie ›responsable‹ (verantwortlich), sondern verweist auf sich als »l’un des acteurs«111 innerhalb von Verhältnissen, unter denen er selbst leidet.

Im Anschluss an das Nomen ›destruction‹ findet ein formaler Bruch statt. Nach einem Wortleerraum von drei Zeilen beginnt der folgende Absatz, dessen erste Zeile zudem fettgedruckt ist, wobei der Eindruck eines Kapitelbeginns entsteht. Auf inhaltlicher Ebene wird die Vermutung eines Bruchs verstärkt, da der Erzähler abrupt von einem Tag zu erzählen beginnt, an welchem ein Streit zwischen Louis und seinem jüngeren Bruder ausbricht: »Le jour de la dispute avec mon petit frère«.112 Bereits auf den ersten drei Seiten scheint der Erzähler die Einzigartigkeit und Andersartigkeit dieses Textes mithilfe von formalen Eigenheiten betonen zu wollen. Diese Intention lässt sich auch im weiteren Textverlauf kontinuierlich erkennen.113

Der inhaltliche Bruch wird markiert, indem der Erzähler unvermittelt im zweiten Satz des nächsten Kapitels nicht mehr in der dritten Person Singular über Monique (›elle‹) spricht, sondern in die zweite Person Singular (›tu‹) wechselt.114 Hierdurch entsteht der Eindruck einer Annäherung. Im Kontrast dazu steht die anhaltende Namenlosigkeit der Figur. Erst zum Ende des zweiten Teils stellt sich heraus, wie sie heißt und dies auch nur innerhalb der direkten Rede einer weiteren Figur, die eine Zeit lang eine Freundin der Familie ist, sich aber von ihr abwendet: »Laisse-moi tranquille, Monique«.115 Ein zweites und drittes Mal wird der Name innerhalb von Briefen an sie formuliert.116 Interessant ist, dass die Figur selbst ihren Namen nicht nennt, kein Familienmitglied diesen äußert und er entweder von Unbekannten aufgeschrieben oder bei einem Kontaktabbruch am Telefon ausgesprochen wird.117

Zu der Namenlosigkeit kommt hinzu, dass der Körper von Monique zwar thematisiert wird, die Figur selbst aber kein Verfügungsrecht über diesen zu haben scheint. Als Monique ihre vierte Schwangerschaft abbrechen will, weil sie keine Möglichkeit sieht, Zwillinge ernähren zu können, entscheidet ihr Ehemann, dass sie die Schwangerschaft austragen soll: »Elle a essayé de défendre son point de vue mais elle n’a rien pu faire. Il décidait, elle cédait«.118 Die patriarchalen Strukturen innerhalb der Familie werden auf diese Weise drastisch zum Ausdruck gebracht. Der Ehemann verfügt über ihren Körper: Sie darf sich nicht schminken oder den Führerschein machen, soll sich um den Haushalt kümmern, für die Familie kochen.119 Reiser notiert diesbezüglich, dass die »handelnden Subjekte im Familienverbund«120 Männer sind, während Frauen die unbezahlte Care-Arbeit der Familie aufgebürdet wird. Hierbei handelt es sich mit Bourdieu um die Logik einer Herrschaft, »die im Namen eines symbolischen Prinzips ausgeübt wird, das der Herrschende wie der Beherrschte kennen und anerkennen«.121

Indem der Erzähler sowohl Männlichkeit als auch vergeschlechtlichte Gewalt betont und sich als ein mitbeteiligter Akteur einer vergeschlechtlichten Zerstörung beschreibt, wird in dichotomer Weise Geschlecht konstruiert. Diese Dichotomie und die kursiv betonte Andersartigkeit werden noch weiter pointiert, wenn Louis auf seine Homosexualität verweist. Durch eine starke Abwertung, die als wörtliche Rede seinem jüngeren Bruder zugeordnet wird, findet ein Outing des Erzählers statt: »Tout le monde dit que t’es un pédé«.122 Obwohl es sich um eine rohe Beschimpfung handelt, hebt der Erzähler hervor, dass er diese Aussage als wahr betrachtet: »Ce n’est pas tellement ce qu’il a dit qui m’avait blessé, ou le fait que je savais que c’était vrai, mais le fait qu’il l’avait dit en ta présence«.123 Die Bestätigung der eigenen Sexualität geht mit einer Selbstabwertung einher, indem die Beschimpfung kritiklos akzeptiert wird.

Die Verinnerlichung patriarchaler Strukturen wird auch anhand der Reaktion von Monique deutlich, als sich Louis vor ihr outet: »Quand je lui ai annoncé mon homosexualité, elle m’a répondu, inquiète, J’espère au moins qu’au lit tu ne fais pas la femme !«124 Die Figur reagiert nicht nur homophob, sondern auch misogyn, während eine stringente Zweigeschlechtlichkeit konstruiert und Weiblichkeit abgewertet wird. Besonders die Repräsentation von Weiblichkeit einer als männlich zugeschriebenen Figur wird dabei als sanktionswürdig erachtet. Demnach wird mithilfe einer sprachlich homophob und misogyn agierenden Frauenfigur eine Männerfigur konstruiert, deren Homosexualität zwar toleriert, von welcher aber dennoch ein heteronormatives Verhalten erwartet wird. Hier zeigt sich deutlich, wie nach Bourdieu »die Sexualbeziehung als Herrschaftsverhältnis erscheint«.125 Zudem geht es um Sexualpraktiken, die implizit auf Louis’ Körper verweisen, von welchem Monique erwartet, dass er auch in einem so intimen Moment die stereotype Verknüpfung von sexueller Dominanz und Männlichkeit aufrechterhält.126 Auf implizite Weise erwartet Monique, was Bourdieu als Bekräftigung der libido dominandi versteht, nämlich Penetration, »die an einem Mann vollzogen wird«.127 Dieses Denkschema hat sie so verinnerlicht, dass sie die implizite Abwertung ihrer eigenen Geschlechtlichkeit nicht reflektiert. Genauso wenig realisiert sie, wie verbal übergriffig die Bemerkung ist.

Das Werden von Mutter und Sohn?

Auf formaler Ebene fallen zu Beginn des Textes besonders die syntaktischen Figuren Anapher und Parallelismus auf, die von Wiederholung geprägt sind, was mit dem Gefühl der Ausweglosigkeit korrespondiert, das Louis aufgrund seiner Homosexualität hat.128 Er fragt sich, warum er nicht anders sein kann, und bleibt doch stets in der Feststellung gefangen, dass es nun einmal so ist und er mit den sanktionierenden gesellschaftlichen Konsequenzen leben muss.

