Theorien der Literaturwissenschaft
Ben
Dittmann
Hagen

Literatur als Stellen?

Kultur- und Körpertechniken der Stellenkonstitution bei Roland Barthes

Eine kulturtechnische Annäherung an die Stelle

Eine Stelle, als »Platz, Ort, wo etw. steht«1, ist das Ergebnis einer räumlichen Lokalisierung, womit ihre Nachträglichkeit gegenüber bestimmten Verfahren einer solchen Lokalisierung angezeigt wird. Die Frage, was eine Stelle ist, schlägt somit zunächst in die Frage um, wie die einzelnen Teile eines Textes zu Stellen gemacht werden.2 Um den Stellenwert von Stellen im Umgang mit Texten, der unlängst berechtigterweise zu einem »kanonischen Methodenproblem der Literaturwissenschaft«3 erklärt wurde, in seinen praktischen und theoretischen Konsequenzen bemessen zu können, bedarf es eines Blicks darauf, in welchen Zusammenhängen wir es mit ihnen zu tun haben.

Als erste Annäherung entstehen Stellen als »Minimaleinheit jeder Lektüre«4 gewissermaßen automatisch beim Lesen, denn hierbei hält man sich stets an einer bestimmten Position innerhalb des Textes auf.5 Man bewegt sich, mit Wolfgang Isers Worten, als »wandernder Blickpunkt«6 durch einen Text, der sich folglich nur in den momentanen Phasen der Lektüre manifestiert.7 Der gesamte Text hingegen »ergibt sich […] nur, soweit das Gedächtnis reicht und Stellen zusammenträgt«8. Mag eine Lektüre – potenziert durch die sie begleitenden Vergessensprozesse – in diesem spezifischen Sinne stets mehr oder weniger9 stellenförmig sein, so scheint der Akt des Lesens kaum hinreichend, um aus ihm allein eine Konstitution von Stellen abzuleiten. Stefan Willer spricht ergänzend von Stellen als isolierten »Örtern, die aus dem zeitlichen Fluß der Lektüre«10 erst gelöst werden müssen.

Die Schriften von Roland Barthes reflektieren nicht nur explizit und mit verschiedenen theoretischen Impulsen Stellen und die Kulturtechniken und Verfahren, mit denen man zu ihnen gelangt, sondern decken auch implizit deren ständige Anwesenheit im Umgang mit Texten auf. Barthes streift eine Fülle von Aspekten der Stelle und ihrer Konstitution und eignet sich deshalb hervorragend für eine Annäherung an ihren Stellenwert. Obwohl, oder besser: Gerade weil Barthes’ Lese- und Schreibpraxis in dieser Hinsicht sicherlich einen, auf mehrfache Weise, Extrempunkt in ihrer Handhabung literarischer Texte markiert, exponiert sie ihre eigene Stellenförmigkeit mit besonderer Deutlichkeit und verleiht ihr eine ausgezeichnete Sichtbarkeit. Von diesem Extrempunkt aus, so meine Annahme, lassen sich deshalb zugleich allgemeine Reflexionen zur Stelle und ihrem Stellenwert anstellen.

Blättert man etwa durch Barthes’ L’empire des signes, lässt sich ein erster Eindruck davon gewinnen, wie vielfältig und zugleich ungemein vertraut jene von Willer angesprochene Isolation zu denken ist:11 Auffällig an dem Text ist seine Verknüpfung handschriftlicher und gedruckter Passagen, die ferner immer wieder von Bildern, Überschriften und Absätzen unterbrochen werden. Etwa in der Mitte des Buches stößt man zudem auf ein längeres Zitat Philippe Sollers, das durch eine andere Schriftgröße vom restlichen Text abgesetzt ist. Auf manchen Seiten springen kursive Passagen und solche in Anführungszeichen ins Auge. Das Buch beginnt konventionell mit einem Inhaltsverzeichnis, mit dessen Angabe der Seitenzahl sich die einzelnen Kapitelanfänge gezielt ansteuern lassen. In der deutschen Ausgabe besteht darüber hinaus der Klappentext aus einem kurzen Textauszug, der allein deshalb einen hervorgehobenen Stellenwert gegenüber den anderen Passagen zu beanspruchen scheint. Schließlich ist das Blättern, dem sich diese Beobachtungen verdanken, seinerseits ein stellenkonstitutives Verfahren.

