Digital Journal for Philology
Angesprochen werden
Einleitung
Wenn wir beim Lesen eines fiktionalen Textes Figuren begegnen, kann bisweilen der Eindruck entstehen, sie wären tatsächliche Personen. Obwohl wir nur von ihrem Handeln und Sprechen lesen, können literarische Figuren doch mit uns in Interaktion treten und unser Denken verändern. Judith Butlers Modellierung von Interaktion als in der Möglichkeit der Reaktion subjektkonstituierendes Moment erlaubt, zu beschreiben, wie literarische Figuren als sich performativ selbstkonstituierend wahrgenommen werden können.
Um die Performativität der Selbstkonstitution durch Adressierung und die darauf reagierende Re-Adressierung zu analysieren, wird in diesem Beitrag ein sozialwissenschaftliches Modell der Adressierungsanalyse für die literaturwissenschaftliche Auseinandersetzung mit fiktionalen Texten adaptiert und erweitert. Überlegungen aus der Rezeptionsästhetik zur Interaktion zwischen Text und Leser*in tragen dazu bei, zu beschreiben, wie der Akt des Lesens auf das Selbstverständnis der Rezipient*innen und somit auf die Subjektivierung der Leser*innen wirkt. Erprobt wird dieser hier entwickelte Ansatz anschließend an Chimamanda Ngozi Adichies Roman Americanah (2013). Bereits der Titel »Americanah« thematisiert die Zuschreibungen von Anrede, denn als »Americanah« werden in Nigeria diejenigen Nigerianer*innen spöttisch bezeichnet, die nach einem Aufenthalt in den USA von dort zurückgekehrt sind und sich nun so »amerikanisch« verhalten, dass ihre Landsleute sie als von der eigene Sprache und Kultur entfremdet wahrnehmen.1 Der Titel zeigt so eindrucksvoll, wie mittels nur eines Wortes, einer Anrede als »Americanah«, eine Vielzahl von wertenden Vorstellungen für Diskurskenner*innen evoziert wird.
Der Roman thematisiert die Migrationserfahrungen der Protagonistin Ifemelu in den USA, aber auch die ihres Partners Obinze in England. Diese parallel erzählten Migrationsgeschichten sollen die Vielfältigkeit der durch die Immigration sichtbar werdenden Fremdheits- und Rassismuserfahrungen andeuten. Auch Robin Brooks schreibt in »A Dangerous Single Story: Dispelling Stereotypes Through African Literature«:
The novel illustrates the complexity of these experiences and how African people are subject to broad generalizations from Americans as well as other Africans. In other words, the narrative, through the controversial depiction of African stereotyping each other, also explores interethnic antagonism.2
Diese durch den Roman durchgängig verhandelte Komplexität von Migrationserfahrungen trägt dazu bei, die vorherrschenden Generalisierungen und Stereotypisierungen aufzuweichen, wie Brooks in ihrem Artikel veranschaulicht.3 Es wird deutlich, dass das mit der Zuwanderung verbundene »Fremdsein« keine »natürliche« Eigenschaft ist, sondern es sich um eine Konstruktion, die aus Macht- und Herrschaftsverhältnissen heraus entsteht, handelt: Diese Konstruktion reguliert, welche Normen und Verhaltensweisen als »normal« im Ankunftsland angesehen und eingefordert und welche lediglich akzeptiert oder sogar abgelehnt werden. Innerhalb der Erzählung kommt es zu einer klaren Positionierung Ifemelus in Bezug auf ihre Erfahrungen als Black woman in den USA. Ifemelu macht Leser*innen auf »falsche« Wahrnehmungen und Verhaltensweisen aufmerksam und spricht dabei ein breites sowohl fiktives als auch reales Publikum an. Auch The Guardian betont, dass der Roman die Haltung von Leser*innen ändern möchte. Alex Clark schreibt: »There are some novels that tell a great story and others that make you change the way you look at the world. Chimamanda Ngozi Adichie’s Americanah is a book that manages to do both«,4 und Elizabeth Day beschreibt den Roman weiter als »[a]n extremely thoughtful, subtly provocative exploration of structural inequality, of different kinds of oppression, of gender roles, of the idea of home. Subtle, but not afraid to pull its punches«.5 Genau diese strukturellen Ungleichheiten, die unterschiedliche Arten der Unterdrückung und die zugewiesenen Geschlechterrollen werde ich durch die Analyse der Adressierungen und Re-Adressierungen innerhalb der Interaktionen untersuchen und so zeigen, wie der Roman den Blick der Leser*innen auf die Welt verändern will. Hier gilt es festzuhalten, dass die Reaktion auf die Adressierung bei jedem*jeder Leser*in aufgrund unterschiedlicher Erfahrungen variieren kann, da jede*r in einer anderen Lebensrealität involviert und die (Re-)Adressierung deshalb immer eine andere ist. Demnach könnten sich beispielsweise Leser*innen ohne Migrations- oder Rassismus-Erfahrungen durch die Belehrungen Ifemelus angegriffen fühlen, wohingegen Leser*innen, die in dieser Art marginalisiert sind, sich dadurch bestärkt fühlen könnten. Ich bin mir bewusst, dass der Text viele Lesarten zulässt und dass ich als weiße, in Europa lebende Leserin ohne Migrations- und Rassismuserfahrungen keine Deutungshoheit über den Text beanspruchen kann oder möchte. Eindrücklich zeigen sich die unterschiedlichen Lesarten an den zahlreichen Sekundärtexten zu Americanah, in denen der Roman aus ganz unterschiedlichen (Forschungs-)Perspektiven gelesen und untersucht wird. So analysiert Patrycja Kozieł die narrative Strategie Adichies in Americanah eine Migrationsidentität durch die wiederkehrenden Igbo Ausdrücke und Sprichwörter zu manifestieren.6 Terfa Aor (2022) beschäftigt sich damit, wie durch die eingebauten E-Mails, das Blogging, das Telefonieren und die Textnachrichten die Handlung, Figuren- und Umgebungsbeschreibungen beeinflusst und der Stil und die Sprache des Romans geprägt werden.7 Auch Serena Guarracino beschäftigt sich mit der Rolle der Technologie in Zusammenhang mit dem postkolonialen Schreiben.8 In ihrer Studie analysiert Cristina Cruz-Gutiérrez die hair politics im Roman und untersucht die Bedeutung des Blogschreibens für die dritte Welle der Haar-Bewegung.9 Syed Hajira Begum interpretiert Americanah als ein perfektes Beispiel für eine Literatur des Transnationalismus, die sich mit Themen wie Schwarzsein und Rassismus in den USA, Nigeria und Großbritannien auseinandersetzt.10 Einen weiteren Beitrag zur breiten Diskussion über Americanah liefert Bridget Tetteh-Batsa mit ihrer Dissertation über narrative Momente und Charakterporträts, die auf einen afropolitischen Feminismus hindeuten.11 Jennifer Leetsch untersucht die verschiedenen Auswirkungen und Effekte von Liebe im Text, sowohl als materielle Praxis als auch als verkörperte Erfahrung und als diskursives und textuelles Konstrukt. Sie beschreibt den Roman als eine Liebesgeschichte gegen Unterdrückung und restriktive Ordnungen, der Räume für alternative Identitätskonstruktionen bietet und denen eine Stimme gibt, die bislang zum Schweigen gebracht wurden.12 Die hier beispielhaft skizzierten Diskussionen in Forschungsbeiträgen als Reaktion auf den Roman resultieren gerade aus den verschiedenen Leseerfahrungen und (Re-)Adressierungen, die das Werk ermöglicht, und zeigen, wie sich daraus (Lese- und Denk-)Gemeinschaften und -Subjekte bilden.
In der Analyse von Americanah werden Adressierung und Re-Adressierung vor dem Hintergrund verschiedener Machtdiskurse auf drei Ebenen betrachtet: (1) zwischen den literarischen Figuren, (2) zwischen Figuren und Leser*innen sowie (3) zwischen Text und Leser*innen. Aufgrund der inhärenten Adressabilität der Sprache interagiert auch dieser Text mit seinen Rezipient*innen. Es kommt somit zu Subjektivierungsprozessen. Die These des Artikels ist demnach, dass eine Adressierungsanalyse von Americanah die Adressierbarkeit und Re-Adressierbarkeit als grundlegend für die auf Interaktion basierende Subjektivierung sowohl von den Leser*innen als auch von den Figuren aufzeigt und allgemeiner plausibel machen kann, wie Figuren lebendig erscheinen und Leser*innen sich von ihnen angesprochen fühlen können.
Subjektivierung durch Interaktion in fiktionalen Texten: Ein Analysemodell
Subjekte entstehen, wie Judith Butler gezeigt hat, in der Interaktion von Anrede und Reaktion. Butlers Verweis auf die Reaktion ist hierbei eine entscheidende Akzentuierung. Sie geht nämlich zunächst von Althussers Interpellationskonzept aus, nach dem das Individuum erst durch die Anrufung und einer Benennung zum Subjekt konstituiert wird,13 und somit eine gesellschaftliche Existenz erhält,14 kritisiert daran aber, dass die Reaktion des Angesprochenen irrelevant zu sein scheine, da die Subjektkonstitution schon im Akt des Sprechens stattfinde.15 Butler argumentiert hingegen, dass es eine Bruchstelle zwischen Sprechen und Handeln gibt. Durch Resignifikation und Reinszenierung können so Drohungen beziehungsweise Zuschreibungen umgeformt und damit abgeschwächt oder abgewehrt werden – der*die sprachlich Adressierte erlangt durch die Möglichkeit einer umdeutenden Antwort Handlungsmacht.16 Zentral ist hierbei die grundsätzliche Adressierbarkeit und Adressabilität der Sprache, denn Angerufene sind der Zuschreibung zwar ausgesetzt, werden aber gerade erst durch diese in den Bereich des immer von Macht durchwirkten Sprachlichen geholt, was ihnen ermöglicht, eine »unexpected and enabling«17 Antwort zu geben. Diese Möglichkeit nimmt der Anrufung ihren totalisierenden und determinierenden Effekt.18 Butler erkennt also in der Performativität des Sprechens und Handelns die Offenheit, in der Re-Adressierung die Bedeutung der Anrufung in einen neuen Kontext zu verschieben und so für sich selbst annehmbar(er) zu machen, um als handlungsfähige Subjekte auftreten zu können. Dies verdeutlicht die starke Relationalität der Anrufung und die Abhängigkeit gegenseitiger Adressierung für die Subjektivierung.
