Raphael
Stübe
Jena

An den Grenzen des flexiblen Normalismus

Entscheidungsstatistik in den Computerspielen von ›Telltale Games‹ zwischen Regulierung und Problematisierung von Normalität

Am Ende der dritten Episode von The Walking Dead: Season Two (2014) steht die Hauptfigur Clementine vor einer brisanten Entscheidung. Ihre Freundin Sarita, ein festes Mitglied der gemeinsamen Überlebensgruppe, wurde inmitten einer Zombie-Herde von einem Untoten in ihr Handgelenk gebissen. Um Sarita vor einer Ansteckung mit dem tödlichen Zombie-Virus zu retten, muss die 11-jährige Clementine schnell reagieren: Soll sie den angreifenden Zombie mit einem Hieb ihrer Axt außer Gefecht setzen, damit Sarita sich aus seinem Griff befreien kann? Oder soll sie spontan den Unterarm ihrer Freundin abschlagen, was eine Infizierung möglicherweise stoppen könnte? Ein ablaufender Zeitbalken drängt die SpielerInnen, die über die Handlungen Clementines entscheiden, zu einer intuitiven Auswahl: »Cleave Walker Skull« oder »Hack Off Sarita’s Arm«, so lauten die beiden wählbaren Optionen.1 Keine der zwei Alternativen scheinen dem Alter der Protagonistin angemessen. Doch ist es in einer solchen Ausnahmesituation die Aufgabe eines jungen Mädchens, ihre Freundin zu verstümmeln?

Tatsächlich erweisen sich 83,3 Prozent der SpielerInnen von The Walking Dead als derart skrupellos: Eine »My Choices«-Tafel am Ende der Episode klärt darüber auf, dass der Großteil der SpielerInnen sich in derselben Situation für die brutale Amputation am lebenden Menschen entschieden hat (siehe der untere Balken in Abbildung 1).

Abb. 1: My Choices, in: The Walking Dead: Season Two, Episode 3 (2014)

Damit sind es nicht nur die Figuren innerhalb der Zombie-Apokalypse, die ein kritisches Auge auf die Handlungen der SpielerInnen werfen. Die Entscheidung des Einzelnen wird qua Vernetzung über ein Spieleportal mit der Gaming-Community abgeglichen und statistisch ausgewertet, wodurch eine Differenzierung zwischen einer eher unpopulären und einer konsensfähigen, oder auch: ›normalen‹ Entscheidung sichtbar wird. Im Fall von Sarita und dem Zombie lässt sich die präferierte Handlung ablesen: Exakt 83,3 Prozent aller SpielerInnen entscheiden sich in der ludischen Praxis für die ›riskante‹, ethisch leicht fragwürdige Variante.2

Auf Grundlage der Statistik lässt sich nun bis auf eine Nachkommastelle genau erkennen, was als ›normal‹ in der Gaming Community zu gelten hat – und es scheint, dass das Abtrennen von Gliedmaßen zum virtuellen Normalfeld dazugehört. Auch im Computerspiel greifen damit die Mechanismen eines gesellschaftlichen und medial regulierten Normalismus, den Jürgen Link in seinem einschlägigen Versuch über den Normalismus (1996) als kulturelles »Netz […] von Dispositiven« in modernen Gesellschaften definiert hat.3 Seit einiger Zeit wird dieses Konzept auch in den Game Studies diskutiert:4 »Wenn wir uns Computerspiele angucken, […] haben wir es mit Normalisierungseffekten zu tun«, so Rolf Nohr mündlich im Anschluss an die kritische Diskursanalyse Links, und zuständig hierfür sei, neben ludischen Wiederholungsstrukturen, vor allem ein virtueller Hang zur Statistik: »Computerspiele versuchen auf alle Fälle, in irgendeiner Form eine Quantifizierbarkeit herzustellen. […] Es gibt kein Entkommen vor der normierenden Kraft dieser statistischen Zahlen und Auswertungen«.5 Die SpielerInnen passen sich im ludischen Akt, so Nohr, einem Regelsystem des Computerspiels an und werden unter anderem durch die Rückmeldung statistischer Daten zu ›normalen SpielerInnen‹ justiert. Damit tragen Computerspiele zu einer Selbstregulierung der Subjekte bei, die sich postwendend auch in einem diskursiven Normalfeld ludischen Handelns äußert.6

Was genau ist aber eine solche ›digitale Normalität‹, die sich mithilfe der Daten analytisch beschreiben lassen müsste? Gerade anhand der aktuellen Telltale Games, die mit Titeln wie The Walking Dead (2012) und The Wolf Among Us (2013-14) zügig zu einem beliebten Gegenstand der Game Studies avanciert sind,7 lassen sich etablierte Praktiken und ethische Handlungsmaximen von SpielerInnen exemplarisch herausfiltern. Ganz materiell sind dort metrische Skalen in das Spiel integriert, um die Handlungen von SpielerInnen in ethisch brisanten Entscheidungssituationen zu erheben und mithilfe eines hinzugegebenen Parameters – im Fall von Saritas Arm: »Risk« (vgl. Abbildung 1) – bewertbar zu machen. Die »My Choices«-Tafeln bilden damit eine analytisch fassbare Schnittstelle zwischen Computerspiel und virtuellem Normalismus: Nicht nur werden die Einzelhandlungen mithilfe der Skalen in einen sozialethischen Kontext eingebettet, sondern darüber hinaus konstruieren die Spiele auch den Eindruck eines ›normalen‹ Verhaltensmusters, dem man entsprechen oder aus dem man herausfallen kann.

Aus einer semiotischen Perspektive sollen im Folgenden drei Aspekte in den Fokus der Analyse gerückt werden, die eine Auswertung der Entscheidungsstatistiken auf der Folie eines flexiblen Normalismus erlauben. Zuerst lässt sich exemplarisch aufzeigen, mit welchen Methoden eine Telltale-Entscheidungssituation unter Berücksichtigung von Statistik und narrativer Inszenierung ausgewertet werden kann. Anschließend steht in einem zweiten Schritt das Normalfeld ludischen Handelns zur Disposition: Nach welchen wiederkehrenden Maximen handeln die SpielerInnen in den Adventure-Games auf Grundlage der Daten? An diesen deskriptiv-auswertenden Versuch knüpft sich schließlich eine Hinterfragung der Entscheidungsskala aus funktionaler Perspektive: Welchen ludischen Zweck erfüllt eine »My Choices«-Tafel im Moment des Spielens, sodass sie als populäres Element auch für weitere Computerspiele adaptiert wurde?8 Um sich diese Fragen sukzessive vorzunehmen, ist zunächst ein knapper Rückblick auf Jürgen Links Normalismus-Theorie und ihren aktuellen Debattenstand nötig.

Was ist normal? Telltale Games unter der Lupe des flexiblen Normalismus

Der einschlägige Versuch über den Normalismus (1996), mit dem Jürgen Link die soziale Konstruktion von Normalität als notwendiges Dispositiv offener Gesellschaften ausweist, ist mittlerweile zwanzig Jahre alt und beschäftigt seinen Verfasser nach wie vor. In einer Monographie über Normale Krisen? (2013) blickt Link mithilfe des Normalismus-Ansatzes kritisch auf die zeitgenössische Kulturlandschaft, um zu einer pessimistischen Diagnose zu gelangen: Insbesondere die »Krise von 2007 ff.« habe dem Diskurs um das Normale eine neuartige, brüchige Qualität gegeben, wobei gegenwärtig zur Disposition steht, ob eine neue Normalität die Schwankungen der Wirtschaftskrise integrieren kann – oder ob das Normale seit 2007 selbst in der Krise steckt.9 Um sich einer solchen Frage auch anhand des Computerspiels zu stellen, muss zunächst das theoretische Vokabular skizziert werden, mit dem Jürgen Link statistischen Erhebungen in seinem Versuch über den Normalismus begegnet.

Im Anschluss an Foucault entwickelt Link ein diskursanalytisches Instrumentarium, mit dem er zunächst verschiedenartige Diskurse über das ›Normale‹ und seine Mechanismen aus historischen und aktuellen Medienprodukten herauszufiltern versucht. ›Normalität‹ gab es seinen Untersuchungen zufolge nicht immer, stattdessen konnte sich ein Normalitäts-Diskursnetz seit dem späten 18. Jahrhundert herausbilden und im Zuge der europäischen Moderne zunehmend an Stellenwert gewinnen.10 Der Normalismus, so seine von Link zugeschriebene Funktion, simplifiziert und bändigt die unüberschaubare Pluralität in einer ständig komplexer werdenden Gesellschaft mithilfe von Verdatung und Erhebung: »Normalitäts-Diskurskomplexe und Normalitäts-Dispositive [wurden] gezielt gerade in hochdynamischen Bereichen der Moderne implementiert – und zwar geradezu als ›Ver-Sicherung‹ gegen eine riskante, ›explosionsartige‹ Dynamik«.11 Aus funktionaler Perspektive ist der Normalismus für Link damit homöostatisch: Er erhält das Gleichgewicht in einem mutablen System mithilfe interner, selbstregulierender Prozesse aufrecht. Die Träger dieser internen Regulierung sind dabei, ganz im Anschluss an Foucault, in erster Linie die handelnden Akteure, ergo: die Subjekte im Diskurs selbst.