Louis beschreibt seinen Alltag bereits in der Elementarschule als eine stete Auseinandersetzung mit anderen, ihn mobbenden Schüler:innen, und auch die Beziehung zu Monique schildert er als einen Raum von Auseinandersetzungen. Er hält die Demütigungen seiner Mitschüler:innen aus, will aber unter keinen Umständen, dass Monique etwas bemerkt. Erst Jahre später, so erzählt er, habe er ihr gesagt, dass er seine Kindheit gehasst habe, woraufhin sie überrascht ist: »Mais tu souriais tout le temps !«129

Über die Figur, der der Erzähler einen solchen Satz in den Mund legt, wird im darauffolgenden Absatz zum ersten Mal als »ma mère« gesprochen. Das Missverständnis zwischen Mutter und Sohn resultiert, dem Erzähler zufolge, aus seiner Intention, Monique nicht an seinem Leben teilhaben zu lassen und sie sogar daran zu hindern, seine Mutter zu werden:

Comment est-ce que j’aurais pu te reprocher ta réaction ce jour-là, puisque’elle était en quelque sorte le signe de ma victoire, du fait que j’avais réussi pendant tout ce temps à te maintenir dans l’ignorance de ce qu’était ma vie, et à t’empêcher, au bout du compte, de devenir ma mère ?130

Sowohl das Mutterwerden als auch das Sohnwerden sind ein Prozess, der sowohl gelingen als auch scheitern kann. So wird Louis zum ersten Mal zum Sohn, als er mit Monique eine Zirkusveranstaltung besucht: »et pour la première fois grâce à cette joie en elle j’étais devenu son fils«.131 Auffällig ist nicht nur, dass Louis entscheidet, wann er zum Sohn und Monique zur Mutter wird, sondern dass er darauf Einfluss nehmen und dies ebenso verhindern kann: »Les premières pages de cette histoire auraient pu s’appeler : Lutte d’un fils pour ne pas devenir fils.«132 Auf diese Weise wird die Gleichsetzung von Erzähler, Mann und Sohn genauso aufgehoben wie jene von Gebärender, Frau und Mutter. Die Verhinderung stellt sich als Kampf dar, eine Metapher, die auf einen stereotyp männlichen Handlungsrahmen verweist.133 Die Kampfmetapher lässt sich aber auch auf all jene Konflikte und Gefühle von Machtlosigkeit übertragen, die der Erzähler selbst aufgrund seiner Homosexualität erfährt.

In diesem Kampf richtet er sich auch gegen Monique und betont, dass es ihm gelungen ist, zu verhindern, dass sie zu seiner Mutter wird. Der Figur Monique wird an dieser Stelle jegliche aktive Handlungsmacht abgesprochen. Unterstrichen wird das Gelingen mit der Verwendung des Begriffs ›victoire‹ (Sieg). Im weiteren Verlauf des Textes nutzt der Erzähler das Wort ›guerre‹ (Krieg), um zu beschreiben, wie er das Verhältnis zu ihr wahrnimmt.134 Unweigerlich entsteht das Bild eines kompetitiven Adoleszenten,135 welcher sich in der Vorbereitung auf die ernsten Spiele des Wettbewerbs in Kämpfe mit seiner Mutter verstrickt. Während nach Michael Meuser die peer group als jener homosoziale Raum gilt, in welchem die Strukturlogik des männlichen Habitus eingeübt wird,136 erscheint der Wettbewerb mit anderen männlichen Adoleszenten für Louis aufgrund seiner Homosexualität ausgeschlossen, da er per se abgelehnt wird.137

Im Stil rhetorischer Fragen äußert der Erzähler: »Qu’est-ce qu’un homme ? La virilité, le pouvoir, la camaraderie avec les autres garçons ? Je ne les avais pas. L’absence du risque de l’agression sexuelle ? Je n’en ai pas été protégé.«138 Als Folge bleibt ihm nur das Auflehnen gegen Weiblichkeit, was hier anders als im Fall von heterosexuellen Männern nicht aufgrund einer Angst vor dem Weiblichen auftritt.139 Es scheint die einzige Art der Auflehnung zu sein, die nicht in brutalster Manier von seinem Umfeld sanktioniert wird. So erklärt Louis zwar, ein- oder zweimal in seiner Kindheit von Monique geschlagen worden zu sein,140 verdeutlicht aber auch, dass die Ablehnung vonseiten seines Vaters grundlegender war, wenn dieser beispielsweise nach der Arbeit in die Kneipe ging, um sogenannte Kumpel zu treffen, die ihre Söhne mitbrachten, er Louis aber stets Zuhause ließ, »par honte de moi et de mes manières féminines, de ces manières qui me mettaient à l’écart des autres à l’école«.141 Die Scham des Vaters bezieht sich auf die als im stereotypen Sinne unmännlich erachtete Repräsentation von Geschlecht des Sohnes. Mit Bourdieus Worten kann gesagt werden, dass der Vater fürchtet, »vor den ›Kumpeln‹ ›das Gesicht zu verlieren‹«,142 indem zwar nicht er selbst, dafür aber sein Sohn »in die typisch weibliche Kategorie der ›Schwachen‹, der ›Schwächlinge‹, der ›Waschlappen‹, der ›Schwulen‹ usf. eingeordnet«143 wird.

Der Erzähler spitzt diesen Gedanken zu, wenn er mithilfe eines intertextuellen Verweises auf Monique Wittig betont, so wie laut der Schriftstellerin und feministischen Theoretikerin Lesben keine Frauen seien, sei auch er nie ein Mann gewesen:

De la même manière que Monique Wittig affirme que les lesbiennes ne sont pas des femmes, qu’elles échappent à cette identité contrainte, la personne que je suis n’a jamais été un homme, et c’est ce trouble du réel qui me rapproche le plus d’elle. C’est peut-être ici, dans ce non-lieu de mon être, que je peux tenter de comprendre qui elle est et ce qu’elle a vécu.144

Im übertragenen Sinne dienen hier alle Lesben als Schablone für den Erzähler, um seine eigene Identität zu rekonstruieren. Sein erzählerischer Ausgangspunkt wird außerdem als nonkonforme Realität in Form eines ›Nicht-Ortes‹145 interpretiert. Dieser dient zugleich als argumentative Grundlage, Monique besonders nah zu sein. Damit läuft er Gefahr, eine, auch nicht intendierte,›männliche Überschreibung‹146 vorzunehmen, da der Abschnitt auch als eine Vereinnahmung lesbischer Identitätskämpfe durch einen einzelnen, als männlich gelesenen Erzähler gedeutet werden kann. Dieser betont zwar, nie ein Mann gewesen zu sein, kann jedoch nicht verhindern, dass an dieser Stelle inkorporierte vergeschlechtlichte Herrschaftsstrukturen reproduziert werden.

Während der Erzähler neben Monique Wittig auf die Memoiren von Simone de Beauvoir147 verweist, lässt er nur die Autoren Peter Handke148 und Roland Barthes149 ausführlich zu Wort kommen. Aufgrund der Zitate werden beide Autoren in einem kurzen Literaturverzeichnis erwähnt und dadurch erneut in den Vordergrund gerückt. Aus welchem Werk etwa die paraphrasierten Aussagen von Wittig sind, wird dagegen an keiner Stelle verzeichnet. Mit der Reihenfolge Handke, Wittig, de Beauvoir, Barthes überlässt der Erzähler außerdem im Rahmen der intertextuellen Verweise und in einem metaphorischen Sinne einem Mann das letzte Wort.