Dennoch muss mit Verweis auf Edward Avery-Natales und Pablo Vilas Fallstudie über die Polizeigewalt an Jacob Blake betont werden, dass nicht allen Individuen in allen Kontexten die gleichen Möglichkeiten des Widerstands oder der Ablehnung einer Interpellation gegeben sind. Die Autoren aktualisieren in ihrem Text Althussers Theorie der Interpellation mithilfe von Deleuzianischen Konzepten und der Idee der »identitarian articulations«19 und zeigen eindrücklich, wie es aufgrund der überdeterminierenden Macht hegemonialer Diskurse, beispielsweise von »white supremacy«,20 den darin als untergeordnet eingeschriebenen Subjekten nicht gleichermaßen möglich ist, Interpellationen anzunehmen oder abzulehnen. Vielmehr ist die Möglichkeit zur Reaktion immer vom Kontext abhängig:
Ultimately, identifications emerge as particular types of identifications (always working in articulation with other identifications, never in isolation) in relation to times and places as well as objects, technologies, discourses, and emotions present. Any identitarian articulation will not only emerge differently but will in meaningful ways be a different immanent ›thing‹ from encounter to encounter, from assemblage to assemblage.21
Dieselben Objekte, Technologien und Emotionen können demnach bei unterschiedlichen Subjekten das Spektrum von Re-Adressierung limitieren und hängen stark mit den asymmetrischen Machtverhältnissen von race, gender und class zusammen, innerhalb derer sich das Subjekt artikuliert. Althusser bleibt mit seinem Beispiel des Polizistenrufes also abstrakt und universalisiert ihn, was nur aufgrund seiner von anderen Machtapparaturen isolierten Betrachtung möglich ist. Althussers Modell, das zeigen Avery-Natale und Vila, muss daher immer situiert und kontextualisiert werden. Diese Überlegungen scheinen insbesondere im Kontext eines von einer Schwarzen Autorin verfassten Romans wie Americanah relevant, in dem Rassismuserfahrungen und Subjektivierungsprozesse in verschiedenen geographischen und kulturellen Konstellationen expliziert thematisiert werden. Vor diesem Hintergrund soll auch das hier vorgestellte Modell zur Analyse von Adressierungen in fiktionalen Texten als ein in manchen Aspekten bewusst abstrakt bleibendes Modell betrachtet werden, das darum weiß und dafür Raum lässt, dass es immer einer dichten, konkreten Situierung für den jeweiligen Text und den jeweiligen Rezeptionsprozess bedarf.
Wie kann nun eine solche Analyse der Subjektivierungsprozesse aussehen? Als Ausgangspunkt dafür bietet sich vor allem aufgrund ihres Fokus auf die soziale Situiertheit und Performativität die von Nadine Rose und Norbert Ricken entwickelte Adressierungsanalyse an. Grundlegend dafür ist das Subjektivierungsdenken, welches in Abgrenzung zur klassischen Subjekttheorie das Gewordensein des Subjekts betont.22 Mit Subjektivierungsdenken meint Rose jedoch nicht lediglich die »interaktiven Prozesse einer praktischen und situativen Konstitution zum Subjekt«,23 vielmehr gilt es, die Position des Subjekts im jeweiligen gesellschaftlichen und historischen Kontext zu betrachten. Dies betrifft beispielsweise Machtförmigkeit und folglich auch kulturell-soziale Kategorien und entsprechende Deutungsmuster. Für diese Analyse der Subjektwerdung als stark relationaler Prozess haben Rose und Ricken eine Heuristik unter der Prämisse entwickelt, dass »sich an jedwede sozial vollzogene Praktik sinnvoll die Frage nach den darin artikulierten Adressierungen richten lässt«.24 Die aus dem empirischen Forschungsinteresse heraus entstandene Heuristik untersucht, (1) »wie im Rahmen je spezifischer Praktiken jemand von wem vor wem als wer angesprochen bzw. explizit oder implizit adressiert wird« und (2) »zu wem der- oder diejenige dadurch von wem und vor wem gemacht wird und sich selbst macht«25, und weiter, (3) »inwieweit ihre oder seine re-adressierende Reaktion darauf diesen Prozess mitbestimmt und ihrerseits den oder die andere ›subjektiviert‹«.26 Die Interaktionen wird aus konversationsanalytischer Perspektive hinsichtlich Selektion und Reaktion sowie die Organisation des Sprecher*innenwechsels analysiert sowie auf aufgerufene Norm- und Wissensordnungen und deren Bewertung als besser oder schlechter, richtig oder falsch. Das führt zur Frage der Machtdimension, also zur Frage nach der auf die*den jeweils andere*n bezogenene Positionierung (Fremdzuschreibung oder Selbstzuschreibung) und Relationierung (hierarchisch/egalitär/zu Dritten) der Interaktionsparter*innen. Der letzte Schritt analysiert das gezeigte oder geforderte Selbstverhältnis zur Adressierung mit der Frage, wie sich die beteiligten Personen ›als selbstbezügliche Subjekte‹ annehmen und performen. So kann die Subjektivierung vor dem Hintergrund verschiedener Machtdiskurse systematisch analysiert werden.27
Welchen Vorteil bietet es nun, mit einer Heuristik, die für reale Situationen entwickelt wurde, fiktionale Texte zu analysieren? Romane bieten Adressierungs- und Re-Adressierungssituationen in einer stark verkürzten, gerafften Darstellung, und somit eine Folge von Situationen, die in der Realität nicht in dieser Menge und über so einen langen Zeitraum beobachtbar wäre. Anders als in der von Rose und Ricken untersuchten realen Situation finden jedoch in fiktionalen Texten Adressierungen und Re-Adressierungen auf verschiedenen Ebenen statt, die ineinander verschränkt sind. Diese komplexe Ebenenverschränkung zu berücksichtigen, ist für die Analyse fiktionaler Texte unabdingbar, da durch sie vielschichtige und eventuell konträre Adressierungen innerhalb desselben Dialogs stattfinden, die in die Analyse einbezogen werden müssen.
Die erste Verschränkung findet auf der Interaktionsebene zwischen den literarischen Figuren statt: Um die Dialoge der Figuren in ihrem Kontext situieren zu können, muss auch die sie rahmende Erzählerrede mitanalysiert werden. Die Erzählerstimme selbst sowie ihre Verbalisierung eines nonverbalen Kontextes führen allerdings bereits zu einer starken Wertung und Positionierung, zu denen sich wiederum die Leser*innen verhalten müssen: Das betrifft also die Ebene zwischen Erzählinstanz und Leser*innen. Eine Verschränkung der Interaktionsebenen zwischen Figuren und Leser*innen und zwischen Erzählinstanz und Leser*innen ereignet sich beispielsweise in der erlebten Rede durch die Überlagerung von Erzählstimme und Figurenrede. Dieser Überlagerung ist eine doppelte Adressierung inhärent, die die Rezeption stark beeinflusst. Denn abhängig davon, wie die jeweilige Stimme in den Aussagen präsent und vorherrschend ist, wird die Distanz zwischen den drei Akteur*innen Erzähler, Figur und Leser*in beeinflusst. Zum einen wird durch die Einblicke in die Gedanken und Gefühle von Protagonist*innen die Distanz verringert, zum anderen ist die transponierte Rede immer auch Erzählbericht. Durch die doppelte Adressierung können mit nur einer Aussage aufgrund der gleichzeitigen Wirkung von Figurenrede und Erzählstimme unterschiedliche Meinungen und Positionen evoziert werden. Die Leser*innenaktivität ist gefordert, sich selbst zu den gleichzeitig anwesenden Positionierungen in Relation zu setzen, wobei diese Ambiguität der Zwei- oder Mehrstimmigkeit nicht zwangsläufig aufgelöst werden muss.28 Im Gegenteil stellt diese Gleichzeitigkeit und Ambiguität einen Mehrwert dar und unterstützt Adichies Versuch, die Vielfältigkeit von Migrationserfahrungen und afrikanischen Identitäten und Lebensweisen zu betonten.
Zusätzlich stellt sich der Leseprozess als eine Interaktion zwischen Leser*innen und fiktionalem Text dar, die ebenfalls eine ständige (Neu-)Positionierung verlangt. Durch diese komplexen Überlagerungen werden Leser*innen von fiktionalen Texten simultan auf verschiedene Weise angesprochen, was zu einer entsprechend komplexen Adressierungsanalyse in der Literaturwissenschaft führt, und gleichzeitig durch ihre Komplexität die Betrachtung von asymmetrischen Machtverteilungen in Bezug auf Mehrfachdiskriminierungen (race, gender, class) in Adressierungssituationen erlaubt. Die Transdisziplinarität des Beitrags spannt einen Bogen über verschiedene Forschungsfelder und kann sich beispielsweise für die postcolonial studies und gender studies als interessant erweisen.
Die Einzelfallstudie an Adichies Americanah mit der hier vorgeschlagenen adaptierten Heuristik erlaubt zu zeigen, wie die Dynamik von Adressierung und Re-Adressierung in einem fiktionalen Text verschiedene Ebenen miteinander verschränkt, wie dadurch ein Eindruck von Subjektivität für literarische Figuren entstehen und wie der Lektüreprozess Leser*innen in Subjektivierungsprozesse involvieren kann.
Adressierung auf Figurenebene: Markierung als Fremde
Adichies Americanah eignet sich aufgrund der inhaltlichen Thematisierung von Adressierung besonders gut, die komplexen Dynamiken subjektivierender Interaktion in fiktionalen Texten zu zeigen. Das zentrale Thema der Migrations- und Fremdheitserfahrung der Protagonistin Ifemelu und der damit verbunden Neukonstruktion ihres eigenen Selbstverständnisses kann durch die Analyse der fortlaufenden – markierenden – Adressierungen und Re-Adressierung innerhalb verschiedener Machtdiskurse nicht nur auf inhaltlicher, sondern auch auf theoretischer Ebene veranschaulicht werden. Als nicht-amerikanische schwarze Frau erlebt Ifemelu an verschiedenen Lebensorten beinahe täglich, wie sie durch die Art und Weise, in der man sie anspricht, gewissen Kategorien zugeordnet wird, wobei man von ihr erwartet, dass sie sich dementsprechend verhält oder sich explizit dazu äußert.