Diese kurzen Bemerkungen genügen, um zweierlei deutlich zu machen: dass Stellen allgemein in allen drei Dimensionen des Buches12 konstituiert werden können und dass ihre Konstitution an Kultur- und Körpertechniken gebunden ist. Kulturtechniken sind stets älter als die Begriffe, die aus ihnen abgeleitet werden;13 mit anderen Worten muss es immer schon bestimmte »Ketten von Operationen«14 menschlicher und nichtmenschlicher Akteure geben, aus denen Stellen erst hervorgehen. Stellen können lesend, blätternd, exzerpierend, nachschlagend oder zitierend isoliert werden, mithin von Akten und Gesten der Leser. Ihre Konstitution kann aber auch einem Angebotscharakter der Texte selbst folgen: Aspekte der Schriftbildlichkeit, die sich exemplarisch in Barthes’ L’empire des signes ablesen lassen, wie u. a. typografische Auffälligkeiten, signifikante Interpunktionen, textinterne Gliederungen durch Überschriften und Absätze, aber auch Indizes, Fußnoten, Inhaltsverzeichnisse, mediale Zwänge wie Anfang und Ende oder paratextuelle Markierungen, können eine agency entwickeln, indem sie die Aufmerksamkeit auf bestimmte Textelemente lenken, deren Anschlussfähigkeit privilegieren oder für sie einen prominenten Stellenwert nahelegen.15 Für die Konstitution von Stellen zeichnen sich folglich, mit je unterschiedlicher Gewichtung, der kulturell und medial geformte Rezeptionsvorgang und dessen nicht minder kulturell und medial vorstrukturierter Gegenstand gemeinsam verantwortlich; eine kulturtechnische Perspektive macht deren unauflösliches Zusammenspiel hinsichtlich der Konstitution von Stellen einsichtig, indem das trennscharfe Entweder-Oder in seinem komplexen Netzwerk menschlicher und nichtmenschlicher Faktoren aufgelöst wird. Stellen werden in Texten entdeckt und tragen zugleich zu ihrer Entdeckung bei. Diese Janusköpfigkeit ihrer Konstitution setzt produktive Dynamiken in Gang, in denen das Verhältnis textinterner und -externer Faktoren stets neu verhandelt und austariert wird.16

Innerhalb dieses verflochtenen kulturtechnischen Netzwerkes textseitiger Techniken und rezeptionsseitiger Verfahren der Stellenkonstitution soll das Werk Roland Barthes’ untersucht werden. In einem ersten Schritt wird anhand eines chronologischen Streifzugs durch ausgewählte Schriften geprüft, mit welchen Verfahren Stellen durch Barthes hergestellt werden. Diese Ausführungen beanspruchen insofern einen exemplarischen Charakter, da sie den bisher noch zu selten beachteten Stellenwert der Stelle (und den Verfahren ihrer Konstitution) im Umgang mit (literarischen) Texten herausstellen.