Hierbei unterscheidet Link zwischen zwei historisch validierten Strategien, die er erstens als »Protonormalismus«, zweitens als »Flexibilitätsnormalismus« bezeichnet.12 Während der Protonormalismus eine Normalität aus einer übergeordneten Instanz heraus beobachtet, um sie anschließend offensiv zu deklarieren, konstituiert sich der flexible Normalismus durch die Analyse dynamischer Felder, deren genaue Prozentzahlen schließlich die Eckpfeiler von Normalität bilden. Ein Beispiel, das laut Link »[d]ie wesentliche Differenz« der beiden Strategien aufzeigt:

Der Protonormalismus behauptet, durch Wesensschau [z.B. mit Blick auf das ›Natürliche‹, R.S.] zu wissen, daß etwa Homosexualität oder auch dominante Gemütsarmut abnorm sind. Der flexible Normalismus verdatet zunächst ein Feld und stellt dabei etwa fest, daß sich zwischen 5 und 10 % der Bevölkerung homosexuell verhalten, und daß dieser Anteil folglich normal ist.13

Statistik ist damit das konstitutive Verfahren eines flexiblen Normalismus, dessen Kennzeichen Link tabellarisch anführt:14 Im Flexibilitätsnormalismus lässt sich eine dynamische, in der Zeit variable Normalitätsgrenze ausmachen; das Normalitäts-Spektrum ist hier hochaufgelöst und fein graduiert; außerdem zielt der Flexibilitätsnormalismus taktisch auf die maximale Expansion der Normalitätszonen ab. Als besonders relevant auf der Folie des Computerspiels, das geradezu medienspezifisch von den Entscheidungen der SpielerInnen gefüllt wird,15 lässt sich die Subjekt-Taktik der »Selbst-Normalisierung« anführen: Innerhalb eines transparenten Normalfeldes justieren sich die Subjekte von selbst, da sie ihre individuellen Praktiken jeweils an den Feldern des Normalitäts-Dispositivs ausrichten. Laut Link gibt es dabei im flexiblen Normalismus eine Chance auf »Authentizität«, indem die handelnden Subjekte durch ihre spezifische Abweichung von bzw. Annäherung an das Normale erst individuell werden.16

Schon in einem ersten Zugriff fällt auf, dass sich die Mechanismen des flexiblen Normalismus passgenau in den Telltale Games nachweisen lassen. Das Verfahren der Spiele besteht – nur grob skizziert – aus einer ludischen Modellierung der Spielfigur und des Spielverlaufs durch Entscheidungen, die innerhalb eines ablaufenden Zeitbalkens getroffen und extradiegetisch als folgenreich markiert werden (»Clementine will remember that«).17 Fünf der getroffenen Entscheidungen, welche die Narration nachhaltig steuern, werden am Ende einer jeden Episode im Entscheidungsbildschirm statistisch präsentiert. Diese Offenlegung erfüllt zwei Funktionen: Zum einen wird so spielintern auf absente Möglichkeiten hingewiesen, die nicht gewählt wurden und sich der Erfahrung der SpielerInnen entziehen. Zum anderen lässt sich die Entscheidung in der Community verorten, was die Anschlusskommunikation und eine Selbstjustierung für ein erneutes Spielen ermöglicht. Der soziale Rückkopplungsprozess ist den SpielerInnen dabei von enormer Wichtigkeit, was zahlreiche Beschwerden im Netz beweisen, sobald der »My Choices«-Bildschirm aufgrund eines technischen Problems nicht angezeigt wird: »I can’t see what decisions I have made. […] I am very disappointed. I didn’t bought [sic] the game for this.«18

Semiotische Analyse einer Entscheidung: Lady Miras Attentat in Telltales Game of Thrones

Die Überführung einer Entscheidung in die ludische Simulation eines Computerspiels ist aus semiotischer Perspektive zunächst einmal ein Glücksfall. Unabhängig von den individuellen Ausgestaltungen einzelner SpielerInnen liegt nun konkretes Zeichenmaterial vor, an dem sich die Inszenierungs- und Semantisierungsstrategien von Entscheidungen analysieren lassen.19 Im Fall der Telltale-Adventures ist die Materialgrundlage sogar doppelt ergiebig: Zum einen befindet sich die semiotische Methodik hier geradezu auf heimischem Terrain, da die Entscheidungen in The Walking Dead, The Wolf Among Us oder auch Game of Thrones (2014–15) häufig als binäre Oppositionen organisiert sind, mit denen sich schon der klassische Strukturalismus intensiv beschäftigt.20 Zum anderen bietet sich erstmals die Möglichkeit, auch die Reaktionen der SpielerInnen als Zeichen des Spiels selbst zu interpretieren: Indem das Feedback der Community in das Spielma­terial eingeht, kann es zugleich zum Untersuchungsgegenstand einer ›text‹- bzw. spielnahen semiotischen Analyse werden. Die Methoden der alteingesessenen strukturalen Textanalyse können damit auf ein Feld angewandt werden, auf dem sie bislang wenig zu suchen hatten: den tatsächlichen Entscheidungen einzelner SpielerInnen.21 Inwiefern die Spielenden dabei auch »paradigmatisch valide Entscheidung[en]« treffen, die einen signifikanten Einfluss auf den weiteren Verlauf der Narration besitzen,22 erscheint aus dieser Perspektive zunächst zweitrangig. Zum Gegenstand der Analyse wird vielmehr der situative Entscheidungsmoment, in dem eine Differenzqualität vom Spiel inszeniert wird (»He/She/It will remember that«).

Anhand einer exemplarischen Szene aus dem Telltale-Adventure Game of Thrones lässt sich evaluieren, inwiefern ein semiotisches Analyseverfahren mit Blick auf die »My Choices«-Tafeln an verborgene Handlungsimplikationen heranführen kann. Gegen Ende der zweiten Episode The Lost Lords (2014) steuern die SpielerInnen die Figur Mira Forrester, die älteste Tochter der traditionsreichen Forrester-Familie, die aufgrund von wirtschaftlichen sowie politischen Schwierigkeiten über ganz Westeros, der fiktiven Landkarte des Games of Thrones-Franchises, verstreut wurde. Mira Forrester befindet sich entsprechend in Kings Landing, der prunkvollen Hauptstadt, wo sie eines Nachts durch eine mysteriöse Notiz in die königlichen Gärten bestellt wird, um einen vermeintlich Verbündeten aufzusuchen. Es handelt sich um Damien, Mitglied der königlichen Garde, der sich nach einem kurzen, sympathischen Smalltalk schnell als Attentäter herausstellt. »[Y]ou’ve made enemies of the wrong people«, wirft er Mira vor, um sie anschließend mit einem Dolch zu attackieren.23 Im Zuge einiger Quicktime-Events befreien sich Lady Mira und die SpielerInnen aus dem Würgegriff Damiens, wobei ihnen eine bekannte Figur zur Hilfe kommt: Ein junger Knappe erscheint, der Mira schon in vorherigen Situationen unterstützte. Als der rasende Damien nun droht, den Knappen im Brunnen zu ertränken, muss sich die SpielerIn mit dem Dolch in der Hand zwischen zwei Handlungsoptionen entscheiden: »Attack Damien« oder »Run for your life«.

Angreifen oder Weglaufen also: An diesem Fallbeispiel kann die semiotische Analyse ihre Kenntnis im Umgang mit Oppositionen ausspielen. Zunächst einmal stehen die beiden Handlungsmöglichkeiten in einer konträren, auch: antonymen Relation zueinander, wobei das Spiel selbst definiert, welche Terme als Gegensatzpaare behandelt werden. Es handelt sich entsprechend nicht um eine kontradiktorische Opposition, die auf Basis des kulturellen Wissens alle weiteren Möglichkeiten ausschließt.24 Damit wären alternative Handlungsoptionen tendenziell vorstellbar, auch wenn sich im Spiel nur zwei konträre Möglichkeiten auswählen lassen – was die SpielerInnen dazu auffordert, die Implikationen und möglichen Folgen einer Handlung innerhalb des diegetischen Rahmens zu evaluieren. Damit wird der Moment der Entscheidung zu einem semiotischen Deutungsprozess: Jede der verfügbaren Handlungsoptionen lässt sich auf zeichentheoretischer Basis als eigenes Paradigma begreifen, das ein komplexes, aber nicht willkürliches Set von Implikationen mit sich bringt, die das Spiel bzw. der ›Text‹ zuvor selbst konstruiert hat.25 Im zeitlich begrenzten Moment des Entscheidens greifen die SpielerInnen damit auf eines der konträren Paradigmen zu, die sich beide anhand ihrer Implikationen intersubjektiv beschreiben lassen.