Es ist möglich, die Zuschreibungen, die Ifemelu durch die Anrede erfährt, in verschiedene Kategorien wie race, gender, class einzuteilen und dann getrennt zu analysieren. Da Überlegungen zur Intersektionalität allerdings überzeugend gezeigt haben, dass diese Trennung bei der Analyse von Diskriminierungserfahrungen aufgrund der ständigen Überlagerung der Kategorien nur bedingt sinnvoll ist,29 werden sie hier nicht separiert. Der Fokus liegt vielmehr auf der Analyse der Zuschreibungen, die in unterschiedlichen Adressierungskontexten Ifemelu als anders, bzw. als Fremde und Nicht-Fremde markieren,30 und den damit einhergehenden Bedeutungen und Auswirkungen auf die Protagonistin. Kann in einer Situation das Anders-Sein von Ifemelu als von ihr bestärkend empfunden werden, wirkt es in einem anderen Kontext, mit anderen Kommunikationspartner*innen belastend. Weiter wird gezeigt, wie sich diese Zuschreibungen im Laufe des Romans verändern, besonders auch aufgrund von Ifemelus Umgang mit den Adressierungen, also in ihrer Art, Re-Adressierungen vorzunehmen und ihr Selbst zu performieren.
Nigeria: Ifemelu als die Andere
Bereits zu Beginn des Romans, als Ifemelu noch in ihrem Geburtsland Nigeria lebt, nimmt sie eine besondere Rolle ein; sie ist das eigenwillige Mädchen, welches mit ihren Sprüchen die Jungen herausfordert.31 So erzählt Obinze, ihr späterer Partner, Ifemelu bei ihrem ersten Treffen, was die Jungs in der Schule über sie denken: »Ifemelu is a fine babe but she is too much trouble. She can argue. She can talk. She never agrees. But Ginika is just a sweet girl«.32 In dieser Situation ist Obinze der Adressierende, der diese Formulierung seines Freundes wiedergibt, ohne, wie sich im Dialog zeigt, dessen Position zu teilen. Obinze geht hier also mit den aufgerufenen Normen nicht konform, da er nicht an Mädchen interessiert ist, die ausschließlich freundlich und nett sind.33 Dennoch zeigt sich, unter anderem auch in der Empfehlung an Obinze, lieber mit Ginika, die als »just a sweet girl« beschrieben wird, auszugehen, welche Verhaltensweisen von Mädchen erwünscht sind und welche als herausfordernd gesehen werden. Es werden also implizit Normen und Ordnungen definiert, die die jungen Männer in dieser Interaktionssituation als gutes Benehmen von jungen Frauen benennen, die sich aber von Ifemelus Verhalten unterscheiden. Zudem wird eine Differenzlinie zwischen Mädchen und Jungen gezogen, die an bestimmte Rollenerwartungen geknüpft sind – und zwar sowohl an die Mädchen als auch an Obinze, von dem wie selbstverständlich angenommen wird, dass er dieselben Normen und Erwartungen wie die restlichen Jungen verfolgt.34 Wie sich zeigt, nimmt er jedoch eine Gegenposition ein und bildet mit Ifemelu eine Allianz, da erkennbar wird, dass das Bild von Ifemelu ihnen beiden gefällt: »She [Ifemelu] had always liked this image of herself as too much trouble, as different […]«.35 Diese durch die intern fokalisierte Erzählstimme geäußerte Innensicht von Ifemelu zeigt, wie sie diese Adressierung in ihre Selbstwahrnehmung aufnimmt und Gefallen daran findet. Es wird deutlich, dass Ifemelu sich ihrer Wirkung auf andere bewusst ist und versucht, dieser Fremdeinschätzung gerecht zu werden. Nicht reflektiert wird dabei, dass Ifemelu ihr eigenes Verhalten, das gegen in ihrem Umfeld herrschenden Gender-Normen verstößt, als einzigartige Ausnahme versteht und damit für die anderen Mädchen nicht als eine alternative Möglichkeit eröffnet, sondern sie in ihrem traditionellen Rollenverständnis bestärkt.36
USA: Ifemelu als Fremde
Mit Ifemelus Migration in die USA ändert sich auch ihre Selbstverhältnisdimension, nicht nur in Zusammenhang mit ihrer Gender-Rolle, sondern vor allem auch in ihrem Schwarzsein. Ifemelu wird auch hier als »anders« wahrgenommen und adressiert, wenn etwa ihre meist weißen, US-amerikanischen Gesprächspartner*innen regelmäßig ihren »außergewöhnlichen« Namen hervorheben oder auf ihren »fremden« Akzent hinweisen. Ifemelu setzt sich allerdings neu dazu ins Verhältnis. Es scheint zeitweise, als verliere sie ihre Handlungsfähigkeit, denn es gelingt ihr zunächst nicht, die ihr gegenüber vorgenommene Adressierung für sich passend umzuwandeln und in der Re-Adressierung annehmbar zu gestalten. Durch die Erzählstimme zeigt sich zwar das Unbehagen und der Ärger über die Art der Adressierung, doch in den Dialogen selbst bringt Ifemelu diese Reaktion nicht zum Ausdruck. So ergibt sich in einem Bewerbungsgespräch folgender Austausch zwischen Ifemelu und ihrer möglichen Arbeitgeberin Kimberly: »›Hello, I’m Ifemelu.‹ ›What a beautiful name,‹ Kimberly said. ›Does it mean anything? I love multicultural names because they have such wonderful meanings, from wonderful rich cultures‹«,37 worauf Ifemelu lediglich mit »›I don’t know what it means‹« reagiert.38 Und etwas später im Dialog: »›And you, Ifemelu?‹ Kimberly asked. ›I know I’m mauling your name but it really is such a beautiful name. Really beautiful‹«.39 Auch hier bleibt Ifemelus Reaktion verhalten: »›No, you said it properly. […]‹«.40 Ifemelus vorsichtiges Verhalten wird verständlicher, wenn man berücksichtigt, dass es sich um ein Bewerbungsgespräch handelt, das entsprechend angepasste Verhaltensregeln aufruft und die Reaktionsmöglichkeiten dadurch einschränkt. Doch durch die Innenperspektive wird deutlich, wie Ifemelu die Situation und Kimberly bewertet: »Kimberly was smiling the kindly smile of people who thought ›culture‹ the unfamiliar colourful reserve of colourful people, a word that always had to be qualified with ›rich‹. She would not think Norway had a ›rich culture‹«.41 Die ständige Betonung des ›außergewöhnlichen Namens‹ von Ifemelu und der Verweis auf die ›rich culture‹, der sie angehöre, markiert Ifemelu wiederholt als nichtzugehörig zu der Kultur der Adressierenden. Auffällig ist aber auch, dass in Ifemelus Aussage wiederum eine wertende Zuschreibung enthalten ist; sie kategorisiert Kimberly aufgrund ihres Lächelns als nichtwissende weiße Person, die selbst keine Vorstellung von »Kultur« hat. Dies veranschaulicht die allgemeine Tendenz, Menschen zu stereotypisieren, wie auch Brooks durch den Charakter von Aisha, einer Friseurin aus einem Flechtsalon zu Beginn des Romans dargestellt sieht:
Through the character of Aisha, the novel also interrogates interethnic stereotypes, reminding readers of people’s susceptibility to stereotyping even those who are within their racial group. […] Ironically, the novel highlights the shared tendency of humans to judge others and the need for serious caution with such behavior.42
Im obigen Beispiel wird Kimberlys Aussage im Vergleich zu Ifemelus Reaktion aufgrund der asymmetrischen Machtverteilung zum problematischen Othering und tendenziell rassistischen Verhalten.
Ein weiteres Adressierungserlebnis hat eine so starke Wirkung auf Ifemelu, dass sie danach beginnt, ihr Selbst anders zu praktizieren.43 An einem Schalter zur Studierendenregistrierung fragt Ifemelu, ob sie hier richtig sei, worauf die Frau am Schalter, Christina Tomas, folgendermaßen reagiert: »›Yes. Now. Are. You. An. International. Student?‹«.44 Zunächst reagiert Ifemelu freundlich, da sie der Meinung ist, dass eine Krankheit der Grund für das langsame Sprechen der Frau ist. Dann jedoch realisiert sie, dass es ihr für Christina Tomas ungewöhnlich klingender Akzent war, der dazu führte,45 was folgende Gefühle in ihr auslöste: »she felt for a moment like a small child, lazy-limbed and drooling«.46
In der darauffolgenden Antwort Ifemelus zeigt sich ein Versuch, die Art und Weise der Adressierung zu ändern, indem Ifemelu Christina Tomas erklärt, dass sie Englisch spreche. In der Reaktion darauf wird aber deutlich, dass ihr Einwand nicht angenommen und sie nicht ernst genommen wird: »›I bet you do‹ […] ›I just don’t know how well‹«.47 Worauf Ifemelu schrumpft und es nicht schafft, in ihrer Re-Adressierung die Zuschreibung defizitärer Englischkenntnisse abzulehnen. Denn diese Fremdzuschreibung passt nicht zu ihrer eigenen Einschätzung ihres Selbst. »She shrank like a dried leaf. She had spoken English all her life, led the debating society in secondary school and thought the American twang inchoate«.48 Mit ihrem Schweigen bleibt die Zuschreibung als defizitär jedoch unkommentiert und somit unangefochten. Ifemelu versucht in Folge, durch das Einüben eines US-amerikanischen Akzentes diese Art der Adressierung zu verhindern, indem sie sich den verlangten, hierarchisch als besser konnotierten Akzent aneignet, den sie selbst, wie das obige Zitat zeigt, eigentlich für unausgereift hält. Dies zeigt sehr deutlich, welch starken Einfluss die Adressierung auf das Selbst der Protagonistin und somit auch auf ihr Handeln hat.
Welch große Rolle der nigerianische Akzent für das Selbstverständnis der Protagonistin spielt und inwiefern die Wahl des Akzentes mit dem Selbstbewusstsein der Protagonistin zusammenhängt, wird in einer späteren Szene deutlich, einem Telefongespräch zwischen Ifemelu und einem jungen Telefonverkäufer. Zu diesem Zeitpunkt lebt Ifemelu mittlerweile seit drei Jahren in den USA und hat sich eine Haltung für verschiedene Adressierungsszenarien erarbeitet. Ihr Selbstverständnis hängt dadurch nicht mehr in der gleichen Weise von der Adressierung anderer ab:
›Evenings,‹ she said.