Mit Barthes wird allerdings ein Autor zitiert, welcher für Louis wie eine Blaupause fungieren kann. Der Literaturtheoretiker lebte als homosexueller Intellektueller in Paris. Noch prägnanter erscheint »Barthes’ lebenslange Angst, seine Mutter könne etwas von seiner Homosexualität erfahren«.150 So musste Barthes seine sexuelle Orientierung zeitlebens verbergen. Louis unternimmt einen ähnlichen Versuch, der aber scheitert. Monique kann, im Kontrast zu ihren homophob gefärbten Aussagen, seine Homosexualität irgendwann akzeptieren.151

(K)ein erzählter Klassenwechsel

In einem Telefonat zu Beginn des vierten Teils erfährt Louis von der Trennung seiner Eltern: »Une nuit […] un autre appel sur mon téléphone. […] › Ça y est. Je l’ai fait ‹.«152 Es kommt ihm vor, als ob ihm Monique von einem Gefängnisausbruch erzählt.153 Er erwähnt, er habe auf dem canapé gelegen, gelesen und sei überrascht gewesen, von seiner Mutter angerufen zu werden. Dabei ordnet er ihr die Aufregung einer Adoleszenten zu, was mithilfe von Wiederholungen betont wird: »Elle parlait vite, la voix essoufflée, avec l’excitation d’une adolescente.«154 Ihre Stimme wird vom Erzähler als triumphierend wahrgenommen, wenn sie zu ihm sagt: »›Tu vois, je t’avais dit que je le ferais. Je l’avais déjà fait avec mon premier mari, je pouvais le faire une deuxième fois. Je savais que je pouvais le faire une deuxième fois ‹.«155 Sie ruft ihn von nun an mehrmals im Monat an und betont, dass er sie kaum wiedererkennen würde, da sie nun frei sei.156 Das Gefühl, frei zu sein, möchte sie Louis mitteilen und wendet sich damit einer Figur zu, die selbst auf dem Weg ist, sich aus den Zwängen der vergeschlechtlichten Familie und der Arbeiter:innenklasse zu befreien. Deren Unterstützung und Anerkennung werden als erstrebenswert dargestellt. Louis zufolge haben sich beide Figuren von der von ihnen erfahrenen Gewalt distanziert.157

Nach der Trennung zieht Monique in eine Sozialwohnung und lernt bei einer Freundin einen Mann kennen, der in Paris als Hausmeister eines Mietshauses arbeitet.158 Während die Arbeit als Hausmeister auf die Arbeiter:innenklasse verweist und somit nur geringes ökonomisches Kapital impliziert, kann der Wohnort aus Moniques Perspektive als kulturelles und gar symbolisches Kapital interpretiert werden.159 Er, dessen Name, wie die der zwei Ehemänner, unerwähnt bleibt, schlägt ihr vor, zu ihm zu ziehen. Dies lehnt sie vor Louis, der mittlerweile selbst in Paris lebt und studiert,160 mit der Begründung ab, sie könne ihren achtzehnjährigen Sohn nicht allein lassen, ohne ebenfalls die achtzehnjährige Tochter zu erwähnen:

Je l’encourageais à abandonner son rôle de mère. […] Je lui disais qu’elle ne devait penser qu’à elle, que même s’il était son fils, il était un homme et qu’elle ne pouvait pas laisser un homme de plus lui gâcher la vie. Je venais de le comprendre, un fils face à sa mère, même s’il est un fils, reste un homme face à une femme. Elle hésitait, › Oui, mais qu’est-ce qu’il va faire ? Je peux pas laisser mon gosse tout seul ‹. Elle était tentée par l’appel de la liberté mais elle se sentait encore responsable. J’insistais, › Mon frère se débrouillera. Tu as gagné le droit d’être égoïste maintenant ‹.161

Während der jüngere Bruder von Louis als ein Mann dargestellt wird, welcher das Leben seiner Mutter zerstört, kann sich Louis nun als Kontrast präsentieren. Er lockt Monique in die Freiheit, eine Freiheit, die mit einem Umzug in die Großstadt Paris und dem Aufgeben der Mutterrolle gleichgesetzt wird. Dem Aufgeben der Mutterrolle geht das Ablegen der Rolle des Sohnes voraus. Während Louis von seinem jüngeren Bruder als Sohn schreibt, konstruiert er sich selbst nicht als solcher. Er ordnet seinem Bruder zu, ein Mann zu sein, und äußert, selbst von der Welt als Mann konstruiert zu werden: »Une autre question: est-ce que je peux comprendre sa vie si cette vie a été spécifiquement marquée par sa condition de femme ? Si je suis construit, perçu et défini par le monde qui m’entoure comme un homme ?«162 Im Kontrast hierzu nimmt er sich aber von dieser Definition im Textverlauf aus.163 Auf diese Weise kann der Erzähler die Konstruktion von Geschlecht hervorheben und in Zweifel ziehen, inwiefern hier ein Mann über eine Frau erzählt. Unreflektiert bleibt, dass die paternalistische Art, über Monique als Adoleszente zu erzählen, vor dem Hintergrund, dass Louis als Mann identifiziert wird, durchaus als Reproduktion eines hierarchischen Geschlechterverhältnis interpretiert werden kann. Ein Jahr später entschließt sich Monique, doch nach Paris zu ziehen und Louis erzählt, welchen Eindruck sie auf ihn macht: »Rien en elle ne ressemblait à la femme qui avait été ma mère.«164 Monique erinnert Louis nicht mehr an die Frau, die seine Mutter gewesen war, wobei das plus-que-parfait verwendet wird und somit der Zustand des Mutterseins abgeschlossen ist.

Louis’ Auseinandersetzung mit der Frage, wer wann als Mann oder Frau wahrgenommen und konstruiert wird und ob dies mit der Selbstwahrnehmung und -konstruktion übereinstimmt, verdeutlicht, wie sehr die Zuordnung von Geschlecht eine Form symbolischer Gewalt sein kann, wenn Zuordnung und Selbstwahrnehmung nicht übereinstimmen. Louis betont, dass Monique in geschlechterstereotyper Manier nun Schminke sowie Schmuck trägt und ihre Haare gefärbt sind. Hatte ihr der zweite Ehemann das Schminken verboten, wird dies nun als Ausbruch und Befreiungsakt stilisiert.165 »(J’ai commencé ton histoire en voulant raconter l’histoire d’une femme mais je m’en rends compte, ton histoire est celle d’un être qui luttait pour avoir le droit d’être une femme, contre la non-existence que t’imposaient ta vie et la vie avec mon père).«166 In Klammern gesetzt, wie es acht weitere Stellen im Werk sind,167 wirkt der Satz einerseits nachgeordnet, wodurch die Zuschreibung einer Nichtexistenz affirmiert wird. Andererseits wird die Stelle so betont, wodurch die Reflexion des Erzählers hervorgehoben wird. Moniques Existenz verdient diese Reflexion.

Das Leben von Monique in Paris wird vom Erzähler mithilfe von Anekdoten skizziert, die einen Kontrast zu ihrem bisherigen Leben bilden. So lädt Louis sie in die Bar eines Luxushotels und später in ein Restaurant ein.168 Während er sich als bereits etablierter Schriftsteller169 in einer solchen Umgebung nicht mehr fremd fühlt, kollidieren Moniques Handlungsweisen deutlich mit dem erwarteten Habitus in derartigen Etablissements. Louis erzählt, wie sie seine Gesten beobachtet und versucht, diese zu imitieren.170 Er weiß einerseits, wie er sich in jener Klasse verhalten muss, in der er angekommen ist, kennt aber auch den »manuel de conduite«171, mit welchem die Armut einhergeht, und die Angst, »notre infériorité sociale«172 vor Menschen aus einer anderen Klasse anhand einer Geste zu verraten. Deutlich wird ein Verhaltenskodex, welchen sich Louis angeeignet hat und der dem einheitsstiftenden »Erzeugungsprinzip der Praxis«173 zuwiderläuft, womit Bourdieu auf den Klassenhabitus (der Arbeiter:innenklasse in diesem Fall) »als Inkorporation der Klassenlage und der von ihr aufgezwungenen Anpassungsprozesse«174 verweist.