Die erste Option, »Attack Damien«, hat aller Voraussicht nach den Tod Damiens zur Folge, der sich im Zuge des letzten Gesprächs als Betrüger und feindliche Figur erwiesen hat. Allerdings geht diese Handlung zugleich mit einem direkten Mord und einer fatalen Schuld einher, mit der die Spielfigur Mira in den folgenden Episoden zurechtkommen müsste. Neben dieser naheliegenden Prognose lassen sich weitere Implikationen auf Grundlage des kulturellen Wissens bestimmen: Der Angriff auf Damien wäre eine ›aktive‹ Handlung und nimmt eine offerierte Gelegenheit wahr, während » Run for your life« dagegen die eigene Sicherheit und zugleich den Tod des unschuldigen Knappen zur Folge haben könnte. Ein Weglaufen wäre damit eine ›passive‹ Handlung, die eine offerierte Handlungsgelegenheit ausschlägt. Mira würde sich in diesem Fall lediglich eine indirekte Schuld im Sinne von verweigerter Hilfestellung einhandeln. Die vorsichtigere Variante des Weglaufens verspricht damit eine bessere Ausgangsposition für künftige Verhandlungen in Kings Landing und kann als rational-weitsichtigere Option gedeutet werden. Die situativ-risikoreiche Variante des Attackierens könnte hingegen mit einem Verlust von Miras Stellung am Hof einhergehen und schlimme Folgen für die Familie Forrester zeitigen, was in der Diegese von Game of Thrones als wahrscheinlich gelten darf. Schließlich, und das ist nicht unwesentlich, erscheint der Mord an Damien als tendenziell ›konfliktreicher‹ und damit möglicherweise spannender für den Verlauf der Narration.

Bevor die Entscheidung schließlich durchgeführt wird, lassen sich einige der oppositionellen Handlungsimplikationen schematisch zusammenfassen:

Attack Damien Run for your life
Prognose: Tod der negativen Figur Damien Prognose: Tod der positiven Figur Knappe
Aktive Handlung, (direkter) Mord Passive Handlung, (indirektes) Zulassen eines Mordes
Beladen mit Schuld, negative Folgen für Familie Vermeidung von Schuld, bessere Verhandlungs­position
Altruistisch, Hilfe für einen Freund Egoistisch, Sicherung der eigenen Position
Affekt: Rache Affekt: Angst
Situative Handlung, emotional Kalkulierende Handlung, weitsichtig
Tendenz: Konfliktreicher für weiteren Spielverlauf Tendenz: Konfliktärmer für weiteren Spielverlauf

Nach der erfolgten Entscheidung führt der Angriff auf Damien schließlich erwartungsgemäß zum Tod des Soldaten und zur Rettung des jungen Knappen, wohingegen die zweite Option, »Run for your life«, den weiteren Verlauf des Kampfes zunächst offenlässt. Das Spiel selbst präferiert dabei eine der Handlungen ex posteriori, indem es die SpielerInnen mit einer effektvolleren Narration belohnt und zugleich ein positives Feedback von Seiten der Figuren anbietet: »You did what you had to do, Lady Mira. You had no choice«, meldet der gerettete Knappe nach erfolgreicher Attacke auf Damien zurück.26

Diese Aussage unterwandert geradezu die ludische Inszenierung, und doch zeigt die Entscheidungstafel am Ende der Episode ein erstaunliches Ergebnis: Genau 92,9 % der SpielerInnen haben in dieser Situation ebenfalls zugestochen, der emotionale Angriff auf Damien liegt definitiv im Bereich der mehrheitlichen Normalität. Gibt es auf Grundlage dieses klaren Ergebnisses nun möglicherweise signifikante Handlungsmaximen, die für den Angriff auf Damien als dominant gelten können? Spielextern ließen sich die wesentlichen Argumente für die Entscheidung in Blogs und Forumsdiskussionen aufspüren, wobei die dort angeführten Gründe zum einen sehr heterogen, zum anderen bereits durch einen reflektierenden Prozess der Legitimationen transformiert sind.27 Zuverlässiger geben die ludischen Handlungen selbst Auskunft, die das Spiel in Form der Statistik aufdeckt: Indem nicht nur eine, sondern gleich eine Vielzahl intuitiver Entscheidungen ausgewertet werden, lassen sich im Abgleich der einzelnen Situationen und ihrer Skalen wiederkehrende Handlungsmotive herausfiltern, die auf gemeinsame Implikationen von Seiten der SpielerInnen hinweisen.

Schon ein kursorischer Vergleich mit dem abgehackten Arm von Sarita in The Walking Dead: Season Two lässt eine Tendenz erahnen: Auch im Fall von Clementine haben die SpielerInnen mit deutlicher Mehrheit eine ›aktive‹ Handlung durchgeführt, d.h. eine offerierte Möglichkeit pragmatisch angenommen, um das Überleben einer positiv konnotierten Person wahrscheinlicher zu gestalten. Brutalität und Schuld werden dabei zugunsten eines situativen Spannungsmoments eingekauft, außerdem ist die Entscheidung zur Amputation drastischer und konfliktanfälliger mit Blick auf die Gesamtnarration. Folgt eine virtuelle Normalität damit in erster Linie den effektvolleren Handlungen im Sinne eines reizvollen Spielmoments, der Blut und Spannung verspricht?

#MyClementine: Ganz normale SpielerInnen in The Walking Dead: Season Two

Unmittelbar vor der Veröffentlichung der fünften und finalen Episode von The Walking Dead: Season Two verbreitet Telltale Games einen düsteren Trailer, der mit einer offenen Frage sowie der Etablierung eines Hashtags für die sozialen Netzwerke endet: »Who will you become? #MyClementine«.28 Auf den verschiedenen Plattformen legen die SpielerInnen daraufhin ihre individuelle Gestaltung der Spielfigur Clementine offen, wobei die Einzelbeiträge auf eine florierende Selbstregulierung im Sinne des Normalismus hinweisen. »#MyClementine is cold but compassionate. She doesn’t rely on anybody. She will make it«, so eine Userin via Twitter,29 und ganz ähnlich äußern sich auch SpielerInnen über das Telltale-Forum: »She is […] [c]ompassionate and soft but unforgiving and heartless.«30 Erstaunlich häufig wiederholen sich widersprüchliche Charaktermodellierungen, wobei neben einem diffusen Mitgefühl (»compassionate«) vor allem eine pragmatische Entscheidungshärte heraussticht: »#MyClementine is strong and always ready for the worse now«.31

Hier lässt sich die Selbst-Adjustierung des flexiblen Normalismus in der Praxis beobachten. Anhand der ausgestellten Prozentzahlen findet sowohl eine Abgrenzung des Individuums von anderen Ausprägungen – Stichwort: Authentizität – statt, gleichzeitig konstituiert sich aber auch ein statistisches Normalfeld, das in seiner Transparenz normalisierend auf die Individuen zurückwirkt. In der minderjährigen Clementine, die in The Walking Dead: Season Two als Hauptfigur und Avatar fungiert, findet der ludische Normalismus dabei eine ideale Projektionsfläche: Als junges Mädchen transportiert sie die kulturelle Implikation, ›noch formbar‹ zu sein und eröffnet die Suggestion, dass auch kleine Entscheidungen der SpielerInnen persönlichkeitspsychologische Effekte zeitigen könnten.32 Die SpielerInnen erhalten eine Art ludischen Erziehungsauftrag über Clementine, dessen ›normale‹ oder auch ›nicht-normale‹ Durchführung von der Entscheidungsstatistik zurückgemeldet wird. Mit Jürgen Link lässt sich Clementines performative Suche nach Normalität damit als »(nicht-)normale Fahrt« einer Kugel durch das Galton’sche Nagelbrett beschreiben:33 Zwar läuft eine einzelne Kugel ihren individuellen Weg durch ein mit Nägeln versehrtes Galtonbrett, die Gesamtzahl der Kügelchen allerdings folgt dem statistischen Normalfall und landet geordnet, ganz im Sinne der Gauß’schen Normalverteilung, als Kegel unter dem Versuchsaufbau.34 Die Einzelfahrt entspricht der ›authentischen‹ Perspektive, die sich unter #MyClementine beobachten lässt; die regelgeleitete Anhäufung von Spielverläufen aber entwirft das Modell einer ›normalen Clementine‹, das sich analytisch beschreiben lässt.35

Welche Normalität konstituiert sich somit im Spielverlauf von The Walking Dead: Season Two? Zuerst lassen sich die konsensfähigen Aktionen zusammenführen, welche die Mehrheit der SpielerInnen unter den angegebenen Parametern ausgewählt hat.36 In der ersten Episode rettet die normale Clementine ihre Freundin Christa, tötet einen Hund, akzeptiert die Entschuldigung eines Fremden etc. – was anhand der angebotenen Stichworte unter Aspekten von »survival«, »mercy« und »trust« interpretiert werden soll. Folgende Eigenschaften summieren sich in einem stark abstrahierenden Zugriff:

#NormalClementine:
Episode 1: Helps others to survive, has mercy, trusts easily, is generous, has to be heroic
Episode 2: Is not a good friend, is loyal to old friends, is honest, is forgiving, is brave
Episode 3: Shows compassion, doesn’t know who to trust, acts selfish, enjoys vengeance, takes a risk
Episode 4: Is not pragmatic, shows compassion, acts selfless, is nurturing, kills to survive
Episode 5: Acts selfless, takes no risk, is loyal to old friends, kills to survive, stays with friends37