Anschließend kehre ich zu der Frage zurück, was eine Stelle eigentlich ist: Bei Barthes manifestiert sich in ihr die Literatur schlechthin. Mit dem Versuch, die identifizierten Verfahren der Stellenkonstitution zu systematisieren, lässt sich zugleich die Stelle als Medium konturieren, dessen Besonderheiten sich aus Barthes’ Überlegungen ableiten lassen. Barthes versucht stets theoretisch über seine stellenkonstitutive Praxis nachzudenken, woran sich ein wechselseitiges Abhängigkeitsverhältnis von Theorie und Praxis ablesen lässt, das im Medium der Stelle beobachtbar wird: Bestimmte Theorien favorisieren bestimmte Medien, während Letztere umgekehrt bestimmte theoretische Konsequenzen nahezulegen scheinen. Besondere Sichtbarkeit erhalten Stellen, so ließe sich vermuten, zu medialen Umbruchszeiten: Ihre Geschichte zeigt einen oszillierenden Stellenwert bei stetiger Präsenz. Diese Präsenz offenbart sich insbesondere an dem weiten Fragenhorizont, den die Auseinandersetzung mit Stellen eröffnet und auf den abrisshaft ein kurzer Blick geworfen wird.

 

Verfahren der Stellenkonstitution in den literaturtheoretischen Schriften Roland Barthes’

In einem Interview von 1977 erklärt Barthes, dass Bücher nicht für eine integrale Lektüre gemacht seien, sondern stattdessen »prises d’écriture« offenstünden.17 Barthes belässt es also nicht bei dem angedeuteten Befund, dass sich genau genommen nur Textpassagen lesen lassen, sondern erklärt eine solche Stellenlese zur Lektürehaltung schlechthin. Dass immer nur Stellen gelesen werden, wird von Barthes nicht länger als unhintergehbares Apriori übergangen, sondern theoretisch einzuholen und praktisch ernstzunehmen versucht.

 

1942–1957: Exzerpieren, diskontinuierliches Schreiben und die Tiefe des Wortes

Während der 1940er-Jahre fertigt Barthes einen mehrere tausend Karteikarten umfassenden Zettelkasten an, der Exzerpte aus dem Werk Jules Michelets sammelt, zu dem er später publizieren wird.18Das Exzerpieren ist seit der Frühen Neuzeit eine gängige Praxis gelehrten Lesens; auch bei Barthes verbindet es sich mit Reflexionen darüber, wie sich die gesammelten Exzerpte wiederum zu Texten zusammensetzen lassen: Einen Artikel von 1942 über André Gides Journal leitet er mit einer Überlegung zur angemessenen Darstellung seiner Exzerpte ein und spricht sich dafür aus, seine Notizen in ihrer diskontinuierlichen Form zu belassen, statt sie unter eine deformierende Ordnung zu subsumieren.19 Das Ergebnis ist eine additive Aneinanderreihung kurzer Abschnitte, die durch waagerechte Linien deutlich voneinander separiert werden. Diese »kurze Schreibweise«20 erzeugt disparate Einheiten; allein die Textgestalt stellt eine Absage an einen übergeordneten Gesamtzusammenhang dar und generiert stattdessen, schlicht durch ihr Schriftbild, potenzielle Stellen, die jeweils für sich gelesen werden können: Die getrennten Absätze provozieren, wie andere textinterne Gliederungen, die betreffenden Passagen isoliert vom Textganzen wahrzunehmen, was sich potenziell stellenkonstitutiv auf die Lektüre auswirkt.

Das Exzerpieren ist eine Kulturtechnik die Stellen herstellt, da der exzerpierte Text auf einzelne Passagen reduziert wird, denen hierdurch unweigerlich ein höherer Stellenwert als den unberücksichtigten Stellen zukommt.21 Zugleich erhält das Exzerpierte buchstäblich eine neue Stelle, indem es von einem Kontext gelöst und in einen anderen überführt wird. Während das Exzerpierte in Barthes’ Zettelkasten noch keine fixierte Position innehat, erhält es seinen Stellenwert etwa im Publikationskontext.22 Barthes problematisiert diesen Transfer und ist, etwa in dem erwähnten Artikel über Gides Journal, darum bemüht, das Partikulare und potenziell Diskontinuierliche, die Offenheit des Exzerpts auch in dessen neuer textueller Umgebung beizubehalten. Hierfür bedient er sich einer Darstellungsform, der eine spezifische Affordanz inhäriert, indem sie zu Stellenlektüren einlädt beziehungsweise einer anderen Lektüre von vornherein den Boden entzieht. Dieses Beispiel aus der frühen Schaffensphase Barthes’ zeigt, dass jene Vermittlung von Lesen und Schreiben, die ihn nachhaltig beschäftigen wird, von seinem Umgang mit Stellen angeregt wird.