Dass ein Umzug vom Dorf in die Stadt nicht per se gleichbedeutend mit einem Klassenwechsel ist, wird daran deutlich, dass Monique keiner bezahlten Arbeit nachgeht und damit wieder in einer finanziellen Abhängigkeit von einem Mann lebt:

Elle n’a jamais visité d’autres pays que la France, elle continue d’acheter la nourriture dans les supermarchés pour les pauvres à la périphérie de Paris, elle ne gagne pas d’argent et elle dépend donc en partie de cet homme avec elle vit, elle n’arrive pas à se lier avec les gens de son quartier, les femmes de la bourgeoisie dans sa rue qui la regardent avec condescendance.175

Bereits zuvor wird diese Abhängigkeit von Louis’ Vater explizit: »Quelques mois encore et elle rencontrait mon père. La seule manière de fuir pour elle était de trouver un autre homme.«176 Männer werden im Leben von Monique als Fluchtmöglichkeit stilisiert, weil sie über ökonomisches Kapital verfügen, welches sie nicht besitzt, da sie keiner bezahlten Berufstätigkeit nachgeht. Die Bedeutung dieser Kapitalform zeigt sich auch daran, dass die Berufe der Männer genannt werden.177 Deutlich wird zudem die libido dominantis, indem Monique das »Verlangen zu herrschen«178 gerade nicht auslebt. Erst in der neuen Beziehung scheint sich dies zu ändern. Sie erhebt einen Machtanspruch im Sinne der libido dominandi und erklärt: »Avec lui c’est moi qui commande. C’est moi qui fais la loi«.179 Tatsächlich aber ist auch diese Beziehung geprägt von Gewalt, wie in Monique s’évade deutlich wird.180

Während der Erzähler Monique zuschreibt, dass ihr Denken, Fühlen und Handeln, was nach Brown eine Klassenzugehörigkeit auch ausmacht,181 nach wie vor mit der Arbeiter:innenklasse verknüpft ist, entsteht der Eindruck, dass Louis diesen Transformationsprozess bei sich selbst bereits als abgeschlossen erachtet.182 Seine auf sozialem und kulturellem, aber auch ökonomischem Kapital basierende Überlegenheit wird noch deutlicher, wenn Louis schildert, wie Monique ihn am Telefon fragt, ob sie für ihn arbeiten kann, indem sie sich um seinen Haushalt kümmert. Louis lehnt dieses Angebot ab, antwortet, dass er ihr Geld geben könne, was wiederum Monique nicht akzeptiert.183 Sie wird als Figur dargestellt, die einen Transformationswunsch von einer abhängigen Partnerin hin zu einer berufstätigen Frau hat. Dafür ist sie bereit, sich in ein Abhängigkeitsverhältnis mit Louis zu begeben, den sie Jahre zuvor noch erzogen hat. Handelte es sich zuvor im Kontext der Familie um unbezahlte Care-Arbeit, versucht Monique nun, diese Arbeit auch in ökonomisches Kapital zu verwandeln.184

In der Reflexion seines Verhältnisses zu Monique nimmt sich Louis als »l’outil d’une agression de classe«185 wahr und verwendet den Begriff ›caste‹186 (Kaste), um auf Menschen zu verweisen, die nicht Teil der Arbeiter:innenklasse sind. Jene »personnes privilégiées«187 gehören nicht dazu, worunter er »le maire, les petits châtelains, les propriétaires de la pharmacie, l’épicière«188 fasst. Louis betont, wie er diese Menschen abgelehnt, gar gehasst hat und fragt sich nun als Klassenwechsler: »Est-ce que je suis devenu le corps que je détestais ?«189 In den Worten Bourdieus wird hier nach einer Inkorporierung von Klassenstrukturen im Sinne der Teilung in soziale Klassen gefragt.190

Zuletzt drückt der Erzähler eine Hoffnung aus: »J’aurais aimé que ce récit d’elle constitue, en quelque sorte, la demeure dans laquelle elle puisse se réfugier«.191 Dem folgend wählt der Erzähler nicht allein die Form der Repräsentation von Monique aus, das heißt wie diese Figur erzählt wird, was sie sagt, welche Ereignisse aus ihrem Leben hervorgehoben werden, sondern bietet auch eine Vorlage, wie die Figur das Geschriebene über sich selbst zu verwenden hat. Auf erstaunliche Weise bleibt Monique am Schluss ohne Worte und wie so viele Frauen aus nichtprivilegierten Klassen ungehört.

Fazit

In Combats et métamorphoses d’une femme192 reflektiert Louis sein Leben mit seiner Mutter Monique und geht in detaillierter Weise auf die Kategorien Geschlecht und Klasse ein. Hierdurch gelingt es ihm, implizite vergeschlechtlichte Herrschaftsstrukturen sichtbar zu machen. Es zeigt sich aber auch, dass symbolische Gewalt so verinnerlicht ist, dass auch deren Reflexion nicht dazu führt, dass diese immer überwunden werden kann.

Die eigene Verstrickung in Gewalt wird nicht nur deutlich, wenn der Erzähler diese stellenweise reproduziert, sondern vor allem dann, wenn er aufgrund seiner Homosexualität angefeindet wird und dies beinahe kritiklos akzeptiert. Kritisch wird Moniques Emanzipationsprozess reflektiert, ist sie doch nach wie vor von einem Mann und dessen ökonomischem Kapital abhängig. Dass auch diese Beziehung von symbolischer Gewalt geprägt ist, verdeutlicht Louis in seinem Folgewerk Monique s’évade.193

Die vorliegende Analyse zeigt das Potenzial, literarische Texte aus einer soziologischen Perspektive zu betrachten, womit dazu beigetragen werden kann, implizite und explizite Herrschaftsverhältnisse deutlich zu machen. Außerdem können Ambivalenzen aufgezeigt werden, die in einer Auseinandersetzung mit symbolischer Gewalt auftreten können. Auf diese Weise werden vergeschlechtlichte Herrschaftsstrukturen sichtbar: Diese sind sowohl textuelle Strukturen, als auch solche, die durch den Text reproduziert werden. Sind es doch gerade die Unsichtbarkeit und das Unsichtbarmachen von patriarchalen Herrschaftsstrukturen, die deren Reproduktion so nonchalant ermöglichen.