Diese lose Übersicht verweist bereits auf einige Inkohärenzen der normalen Clementine: Gewisse Parameter tauchen wiederholt auf und verändern sich im Laufe der Episoden, so u.a. »friendship«, »trust«, »loyalty« oder »selflessness«. Die Zusammenstellung liest sich partiell wie eine sukzessive Entwicklungsgeschichte, in der sich Clementine an die Gegebenheiten der Postapokalypse anpasst: Wo sie zu Beginn noch leichtfertig ein Vertrauensverhältnis mit Mike eingeht (trusts easily) und der hilfsbedürftigen Sarah ihre Unterstützung untersagt (is not a good friend), geht sie in der letzten Episode kein Risiko mehr ein (takes no risk), beweist Loyalität (is loyal to old friends) und endet im Großteil der Fälle in einer Gruppe (stays with friends).38 Neben einer Regulierung von Seiten des Spielmaterials, das in der Setzung der Parameter bereits Wertungen und Akzente hineinträgt, greifen hier auch die im kulturellen Wissen etablierten Genrekonventionen, die das Verhalten der SpielerInnen auf Basis des Frames ›Postapokalypse‹, bekannt aus Filmen und Fernsehserien, präfigurieren. Auf dieser Folie bleibt im Spiel vor allem der Aspekt der »compassion« konstant, der auch in den Community-Diskussionen wiederholt genannt wird.

Mithilfe der angegebenen Prozentzahlen lassen sich nun die leitenden Handlungsimplikationen evaluieren. Während in der dritten Episode noch eine äußerst knappe Entscheidung gegen die »selflessness« getroffen wird – Clementine verheimlicht in 58 Prozent der Fälle den Diebstahl eines Radios und lässt die Bestrafung anderer Figuren zu –, nehmen die SpielerInnen in gleich zwei späteren Situationen schwierige Umstände auf sich und agieren mit jeweils größerer Mehrheit ›selbstlos‹ (87 bzw. 84%). An den Werten aber zeigt sich: Die eigennützige Entscheidung ist den SpielerInnen tendenziell schwerer gefallen (58%) als selbstloses Handeln (84 u. 87%).39 Auch der Aspekt des ›Risikos‹ verändert sich in ähnlicher Weise: Nach der konsensfähigen Amputation von Saritas Arm (83%) entscheidet sich eine verschwindend geringe Mehrheit in der letzten Episode dafür, Luke nicht auf das brüchige Eis zu folgen und verpasst damit die Möglichkeit, ihn durch eine riskante Aktion zu retten (51%) – die normalen SpielerInnen hatten in dieser Situation offenbar Entscheidungsprobleme.40 Die Auswertung kann damit den verändernden Prozentzahlen Rechnung tragen: Wiederkehrende Parameter werden im Folgenden auf die Gesamtheit aller Entscheidungssituationen angewandt, wobei eine deutliche Mehrheitsentscheidung (80–100% aller SpielerInnen) von einer starken Tendenz (65–80%) und schließlich von kritischen, nahezu unentscheidbaren Situationen (50–65%) differenziert wird. Im Anschluss an den Aspekt der »selflessness« lässt sich so die Opposition ›altruistisch‹ vs. ›egoistisch‹ an zahlreiche der Einzelsituationen herantragen, was zu folgendem Ergebnis in Abbildung 2 führt.41

Abb. 2: Implikationsanalyse ›altruistisch‹ vs. ›egoistisch‹ in The Walking Dead: Season Two

In einem Verhältnis von 13:3 entscheiden sich die SpielerInnen für die altruistische Handlung, wobei der genaue Blick auf die Prozentzahlen die Tendenz nur verschärft: Alle drei ›egoistischen‹ Entscheidung wurden im prekären Feld von 50–60% getroffen und sind damit jeweils von einer Unentschlossenheit geprägt. Genau sieben Situationen mussten dabei aus der Wertung herausfallen, da sich ein solches Oppositionspaar nicht an alle inszenierten Entscheidungen herantragen lässt.

Über 4/5 der SpielerInnen handeln demnach selbst in einem brutalen Computerspiel, dem im öffentlichen Diskurs bekanntlich gesellschaftliche Verrohung unterstellt wurde,42 altruistisch und ›mitfühlend‹. Zwar tendieren die normalen SpielerInnen gerade in brenzligen Situationen zu egoistischen Handlungen, allerdings weisen auch die altruistischen Entscheidungen zwei Fälle im kritischen Bereich um die 50% auf. Ein zweites Oppositionspaar rückt damit in den Blick, das sich an zahlreiche Entscheidungssituationen herantragen lässt: die Relation von ›aktiven‹ im Gegensatz zu ›passiven‹ Handlungen, was Aufschluss darüber gibt, ob die SpielerInnen eine offerierte Handlungsmöglichkeit eher wahrnehmen oder ausschlagen. Das Ergebnis in Abbildung 3 fällt vergleichbar aus.

Abb. 3: Implikationsanalyse ›aktiv‹ vs. ›passiv‹ in The Walking Dead: Season Two

Auch hier zeigt sich eine klare Tendenz: Von 22 Entscheidungen, auf die sich diese Opposition anwenden ließ, wählten die SpielerInnen in 16 Situationen die aktive Handlung, nahezu 2/3 also, wohingegen in nur sechs Situationen eine Interaktionsmöglichkeit abgelehnt wurde. Bei genauerem Blick zeigt sich, dass auch dieses Ausschlagen von Handlungsoptionen zumeist in kritischen Bereichen von 50–65% stattfand. Eine Handlungsmöglichkeit abzulehnen erscheint den SpielerInnen von The Walking Dead: Season Two somit tendenziell abwegiger als die Annahme einer Möglichkeit, was im Bereich des Computerspiels kaum überrascht: Dass der normale Gamer agency fordert und seine Einwirkung auf die Spielwelt immer wieder auf den Prüfstand stellt, wird auch im Bereich der Game Studies seit einiger Zeit verstärkt diskutiert.43 Kollidiert dieser Wunsch nach agency allerdings mit anderen Implikationen – wie im Ausnahmefall der letzten Episode, als sich Clementine die Chance bietet, ihre Freunde zu verlassen und mit Mike im Auto zu flüchten –, dann muss die aktive ludische Erkundungslust anderen Parametern weichen. In dieser Situation gewinnt beispielsweise die ›Loyalität‹ (94%).

Auch letzterer Aspekt lässt sich an den Entscheidungsskalen verfolgen, wobei sich »loyalty« als Parameter nur schwer in einer antonymen Opposition fassen lässt. Denn: Wenn eine Figur loyal handelt, stellt sich zugleich die Frage, zu wem sie sich treu verhält. An genau 9 Fällen lässt sich dennoch messen, inwiefern Clementine eine ältere Freundschaft zugunsten einer jüngeren aufgibt oder sogar das eigene Wohlbefinden zugunsten von Freundschaft vernachlässigt. Anhand der Relation zur ambivalenten Figur Kenny zeigt sich: Egal, wie mental instabil sich diese langjährige Bekanntschaft Clementines auch verhält, in 7 von 9 Fällen entscheidet sich die ›normale Clementine‹ für eine loyale Handlung älteren Freunden gegenüber.44 In den beiden Ausnahmefällen sind die SpielerInnen dabei nahezu unentschlossen (51%), außerdem betreffen beide die befreundete Figur Luke, von der Clementine, anders als von Kenny, keine Sanktionen zu fürchten hat.45 Eine ähnlich krisenhafte Entscheidung fällt entsprechend zugunsten von Kenny aus: 51% Prozent entscheiden sich im Finale des Spiels dafür, Kenny tatenlos bei einem Mord an einer jüngeren, möglicherweise mit ›Schuld‹ beladenen Freundin zuzuschauen, statt den Abzug der erhobenen Waffe zu drücken und den rasenden Kenny damit zu erschießen. Mit knapper Mehrheit wird hier die passive Aktion des ›Wegschauens‹ bevorzugt, wobei sich dieses Ergebnis im Laufe des vergangenen Jahres stark verändert hat.46 Tendenziell zeigt sich: Sobald eine Entscheidung gegen Altruismus, Loyalität oder agency getroffen wird, fällt diese in der Regel krisenhaft aus.