›May I ask who I’m talking to?‹
›My name is Ifemelu.‹
He repeated her name with exaggerated care. ›Is it a French name?‹
›No. Nigerian.‹
›That where your family came from?‹
›Yes.‹ […] ›I grew up there.‹
›Oh, really? How long have you been in the US?‹
›Three years.‹
›Wow. Cool. You sound totally American.‹
›Thank you.‹49
Das nett gemeinte und freundlich formulierte Kompliment des jungen Telefonverkäufers, das Ifemelu zunächst dankend annimmt, markiert die US-amerikanische Sprechweise als die, die lobenswert und erstrebenswert ist. Es kommt damit zu einer wertenden Hierarchisierung verschiedener Sprechweisen. Kaum hat Ifemelu aufgelegt, schämt sie sich für ihren Dank:
Only after she hung up did she begin to feel the stain of burgeoning shame spreading all over her, for thanking him, for crafting his words ›You sound American‹ into a garland that she hung around her own neck. Why was it a compliment, an accomplishment, to sound American? She had won; Christina Tomas, pallid-faced Christina Tomas under whose gaze she had shrunk like a small defeated animal, would speak to her normally now. She had won, indeed, but her triumph was full of air. Her fleeting victory had left in its wake a vast, echoing space, because she had taken on, for too long, a pitch of voice and a way of being that was not hers.50
Durch die intern fokalisierte Erzählstimme wird klar, welch starke Auswirkung der Dialog auf Ifemelus Selbstverständnis hat und wie sie ›a way of being that was not hers‹, das aber von ihr erwartet wurde, ablehnt. Sie entscheidet, den US-amerikanischen Akzent aufzugeben, um sich selbst wieder näher zu fühlen: »This was truly her; this was the voice with which she would speak if she were woken up from a deep sleep during an earthquake«.51 Später beschreibt sie den vorgetäuschten US-amerikanischen Akzent wie folgt: »He spoke the kind of American English that she had just given up, the kind that made race pollsters on the telephone assume that you were white and educated«.52 In dem Zitat zeigt sich, dass die US-amerikanische Sprechweise eher weißen, gebildeten Personen zugeschrieben wird, weshalb Ifemelu, in der Hoffnung, in den von Rassismus und Klassismus geprägten USA akzeptiert zu werden, zuvor ihren nigerianischen Akzent abgelegt hatte. Nach all den Jahren hat Ifemelu die Fähigkeit erworben, zwischen den Sprechweisen zu wählen und hat so ihre Re-Adressierungsmöglichkeiten erweitert. In ihrer gestärkten Position findet sie in ihrem nigerianischen Akzent wieder zu dem, was sie als »sich selbst« bezeichnet und kann die Adressierungen größtenteils verarbeiten und für sie annehmbar gestalten. Das neu gewonnene Selbstbewusstsein ermöglicht es ihr, entgegen der erwarteten und geforderten Norm zu handeln, in diesem Fall zu sprechen. Die Analyse der Adressierung und Re-Adressierung auf Figurenebene zeigt, welche Normen und damit verbundenen Erwartungen an die Adressierten herangetragen werden und zu gewissen Handlungen drängten können, verdeutlicht aber, dass es vor allem die Re-Adressierung ist, in der sich das Selbstverständnis und die Handlungsmacht realisieren und zur Subjektivierung beitragen.
In dieser Analyse der Dialoge auf Figurenebene fehlen noch wichtige Aspekte des Romans: So wurden die Leser*innen bisher nicht in die Analyse aufgenommen, obwohl sie in jeder Interaktionssituation zwischen den Figuren, die analysiert wurde oder im Roman analysiert werden könnte, als implizite Hörer*innen gedacht werden können. Sie erleben sowohl die beschriebenen Interaktionen zwischen den Figuren und ihre Situierung als auch die Bewertung durch die Erzählerstimme als implizite Hörer*innen mit. Unter Bezugnahme auf die Adressierungsanalyse werden sie demnach implizit adressiert und sind somit Teil der Interaktion. Sie sind zwar in der Turn-Organisation, den Sprecher*innenwechseln eingeschränkt, da es ihnen nicht möglich ist, die Figuren direkt zu re-adressieren, aber aufgefordert, sich zu den aufgerufenen Normen, Ordnungen und Werten zu positionieren. Im Roman Americanah bezieht die Protagonistin Ifemelu eine sehr klare Position zu verschiedenen alltäglichen Situationen, die von Leser*innen eine Haltung gegenüber Anschuldigungen seitens der Protagonistin einfordert.
Durch Aussagen von Ifemelu wird klar aufgezeigt, was für sie richtig oder falsch ist, wodurch ein klares Selbstverhältnis zu den aufgerufenen Formen gegeben ist; das lässt sich mit der Machtdimension des Modells von Rose und Ricken, die nach der Hierarchisierung und Wertung fragt, gut analysieren. Ifemelu positioniert sich in den meisten Fällen als Wissende, die erklären will, was in der Adressierung von Nicht-weißen Menschen falsch gemacht werden kann und wie man mit anderen sprechen soll. Akzeptanz für die Tatsache, dass Ifemelu in der Position der Wissenden ist, könnte auch bei kritischen Leser*innen dadurch erzeugt werden, dass im Laufe des Romans ein Verständnis dafür geschaffen wird, wie die Protagonistin Rassismus erlebt und empfindet. Durch die interne Fokalisierung erleben Rezipient*innen als implizite Hörer*innen im Lesen mit, welches Leid die Art der Adressierung in Ifemelu auslöst. Als Rezipient*innen des Romanes erlebt man sich dabei im Verhältnis zu vielen Dialogpartner*innen Ifemelus jedoch in einer privilegierten Position, da Ifemelu zu Beginn ihrer Migrationserfahrung auf Zuschreibungen oft mit Schweigen reagiert und so die (Re-)Adressierung in gewissen Situation ihren unmittelbaren Gesprächspartner*innen verborgen bleibt. Für die Leser*innen aber wird die Dimension des Selbstverhältnisses, also ihre Reaktion auf die Zuschreibungen, durch die Erzählstimme lesbar. Der Roman ermutigt Leser*innen demnach, die Figurenentwicklung von Ifemelu zu verstehen, indem durch das »Mithören« von Dialogen und die persönlichen, wenn teilweise auch stummen Re-Adressierungen ein Bild von einem handlungsfähigen Subjekt geschaffen wird.
Diese Position der Leser*innen hat aber auch einen Einfluss auf ihr eigenes Selbstverhältnis: So könnte aufgrund der Nähe zur alltäglichen, selbsterlebten Adressierungssituation bei weißen Leser*innen ein Gefühl der Schuld entstehen, weshalb sie dann bereitwillig Ratschläge einer Betroffenen annehmen und sich ihre Perspektive auf Rassismus ändert, indem sie darauf sensibilisiert werden, welches Leid bei anderen durch eine Adressierung ausgelöst wird. Das beschreibt und erklärt, wie es zu der Art von Haltungsänderung bei den Leser*innen kommen kann, die die oben zitierte The Guardian Rezension anspricht.
Adressierung zwischen Figur und Leser*in: Blog
Im Laufe des Romans findet Ifemelu eine Möglichkeit, ihre Re-Adressierungen intradiegetisch auch für andere Figuren wahrnehmbar zu machen: Sie fängt an, einen Blog mit dem Titel Raceteenth or Various Observations About American Blacks (Those Formerly Known as Negroes) by a Non-American Black zu schreiben. Darin reflektiert sie Erlebnisse, die sie als diskriminierend empfunden hat, und weist zugleich auf Fehler hin, die möglicherweise viele der Rezipient*innen des Blogs, seien es fiktive Leser*innen im Roman oder reale Leser*innen des Romans, schon begangen haben. Wie sie ihre Erfahrungen mit diskriminierenden Zuschreibungen nutzt, um sich in eine Position der Wissenden und Belehrenden zu bringen, zeigt sich teilweise schon in den Titeln der auf dem Blog veröffentlichten Beiträge – als Form einer Re-Adressierung –, wie beispielsweise »Understanding America for the Non-American Black: A Few Explanations of What Things Really Mean«53 oder: »To My Fellow Non-American Blacks: In America, You are Black, Baby«.54 Ifemelu startet ihren Blog auf Empfehlung ihrer Freundin Wambui:
Blogs were new, unfamiliar to [Ifemelu]. But telling Wambui what happened was not satisfying enough; she longed for other listeners, and she longed to hear the stories of others. How many other people chose silence? How many other people had become black in America? How many had felt as though their world was wrapped in gauze?55
Diese Gedanken formulieren klar Ifemelus Wunsch, andere Menschen mit ähnlichen Erfahrungen, aber auch solche, die diese Erfahrungen zwar nicht selbst machen, sondern verursachen, zu erreichen und eine Stimme zu finden, um ihre Sicht auf die Zuschreibungen in alltägliche Begegnungen darzustellen, was für die Subjektivierung der Figur entscheidend ist.
Durch den Blog schafft es die Protagonistin, die Reichweite ihrer Adressierung nicht nur im erzählten, sondern auch im realen Raum zu vergrößern. Denn als Leser*in des Romans wird man aufgrund des (fiktiven) Medienwechsels – vom Blog im Internet zu den im Roman eingebundenen Exzerpten daraus – zugleich auch Leser*in einzelner Blog-Beiträge der Protagonistin und somit auf die gleiche Stufe wie die Figuren gesetzt, die die Möglichkeit haben, auf den Blog zu reagieren. Verstärkt wird dieses Verschwimmen der Grenzen dadurch, dass eine Fortführung des Blogs online unter dem Namen The Small Redemptions of Lagos verfügbar ist.56 Das Schreiben der Protagonistin endet also nicht mit dem Ende des Romans, sondern wird ohne den Rahmen des Romans weitergeführt, was der Figur Ifemelu scheinbar Handlungsfähigkeit, eine Stimme außerhalb des fiktionalen Textes gibt.57 Stützt man sich auf Christine Schachtners Monografie Das narrative Subjekt - Erzählen im Zeitalter des Internets, zeigt sich, wie das öffentliche Über-sich-selbst-Schreiben im Internet als ein Akt der Subjektivierung gelesen werden kann, da es einerseits eine Bewusstmachung und Reflektion über das Erlebte verlangt, zu dem man sich ins Verhältnis setzt, sowie andererseits durch potentielle Leser*innen und Kommentator*innen in eine Interaktionsschleife gestellt wird.58 Der Blog spielt in der Analyse der Subjektwerdung durch Adressierung also auf zweierlei Ebenen eine wichtige Rolle: Zum einen stellt das Erzählen der Protagonistin als Selbstpositionierung und Selbstinszenierung eine erweiterte Form der Adressierung und Re-Adressierung dar, die dabei hilft, ihr Selbstverhältnis genauer zu analysieren. Zum anderen ermöglicht der Blog eine verstärkte Adressierung der Figur an die Leser*innen. Dadurch wird, wie im Folgenden gezeigt werden soll, eine erweiterte Art der Interaktion zwischen Figur und Leser*innen geschaffen.