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  • 1. Édouard Louis: Combats et métamorphoses d’une femme. Paris 2021 (im Folgenden zitiert als Cem), S. 11. Im Sinne eines barrierefreien Lesens werden die Zitate in Fußnoten in der deutschen Übersetzung von Hinrich Schmidt-Henkel aufgeführt: »Ich habe vor diesem Foto geweint, denn ich war, ohne mein Zutun, oder vielleicht eher zusammen mit meiner Mutter selbst und manchmal gegen sie, einer der Akteure dieser Zerstörung«. Édouard Louis: Die Freiheit einer Frau. Übers. v. Hinrich Schmidt- Henkel. Frankfurt a. M. 2021 (im Folgenden zitiert als FeF), S. 8f.
  • 2. Im Folgenden wird zwischen dem Erzähler und der erzählenden Figur Louis differenziert. Während die Figur als anthropomorphe:r Agent:in und Handlungsträger:in betrachtet wird, der Intentionalität zugeschrieben wird, ist der Erzähler körperlos und spricht scheinbar unabhängig von Raum und Zeit. Vgl. Matías Martínez u. Michael Scheffel: Einführung in die Erzähltheorie. 11. aktual. Aufl. München 2019, S. 220–222. Dem Begriff ›Erzähler‹ ordnet der Erzählinstanz das männliche Geschlecht zu und er ist damit ein einseitig vergeschlechtlichter Begriff, was angesichts des Textes, wie noch zu sehen sein wird, tendenziell zu kurz greift. Er wird jedoch dem Begriff ›Erzählinstanz‹ vorgezogen, welcher die Erzählstimme gegenüber der Figur Monique zu sehr abgrenzen würde.
  • 3. Mit der kursiven Schreibweise soll betont werden, dass es sich dabei um Zuschreibungen handelt, die im Rahmen eines alltagsweltlichen Wissens stattfinden. Die als weiblich gelesene und als Mutter konstruierte Person sowie der als männlich gelesene Sohn werden dadurch als soziale Konstruktionen markiert, welche mit dem jeweiligen Geschlecht über Zuschreibungen verbunden sind. Im empirischen Teil dieser Arbeit zeigt sich, wie der Erzähler von einer Konstruktion, einem Sohnwerden, spricht. Wie präsent das Thema Mutterschaft gerade ist, wird auch am Schwerpunktheft der KWZ deutlich, welches im Frühjahr 2026 erscheint. Vgl. »MOTHERING. Formen, Politiken und Potentiale des gegenwärtigen Booms von Mutterschaftserzählungen«, H-Soz-Kult, 4.4.2025, https://www.hsozkult.de/event/id/event-154219 (zuletzt eingesehen am 28. Juli 2025).
  • 4. Vgl. Pierre Bourdieu: Die männliche Herrschaft. Frankfurt a. M. 2020. Nach Gisèle Sapiro ist das Konzept der symbolischen Gewalt in diesem Werk »am besten theoretisiert« (Gisèle Sapiro: »Die Feldtheorie als heuristisches Werkzeug für die Literatursoziologie: Raum der Möglichkeiten, Grenzen, Autonomie und symbolischen Gewalt«. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 50.1 (2025), S. 157–173, hier S. 171).
  • 5. Vgl. Virginia Woolf: Die Fahrt zum Leuchtturm. Übers. v. Herbert E. u. Marlys Herlitschka. Leipzig 1986.
  • 6. Bourdieu: »Die männliche Herrschaft«, S. 122.
  • 7. Vgl. ebd., S. 123.
  • 8. Vgl. ebd
  • 9. Vgl. Brigitte Bargetz: »Das Persönliche = politisch = männlich? Remaskulinisierung und die paradoxe Neukonfiguration des Androzentrismus«. In: Feministische Studien 41.2 (2023), S. 254– 272.
  • 10. Vgl. Cem, S. 119.
  • 11. Vgl. Eva Blome: »Rückkehr zur Herkunft. Autosoziobiografien erzählen von der Klassengesellschaft«. In: Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte 94.4 (2020), S. 541–571, hier S. 552.
  • 12. Vgl. Roland Barthes: Das Rauschen der Sprache. Übers. v. Dieter Hornig. Frankfurt a. M. 2018, S. 164–172.
  • 13. Eva Blome, Philipp Lammers u. Sarah Seidel: »Zur Poetik und Politik der Autosoziobiographie. Eine Einführung«. In: Dies. (Hg.): Autosoziobiographie. Poetik und Politik. Berlin 2022, S. 1–14, hier S. 2.
  • 14. Vgl. Blome: »Rückkehr zur Herkunft«.
  • 15. Vgl. Julia Reuter: »Literarische Selbstzeugnisse von Bildungsaufsteiger*innen zwischen Autobiographie und Sozioanalyse«. In: Dies. u. a. (Hg.): Vom Arbeiterkind zur Professur. Sozialer Aufstieg in der Wissenschaft. Autobiographische Notizen und soziobiographische Analyse. Bielefeld 2020, S. 103–128.
  • 16. Didier Eribon: Retour à Reims. Paris 2009.
  • 17. Vgl. Blome u. a.: »Poetik und Politik der Autosoziobiographie«, S. 1.
  • 18. Ebd., S. 2.
  • 19. Ebd., S. 3.
  • 20. Vgl. Marck Reiser: »Mutterfiguren und Repräsentation von Arbeit. Eine vergleichende Analyse von Annie Ernauxs Eine Frau (1987) und Édouard Louis Die Freiheit einer Frau (2021)«. In: Christine Lötscher u. Caroline Roeder (Hg.): Alles über Aschenputtel. Arbeit und Coming of Age. Berlin 2025, S. 159–172.
  • 21. Yasemin Sezgin: Édouard Louis. Zwischen autobiographischer Aufarbeitung, soziologischer Wahrheitssuche und literarischer Konfrontation. Berlin 2020, S. 17.
  • 22. Ebd.
  • 23. Vgl. Annie Ernaux: L’écriture comme un couteau. Entretien avec Frédéric-Yves Jeannet. Paris 2011.
  • 24. Vgl. Martínez u. Scheffel: »Erzähltheorie«, S. 89.
  • 25. Vgl. Édouard Louis: En finir avec Eddy Bellegueule. Paris 2014, S. 78. Im hier analysierten Werk wird eine Namensänderung der Figur erwähnt, allerdings scheint sich diese nur auf den »nom de famille« (Familiennamen) zu beziehen. Cem, S. 115.
  • 26. Vgl. Blome u. a.: »Poetik und Politik der Autosoziobiographie«, S. 3.
  • 27. Blome: »Rückkehr zur Herkunft«, S. 541.
  • 28. Ebd., S. 542.
  • 29. Blome u. a.: »Poetik und Politik der Autosoziobiographie«, S. 3.
  • 30. Ebd., S. 6.
  • 31. Vgl. ebd.
  • 32. Vgl. ebd., S. 7.
  • 33. Ebd., S. 11.
  • 34. Ebd.
  • 35. Vgl. ebd.
  • 36. Ebd.
  • 37. Vgl. Blome: »Rückkehr zur Herkunft«, S. 557.
  • 38. Reuter: »Literarische Selbstzeugnisse von Bildungsaufsteiger*innen«, S. 114.