Auf diese Weise lassen sich weitere Gegensatzspaare auf die Entscheidungssituationen anwenden, von denen einige adäquat, andere wiederum nicht auf die jeweiligen Oppositionen übertragbar sind. Interessant erscheint vor dem Hintergrund der Killerspieldebatten die Frage nach ›Brutalität‹ vs ›Mäßigung‹: Wie gerne geben die SpielerInnen der brutaleren Aktion den Vorzug? Auf nur sechs Situationen lässt sich das Oppositionspaar zuverlässig anwenden, wobei vier Entscheidungen zugunsten der brutaleren Variante, zwei hingegen zu einer Mäßigung tendieren.47 Ebenso wie die Opposition von ›Rache‹ vs. ›Vergebung‹ (1:4)48 ist ein solches Ergebnis kaum signifikant. Der qualitative Blick auf eine Einzelsituation gibt hier größeren Aufschluss: In der dritten Episode treten die Parameter ›Rache‹ und ›Brutalität‹ isoliert auf, da die SpielerInnen sich ohne Befürchtung weiterer Konsequenzen entscheiden können, Kenny beim brutalen Mord am feindlichen Carver zuzuschauen oder den Raum zu verlassen. Auch wenn die Szene für die zwölfjährige Clementine keine pädagogisch sinnvolle Umgebung darstellt, entscheiden sich 68% Prozent der SpielerInnen für den Voyeurismus. Sobald keine spielinternen Konsequenzen zu fürchten sind, schauen sich die SpielerInnen die blutige Rache an einem wehrlosen Peiniger gerne an, die man sonst verpassen würde. Dennoch bleiben diese Implikationen für die weiteren Handlungen nachrangig, da sie sich im Ernstfall als variabel herausstellen. Dasselbe gilt im Übrigen für die ›Ehrlichkeit‹ gegen die ›Lüge‹: In drei unproblematischen Situationen wählen die SpielerInnen die Wahrheit zu Ungunsten einiger Akteure, in drei krisenhaften Momenten hingegen lügen sie bzw. verschweigen die Wahrheit zur Verbesserung der eigenen Situation.49

Welche Normalität konstruiert also The Walking Dead: Season Two? Die normale Clementine ist tatsächlich »cold and compassionate« in dem Sinne, dass sie sich je nach Brisanz der Situation für die härtere oder aber die mitfühlende Variante entscheidet. In der Auslotung der beiden Attribute ist allerdings ein wesentlicher Unterschied festzustellen: Für das Mitgefühl, das sich in altruistischem Handeln äußert, entscheidet sich die normale Clementine vorrangig in tendenziell unverfänglichen Situationen, während sie in konfliktreichen und schwierigen Entscheidungen eher die egoistische Option wählt, die ihr eigenes Wohlergehen sichert. Statt dabei eine Möglichkeit verstreichen zu lassen, handeln die SpielerInnen tendenziell aktiv und nehmen die Probleme eigenständig in die Hand, wobei Brutalität und Action gerne in Kauf genommen werden – solange das eigene Überleben (»survivalism«) und jenes der engsten Vertrauten gesichert ist. Was den SpielerInnen dabei häufig als singulärer, eigener Weg erscheint, ist wiederum erstaunlich normal in dem Sinne, dass er sich mit einem Normalismus-Diskurs der westlichen Gesellschaft weitestgehend deckt: Unter dem Strich verfolgen die SpielerInnen der Telltale Games eine vergleichsweise humanistische, mit den gesellschaftlichen Werten keineswegs brechende Ethik – wenn man von der (durch den Extremraum der Postapokalypse intradiegetisch legitimierten) Brutalität absieht und gewillt ist, den Zombies jegliches Mensch-Sein abzusprechen.50 Dabei tragen gerade die klassischen Störfaktoren der Sozialpsychologie, so das Problem ›sozialer Erwünschtheit‹ ebenso wie die ›Tendenz zur Mitte‹ in Befragungen,51 hier zu einer Installation des gesellschaftlichen Normalismus-Dispositivs im Spiel bei, da gerade die Rückkopplung der Community-Entscheidungen zu einer Homöostase auch im virtuellen Normalfeld führt. Nicht nur von Seiten des Spiels, sondern auch in den Handlungen der SpielerInnen findet damit eine Selbstregulierung im Sinne des flexiblen Normalismus statt. Die SpielerInnen stützen einen normalen Diskurs der Gesellschaft über die Diegese hinaus auch im fiktiven Handeln, also in der performativen Genese einer Ereignisstruktur im Spiel.52

Normalität und Ausnahme: Telltale Games als Angriff auf den flexiblen Normalismus

Eine finale Beobachtung steht allerdings noch aus, die sich ergibt, wenn man nach der ludischen Funktion der Entscheidungsbildschirme fragt. Zwar konnten dominante Handlungsmuster im Zuge der Analyse aufgezeigt werden – und der kursorische Blick auf weitere Telltale-Statistiken kann die hier am Einzelfall erörterten Ergebnisse unterstützen.53 Allerdings unterschlägt ein solches Vorgehen einen wichtigen Aspekt mit Blick auf das ludische Erlebnis, der für den Erfolg der einzelnen Episoden wesentlich erscheint: Eine rege Anschlusskommunikation in Rezensionsorganen oder Blogs stellt sich besonders dann ein, wenn eine Entscheidung von den SpielerInnen eben nicht als normal, sondern vielmehr als krisenhaft und brüchig wahrgenommen wird. »No Going Back is […] amazing because it finally plunges The Walking Dead into a world of greys with no good options«, so ein exemplarisches Review zur letzten Episode der zweiten Staffel.54 Kann es den SpielerInnen in einer Diegese voller Zombies überhaupt attraktiv und wünschenswert erscheinen, eine Art von Normalität in das Spielerlebnis zu installieren?

Vor diesem Hintergrund lässt sich die finale Entscheidung in The Walking Dead: Season Two noch einmal in den Fokus rücken, die von den SpielerInnen aufgrund ihres hohen Impact-Faktors auf die weitere Figurenentwicklung gelobt wurde: »At the end of No Going Back you’ll truly feel that this Clementine is yours, and no one else’s.«55 Tatsächlich treffen die SpielerInnen am Ende der letzten Episode auf eine der (wenigen) »paradigmatisch valide[n] Entscheidung[en]«,56 die je nach gewählter Handlungsoption zu genau fünf verschiedenen Endsequenzen führt. Die Differenzqualitäten sind vergleichsweise hoch: In einem ersten Schritt muss Clementine entscheiden, ob sie den langjährigen Freund Kenny erschießt oder wegschaut, während dieser in Rage die jüngere Jane erwürgt. Nachdem 51,5% der SpielerInnen »Look Away« gewählt haben, entwickelt sich der Entscheidungsbaum weiter: Clementine kann Kenny nun auf seinem weiteren Weg folgen, ihn an zwei möglichen Stationen verlassen oder ihn nach seinem Mord an Jane doch noch erschießen. Auch im Zuge der Alternative, in der Kenny stirbt und Jane überlebt, ergeben sich weitere Handlungsoptionen (im Sinne von Abbildung 4 auf der nächsten Seite), wobei stets auch die Möglichkeit besteht, ganz auf sich alleingestellt mit dem Baby namens AJ in der Postapokalypse zu stranden.

An diesem komplexen Entscheidungsbaum sind zwei Aspekte gegen den Normalismus hervorzuheben. Erstens ist es aus ludischer Perspektive insbesondere die Verhinderung von normalen Entscheidungen, die das Spielerlebnis der Telltale Games konstituiert. Aus den drei Entscheidungsstufen, die in Abbildung 4 jeweils an den Pfeilgabelungen anzusiedeln sind, entwickelt sich sukzessive einer von genau sieben Narrationssträngen, wobei sich im Moment des Spielens nicht antizipieren lässt, wie viele alternative Enden realisierbar sind und ob es einen ›normalen‹ Weg gibt. Schon die erste Situation, der mögliche Mord an Kenny, zieht ludisches Potenzial aus einer reizvollen Kontingenzerfahrung: aus der nicht-normalen Überforderung in der Entscheidungsfindung, die durch die Anzeige einer Skala nah an den 50 Prozent verstärkt wird. Es zeigt sich: Das Spielerlebnis ist besonders geglückt, wenn die Entscheidung statistisch unmöglich ausfällt, das heißt: sich nah an einer 50:50-Grenze bewegt und damit das etablierte Normalsystem enthebelt.

Zweitens verhält sich auch die »My Choices«-Tafel im Anschluss an die siebenstellige Entscheidungssituation auffällig. Nachdem die Wahl zwischen »Shoot Kenny« oder »Look Away« wie gewohnt als binäre Opposition dargestellt wird, weicht auch die finale Skala nicht von dem bekannten Muster der 50:50-Entscheidung ab, obwohl es sich implizit um eine pentalaterale Entscheidung handelt. »In the end, who are you with?«, lautet die letzte Frage, die genau fünf verschiedene Antworten erlaubt (siehe Abbildung 4); das Spiel allerdings stellt ausschließlich die gewählte Option heraus und lässt Anzahl und Form von Alternativen offen. Die Statistik suggeriert damit fälschlicherweise eine binäre Entscheidung trotz mehrerer Möglichkeiten, womit die Prozentzahlen zwangsläufig niedrig ausfallen, so beispielsweise folgendermaßen: »You and 25% of players are with AJ at Wellington«. In dieser finalen Skala ist es also unmöglich, in einen konsensfähigen Bereich der Normalität zu gelangen; ein transparentes Normalfeld zur Selbstregulierung bleibt den SpielerInnen am Ende verwehrt.