Blog als Raum der Selbstkonstitution
Ein wichtiger Schritt für die Identitätsbildung ist die Reflexion über sich selbst und die kulturellen Strukturen, in denen man lebt. Durch die Interaktion und Kommunikation mit anderen wird dem Ich eine Perspektive auf sich selbst gegeben, dem eigenen Selbst ein Spiegel als Stütze zur Selbstkonstitution vorgehalten. Der Austausch über Erfahrungen mit Anderen erlaubt es, eine reflexive Position einzunehmen und sich so sein eigenes Handeln bewusst zu machen.59 Genau diesen Austausch von Erfahrungen wünscht sich die Protagonistin von Americanah: »[Ifemelu] longed for other listeners, and she longed to hear the stories of others«.60
Eine individuelle Positionierung wird in der Kommunikation und Interaktion erfahren, die Identitätsbildung durch Differenzerfahrung ermöglicht. Diese Ausdrucks- und Kommunikationsbedürftigkeit findet für die Figur Ifemelu in Americanah unter anderem durch das Schreiben des Blogs statt, das die notwendige reflexive Distanzierung der Protagonistin erlaubt. Denn durch das Sich-Erzählen im Blog setzt sich Ifemelu mit sich und ihren Erfahrungen auseinander und tritt in Austausch mit anderen. Besonders daran ist, dass das Erzählen, wie Schachtner schreibt, gerade bei schwierigen und fordernden Erinnerungen an frühere Erlebnisse, wie im Falle von Ifemelu an Diskriminierungserlebnisse, eine wichtige Rolle spielt. Denn für das Erzählen braucht es eine Bewusstmachung von Erlebtem, was zugleich die Erzählenden zu einer Positionierung zwingt.61 Mit Bezug auf Michel Foucault, der autobiographisches Schreiben als eine »Technologie des Selbst« bezeichnet,62 formuliert Schachtner, dass sich das Selbst aus der Beschäftigung mit sich selbst erschließt.63 Schreiben biete dem*der Schreibenden eine Stärkung der Selbstsicherheit, da durch die Reflexion über sich selbst und Erlebtes Wissen über und somit ein besseres Verständnis von sich selbst erworben wird.64 Denn
[j]e klarer der reflexive Bezug auf die Vergangenheit ausfällt, je deutlicher sich Zusammenhänge herausschälen, desto sicherer werde ich in meiner Perspektive auf Vergangenheit und desto mehr lerne ich für mein Handeln in Gegenwart und Zukunft.65
Eine zentrale Funktion des autobiographischen Erzählens ist also der Individualisierungsprozess. So soll durch die Art und Weise, wie erzählt wird, auch die Einzigartigkeit des Erlebten des erzählenden Individuums betont werden. Durch die Positionierung zwischen Norm und Devianz wird eine individuelle Biografie geschaffen.66 Im Erzählen wird durch die sprachliche Benennung von Erlebtem die Selbstvergewisserung gefördert und so den Erzählenden erlaubt, empfundene Grenzen und Begrenzungen zu überwinden.67
Auch in Americanah lässt sich erkennen, dass Ifemelu durch das Erzählen im Blog Grenzen überschreitet, indem sie über Erfahrungen wie beispielsweise Rassismus schreibt, die in ihrem Alltag tabuisiert sind und deshalb von ihr als Begrenzung erlebt werden. Im Schreiben werden diese Grenzen aufgebrochen und in den Diskurs mit anderen gestellt. Ifemelu findet Bestätigung in ihrem Tun und in ihren Re-Adressierungen auf Formen von diskriminierender Adressierung und gewinnt so ihre Handlungsfähigkeit zurück.
Wichtig hierbei ist, dass Ifemelu dies eben nicht nur aufgrund des Schreibens schafft, sondern die Reaktionen ihrer Leser*innen und damit die Interaktionen einen zentralen Beitrag dazu leisten. Auch Schachtner betont, dass das Erzählen keineswegs eine einsame Tätigkeit ist. Zwar steht die Persönlichkeit des*der Erzählenden, in diesem Fall der Schreibenden, im Mittelpunkt, dennoch braucht es für das Schreiben die Existenz der antizipierten Leser*innenschaft, denn der Blog lebt von seinen »Followern«, die die Beiträge lesen und kommentieren, den*die Autor*in verstehenden »Besuchern«, so Schachtner.68 Es existiert also auch hier wieder die Abhängigkeit von den Anderen und ihren Blicken, sowie die Vorwegnahme der Adressierbarkeit des Publikums, welche die grundlegende Bedingung für den notwendigen Austausch ist. Die Wirksamkeit der Kommentator*innen von Ifemelus Blog und die gegenseitige Einflussnahme zeigen sich in folgendem Beispiel:
She felt dispirited and, while Curt watched a game that evening, she drove to the beauty supply store and ran her fingers through small bundles of silky straight weaves. Then she remembered a post by Jamilah1977—I love the sistas who love their straight weaves, but I’m never putting horse hair on my head again – and she left the store, eager to get back and log on and post on the boards about it. She wrote: Jamilah’s words made me remember that there is nothing more beautiful than what God gave me.69
Die (Re-)Adressierung hat einen solchen Einfluss auf die Protagonistin, dass sie hier ihr Kaufverhalten und infolgedessen ihre Selbstdarstellung ändert und das, um diesen Impuls weiterzugeben, in den Kommentaren ihres eigenen Blogs postet. Insbesondere Haare spielen in Zusammenhang mit der Performativität von race, gender und class eine zentrale Rolle. Callier und Pérez schreiben dazu:
Within the repetitive and situated ongoing politics of hair, we locate hair’s communicative doing, its performativity, and its signification of race, gender, sexuality, and class. Hair is a powerful and meaningful performance of identity and, subsequently, of public relation. Often in its signifying, hair symbolizes acceptability, thereby confirming or disaffirming one’s belonging to social groups, communities, and particular codes of conduct.70
Entscheidend sind auch die (Re-)Adressierungen in Form der positiven Rückmeldung auf ihre veränderte Selbstdarstellung mit ihren natürlichen Haaren:
Others wrote responses, posting thumbs-up signs, telling her how much they liked the photo she had put up. She had never talked about God so much. Posting on the website was like giving testimony in church; the echoing roar of approval revived her.71
Dies zeigt, dass das Schreiben des Blogs und die positiven Reaktionen darauf als Art Re-Adressierung die Protagonistin in ihren Handlungen und ihrer Positionierung bestärken. Der Austausch von Erfahrungen mit anderen hilft ihr, zu einem von ihr gewählten Selbst und somit zu einer erneuten Handlungsfähigkeit zu finden. Dadurch, dass die (positive) Wirkung der im Roman als positiv imaginierten Kommentare auf das Verhalten von Ifemelu und weitere affirmierende Interaktionen so klar dargestellt werden, werden durch den Roman, insbesondere der Figur Ifemelu, Betroffene bestärkt, in einen Austausch zu treten: Ihre Stimmen zu finden, von ihren Erfahrungen zu berichten und ihre Meinungen zu äußern.72
Blog: Doppelte Kommunikationssituation
Der Blog im Roman ist nicht nur für die Subjektivierung auf Figurenebene relevant. Durch die doppelte Kommunikationssituation, in der die Leser*innen des Romans durch den darin »abgedruckten« Blog zugleich zu Leser*innen des Blogs der Protagonistin werden, werden sie auf eine doppelte Art adressiert: als reale Leser*innen des Romans und als fiktive Leser*innen des Blogs, wodurch sie Teil einer (fiktiven) Blog-Community werden und sowohl als fiktive und reale Leser*in teils direkt angesprochen werden: »please, commenters, don’t state the obvious«.73
Der stetige Wechsel zwischen realer und fiktiver Leser*innenrolle und die damit verbundene doppelte Adressierung erlauben zunächst eine erhöhte Interaktion zwischen Figur und Leser*innen, führen aber auch zu ihrer besonderen Position und beeinflussen die Beziehung der Leser*innen zur Protagonistin. Zum einen dadurch, dass der Erfolg von Ifemelus Blog von ihnen als Leser*innen – sei es als die fiktiven Leser*innen des Romans oder als reale Leser*innen, die durch das Lesen des Romans erst den Blog konstituieren – und deren Unterstützung abhängig ist, und zum anderen dadurch, dass sie ihr Selbstverständnis aus den Reaktionen der Blog-Leser*innenschaft bezieht, findet eine direkte (Re-)Adressierung auf ihr Schreiben statt. Die Besonderheit liegt darin, dass die Leser*innen des Romans im Vergleich zu den fiktiven Blogleser*innen weitaus mehr über Ifemelu und deren Reaktionen auf die Kommentare erfahren und somit in ihrem Wissen wiederum privilegiert sind:
Comments came from people with similar stories and people saying she was wrong, from men asking her to put up a photo of herself, from black women sharing success stories of online dating, from people angry and from people thrilled. Some comments amused her, because they were widely unconnected to the subject of the post. Oh fuck off, one wrote. Black people get everything easy. You can’t get anything in this country unless you’re black. Black women are even allowed to weigh more.74
Das Wissen darüber wie Ifemelu über die Kommentare denkt und urteilt, kann einerseits für einige der Leser*innen, wie beispielsweise die, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, oder womöglich auch gut meinende, vermeintlich progressiven, weiße Leser*innen das Gefühl einer direkteren Verbindung zur Protagonistin verstärken. Andererseits kann Ifemelus ablehnende Re-Adressierung gegenüber den sexistischen und rassistischen Kommentaren bei Leser*innen, die sich der Position der negativ Kommentierenden näherfühlen, Ablehnung und Missverständnis auslösen. Jedenfalls hebt sich die reale Leser*innenschaft durch die Nähe zur Protagonistin vom fiktiven Publikum ab, der Roman erzeugt hier also eine für seine Leser*innen herausgehobene Stellung. Diese erhobene und privilegierte Position erhöht die Wirksamkeit der didaktischen und belehrenden Position Ifemelus. Zum anderen stärkt diese Nähe durch die tieferen Einblicke in die Gedanken, Wertungen und die durch die Kommentare evozierten Emotionen der Protagonistin als Blog-Autorin den Wunsch der realen Leser*innen, mit der Protagonistin eine Allianz zu bilden und somit auf der, dem Roman zufolge, richtigen Seite zu stehen und die darin für richtig befundenen Verhaltensweise anzunehmen.