  • 39. Blome: »Rückkehr zur Herkunft«, S. 558.
  • 40. Édouard Louis: Qui a tué mon père. Paris 2018.
  • 41. ​​​​​​​Blome: »Rückkehr zur Herkunft«, S. 559.
  • 42. Vgl. Carlos Spoerhase: »Politik der Form. Autosoziobiografie als Gesellschaftsanalyse«. In: Merkur 71.7 (2017), S. 27–37, hier S. 31.
  • 43. Rita Mae Brown: »The Last Straw«. In: Charlotte Bunch u. Nancy Myron (Hg.): Class and Feminism. A Collection of Essays from THE FURIES. Baltimore 1974, S. 13–23, hier S. 15.
  • 44. ​​​​​​​Pierre Bourdieu: Sozialer Sinn. Kritik der theoretischen Vernunft. Übers. v. Günter Seib. 10. Aufl. Frankfurt a. M. 2018, S. 101.
  • 45. ​​​​​​​Der Begriff ›Geschmack‹ ist die Erzeugungsformel, welche dem Lebensstil zugrunde liegt, womit er auf »die Neigungen und Fähigkeiten zur (materiellen und/oder symbolischen) Aneignung einer bestimmten Klasse klassifizierter und klassifizierender Gegenstände und Praktiken« rekurriert. Pierre Bourdieu: Die feinen Unterschiede. Kritik der gesellschaftlichen Urteilskraft . Übers. v. Bern Schwibs u. Achim Russer. 23. Aufl. Frankfurt a. M. 2013, S. 283.
  • 46. Ebd., S. 278. Sämtliche Hervorhebungen in Zitaten sind aus dem Original übernommen.
  • 47. Vgl. ebd., S. 279.
  • 48. ​​​​​​​Vgl. ebd., S. 143–150.
  • 49. Vgl. Pierre Bourdieu: »Ökonomisches Kapital, kulturelles Kapital, soziales Kapital«. In: Reinhard Kreckel (Hg.): Soziale Ungleichheiten. Göttingen 1983, S. 183–198, hier S. 183–187.
  • 50. ​​​​​​​Vgl. ebd., S. 190.
  • 51. ​​​​​​​Vgl. ebd., S. 190f.
  • 52. ​​​​​​​Ebd., S. 185.
  • 53. ​​​​​​​Vgl. ebd.
  • 54. ​​​​​​​Ebd., S. 189.
  • 55. Sezgin: »Édouard Louis«, S. 40.
  • 56. Bourdieu: »Sozialer Sinn«, S. 205–221.
  • 57. Bourdieu: »Die feinen Unterschiede«, S. 279.
  • 58. Vgl. Pierre Bourdieu: Meditationen. Zur Kritik der scholastischen Vernunft. Übers. v. Achim Russer. 4. Aufl. Frankfurt a. M. 2017, S. 206–209; Pierre Bourdieu: Ein soziologischer Selbstversuch. Übers. v. Stephan Egger. 7. Aufl. Frankfurt a. M. 2019, S. 113.
  • 59. Blome u. a.: »Poetik und Politik der Autosoziobiographie«, S. 5.
  • 60. Für einen Überblick vgl. Sylka Scholz: Männlichkeitsforschung. Bielefeld 2025.
  • 61. Vgl. Raewyn Connell: Der gemachte Mann. Konstruktion und Krise von Männlichkeiten. 4., durchges. u. erw. Aufl. Wiesbaden 2015.
  • 62. ​​​​​​​Mechthild Bereswill, Michael Meuser u. Sylka Scholz: »Männlichkeit als Gegenstand der Geschlechterforschung«. In: Dies. (Hg.): Dimensionen der Kategorie Geschlecht: Der Fall Männlichkeit. Münster 2007, S. 7–21, hier S. 10.
  • 63. ​​​​​​​Connell: »Der gemachte Mann«, S. 130.
  • 64. Vgl. Bereswill u. a.: »Männlichkeit«, S. 10f.
  • 65. ​​​​​​​Vgl. Pierre Bourdieu: »Die männliche Herrschaft«. In: Irene Dölling u. Beate Krais (Hg.): Ein alltägliches Spiel. Geschlechterkonstruktionen in der sozialen Praxis. Frankfurt a. M. 1997, S. 153– 217, hier S. 167. Die Kurzverweise »Die männliche Herrschaft« beziehen sich alle auf die Monographie, siehe Anm. 4.
  • 66. ​​​​​​​Ebd., S. 203.
  • 67. Bourdieu: »Die männliche Herrschaft«, S. 96.
  • 68. Ebd., S. 63.
  • 69. Ebd., S. 66.
  • 70. Ebd., S. 65.
  • 71. Ebd., S. 141.
  • 72. ​​​​​​​Toni Tholen: »Männlichkeiten in der Literatur. Überlegungen zu einer männlichkeitssensiblen Literaturwissenschaft«. In: Cornelia Behnke, Diana Lengersdorf u. Sylka Scholz (Hg.): Wissen – Methode – Geschlecht: Erfassen des fraglos Gegebenen. Wiesbaden 2014a, S. 235–247, hier S. 237.
  • 73. ​​​​​​​Ebd., S. 237f.
  • 74. ​​​​​​​Vgl. ebd.
  • 75. Ebd., S. 241.
  • 76. ​​​​​​​Ebd., S. 244f.
  • 77. Ebd., S. 244.
  • 78. ​​​​​​​Bargetz: »Das Persönliche = politisch = männlich?«, S. 254f.
  • 79. Vgl. ebd., S. 255.
  • 80. ​​​​​​​Ebd., S. 256.
  • 81. Vgl. ebd., 266f.
  • 82. Ebd., S. 267.
  • 83. Mein Dank gilt allen Teilnehmenden des Seminars Literatursoziologische Betrachtungen auto(sozio)biografischer Texte aus männlichkeitstheoretischer Perspektive (SoSe 2024) an der Friedrich-Schiller-Universität Jena für wertvolle Anmerkungen im Rahmen der Gruppeninterpretation des Werks, welches auch tiefenhermeneutisch analysiert wurde. Vgl. Alfred Lorenzer: »Tiefenhermeneutische Kulturanalyse«. In: Ders. (Hg.): Kultur-Analysen. Frankfurt a. M. 1986, S. 11–98.
  • 84. ​​​​​​​Vgl. Ansgar Nünning: »Close reading«. In: Ders. (Hg.): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. 5., akt. u. erw. Aufl. Stuttgart u. a. 2013, S. 105.
  • 85. Carolin Amlinger, David-Christopher Assmann u. Urs Büttner: »Was ist Literatursoziologie? Editorial«. In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur 50.1 (2025), S. 130–156, hier S. 147.
  • 86. ​​​​​​​Vgl. Blome u. a.: »Poetik und Politik der Autosoziobiographie«, S. 7.
  • 87. Vgl. Roland Barthes: Das semiologische Abenteuer. Übers. v. Dieter Hornig. Frankfurt a. M. 1988, S. 267.
  • 88. Édouard Louis: Histoire de la violence. Paris 2016.
  • 89. Sezgin: »Édouard Louis«, S. 53.
  • 90. ​​​​​​​Vgl. Barthes: »Abenteuer«, S. 267f.
  • 91. ​​​​​​​Vgl. ebd., S. 234.
  • 92. Vgl. Blome u. a.: »Poetik und Politik der Autosoziobiographie«, S. 11.
  • 93. ​​​​​​​Vgl. Barthes: »Abenteuer«, S. 268.
  • 94. Ebd.
  • 95. Cem, S. 16; »Mein Vater lachte«. FeF, S. 12.
  • 96. ​​​​​​​Vgl. Cem, S. 16.
  • 97. ​​​​​​​Vgl. Barthes: »Abenteuer«, S. 235.
  • 98. Cem, S. 11; »die männliche Gewalt«. FeF, S. 8.
  • 99. Das Konzept geht auf Laura Mulvey zurück (vgl. Sapiro: »Feldtheorie«, S. 170).
  • 100. Cem, S. 10; »Als ob sie verführerisch wirken wollte«. FeF, S. 7.