Abb. 4: Entscheidungsbaum der finalen Szene in The Walking Dead: Season Two, Episode 5: No Going Back

Das Funktionieren des Spiels basiert damit auf einer chronischen Vermeidung der Möglichkeit normalen Handelns. Nicht die Bestätigung eines Normalfeldes stellt sich als primäres Ziel der Statistiken heraus, im Gegenteil: Ihre ludische Funktion besteht vielmehr darin, das Scheitern einer Entscheidungsfindung auch in der Community sichtbar zu machen und damit die Kontingenz, das »Auch-Anders-Sein-Können« der eigenen Entscheidung zu unterstützen.57 Die »My Choices«-Tafeln integrieren das Scheitern normalisierender Prozesse außerdem in das dynamische Normalfeld: Zwar bleibt das Computerspiel seinem Hang zur Quantifizierung treu, gerade in der Rückmeldung brisanter 50:50-Situationen aber lässt sich in materialisierter Form ablesen, dass es in diesen Spielen normal ist, keine Normalität zuzulassen. In diesem Sinne versuchen nicht nur die Postapokalypse in The Walking Dead, sondern auch die jeweils nicht-normalen Diegesen von Tales from the Borderlands (2014-15), The Wolf Among Us und Game of Thrones immer wieder, eine Normalität statistisch zu eruieren, um anschließend die Unmöglichkeit normaler Entscheidungen in das virtuelle Normalfeld einzuschreiben.

Ein weiterer Befund kann diese Front gegen den Normalismus stützen: Auch die ludischen Wiederholungsstrukturen, die im Computerspiel zur Normalisierung von SpielerInnen Anwendung finden, werden im Telltale-Adventure durch die Blockierung der Load-Funktion verstellt. Infolge des technischen Designs der Spiele ist es nicht ohne Umwege möglich, eine Entscheidung durch Abspeichern und Laden des Spielstandes simulativ zu wiederholen und damit zu korrigieren. Die im Computerspiel konstitutiven Repetitionen und Re-Entry-Figuren, die im Sinne des Normalismus zum Training und zur Anpassung von SpielerInnen führen,58 treten zwar in QuickTime-Events nach wie vor zutage, in den Entscheidungssituationen aber trennt sich das Telltale-Adventure von einer Effizienz in der Lösungsstrategie und setzt stattdessen auf die Modellierung eines irreversiblen Spielerlebnisses.

Auf der einen Seite erlauben die Spiele somit eine analytische Evaluierung von ludisch-digitaler Normalität, auf der anderen Seite problematisiert das Spielerlebnis aber zugleich die Mechanismen normalistischer Regulierung. Was aber bleibt, wenn der Normalismus in der Simulation scheitert? Jürgen Link kommt zu einem vergleichbaren Krisenbefund für den Normalismus-Diskurs der Gegenwart, dem er aufgrund gewandelter Rahmenbedingungen eine »fundamentale Diskontinuität« attestiert.59 Definiert man ludisches Handeln als ein Erproben von Möglichkeiten in einem unverbindlichen Raum, als eine nicht ernst zu nehmende Handlung in einem regelgeleiteten System,60 dann lassen sich in der fiktionalen Praxis der SpielerInnen auch probeweise »transnormalistische Alternativen« reflektieren, die im Computerspiel vorgeführt werden.61 In der nicht-normalen Welt der Zombies entfalten sich insbesondere die Effekte der ›Authentizität‹: Abseits von ›normalen‹ Lebenswegen verfolgen die SpielerInnen mit Clementine einen ›besonderen‹ Weg, der sich auf Grund der Irreversibilität der Spielmechanik nicht wiederholt und stattdessen ein singuläres Exempel in einer kontingent-überfordernden Diegese darstellt. Was im flexiblen Normalismus noch als »Chance« galt, avanciert hier zum leitenden Prinzip: Nicht auf Grundlage eines regulativen Normaldiskurses, sondern in der Evaluation von Einzelhandlungen justiert sich das spielende Subjekt, wobei es nicht die normalisierende Mitte, sondern das Authentisch-Besondere in ›intuitiven‹ Aktionen sucht. Links pessimistischer Gegenwartsdiagnose muss dabei nicht gefolgt werden, um ein Aufbrechen der regulativen Funktion des Normalfeldes in den virtuellen Simulationen von Telltale Games zu beobachten.

Die ›normalen SpielerInnen‹ des Telltale-Adventures suchen neben agency, compassion und loyalty somit auch ein ›besonderes‹ Erlebnis im Computerspiel, das ihre individuellen Entscheidungen differenztragend inszeniert. Trotzdem wird ›Normalität‹ in der Postapokalypse zu einem utopischen Raum, wie sich in einer Forumsdiskussion unter dem Titel »Could Clementine Be Normal?« verfolgen lässt: »After everything Clementine has endured (and I mean specifically Your Clementine, the one that was guided by Lee’s own choices and her own in Season 2), […] do you think she could ever go back to just having a ›normal‹ life?«62 Die Antwort einer größeren Zahl von SpielerInnen, die sich zu diesem Thema äußern, fällt zustimmend aus: Dank ihrer antrainierten Pragmatik könnte selbst Clementine wieder ein normales Leben führen. So leicht lassen sich die Mechanismen des Normalismus also nicht aus der virtuellen Gesellschaft verbannen. Ein ›normales‹ Leben erscheint jenseits der Zombie-Apokalypse weiterhin als wünschenswert. In den Computerspielen von Telltale Games jedoch findet sich das Aufbrechen von Normalität variantenreich inszeniert, wobei die Entscheidungsstatistik auch in krisenhaften Situationen die gesellschaftliche Tendenz zur Normalisierung behauptet – um in diesen Spielen schließlich das Scheitern des normalistischen Dispositivs ludisch erfahrbar zu machen.