In Michelet par lui-même versucht Barthes »ein aus Obsessionen zusammengesetztes Netz freizulegen«23, wofür er verschiedene »Themen« in dessen Werk identifiziert und isoliert. Unter einem Thema versteht Barthes etwas, das mehrfach auftaucht und sich an einer Konstanz bestimmter Bilder und Wörter ablesen lässt.24 Hier erweist sich das Exzerpieren als systematische Stellensuche, deren Resultate Barthes am Ende des Buches in einer Übersicht offenlegt. Der Text erscheint als eine Klassifizierung der Exzerpte, indem die verschiedenen Themen nach bestimmten Blöcken geordnet werden, die Barthes jeweils mit einem Titel überschreibt. Zwischen den einzelnen Themen fügt Barthes Zitate aus dem Werk Michelets ein, die als Fund- und zugleich Belegstellen fungieren.

Mit dem Zitieren, das Barthes ironisch als unredliche Gewohnheit betont,25 gerät eine weitere Kulturtechnik der Stellenkonstitution in den Blick, die er seit Le degré zéro de l’écriture mit einer methodischen »Verschiebung oder Deplatzierung«26 verbindet: Er übernimmt etwa Jean-Paul Sartres Begriff des »Engagements«, zitiert ihn in seinen eigenen Text und deutet ihn hinsichtlich eines Formbewusstseins um.27 Es ist von der Forschung als charakteristisch für Barthes festgestellt worden, dass er weniger geschlossene Gedankengebäude als vielmehr einzelne Bruchstücke, Worte und Formulierungen anderer Theorien übernimmt.28 Das, was zitiert wird, erwirbt durch sein vervielfachtes Auftauchen unweigerlich eine semantische Tiefendimension: »Worte besitzen ein zweites Gedächtnis und Erinnerungen an früheren Gebrauch, die sich inmitten neuer Bedeutungen geheimnisvoll erhalten«29; durch die begrifflichen Verschiebungen arbeitet Barthes selbst an der Ausbildung jenes »zweiten Gedächtnisses« mit. Hinsichtlich der zitierten Stelle zeichnet sich bereits ihre Funktion als intertextueller Knotenpunkt ab: Auch der Ort, an dem Texte aufeinander verweisen und anspielen, wird stellenkonstitutiv wirksam, da er sich genau in dieser Funktion benennen und lokalisieren lässt. Zunächst aber lotet Barthes die Gedächtniskapazitäten einzelner Worte mit dem Begriff der Konnotation aus, dem er sich in den Mythologies widmet. Die skizzierten semantischen Verschiebungen führt Barthes auch an seinen eigenen Begriffen durch beziehungsweise hält er diese von Beginn an offen, indem er trennscharfe Definitionen vermeidet: Seine Neologismen werden häufig gleichzeitig mit ihrer Einführung in ihrer Bedeutung aufgefächert; so konturiert er den Begriff der »Schreibweise« etwa als

Wahl eines Tones, oder wenn man so will: eines Ethos […] [D]ie Schreibweise ist eine Funktion: sie bedeutet die Beziehung zwischen dem Geschaffenen und der Gesellschaft, sie ist durch ihre soziale Bestimmung umgewandelte literarische Ausdrucksweise, sie ist die in ihrer menschlichen Intention ergriffene Form.30