  • 101. ​​​​​​​Mit der Verwendung des Namens wird auf die Figur und nicht den Autor Louis rekurriert. Sezgin betont dagegen, dass die Rolle des Autors neu gedacht werden müsse, da »Louis’ Werke nicht getrennt von der Person des Autors gedacht werden können« (Sezgin: »Édouard Louis«, S. 10).
  • 102. ​​​​​​​Vgl. Cem, S. 23f.
  • 103. Ebd., S. 10; »Ich glaube, ich hatte vergessen, dass sie vor meiner Geburt frei war – glücklich?«. FeF, S. 7.
  • 104. Ebd., S. 10f.; »Sie frei zu sehen, mit ganzem Körper in die Zukunft projiziert, rief meine Erinnerung an ihre mit meinem Vater geteilten Lebensjahre wach, die von ihm ausgegangenen Demütigungen, die Armut, zwanzig Jahre ihres Lebens versehrt und fast zerstört durch die männliche Gewalt und das Elend, zwischen fünfundzwanzig und fünfundvierzig Jahren, in dem Alter, in dem andere das Leben ausprobieren, die Freiheit, Reisen, sich selbst kennenlernen. Der Anblick dieses Fotos hat mich daran erinnert, dass die Zerstörung dieser zwanzig Lebensjahre nichts Natürliches war, sondern auf das Einwirken von Kräften außerhalb meiner Mutter zurückging – Gesellschaft, Männerwelt, mein Vater –, und dass folglich alles auch hätte anders gewesen sein können. Der Anblick des Glücks hat mich die Ungerechtigkeit seiner Zerstörung spüren lassen. Ich habe vor diesem Foto geweint, denn ich war, ohne mein Zutun, oder vielleicht eher zusammen mit meiner Mutter selbst und manchmal gegen sie, einer der Akteure dieser Zerstörung«. FeF, S. 8f.
  • 105. Cem, S. 16. In der deutschen Fassung wird das Wort Mutter deutlich früher verwendet, wie in der vorherigen Fußnote deutlich wird.
  • 106. Ebd., S. 11.
  • 107. Ebd.
  • 108. ​​​​​​​Ebd.
  • 109. Vgl. ebd., S. 105.
  • 110. ​​​​​​​Vgl. ebd., S. 54.
  • 111. Ebd., S. 11.
  • 112. Ebd.; »Der Tag des Streits mit meinem kleinen Bruder«. FeF, S. 9.
  • 113. Vgl. Cem, S. 29, 43, 45, 109.
  • 114. ​​​​​​​Vgl. ebd.
  • 115. ​​​​​​​Ebd., S. 62; »Lass mich in Ruhe, Monique«. FeF, S. 47.
  • 116. ​​​​​​​Vgl. Cem, S. 86–88.
  • 117. Reiser verweist in seiner Analyse ebenfalls auf die Namenlosigkeit, erwähnt die wenigen Stellen im Text, wo der Name Monique auftaucht, jedoch nicht (vgl. Reiser: »Mutterfiguren«, S. 160f.).
  • 118. ​​​​​​​Cem, S. 48; »Sie verteidigte ihre Entscheidung, aber es war nichts zu machen. Er beschloss, sie folgte«. FeF, S. 35.
  • 119. Vgl. Cem, S. 35.
  • 120. Reiser: »Mutterfiguren«, S. 166.
  • 121. Bourdieu: »Die männliche Herrschaft«, S. 8.
  • 122. ​​​​​​​Cem, S. 12; »Alle nennen dich eine Schwuchtel«. FeF, S. 9.
  • 123. Cem, S. 12; »Nicht unbedingt, was er da sagte, verletzte mich, oder die Tatsache, dass ich wusste, es stimmte, sondern dass er es vor dir sagte«. FeF, S. 9
  • 124. ​​​​​​​Cem, S. 75; »Als ich ihr mitteilte, dass ich homosexuell bin, antwortete sie besorgt, Dann hoffe ich, dass du im Bett wenigstens nicht die Frau machst!«. FeF, S. 58.
  • 125. ​​​​​​​Bourdieu: »Die männliche Herrschaft«, S. 41.
  • 126. ​​​​​​​Vgl. Connell: »Der gemachte Mann«, S. 282.
  • 127. Bourdieu: »Die männliche Herrschaft«, S. 42.
  • 128. Vgl. Cem, S. 10–15.
  • 129. Ebd., S. 15; »Aber du hast die ganze Zeit gelächelt«. FeF, S. 11.
  • 130. Cem, S. 15f.; »Wie hätte ich dir damals diese Reaktion übel nehmen können, denn sie war gewissermaßen das Zeichen meines Sieges, schließlich war es mir die ganze Zeit gelungen, dich in Unwissenheit darüber zu halten, wie mein Leben war, und dich letzten Endes daran zu hindern, meine Mutter zu werden?«. FeF, S. 11f.
  • 131. ​​​​​​​Cem, S. 50; »und dank dieser Freude war ich zum ersten Mal ihr Sohn«. FeF, S. 37.
  • 132. ​​​​​​​Cem, S. 16; »Die ersten Seiten dieser Geschichte hätten überschrieben sein können: Ringen eines Sohnes darum, nicht Sohn zu werden«. FeF, S. 12.
  • 133. Vgl. Bourdieu: »Die männliche Herrschaft«, S. 92.
  • 134. Vgl. Cem, S. 78.
  • 135. Vgl. Michael Meuser: »Strukturübungen. Peergroups, Risikohandeln und die Aneignung des männlichen Geschlechtshabitus«. In: Vera King u. Karin Flaake (Hg.): Männliche Adoleszenz. Sozialisation und Bildungsprozesse zwischen Kindheit und Erwachsensein . Frankfurt a. M. u. a. 2005, S. 309–323.
  • 136. Vgl. Michael Meuser: »Ernste Spiele. Zur Konstruktion von Männlichkeit im Wettbewerb der Männer«. In: Nina Baur u. Jens Luedtke (Hg.): Die soziale Konstruktion von Männlichkeit. Hegemoniale und marginalisierte Männlichkeiten in Deutschland. Opladen u. a. 2008, S. 33–44.
  • 137. Vgl. Cem, S. 14f.
  • 138. ​​​​​​​Ebd., S. 40; »Was ist ein Mann? Männlichkeit, Macht, die Gemeinschaft mit anderen Jungen? All das hatte ich nicht. Dass man keinen sexuellen Aggressionen ausgesetzt ist? Vor denen war ich nicht geschützt«. FeF, S. 30.
  • 139. ​​​​​​​Vgl. Bourdieu: »Die männliche Herrschaft«, S. 96.
  • 140. ​​​​​​​Vgl. Cem, S. 106.
  • 141. ​​​​​​​Ebd., S. 39f.; »weil er sich wegen mir und meines effeminierten Gebarens schämte, meines Verhaltens, das mich in der Schule von den anderen absonderte«. FeF, S. 29f.
  • 142. Bourdieu: »Die männliche Herrschaft«, S. 95.
  • 143. Ebd., S. 95f.
  • 144. Cem, S. 40; »Monique Wittig sagt, Lesben sind keine Frauen, sie werden von dieser ihnen aufgezwungenen Identität nicht erfasst. Ebenso ist die Person, die ich bin, nie ein Mann gewesen. Diese gestörte Realität lässt mich meiner Mutter besonders nahe sein. Vielleicht kann ich von dieser Ortlosigkeit meines Wesens aus versuchen zu verstehen, wer sie ist und was sie durchlebt hat«. FeF, S. 30.