Diesen Verhaltensforderungen geht jedoch die Anerkennung der Adressierbarkeit voraus. Denn Ifemelu antizipiert ihr Publikum und schreibt ihm Adressierbarkeit und somit auch die Fähigkeit zu Re-Adressierung zu. In der Art und Weise, wie Ifemelu ihre Leser*innen anschreibt, sind ganz bestimmte Norm- und Wissensdimensionen sowie Machtzuschreibungen enthalten, aber zugleich hofft sie auf Reaktionen von ihnen, die durchaus auch negativ sein können. Auch hier spielt also die Abhängigkeit von Kommunikationspartner*innen eine Rolle, denn ohne deren Blick ist Ifemelu die Perspektive auf die verborgenen Seiten ihres Selbst unzugänglich. Sie setzt sich den Blicken und den Reaktionen der Leser*innenschaft aus, kann aber wiederum auf die Kommentare reagieren und sie in ihre (Re-)Adressierung aufnehmen. Dies erlaubt eine (Re-)Adressierungskette, die zu der Subjektivierung beider Parteien beiträgt.
Adressierung Text – Leser*in
Die Adressierungsanalyse fiktionaler Texte muss die Verschränkung verschiedener Ebenen in den Blick nehmen; dazu gehört neben den bereits analysierten Interaktionen von Figuren untereinander, und zwischen Figuren und Erzählinstanz und Leser*innen wesentlich auch die Interaktion zwischen dem Text selbst und dessen Leser*innen. Grundlegend für die im Rahmen der Adressierungsanalyse neue Argumentation sind dabei Überlegungen zur Text-Leser*in Beziehung.Wie kann der Text zu einem Gegenüber der Leser*innen werden, durch das sie sich angesprochen fühlen? Der fiktionale Text sendet mit seiner bestimmten Perspektive auf die und seiner Position in der Welt eine Aufforderung zur Interaktion: Er wird zum imaginierten Adressanten, der Leser*innen dazu auffordert, sich zu den aufgerufenen Norm- und Wissensordnungen ins Verhältnis zu setzen. Es lässt sich also zum einen fragen, welche Wirkung die dargestellten Interaktionen auf die Leser*innen haben, aber auch welche Interaktionen zwischen Text und Leser*innen an sich entstehen und wie diese zur Subjektivierung beitragen.
Wolfgang Iser geht für seine Rezeptionsästhetik davon aus, dass »ein Text überhaupt erst zum Leben erwacht, wenn er gelesen wird«;75 mit Leben meint er dabei die ständige Aktualisierung durch den Lesevorgang, welcher aus »der Gegebenheit einer komponierten Textgestalt«76 besteht, die erst durch die Leser*innen im Akt des Lesens zur Wirkung kommt.77 Durch den Lesevorgang werden Bedeutungen des Textes, die aufgrund der Individualität der jeweiligen Leser*innen verschieden sind, generiert. Bedeutungen sind demnach »das Produkt einer Interaktion von Text und Leser und keine im Text versteckte Größe«.78 Denn damit das narrativ Dargestellte überhaupt Gestalt annehmen und Geltung beanspruchen kann, müssen die Rezipient*innen selbst aktiv werden. Sie müssen eigene Erfahrungen und Erwartungen über den Inhalt bilden, um überhaupt die beschriebenen Bedeutungsebenen erschließen zu können.
Wie bereits die oben skizzierte Bandbreite der Reaktionen in der Forschungsliteratur nahelegt, kann der Roman Americanah durch die jeweils unterschiedlichen Erfahrungen der Rezipient*innen eine völlig andere Position einnehmen. Hat ein*e Leser*in ähnliche diskriminierende Situationen erlebt, kann der Text als bestätigend und bestärkend wahrgenommen werden: Gemeinsam bildet man als Wissende eine Allianz gegenüber Menschen, die es zu belehren gilt. Leser*innen, die wenig bis keine Erfahrungen mit (selbst) erlebtem Rassismus gemacht haben, sind auf der Seite der Unwissenden, eventuell deshalb sogar auf der der Täter*innen. Versuchen sie beispielsweise als Reaktion auf Ifemelus Erzählungen, mit eigenen Diskriminierungserfahrungen zu kontern, zeigt sich das Unverständnis und die fehlende Anerkennung gegenüber der intersektionalen Mehrfachdiskriminierung, die schwarze Frauen bestimmter Klassen erleben:
Dear American Non-black, if an American Black person is telling you about an experience about being black, please do not eagerly bring up examples from your own life. […] Don’t be quick to find alternative explanations for what happened. Don’t say »Oh, it’s not really race, it’s class. Oh it’s not race, it’s gender. Oh, it’s not race, it’s the cookie monster«.79
Der fehlende Erfahrungs- und Wissenskontext evoziert eine andere Relation zwischen Leser*innen und Text. Dieser besetzt dann eine belehrende, wenn nicht sogar provokante Position. Doch auch das Verhalten von Leser*innen, die Rassismus erlebt haben, kann vom Text als falsch adressiert werden, wenn diese Leser*innen etwa nicht darüber sprechen, »because they want to keep everyone comfortable«.80 Zwar soll die Aufforderung, eigene Erfahrungen zu teilen, bestärkend wirken, sie signalisiert aber zugleich, dass es im Kampf gegen den Rassismus falsch ist, still zu bleiben. Diese in Abhängigkeit von den Leser*innen unterschiedlichen Positionen des Textes führen dazu, dass die vom Text als Adressant gesendeten Erwartungen an die Adressierten ganz verschieden ausfallen können: Kann sich ein Teil der Leser*innenschaft in seinem Verhalten und in seinen eigenen Erfahrungen bestätigt fühlen, sollte aus Sicht des Textes der andere Teil die Belehrungen annehmen und sein Verhalten und seine Einstellungen ändern.
So adressiert Americanah gezielt Leser*innen und ihre Erfahrungen, betont eventuell gegebene Differenzen und fordert zur Reflexion auf. Gleichzeitig lädt der Text dazu ein, womöglich ganz andere Erfahrungen in der Rezeption zu machen. Denn die Literatur schafft laut Iser keine Wirklichkeit, sondern erzeugt eine uns aufgrund unserer Erfahrungen vertraute Welt in einer abweichenden Form, weshalb uns auch einzig die Erfahrung Zugang zum Vermittelten bietet.81 Die dargestellten narrativen Erfahrungen bringen uns, wie Steininger und Basseler beschreiben, dazu, während des Rezeptionsvorgangs eigene Erfahrungen zu machen. Dargestellte Erfahrungen müssen aktiv rekonstruiert werden, wodurch sie in die eigene Erfahrungswelt aufgenommen werden. Während des Lesens kann also Neues erfahren und gelernt werden.82 So schreibt auch Iser, dass ein literarischer Text »Einstellungen anbietet und Perspektiven eröffnet, in denen eine durch Erfahrung gekannte Welt anders erscheint«.83
Das Lesen zeigt insofern die Struktur der Erfahrung, als in der Lektüre erst die suspendierte Geltung der uns beherrschenden Ansichten die Bedingung dafür abgibt, die unvertraute Welt des literarischen Textes erfahren zu können. In diesem Falle aber geschieht etwas mit uns.84
Eine Folge dieser Überlagerungen von Erinnerungen an reale und an durch fiktionale Texte evozierte Erlebnisse kann die Entstehung von Differenzen und Dissens sein. Der Text zwingt uns dann dazu, uns neu – zu ihm – zu positionieren. Bei Americanah wird dies durch die eigene klare Positionierung verstärkt. Im Roman werden gewisse Normen und Wissensdimensionen aufgerufen und klare Wertungen von alltäglichen Kommunikationssituationen vorgenommen. Diese Nähe zur Erfahrungswelt der Leser*innen fordert die Rezipient*innen stärker heraus, dazu Stellung zu beziehen, da dadurch eine größere Angriffsfläche für Differenzen gegeben ist. Dies kann aber erst durch den Lesevorgang und mit der damit verbundenen Sinnstiftung stattfinden. Es sind die Leser*innen, die das andere, den Text, »lebendig« machen, welcher sie dann wiederum auffordert, auf die aufgerufenen Normen und Ordnungen zu reagieren – es kommt zur Interaktion.
Dem Lesevorgang liegt also ein Wechselspiel zwischen denjenigen Norm- und Wissensordnungen, die der Text aufruft, und denen, die das Individuum in die Lektüre einträgt, zugrunde. Entweder besteht eine Konformität oder eine Differenz, aber auf jeden Fall liegen auf beiden Seiten Positionierungen vor. Es sind vor allem die entstandenen Differenzen, die zur Subjektivierung auffordern. Butler betont – mit Bezug auf Carvarero – in »Giving an Account of Oneself«, dass eine vollständige Identifikation mit den aufgerufenen Normen nicht möglich ist, da jedes Individuum irreduzibel und nur in der Differenz zu Anderen erkennbar ist.85 Die von den Rezipient*innen wahrgenommene Differenz zwingt sie dazu, über diese Normen nachzudenken. Für Schachtner entsteht gerade durch dieses Nachdenken zwischen dem Ich und der gesellschaftlichen Ordnung eine Beziehung. Sie zitiert in diesem Zusammenhang Adornos These der ›kritischen Überprüfung‹, worunter er eine lebendige Aneignung versteht. Es findet beim Lesen also keine einfache, unreflektierte Übernahme von beschriebenen Normen und Ordnungen statt, vielmehr handelt es sich um eine kritische Auseinandersetzung mit dem Erzählten, wodurch ein rezipierendes und auch erzählendes Ich in der Art und Weise, wie es auf Adressierungen reagiert und für sich annehmbar verarbeitet, zum Subjekt wird.86 Auch bei den Leser*innen von Americanah gilt diese Differenz, die über den Text einen Blick auf sich selbst und eventuelle Gewohnheiten lenkt und Nicht-Gesehenes, aber zumindest seitens des Textes Kritisierbares, aufdeckt.