In dieser ausufernden Definition ist eine semantische Beweglichkeit angelegt und zudem etwas, das Barthes später radikalisieren wird: dass sich die Bedeutung eines Begriffs in Abhängigkeit von seiner Stelle – innerhalb eines Textes oder unterschiedlicher Texte – verändert.31 Wo etwas geschrieben steht, beeinflusst die Bedeutung des Geschriebenen. Ab einem gewissen Umfang lässt sich, schon aus pragmatischen Gründen, nicht mehr über Texte sprechen beziehungsweise schreiben, ohne diese semantischen Disseminationen, die Stellen auslösen, in Kauf nehmen zu müssen. Um umfangreiche Texte erschließen oder schlicht repräsentieren zu können, müssen sie zwangsläufig auf Stellen verdichtet werden, die eben, je nachdem wo sie auftauchen, stets etwas anderes zu verstehen geben (können).32

 

1960–1969: (Strukturale) Textanalyse als Verfahren der Stellenkonstitution

Bereits in seinem theoretischen Essay, der die Mythen des Alltags beschließt, bedient sich Barthes einer strukturalistischen Terminologie, die nachfolgend als methodische Praxis der Stellenkonstitution in den Blick genommen werden soll. Barthes’ Ausgangspunkt hierbei lautet, dass das literarische Werk »mit der eigenen Sprache zu decken, und zwar so vollständig wie irgend möglich«33 sei. Hierfür entwirft er ein feingliedriges begriffliches Instrumentarium, das es erlaubt, einzelne Textelemente zu benennen und mithin als Stellen zu konstituieren.34 In seinem Aufsatz Einführung in die strukturale Analyse von Erzählungen führt Barthes ein solches Benennen mit Begriffen wie »Kardinalfunktion«, »Katalyse«, »Indiz« und »Informat« vor.35 Das Benennen, das ihm vorschwebt, kann insofern als kulturtechnisches Verfahren verstanden werden, als es sich einerseits nach kulturellen Codes richtet, also ein spezifisches, kulturabhängiges Wissen voraussetzt und abruft und es andererseits zum Schreiben verleitet.36 Barthes verschränkt nicht nur das Lesen mit dem Benennen, sondern unterstellt beiden eine Stellenförmigkeit: »Eine Erzählung lesen heißt, sie […] in bruchstückhaften Strukturen zu organisieren«.37 Für die Konstitution von Stellen ist insbesondere die Frage »Wie läßt sich das Syntagma zerlegen«38 relevant, weil diese Zerlegung die erwähnte Isolierung von Elementen aus dem Textfluss leistet. Barthes kritisiert die zeitgenössische Auffassung des Buches als kontinuierliches Medium, dessen Kontinuität durch eine analytische Zerlegung gefährdet sei. Den damaligen Literaturkritikern ginge es, so lautet Barthes’ Vorwurf, um übergeordnete Ideen, die sich paraphrasieren lassen, wobei das konkrete Detail ausgeblendet werde: Eine solche Textanalyse werde ihrem Namen nicht gerecht. Barthes vertritt stattdessen den Gedanken, dass Ideen über den ganzen Text verstreut sein können;39 dass sich bestimmte Diskurspartikel also an unterschiedlichen Stellen des Textes nachverfolgen lassen.

Barthes plädiert vor dem Hintergrund dieser Annahme für die »strukturalistische Tätigkeit«40 des Zerlegens (und neu Arrangierens), die Korrelationen zwischen einzelnen Textelementen ausfindig macht und hierbei die Linearität des Textes missachtet:41 Mit der ›ersten‹ strukturalistischen Geste der Gliederung und Segmentierung konstituiert Barthes Stellen, die anschließend in eine, von der des Textes unabhängige Ordnung, integriert werden. Diese Vorgehensweise wird von Barthes, entsprechend seinen Überlegungen zur Metasprache, mit einem Anspruch auf analytische Vollständigkeit verknüpft.42 Es geht ihm darum, alle Details zu benennen und zu funktionalisieren; mithin darum, den gesamten Text in Stellen zu verwandeln. Diesen Anspruch konfrontiert Barthes selbst mit der Frage, ob »alles, auch das geringste Detail« bedeutsam sei, und bejaht sie umgehend selbst. Es stehe fest, »daß eine Erzählung ausschließlich aus Funktionen besteht: ›Alles‹ bedeutet darin in unterschiedlichen Graden«43. Dieser Anspruch führt, gewissermaßen aus Verlegenheit, zu Barthes’ Begriff des »Wirklichkeitseffekts« (effet de réel), der die strukturale Analyse damit konfrontiert, stets bestimmte Details unberücksichtigt zu lassen, weil sich ihnen keine Funktion zuweisen lasse.44