  • 145. Mit sogenannten Nicht-Orten (non-lieux) verweist Marc Augé auf Autobahnen oder Flughäfen. Dieser Raum stellt eine Befreiung von gewohnten Bestimmungen dar, wodurch auch eine Begegnung mit sich selbst entsteht. Vgl. Marc Augé: Nicht-Orte. Übers. v. Michael Bischoff. 5. Aufl. München 2019, S. 103. Eine Selbstbegegnung dieser Art muss jedoch als männliche vergeschlechtlicht interpretiert werden. Vgl. Toni Tholen: »Gender-Dystopien. Beobachtungen zu Adoleszenz und Pop- Figurationen in der Gegenwartsliteratur«. In: Caroline Roeder (Hg.): Topographien der Kindheit. Literarische, mediale und interdisziplinäre Perspektiven auf Orts- und Raumkonstruktionen. Bielefeld 2014b, S. 381–391, hier S. 388. Aus dieser Perspektive ist es interessant, dass Louis diesen Begriff für sich und seine Beziehung zu Monique verwendet, geht es ihm doch gerade um ein Verstehen, welches von geschlechtlichen Kategorien losgelöst ist.
  • 146. Vgl. Bargetz: »Das Persönliche = politisch = männlich?«, S. 256.
  • 147. Vgl. Cem, S. 103.
  • 148. ​​​​​​​Ebd., S. 38.
  • 149. Ebd., S. 114.
  • 150. ​​​​​​​Christian Linder: »Nachwort: Roland Barthes, Écrivain. Eine Spurensuche«. In: Roland Barthes: Über mich selbst. Übers. v. Jürgen Hoch. 2. Aufl. Berlin 2022, S. 227–267, hier S. 258.
  • 151. Vgl. Cem, S. 104.
  • 152. ​​​​​​​Ebd., S. 81; »Eines Abends […] kam wieder ein Anruf. […] ›Es ist passiert. Ich habe es getan‹«. FeF, S. 65.
  • 153. Vgl. Cem, S. 81f.
  • 154. Ebd., S. 81; »Sie redete schnell, atemlos, aufgeregt wie ein Teenager«. FeF, S. 65.
  • 155. ​​​​​​​Cem, S. 85; »Da, siehst du, ich hab ja gesagt, ich mache es. Ich hab mich schon von meinem ersten Mann getrennt, ich hab das noch mal tun können. Ich hab gewusst, ich kann das noch mal tun«. FeF, S. 67.
  • 156. ​​​​​​​Vgl. Cem, S. 86.
  • 157. Vgl. ebd., S. 36.
  • 158. ​​​​​​​Vgl. ebd., S. 93–95.
  • 159. Vgl. Bourdieu: »Ökonomisches Kapital«, S. 185; Bourdieu: »Sozialer Sinn«, S. 205.
  • 160. Vgl. Cem, S. 97.
  • 161. Ebd., S. 96; »Ich redete ihr zu, die Mutterrolle aufzugeben. […] Ich sagte, sie solle jetzt einzig und allein an sich denken, er sei zwar ihr Sohn, aber doch ein Mann, und sie dürfe sich ihr Leben nicht wieder von einem Mann verderben lassen. Das wurde mir in dem Moment klar, ein Sohn mag seiner Mutter gegenüber Sohn sein, aber er ist doch immer auch ein Mann gegenüber einer Frau. Sie zögerte, Ja, gut, aber was soll er denn machen? Ich kann doch meinen Jungen nicht verlassen. Der Ruf der Freiheit verlockte sie, aber sie fühlte sich immer noch in der Verantwortung und damit gebunden. Ich ließ nicht locker, Er wird schon zurechtkommen. Du hast es dir verdient, egoistisch zu sein«. FeF, S. 75f.
  • 162. ​​​​​​​Cem, S. 39; »Eine andere Frage: Kann ich ihr Leben verstehen, das doch spezifisch durch den Umstand geprägt ist, dass sie eine Frau ist? Während ich doch von der Welt ringsum als Mann konstruiert, wahrgenommen und definiert werde?«. FeF, S. 29.
  • 163. Vgl. Cem, S. 40.
  • 164. Ebd., S. 97; »Nichts an ihr erinnerte an die Frau, die meine Mutter gewesen war«. FeF, S. 77.
  • 165. Vgl. Cem, S. 97.
  • 166. ​​​​​​​Ebd., S. 59f.; »Anfangs wollte ich deine Geschichte als die Geschichte einer Frau schreiben, aber mir wird klar, deine Geschichte ist die eines Wesens, das um das Recht kämpft, eine Frau zu sein, gegen die Nichtexistenz, die dein Leben und das Zusammenleben mit meinem Vater dir aufzwangen«. FeF, S. 46.
  • 167. Vgl. Cem, S. 18, 59f., 68, 69, 78, 82, 83, 84, 106.
  • 168. Vgl. ebd, S. 112f.
  • 169. ​​​​​​​Vgl. ebd., S. 101.
  • 170. Vgl. ebd., S. 112.
  • 171. ​​​​​​​Ebd., S. 52; »Katalog von Verhaltensweisen«. FeF, S. 38.
  • 172. Cem, S. 58; »unsere soziale Unterlegenheit«. FeF, S. 45.
  • 173. ​​​​​​​Bourdieu: »Die feinen Unterschiede«, S. 175.
  • 174. Ebd.
  • 175. Cem, S. 115; »Sie hat Frankreich noch nie verlassen, sie kauft ihre Nahrungsmittel weiterhin in den Armeleute-Supermärkten am Stadtrand von Paris, sie verdient kein Geld und ist also teilweise von dem Mann abhängig, mit dem sie zusammenlebt, sie findet keinen Kontakt zu den Leuten in ihrem Viertel, die bourgeoisen Frauen aus ihrer Straße begegnen ihr voller Herablassung«. FeF, S. 91f.
  • 176. Cem, S. 34; »Nach nur wenigen Monaten, und sie lernte meinen Vater kennen. Die einzige Fluchtmöglichkeit bestand für sie darin, einen anderen Mann zu finden«. FeF, S. 25.
  • 177. Vgl. Cem, S. 23, 38, 94.
  • 178. Bourdieu: »Die männliche Herrschaft«, S. 141.
  • 179. ​​​​​​​Cem, S. 95; »Bei ihm kommandiere ich. Ich sag, wo’s langgeht«. FeF, S. 75.
  • 180. Vgl. Édouard Louis: Monique s’évade. Paris 2024. Dieser Text wurde in die vorliegende Analyse nicht einbezogen.
  • 181. ​​​​​​​Vgl. Brown: »The Last Straw«, S. 15.
  • 182. ​​​​​​​Vgl. Reiser: »Mutterfiguren«, S. 169.
  • 183. ​​​​​​​Vgl. Cem, S. 65f.
  • 184. Zum Verhältnis von Geschlechterrollen und Arbeit im hier analysierten Werk vgl. Reiser: »Mutterfiguren«, S. 166–169.
  • 185. ​​​​​​​Cem, S. 78; »das Werkzeug einer aggressiven Klasse«. FeF, S. 60.
  • 186. Vgl. Cem, S. 56.
  • 187. Ebd., S. 66; »privilegierte Leute«. FeF, S. 51.
  • 188. ​​​​​​​Cem, S. 66; »den Bürgermeister, die kleinen Herrschaften, Inhaber von Apotheke oder Geschäften«. FeF, S. 51.
  • 189. ​​​​​​​Cem, S. 66; »Bin ich der Körper geworden, den ich hasste?«. FeF, S. 52.
  • 190. Vgl. Bourdieu: »Die feinen Unterschiede«, S. 279.
  • 191. Cem, S. 117; »Ich wünsche mir, dass diese Erzählung von ihr in gewisser Weise eine solche Stätte ist, die ihr eine Zuflucht bietet«. FeF, S. 93.
  • 192. Vgl. Cem.
  • 193. ​​​​​​​Louis: »Monique s’évade«.

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