Literatur- und Medienverzeichnis

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  • 1. The Walking Dead: Season Two. Episode 3: In Harms Way. Telltale Games 2014 (gespielt in der Version vom 21. Mai 2015).
  • 2. Diese sowie die folgenden Angaben von Prozentzahlen folgen dem Stand vom 20. Juni 2015, an dem sie für den Vortrag im Rahmen der Konferenz »digital.sozial.marginal?« ausgewertet und letztmalig überprüft wurden. In Einzelfällen offerieren die Statistiken ein Jahr später bereits signifikant abweichende Daten, was sich u.a. durch ein mehrmaliges Spielen einzelner SpielerInnen erklären lässt. Die früheren Daten wurden in diesem Zuge beibehalten; siehe auch unten, Anm. 46.
  • 3. Jürgen Link: Versuch über den Normalismus. Wie Normalität produziert wird. Göttingen 32006 [1996], S. 49. Am treffendsten lässt sich Normalismus nach Link als ›Dispositiv-Netz‹ beschreiben, das sich in Elementardiskursen, Spezialdiskursen sowie den dazwischenliegenden Interdiskursen nachweisen lässt; vgl. dazu Matthias Thiele: »Vom Medien-Dispositiv- zum Dispositiv-Netze-Ansatz. Zur Interferenz von Medien- und Bildungsdiskurs im Klima-Dispositiv«. In: Julius Othmer u. Andreas Weich (Hg.): Medien – Bildung – Dispositive. Beiträge zu einer interdisziplinären Medienbildungsforschung. Heidelberg 2014, S. 87–108.
  • 4. Die Anwendung des Normalismus auf den Bereich der Game Studies geht vor allem von Vertretern der kritischen Diskursanalyse (und damit primär vom deutschsprachigen Raum) aus, so u.a. Stefan Böhme: »Computerspiele als ›komplexe Selbstnormalisierungstrainings‹«. In: Simon Frisch u. Tim Raupach (Hg.): Revisionen – Relektüren – Perspektiven. Dokumentation des 23. Film- und Fernsehwissenschaftlichen Kolloquiums. Marburg 2012, S. 66–80; ders.: Normalismus in Computerspielen. Braunschweig 2006 (=M.A.-Arbeit). http://opus.hbk-bs.de/volltexte/2008/40/ (zuletzt eingesehen am 2. August 2016); Rolf Parr u. Matthias Thiele: »Zwischen Exzentrik und Normalität. Re-Entry-Strukturen in Spiel und Fernsehfilmen«. In: kultuRRevolution. Zeitschrift für angewandte Diskurstheorie 37 (1998), S. 88–94; Karin Bruns: »Game over? Narration und Spannung im Computerspiel«. In: kultuRRevolution. Zeitschrift für angewandte Diskurstheorie 45/46 (2003), S. 85–89. Vgl. auch Rolf Nohr: »Game Studies und Kritische Diskursanalyse«. In: Klaus Sachs-Hombach u. Jan-Noël Thon (Hg.): Game Studies. Aktuelle Ansätze der Computerspielforschung. Köln 2015, S. 373–397.
  • 5. Rolf Nohr: »When you hear the buzzer, stare at the art«. Spielen als Test. Keynotevortrag im Rahmen der Tagung »digital.sozial.marginal? Literatur und Computerspiel in der digitalen Gesellschaft« an der WWU Münster, 26. Juni 2015. http://youtu.be/LwTCdYYlL90 (zuletzt eingesehen am 13. Juli 2016), Min. 14:20–14:40. Die im Vortrag pointiert artikulierten Thesen finden sich in ders.: »Restart after Death. ›Self-Optimizing‹, ›Normalism‹ and ›Re-Entry‹ in Computer Games«. In: Jason C. Thompson u. Marc Ouellette (Hg.): The Game Culture Reader. Newcastle 2013, S. 66–83.
  • 6. Für das spielende Subjekt äußert sich hier der charakteristische »Wechsel zwischen Autonomie und Heteronomie während des Spielverlaufs«, siehe Martin Hennig u. Innokentij Kreknin: »Subjekttheorie und Game Studies – Ein Überblick«. In: Dies. (Hg.): PAIDIA-Sonderausgabe: Das ludische Selbst, 30. Juli 2016. http://www.paidia.de/?page_id=8048 (zuletzt eingesehen am 2. August 2016).
  • 7. Anhand der Spiele von Telltale werden zurzeit insbesondere die verschiedenen Aspekte der Entscheidungsinszenierung diskutiert, wobei neben ludischen und narratologischen Ansätzen auch die moralisch-ethische Dimension in den Fokus rückt, siehe exemplarisch Nicholas Taylor, Chris Kampe u. Kristina Bell: »Me and Lee. Identification and the Play of Attraction in The Walking Dead«. In: Game Studies 15.1 (2015), http://gamestudies.org/1501/articles/taylor (zuletzt eingesehen am 13. Juli 2016) sowie Tobias Unterhuber u. Marcel Schellong: »Wovon wir sprechen, wenn wir vom Decision Turn sprechen«. In: Redaktion PAIDIA (Hg.): »I’ll remember this«. Funktion, Inszenierung und Wandel von Entscheidung im Computerspiel. Glückstadt 2016, S. 15–31, die bereits von einem »Telltale-like« reden, ebd., S. 19.
  • 8. Prominent beispielsweise in Life Is Strange. Dontnod Entertainment 2015.
  • 9. Jürgen Link: Normale Krisen? Normalismus und die Krise der Gegenwart. Konstanz 2013, bes. S. 199–210. Auch in seinem jüngsten Buch führt Link die Krisendiagnose einer nunmehr brüchigen Normalität fort, siehe ders.: Anteil der Kultur an der Versenkung Griechenlands. Von Hölderlins Deutschenschelte zu Schäubles Griechenschelte. Würzburg 2016.
  • 10. Siehe Link: Normale Krisen? (Anm. 9), S. 34: »›Normalitäten‹ [im Unterschied zu Normativität, R.S.] in der hier definierten Bedeutung von auf Verdatung und Statistik gestützten, empirisch beobachtetem massenhaftem und […] ›akzeptierte[m]‹ Verhalten hat es vor dem europäischen 18. Jahrhundert nirgendwo gegeben«.
  • 11. Link: Versuch über den Normalismus (Anm. 3), S. 53. Die doppelten Anführungszeichen markieren im Originaltext eine uneigentliche Begriffsverwendung Links.
  • 12. Ebd., S. 51 inklusive der folgenden Ausführungen, S. 51–90.
  • 13. Ebd., S. 71.
  • 14. Ebd., S. 57f.
  • 15. Vgl. Unterhuber u. Schellong: »Decision Turn« (Anm. 7), besonders auch Tobias Unterhuber: »What would you do? Entscheidungsmöglichkeit als Spezifikum des Mediums Computerspiel«, 2014. In: PAIDIA – Zeitschrift für Computerspielforschung. http://www.paidia.de/?p=3714 (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).
  • 16. Link: Versuch über den Normalismus (Anm. 3), S. 58.
  • 17. Für die genauere Analyse des Spielverfahrens von Telltale siehe Raphael Stübe: »›I can’t change the past‹. Entscheidung und Beschleunigung im Adventure-Genre«. In: Redaktion PAIDIA (Hg.): »I’ll remember this«. Funktion, Inszenierung und Wandel von Entscheidung im Computerspiel. Glückstadt 2016, S. 57–82, hier S. 68–72.
  • 18. Asterionn: »Stats are not showing! PS4«, Dezember 2014. In: Telltale Community Forum. http://www.telltalegames.com/support/discussion/89163/stats-are-not-show... (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).
  • 19. Die semiotische Perspektive ruft hier zunächst die Tradition einer Literatur- und Kultursemiotik auf, wie sie als Weiterentwicklung strukturalistischer Ansätze in der Literaturwissenschaft Anwendung findet, vgl. Michael Titzmann: »Semiotische Aspekte der Literaturwissenschaft: Literatursemiotik«. In: Roland Posner, Klaus Robering u. Thomas Sebeok (Hg.): Semiotik. Ein Handbuch zu den zeichentheoretischen Grundlagen von Natur und Kultur. 3. Teilband. Berlin u.a. 2003, S. 3028–3103.
  • 20. Kanonisch arbeitet besonders Jurij M. Lotman: Die Struktur literarische Texte. München: Fink 41993 [1972] auf Grundlage von Oppositionskomplexen, was schon Martin Hennig auf die Entscheidungen bei Telltale anwendet, siehe ders.: »›This game series adapts to the choices you make.‹ Eine raumsemantische Typologie von Entscheidungssituationen und die Funktionen seriellen Erzählens in aktuellen Episodenspielen«. In: Redaktion PAIDIA (Hg.): »I’ll remember this«. Funktion, Inszenierung und Wandel von Entscheidung im Computerspiel. Glückstadt 2016, S. 145–166.
  • 21. In der hier aufgerufenen Methodentradition werden RezipientInnen zumeist ausgeklammert, vgl. Dennis Gräf u.a.: Filmsemiotik. Eine Einführung in die Analyse audiovisueller Formate. Marburg 2011, S. 24.
  • 22. Diese Frage behandelt die Kategorisierung von Hennig: »Raumsemantische Typologie« (Anm. 20), S. 152.
  • 23. Game of Thrones. A Telltale Game Series. Episode 2: The Lost Lords. Telltale Games 2015 (gespielt in der Version vom 4. November 2015), Kapitel 7.
  • 24. Diese Unterscheidung ist deshalb zentral, da eine »logische Negation« (a vs. non-a) zugleich die weiteren Differenzierungen nach Implikationen und potentiellen Folgen erübrigen würde, vgl. Michael Titzmann: Strukturale Textanalyse. Theorie und Praxis der Interpretation. München 1977, S. 121f.
  • 25. Ein Paradigma nach Roman Jakobson wird hier als vom Text konstruiertes Ordnungssystem verstanden, das sich am Material intersubjektiv nachvollziehen lässt, vgl. Titzmann: »Literatursemiotik« (Anm. 19), S. 3049f.
  • 26. Game of Thrones, Episode 2 (Anm. 23), Kapitel 7.
  • 27. Häufig verlieren sich die Community-Aussagen in ironischen und nachträglich legitimierenden Einzelnarrationen mit unklarer Repräsentativität. So exemplarisch im Steam-Forum am Beispiel von Saritas Arm: »Personally, I killed the zombie. I argued that right now just take the simple route. Then, when everyone’s far away from the zombie, Mike can handle the amputation […]«. Der User FromanSK antwortet daraufhin: »What you said was the smarter argument, but at the time I was panicking and made the first choice that came to mind. So I cut that ♥♥♥♥♥ off«. Siehe Gaismister: »So... Sarita’s Arm...«, 13. Mai 2014. In: Steam-Forum. http://steamcommunity.com/app/261030/discussions/0/540741132112386035/ (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).