Der Vollständigkeitsanspruch impliziert ein unfreiwilliges, aber deshalb nicht minder produktives Verfahren der Stellenkonstitution: Barthes stößt, als akribischer Strukturalist, immer wieder auf Stellen, die aus dem methodischen Raster fallen. Diese ›blinden Flecken‹ – Barthes spricht von der »dunklen Grundmasse«45 eines Textes – können ihrerseits benannt und damit zu Stellen gemacht werden. Die ausgeschlossenen beziehungsweise methodisch oder theoretisch marginalisierten Stellen können aber auch, darauf wird später noch eingegangen, als Korrektiv einer Analyse fungieren oder Aufschluss über die Intentionen des Analytikers liefern.

Ende der 1960er-Jahre kündigt sich eine veränderte Auffassung dessen, was ein Text ist, an, die auch den Stellenwert der Stelle betrifft. Barthes spricht 1968 vom Text als einem »Geflecht von Zitaten, die aus tausend Brennpunkten der Kultur stammen«46. Er verwandelt damit den Akt des Schreibens in einen des Abschreibens. Der Produktion von Texten geht folglich stets ein (unbewusstes) Exzerpieren voraus, dessen Ergebnisse nur noch zu organisieren und zu kombinieren seien. Aus dieser Perspektive wird jeder Text zu einer Ansammlung von Stellen, die stets zu anderen Texten oder kulturellen Diskursen führen. Mit dem »Tod des Autors« deklariert Barthes die »Geburt des Lesers« und verschiebt damit die Stellenkonstitution sukzessive in den Prozess des Lesens. Mit diesem intensivierten Interesse an den Aktivitäten des Lesenden gerät die Affordanz von Texten, die eine Reminiszenz an den Autor und dessen Intentionen bedeuten kann, bestimmten Stellen privilegierte Stellenwerte zuzuweisen, zur Beeinträchtigung des Lesens. Barthes geht mit seinem Angriff auf den Autor zugleich gegen normative Gebrauchsanweisungen der Lektüre vor, die sich in bestimmten, unhinterfragten Grundannahmen – er spricht vom »surmoi de lecture«47 – manifestieren. Ihnen stellt Barthes die Freiheit des Lesenden gegenüber, die es, mit den Worten Hans Magnus Enzensbergers, einschließt

hin- und herzublättern, ganze Passagen zu überspringen, Sätze gegen den Strich zu lesen, sie mißzuverstehen, sie umzumodeln, sie fortzuspinnen und auszuschmücken mit allen möglichen Assoziationen, Schlüssen aus dem Text zu ziehen, von denen der Text nichts weiß, sich über ihn ärgern, sich über ihn zu freuen, ihn zu vergessen, ihn zu plagiieren und das Buch worin er steht, zu einem beliebigen Zeitpunkt in die Ecke zu werfen.48

Barthes lotet diese Freiheiten, die auch die Berechtigung einschließt, jenen Stellenangeboten, die ein Text nahelegt, nicht nachzukommen, praktisch aus. Damit verliert nicht nur der Autor die Kontrolle darüber, wie sein Text gelesen wird beziehungsweise welche Stellen ihm als wesentlich entnommen werden, sondern ebenso der Leser die Kontrolle über das Gelesene in seiner Gesamtheit.