Lesen erlaubt, ohne eine vollständige Identifikation mit den aufgerufenen Normen und Ordnungen in eine fremde Lebenswelt einzutauchen, eine andere Perspektive einzunehmen.87 Iser bezieht sich hier auf Georges Poulet, wenn er schreibt, dass in Texten zwar Gedanken eines fremden Subjekts niedergeschrieben sind, aber im Akt des Lesens die Leser*innen die Subjekte dieser Gedanken werden. »Bücher, so meint [Poulet], kommen erst im Leser zu ihrer vollen Existenz«.88 Auch in der Rezeption von Americanah nehmen Leser*innen Ifemelu und ihre Welt nie unmittelbar, sondern über ihre Bewertung der auf sie bezogenen Dinge und Personen wahr, durch die die Figur als Subjekt erscheint.89 Zentral ist für Iser hierbei nicht die Identifikation, sondern das Denken von für die Leser*innen fremden Gedanken:
Fremdes, das wir noch nicht erfahren haben, im Akt der Lektüre denken zu müssen, bedeutet daher nicht nur, daß wir in der Lage sind, es aufzufassen; es bedeutet darüber hinaus, daß solche Auffassungsakte in dem Maße erfolgreich werden, in dem durch sie etwas in uns formuliert wird.90
Dadurch, dass wir fremde Gedanken in uns selbst formulieren, stoßen wir an Grenzen von Gewohntem, also von unseren zur Orientierung gesetzten Normen und Ordnungen. Im Akt des Lesens wird ein »Bereich, der unserer Bewußtheit nicht unmittelbar gegenwärtig ist«91 erweckt, was es möglich macht, Teile unseres Selbst kennen und formulieren zu lernen, welche uns ohne die Interaktion mit anderen verborgen blieben. »In diesem Sinne«, so Iser, »bietet Literatur die Chance, durch Formulierung von Umformuliertem uns selbst zu formulieren«.92
Dieser Gedanke lässt sich auch in der grundlegenden Vorstellung der Adressierungsanalyse erkennen. Demnach ist es, wie eingangs dargelegt, für die Subjektivierung notwendig, anzuerkennen, dass man zwar in der Adressierung den Formulierungen der anderen ausgesetzt ist, aber sich gerade darin eine Chance zur Selbsterkenntnis gründet. Ich kann nämlich erst in der Re-Adressierung eine Adressierung beurteilen, ablehnen oder akzeptieren oder durch eine für mich annehmbare Weise umformulieren und somit mich selbst besser erkennen und handlungsfähig werden. Dies geschieht deshalb, weil durch die ständige Adressierung Leser*innen fortlaufend an ihrem Selbstverständnis arbeiten und deshalb weiter Adressierungen anders aufnehmen, als sie es vielleicht zu Beginn der Lektüre getan hätten. Entscheidend ist demnach, dass die eigene Wirksamkeit im Akt des Lesens für die Leser*innen erfahrbar wird in der Art, wie sie sich selbst zu der Adressierung in Verhältnis setzen.
Wesentlich ist also die Reaktion der Adressierten, die über den Einfluss und Wirkung der Adressierung bestimmt. Nach Butler führt das dazu, dass die Zuweisung durch die Adressierung zu einer gewissen Kategorie nicht determiniert ist und somit veränderlich bleibt.93 Das immanent soziale Moment der Sprache kann nicht aufgelöst werden und ist zugleich mit der Notwendigkeit des Adressiert-Werdens verbunden. Denn das Erkennen des Selbst ist abhängig davon, vom anderen anerkannt zu werden: »Anerkennung in diesem Sinn fixiert nicht den Status quo, im Gegenteil. Anerkennung initiiert Veränderung«.94 Schließlich muss das Subjekt all seine Seiten kennen, um etwas daran ändern zu können. Daraus folgt auch, dass die im Text aufgerufenen Normen und Ordnungen, so wie Zuweisungen an die Leser*innen, genauso von den Leser*innen abhängen. Der Text und die aufgerufenen normativen Ordnungen werden demnach durch das Lesen selbst in der Abhängigkeit von den Leser*innen performativ gestaltet – es besteht eine wechselseitige Abhängigkeit. Das durch die Anrede entstehende Bewusstsein der eigenen Wirksamkeit und die Selbstreflexion rücken als entscheidende Aspekte für die Subjektivierung der Leser*innen in den Vordergrund. Sie müssen sich ihres Selbst und ihrer Fähigkeiten erst bewusst sein, bevor sie handlungsfähig werden können.
Auch die Analyse der Text-Leser*innen-Ebene zeigt, dass eine Interaktion stattfindet und diese von der den Leser*innen zugesprochenen Adressierbarkeit abhängt. Denn alle beschriebenen Aspekte, die zu einer Text-Leser*innen-Interaktion beitragen, lassen sich darauf zurückführen. Der Text adressiert durch die der Sprache immanente Adressabilität die Leser*innen und ist von deren Reaktion und Re-Adressierung abhängig. Dadurch bleiben die aufgerufenen Ordnungen und Normen – vielleicht kann man sogar sagen: bleibt das Selbstverständnis des Textes – dynamisch und veränderlich. Dies vermittelt ein Gefühl eines anwesenden Subjekts und zeigt den Leser*innen ihre Handlungsfähigkeit auf; eine Subjektivierungsmöglichkeit ist gegeben.
Fazit und Ausblick
Es kann festgehalten werden, dass sich die Übertragung der sozialwissenschaftlichen Adressierungsanalyse als literaturwissenschaftliche Analyse des Romans Americanah als produktiv erweist. Für Americanah lässt sich so zeigen, wie andere Figuren die Protagonistin Ifemelu durch die Adressierung gewissen Kategorien (race, gender, class) zuordnen und sie dabei als fremd markieren, wie Ifemelu aber durch die selbstgewählte Re-Adressierung ihre Handlungsfähigkeit zurückerlangt. In der Interaktion zwischen Leser*innen und Figuren ist für Americanah charakteristisch, wie Ifemelus Adressierung Leser*innen zur Selbstpositionierung auffordert. Die Heuristik erlaubt eine differenzierte Betrachtung der Interaktionen und deren Organisation, um aufgerufene Norm- und Wissensordnungen und deren Hierarchisierung zu identifizieren und deren Wirkung auf die Subjektivierung der Adressierenden und Re-Adressierenden vor dem Hintergrund von Migrations- und Rassismuserfahrungen zu analysieren. Dieser Beitrag stellt also mithilfe der Einzelfallanalyse an Adichies Americanah eine Möglichkeit dar, die auf verschiedenen Ebenen gleichzeitig und ineinander verschränkt stattfindenden Interaktionen in Bezug auf Rassismus, Sexismus und Klassismus zu analysieren und aufzuzeigen, welche Unmöglichkeiten und Erschwernisse der Subjektivierung durch Migration und den damit verbundenen Machtverhältnissen darin erkennbar werden. Gleichzeitig wird klar, welche Widerstände und Möglichkeiten der Selbstbestimmung durch umformulierte und zu eigen gemachte (Re-)Adressierungen entstehen können. Der Roman zeigt jedoch auch eine Problematik der Re-Adressierungsstrategien auf; diese bleiben darin tendenziell essentialistisch, und anstatt die Zuschreibungen und Bewertungen in der Re-Adressierung aufzulösen, werden diese oftmals lediglich umgekehrt.
Diese Tendenz durchzieht den ganzen Roman und wird so auch an der Figur Ifemelus sichtbar. Es muss betont werden, dass die hier als erfolgreich vorgeführten Re-Adressierungsstrategien zwar möglich sind, aber keineswegs die einzig möglichen und notwendigerweise nicht als beispielhaft zu verstehen sind. Und dennoch, gerade eine aktive Text-Leser*innen-Beziehung bringt Leser*innen dazu, sich zu den vorgeführten Strategien zu positionieren. Auch Lascelles schreibt:
Adichie seems to encourage her readers to hold the protagonist up to scrutiny to critique the ways immigration, class, and race are mutable and shape her character – for better or for worse. The author encourages us to question the protagonist’s decisions and reflect on the ways she is shaped by her experiences as an African migrant in a US context, that is, of course, deeply anti-migrant and anti-Black.95
Die Analyse veranschaulicht also, wie die dem fiktionalen Text immanente Adressabilität zur Subjektivierung der Leser*innen beitragen kann und wie die gleichen Prozesse für das Funktionieren der Figuren zentral sind. Mit der vorgestellten Adressierungsanalyse können literaturwissenschaftliche Fragestellungen zur Leser*innen-Text-Beziehung und die damit verbundenen Bildungs- und Subjektivierungserfahrungen behandelt und so eine neue Perspektive darauf geworfen werden, wie Romane unseren Blick auf die Welt verändern.
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THE WYLIE AGENCY: Ifemelu’s Blog | Chimamanda Ngozi Adichie | Official Author Website, 2020. https://www.chimamanda.com/ifemelus-blog/ (zuletzt eingesehen am 9. April 2020).
- 1. Vgl. Chimamanda Ngozi Adichie: Americanah. London 2017, S. 65.
- 2. Robin Brooks: »A Dangerous Single Story Dispelling Stereotypes Through African Literature«. In: Africology: The Journal of Pan African Studies 12.1 (2018), S. 21–41, hier S. 30.
- 3. Vgl. ebd.
- 4. Alex Clark: »Americanah by Chimamanda Ngozi Adichie – Review«. In: The Guardian vom 11. April 2013. https://www.theguardian.com/books/2013/apr/11/americanah-chimamanda-ngozi-adichie-review (zuletzt eingesehen am 17. April 2023).