  • 28. Telltale Games: The Walking Dead: Season Two Finale – Episode 5 – ›No Going Back‹ Trailer (MyClementine), 21. August 2014. http://youtu.be/0zKaWvBLBhI (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016). Min. 5:12.
  • 29. @Auseil am 16. August 2014 via Twitter. http://twitter.com/Auseil/status/500764364090376193 (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).
  • 30. peachflower: »#MyClementine«, 01. Mai 2015. In: Telltale Community Forum. http://www.telltalegames.com/community/discussion/94854/myclementine (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).
  • 31. @FastAndFuchida am 16.November 2014 via Twitter. http://twitter.com/FastAndFuchida/status/534109648807550976 (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).
  • 32. Dieser Eindruck wird in den The Walking Dead-Spielen zudem gezielt evoziert: So konnte Clementine in der ersten Episode der ersten Staffel noch durch ihren Mentor Lee lernen, ob es in einem Pferdestall nach »Shit« oder nach »Manure« riecht. Je nachdem, welche Dialogoption die SpielerInnen via Lee ausgewählt haben, greift Clementine in späteren Episoden bis in die zweite Staffel hinein das entsprechende Wort auf.
  • 33. Link: Versuch über den Normalismus (Anm. 3), S. 25.
  • 34. Diese metaphorische Analogie Links wird zur Erklärung des Normalismus gerne herangezogen, vgl. exemplarisch Nohr: Kritische Diskursanalyse (Anm. 4), S. 382f.
  • 35. Im Folgenden wird auf Grundlage der semiotischen Perspektive eine intersubjektiv nachvollziehbare Auswertung von Entscheidungsimplikationen eruiert. Der Zugang versteht sich trotz der Datengrundlage als qualitativ, da jede Entscheidungsinszenierung einzeln auf vorhandene Handlungsimplikationen untersucht wird; außerdem handelt es sich vorrangig um einen literaturtheoretischen Versuch, die Reaktionen von SpielerInnen für eine ›textnahe‹ Analyse des Spielmaterials fruchtbar zu machen.
  • 36. Der immer auch subjektiv geprägten Auswahl von Parametern wirkt in den Walking Dead-Titeln die Hinzugabe von Parameters von Seiten des Spiels entgegen: Demnach sagt das Abtrennen von Saritas Arm etwas über »risk«, das Risikoverhalten der SpielerInnen, aus (vgl. Abb. 1), wohingegen eine aktive Sterbehilfe für einen leidenden Hund in der zweiten Episode als »mercy« bewertet wird: 81,8 Prozent der SpielerInnen besitzen demzufolge Mitleid.
  • 37. In dieser Aufzählung sind die jeweils vorgegebenen Parameter kursiv gesetzt, wobei sich das subjektive Moment der Interpretation in den hier angeführten Formulierungen nicht vermeiden lässt. Der erste Überblick dient somit ausschließlich dazu, um auf virulente Aspekte zu stoßen, die sich im Folgenden analysieren lassen.
  • 38. Ein Kürzelsystem markiert im Folgenden die relevante Entscheidungssituation: In jeder der fünf Episoden (1–5) wertet das Spiel jeweils fünf einzelne Entscheidungen (a–e) statistisch aus, sodass die Zahlen 1–5 die Episode, die Ziffern a–e die jeweilige Entscheidungssituation auf der »My Choices«-Tafel anzeigen. In den hier angeführten Beispielen handelt es sich entsprechend um: 1c, 2a, 5b, 5c und 5e.
  • 39. Es handelt sich um die Situationen 3c, 4c, 5a (siehe Anm. 38).
  • 40. Es handelt sich um die Situationen 3e und 5b (siehe Anm. 38).
  • 41. Das Kürzelsystem (Anm. 38) macht den Interpretationsprozess in Abb. 2 nachvollziehbar, zusätzlich ist die jeweilige Prozentzahl in Klammern angehängt.
  • 42. Zu der hinreichend bekannten »Killerspieldebatte« vergleiche exemplarisch Nohr: Kritische Diskursanalyse (Anm. 4), S. 390–394, hier S. 390.
  • 43. Vgl, für einen exemplarischen Überblick Marcus Schulzke: »Models of Agency in Game Studies«. In: Technoculture 2 (2012). https://tcjournal.org/drupal/vol2/schulzke (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016); jüngst auch Kai Matuszkiewicz mit einer handlichen Definition: »Agency ist die Fähigkeit eines Subjektes, handlungsmächtig zu sein und diese Handlungsmacht auch (bewusst) auszuüben«, ders.: »Agency und Interaktivität – Zur Kompatibilität von zwei Handlungskonzepten in den Digital Game Studies«. In: Martin Hennig u. Innokentij Kreknin (Hg.): PAIDIA-Sonderausgabe: Das ludische Selbst, 30. Juli 2016. http://www.paidia.de/?page_id=8048 (zuletzt eingesehen am 2. August 2016).
  • 44. Nach dem Kürzelsystem (Anm. 38) ergibt sich folgendes Schema: Loyal bzw. treu (älteren Freunden gegenüber): 1a (84); 1b (65); 2e (54); 3a (77); 4a (71); 5c (94); 5d (51). Flexibel bzw. untreu (zugunsten neuer Freunde): 3b (51); 5b (51).
  • 45. Luke und Kenny werden narrativ häufig gegeneinander ausgespielt, so bspw. in der Situation 2b, in der sich Clementine entscheiden muss, ob sie neben Kenny oder Luke sitzen möchte. 65% entscheiden sich für den Platz neben Kenny.
  • 46. Im Juli 2016 entscheiden sich nun 69,7 % der SpielerInnen für die Exekution Kennys, wobei sich diese Unregelmäßigkeit durch die Vielzahl erneuter Spieldurchgänge erklärt. Amanda Lange hat in ihrer deskriptiven Studie nachgewiesen, dass SpielerInnen sich für ein zweites Spielen neu justieren und im Sinne der Erkundung von agency zumeist jene Entscheidungen treffen, die sie zuvor als moralisch böse verworfen haben, siehe dies.: »›You’re Just Gonna Be Nice‹. How Players Engage with Moral Choice Systems«. In: Journal of Games Criticism 1.1 (2014). http://gamescriticism.org/articles/lange-1-1 (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016). Hinzu kommt eine narrative Präferenz des Mordes an Kenny durch das Spielmaterial, was regulierende Auswirkungen zeitigt: »You made the right choice…«, äußert der sterbende Kenny unmittelbar nach seiner Erschießung.
  • 47. Brutalität: 1b (82); 3d (68); 3e (83); 4e (58). Mäßigung: 2d (84); 4a (71).
  • 48. Rache: 3d (68). Vergebung: 1b (82); 1c (88); 1d (68); 2d (84).
  • 49. Ehrlichkeit: 2a (58); 2c (74); 3b (51). Lüge: 2d (84), 3a (77), 3c (58).
  • 50. Vgl. hierzu auch Lange: »You’re just gonna be nice« (Anm. 46) sowie einen frühen Kommentar von Telltale Games, die sich nach dem Release des ersten The Walking Dead-Titels erfreut darüber zeigen, dass die SpielerInnen zumeist ›das Richtige‹ tun wollen, siehe Stefanie Fogel: Telltale Games: The majority of The Walking Dead players try to do the right thing, 15. August 2012. http://venturebeat.com/2012/08/15/telltale-games-the-walking-dead-statis... (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).
  • 51. Vgl. Rainer Schnell, Paul B. Hill u. Elke Esser: Methoden der empirischen Sozialforschung. Oldenburg 92011, S. 348.
  • 52. Dabei ist das Konzept der normalen SpielerIn ausschließlich als modellhaftes Konstrukt aufzufassen, das keine Entsprechung in einer realen SpielerIn findet. Die Spielstatistik aber offeriert ein solches SpielerInnen-Modell, womit es literaturtheoretisch in die Nähe einer ›fiktiven SpielerIn‹ rückt; auf diese Weise wirkt es schließlich normalisierend auf die tatsächlichen SpielerInnen zurück.
  • 53. Gleicht man die Diagnose mit den filmisch aufbereiteten Statistiken aus The Walking Dead (erste Staffel) ab, so lässt sich eine hohe Repräsentativität der Ergebnisse vermuten, siehe Telltale Games: The Walking Dead – Episode 2 Stats Trailer, 13. August 2012. http://youtu.be/akgcch6735Q (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).
  • 54. Richard Cobbett: Baby steps on the road to Hell. The Walking Dead: No Going Back review, 28. August 2014. http://www.eurogamer.net/articles/2014-08-28-the-walking-dead-no-going-b... (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).
  • 55. Adam Siddiqui: The Walking Dead Season 2: Episode 5 - No Going Back, 30. August 2014. http://www.noobfeed.com/reviews/1076/the-walking-dead-season-2-episode-5... (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).
  • 56. So für Hennig: »Raumsemantische Typologie« (Anm. 20), S. 152.
  • 57. Michael Makropoulos: »Modernität als Kontingenzkultur. Konturen eines Konzepts«. In: Gerhart von Graevenitz u. Odo Marquard (Hg.): Kontingenz. München 1998, S. 55–79, hier S. 70.
  • 58. Vgl. Nohr: »Restart after Death« (Anm. 5); allgemeiner zur konstitutiven Rolle von Wiederholungsstrukturen im Game auch Christopher Hanson: »Repetition«. In: Mark J. P. Wolf u. Bernhard Perron (Hg.): The Routledge Companion to Video Game Studies. New York 2014, S. 204–210.
  • 59. Link: Normale Krisen? (Anm. 9), S. 202.
  • 60. Vgl. Johann Huizinga: Homo ludens. Vom Ursprung der Kultur im Spiel. Reinbek bei Hamburg 1987 [1938], S. 22, wobei sich in einer analogen Regelhaftigkeit von Spiel und Gesellschaft auch der Anschluss an Luhmann finden lässt: »Das Spiel enthält in jeder seiner Operationen immer auch Verweisungen auf die gleichzeitig existierende reale Realität. Es markiert sich selbst in jedem Zuge als Spiel; und es kann in jedem Moment zusammenbrechen«, Niklas Luhmann: Die Realität der Massenmedien. Opladen 21996, S. 97.
  • 61. Über »transnormalistische Alternativen« denkt Jürgen Link bereits in seinem Versuch über Normalismus (Anm. 3), S. 22 nach, intensiver schließlich in Ders.: Normale Krisen? (Anm. 9), S. 238–243.
  • 62. HarjKS: »Could Clementine Be Normal?«, 08. Juli 2016. In: Telltale Community Forum. http://www.telltalegames.com/community/discussion/107428/could-clementin... (zuletzt eingesehen am 15. Juli 2016).

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