 

1970–1979: Die Lust als Körpertechnik der Stellenkonstitution

Barthes’ verändertes Textverständnis kommt unverkennbar in seiner Abhandlung zur alten Rhetorik zum Ausdruck: Während die Rhetorik zunächst als strukturalistische Methode der syntagmatischen Zerlegung avant la lettre erscheint, wird sie in Opposition zu etwas Neuem – dem »noch nicht existierende[n] Text«49 – gesetzt. Dieser Text ist nicht länger »eine Struktur, sondern eine Strukturierung«50 und mit dieser Verschiebung vom Resultat auf den Prozess, auf die Aktivität, kündigt sich die besagte Hinwendung zur Lektüre an,51 die diese Strukturierung leisten soll.

In S/Z, das mit dem wegweisenden Verdacht eingeleitet wird, dass es möglich sei, »eine ganze Landschaft aus einer Saubohne herauszulesen«52, teilt Barthes Honoré de Balzacs Novelle Sarrasine in »Lexien« auf, die er als »Leseeinheiten« versteht, die »zum Teil nur wenige Worte, zum Teil einige Sätze«53 umfassen. Eine Lexie kann schlicht als jeder Moment angesehen werden, in dem »aufgrund von Gedanken, Erregungen und Assoziationen«54 der Kopf während der Lektüre gehoben wird. Die Einteilung in Lexien ist willkürlich; es ist mithin weniger ein begriffliches Instrumentarium als vielmehr der Leser als Textproduzent, der die Stellenkonstitution vornimmt und dabei einen »bestirnten« Text erzeugt, dessen einzelne ›Sterne‹ er miteinander korreliert.55 Der Prozess der Bestirnung richtet sich nicht mehr nach textuellen Vorgaben (etwa Stellen, die der Text selbst markiert); der Text darf im Zuge der Einteilung verunstaltet werden, ihm sei »das Wort abzuschneiden«56. Barthes demonstriert mit seiner radikalen Stellenkonstitution ostentativ ihre Gemachtheit, die – das zeigt die Wahl eines ›klassischen‹ Textes im Unterschied etwa zu Michael Butors Mobile – nicht länger gegenstandssensibel ausgerichtet ist. Indem Barthes die Bestirnung einer »Ideologie von Totalität«57 gegenüberstellt, verwirft er seinen Anspruch auf Vollständigkeit58 und wendet sich der Auslotung einzelner Stellen, vergleichbar der zitierten »Saubohne«, zu. Barthes geht es darum die Pluralität eines Textes auszuloten, die sich in einzelnen Lexien manifestiert, »ohne etwas zu delegieren an eine Gesamtheit am Ende«59. Er verabschiedet sich also von der Vorstellung einer »letzte[n] Struktur«60, in der sich alles organisieren ließe, was er, verteilt auf einzelne Stellen, aus einem Text herausgelesen hat. Indem Barthes seine Zergliederung nach fünf Codes systematisiert und deren Rekurrenzen und Überschneidungen aufzeigt, hat er sich jedoch noch nicht der punktuellen Stellenlektüre zugewandt. Er verwischt allerdings den Unterschied zwischen ganzheitlicher und partieller Lektüre, indem er den Umgang mit Texten als Umgang mit Stellen inszeniert. S/Z ist selbst in spezifischer Weise stellenhaft. Die zitierten Lexien werden mit Barthes’ Kommentar verwoben und zusätzlich von kurzen, mit römischen Ziffern überschriebenen Einschüben unterbrochen. Damit setzt er die unterschiedlichen Möglichkeiten der Bestirnung performativ um: Die einzelnen Zeichensysteme sind an gewissen Stellen miteinander verknüpft und können miteinander verschränkt werden, bilden aber auch eigenständige semantische Reihen.61