- 5. Elizabeth Day: »Americanah by Chimamanda Ngozi Adichie – Review«. In: The Guardian vom 15. April 2013. https://www.theguardian.com/books/2013/apr/15/americanah-chimamanda-ngozi-adichie-review (zuletzt eingesehen am 17. April 2023).
- 6. Vgl. Patrycja Kozieł: »View of Narrative Strategy in Chimamanda Ngozi Adichie’s Novel ›Americanah‹: The Manifestation of Migrant Identity«. In: Studies of the Department of African Languages and Culture 49 (2015), S. 96–113.
- 7. Vgl. Terfa Aor: »Internet-mediated Language and Style in Chimamanda Ngozi Adichie’s Americanah«. In: Journal of Emerging Technologies 2.2 (2022), S. 76–84. DOI: 10.57040/jet.v2i2.334.
- 8. Vgl. Serena Guarracino: »Writing ›so raw and true‹: Blogging in Chimamanda Ngozi Adichie’s Americanah«. In: Between 4.8 (2014). DOI: 10.13125/2039-6597/1320.
- 9. Vgl. Cristina Cruz-Gutiérrez: »Hair Politics in the Blogosphere: Safe Spaces and the Politics of Self-representation in Chimamanda Adichie’s Americanah«. In: Journal of Postcolonial Writing 55.1 (2019), S. 66–79. DOI: 10.1080/17449855.2018.1462243.
- 10. Vgl. Syed Hajira Begum: »Postcolonial to Transnational: Transformation in Literary Studies«. In: International Journal of Advance Research in Science and Engineering 6.9 (2017), S. 150–156.
- 11. Vgl. Bridget Tetteh-Batsa: To »Own Yourself a Little More«: Afropolitan Feminism in Chimamanda Ngozi Adichie’s Americanah. Theses and Dissertations. University of North Dakota 2018.
- 12. Vgl. Jennifer Leetsch: »Love, Limb-Loosener: Encounters in Chimamanda Adichie’s Americanah«. In: Journal of Popular Romance Studies 6 (2017), S. 1–16.
- 13. Vgl. Judith Butler: Excitable Speech. A Politics of the Performative. New York 1997, S. 2.
- 14. Vgl. ebd., S. 5.
- 15. Vgl. ebd., S. 18f.
- 16. Vgl. ebd., S. 23f.
- 17. Ebd., S. 2.
- 18. Vgl. ebd., S. 18f.
- 19. Edward Avery-Natale u. Pablo Vila: »Black Lives Matter, Police Violence, and the Kenosha Murders: Materializing Race in ›Law-and-Order‹ Assemblages«. In: Ethnicities 22.6 (2022), S. 741–762, hier S. 742. DOI: 10.1177/14687968221087450.
- 20. Ebd., S. 744.
- 21. Ebd., S. 749
- 22. Vgl. Nadine Rose: »Erziehungswissenschaftliche Subjektivierungsforschung als Adressierungsanalyse«. In: Alexander Geimer, Steffen Amling u. Saša Bosančić (Hg.): Subjekt und Subjektivierung. Empirische und theoretische Perspektiven auf Subjektivierungsprozesse. Wiesbaden 2019, S. 65–85, hier S. 68f.
- 23. Ebd., S. 69.
- 24. Norbert Ricken u. Nadine Rose: »Interaktionsanalyse als Adressierungsanalyse – eine Perspektive der Subjektivationsforschung«. In: Martin Heinrich u. Andreas Wernet (Hg.): Rekonstruktive Bildungsforschung. Zugänge und Methoden. Wiesbaden 2018, S. 159–175, hier S. 167.
- 25. Ebd., S. 168.
- 26. Ebd. sowie in Rose: »Erziehungswissenschaftliche Subjektivierungsforschung als Adressierungsanalyse«, S. 74.
- 27. Vgl. ebd., S. 78.
- 28. Vgl. Rainer G. Grübel u. Michail M. Bachtin (Hg.): Die Ästhetik des Wortes. Frankfurt a. M. 1979.
- 29. Vgl. Kimberlé Crenshaw: »Mapping the Margins: Intersectionality, Identity Politics, and Violence Against Women of Color«. In: Stanford Law Review 43.6 (1991), S. 1241–1299.
- 30. Für einschlägige Forschungsliteratur zu Othering als Machtmechanismus siehe beispielsweise Gayatri C. Spivak: »The Rani of Sirmur: An Essay in Reading the Archives«. In: History and Theory 24.3 (1985) S. 247–272 sowie Edward W. Said: Orientalismus. Frankfurt a. M. 2009.
- 31. Vgl. Adichie: Americanah, S. 57.
- 32. Ebd., S. 60.
- 33. Vgl. ebd.
- 34. Vgl. ebd.
- 35. Ebd.
- 36. Adichies Haltung zu Weiblichkeit und Feminismus ist in letzter Zeit vor allem aufgrund ihrer transfeindlichen Äußerungen in die Kritik geraten; siehe dazu etwa: Amber Lascelles: »We Should All Be Radical Feminists: A Review of Chimamanda Ngozi Adichie’s Contribution to Literature and Feminism«. In: Journal of Postcolonial Writing 57.6 (2021), S. 893–899.
- 37. Adichie: Americanah, S. 146.
- 38. Ebd.
- 39. Ebd.
- 40. Ebd.
- 41. Ebd.
- 42. Brooks: »A Dangerous Single Story«, S. 31.
- 43. Vgl. Adichie: Americanah, S. 134.
- 44. Ebd., S. 133.
- 45. Vgl. ebd.
- 46. Ebd.
- 47. Ebd.
- 48. Ebd.
- 49. Ebd., S. 175.
- 50. Ebd.
- 51. Ebd.
- 52. Ebd., S. 177.
- 53. Ebd., S. 350.
- 54. Ebd., S. 220.
- 55. Ebd., S. 296.
- 56. The Wylie Agency: Ifemelu’s Blog | Chimamanda Ngozi Adichie | Official Author Website, 2020. https://www.chimamanda.com/ifemelus-blog/ (zuletzt eingesehen am 9. April 2020).
- 57. Solche Verfahren können aber auch als problematische Strategien in einem Veröffentlichungsumfeld verwendet werden, in dem Texte von nicht-weißen Autor*innen als »authentisch« vermarktet werden. Vgl. Sarah Brouillette: Postcolonial Writers in the Global Literary Marketplace. London 2007 sowie Caroline Kögler: Critical Branding. Postcolonial Studies and the Market. London 2018.
- 58. Vgl. Christina Schachtner: »Das erzählte Selbst: Narrative Subjektkonstruktionen im Zeichen medialen und gesellschaftlich-kulturellen Wandels«. In: Peter Gentzel u. a. (Hg.): Das vergessene Subjekt. Wiesbaden 2019, S. 159–184.
- 59. Vgl. Jan Assmann: Das kulturelle Gedächtnis. Schrift, Erinnerung und politische Identität in frühen Hochkulturen. 2. Aufl. München 1999, S. 135.
- 60. Adichie: Americanah, S. 296.
- 61. Vgl. Christina Schachtner: Das narrative Subjekt - Erzählen im Zeitalter des Internets. Bielefeld 2016, S. 56.
- 62. Vgl. ebd.
- 63. Vgl. ebd., S. 57.
- 64. Vgl. ebd., S. 53.
- 65. Ebd., S. 56.
- 66. Vgl. Silke Meyer: Das verschuldete Selbst. Narrativer Umgang mit Privatinsolvenz. Frankfurt a. M. 2017, S. 105.
- 67. Vgl. Schachtner: »Das erzählte Selbst«, S. 59.
- 68. Vgl. ebd., S. 54f.
- 69. Adichie: Americanah, S. 213.
- 70. Durell M. Callier u. Kimberlee Pérez: »Still Political: Reflections on the Complex Histories, Negotiations, and Significations of Hair«. In: Text and Performance Quarterly 34.4 (2014), S. 390–391, hier S. 391.
- 71. Ebd.
- 72. Eine ausführliche Analyse zu hair politics im Online-Diskurs bietet Cruz-Gutiérrez: »Hair Politics in the Blogosphere«.
- 73. Adichie: Americanah, S. 205.
- 74. Ebd., S. 306.
- 75. Wolfgang Iser: »Die Apellstruktur der Texte. Unbestimmtheit als Wirkungsbedingung literarischer Prosa«. In: Rainer Warning (Hg.): Rezeptionsästhetik. Theorie und Praxis. 4. Aufl. München 1994, S. 228–252, hier S. 228.
- 76. Ebd., S. 229.
- 77. Vgl. ebd.
- 78. Ebd.
- 79. Adichie: Americanah, S. 361.
- 80. Ebd., S. 307.
- 81. Vgl. Iser: »Die Apellstruktur der Texte«, S. 232.
- 82. Vgl. Steininger u. Basseler: »Narrative Empathie: Zum Zusammenhang von Lernen und Erzählen aus literatur- und kulturwissenschaftlicher sowie didaktischer Perspektive«. In: Olaf Hartung, Ivo Steininger u. Thorsten Fuchs (Hg.): Lernen und Erzählen interdisziplinär. Wiesbaden 2011, S. 103–121, hier S. 112.
- 83. Iser: »Die Apellstruktur der Texte«, S. 233.
- 84. Iser, Wolfgang: »Der Lesevorgang. Eine phänomenologische Perspektive«. In: Rainer Warning (Hg.): Rezeptionsästhetik. Theorie und Praxis. 4. Aufl. München 1994, S. 253–276, hier S. 271.
- 85. Vgl. Judith Butler: »Giving an Account of Oneself«. In: Diacritics 31.4 (2001), S. 22–40, hier S. 25.
- 86. Vgl. ebd., S. 70.
- 87. Vgl. Iser: »Der Lesevorgang«, S. 271.
- 88. Ebd., S. 272.
- 89. Vgl. Gérard Genette u. a.: Die Erzählung. 3. Aufl. Paderborn 2010, S. 123.
- 90. Iser: »Der Lesevorgang«, S. 274.
- 91. Ebd., S. 275.
- 92. Ebd.
- 93. Vgl. Butler: Excitable Speech, S. 18.
- 94. Schachtner: Das narrative Subjekt, S. 69.
- 95. Lascelles: »We Should All Be Radical Feminists «, S. 896.
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