Barthes entwirft das Lesen als körperlichen Vorgang, der unterschiedlichen Rhythmen folgt. Er betont in Le plaisir du texte, dass wir uns Textstellen mit unterschiedlicher Intensität zuwenden, wofür er den Körper verantwortlich macht, der sich mit entsprechenden Gesten in die Lektüre involviert: Passagen werden überflogen oder gar übersprungen, während man sich in andere vertieft. Die Kulturtechnik des Blätterns62 wird hier als Flanieren durch den Text inszeniert. Blättern trennt Zusammengehöriges und verbindet Getrenntes; es ist ein Eingriff in den Text, der textunabhängige Verbindungen herstellt. Indem Barthes die Körperlichkeit bei der Stellenkonstitution reflektiert, macht er auch sichtbar, inwiefern Körpertechniken die Erfahrung und Wirkung von Texten beeinflussen. Aus der Perspektive des lustvollen Blätterns, das sich mit angeregtem Lesen abwechselt, sind Texte nicht länger isotrop.63 Damit gerät etwas in den Blick, was die kulturtechnische These der Gemachtheit von Stellen auf ihre, schwer zu fassenden intrinsischen Qualitäten hin überschreitet und die kaum zu beantwortende Frage – wieso uns manche Stelle mehr als andere ansprechen – zumindest anstößt: Gerade weil manchen Worten ein »zweites Gedächtnis« inhäriert, ihnen also in unterschiedlichen Graden eine Geschichtlichkeit innewohnt, ließe sich diese Frage vor dem Hintergrund der Lust neu stellen.

Die Lust am Text verfährt grundlegend diskontinuierlich und Barthes argumentiert dafür, sich diesem diskontinuierlichen Spiel anzuschließen und sich weniger um das Ganze als um winzige Details zu kümmern.64 Mit diesen punktuellen Vorstößen bricht Barthes mit einer gängigen Angemessenheitsvorstellung gegenüber literarischen Texten, nämlich dass man ihnen mit selektionsloser Aufmerksamkeit begegnen müsse.65 Die Stellenkonstitution folgt keiner methodischen Vorgabe mehr und wird keiner Systematik untergeordnet; auch deshalb lässt sie sich nicht mehr institutionalisieren:66 »Wir lesen einen Text […] so, wie eine Fliege im Raum eines Zimmers umherfliegt: in plötzlichen, wie endgültig wirkenden, geschäftigen und sinnlosen Zickzackbewegungen«67. Mit der Lust verwirft Barthes jegliches Relevanzkriterium, mit dem sich eine Lektüre begrenzen und abschließen ließe. Das Gelesene wird nur durch die Leseabsicht begründet, wodurch die Lust, die jeweilige (persönliche) Zielsetzung, oder das Erkenntnisinteresse in ihrer Bezogenheit auf Stellen perspektiviert werden.68 Aus dieser Perspektive stößt sich jede Lektüre an Stellen ab, mit denen sich etwas anfangen lässt – sei es, weil sie uns interessieren, uns unterhalten, uns Erkenntnisse versprechen, uns faszinieren oder schockieren. Die Lust ist jene Dimension der Stellenkonstitution, die jede Lektüre begleitet und je situativ das Spannende vom Langweiligen, das Interessante vom Uninteressanten, das Relevante vom Irrelevanten trennt.

Was Barthes in den 1970er-Jahren vom Lesen fordert, versucht er mit seinen eigenen Texten anzuregen. Er erklärt etwa, dass er viele Streichungen in diesen vornimmt, um die Konstruktion einer gedanklichen Totalität zu umgehen.69 Mit dieser, auf Stellen angelegten Schreibweise spornt Barthes die Möglichkeit an, »manche Sätze, manche Züge des Buches herauszugreifen, um sie als Diskontinuierliches aufzunehmen«70. Zudem ist das französische Original der Lust am Text alphabetisch geordnet;71 das alphabetische Ordnungsprinzip verweist auf Lexika oder Enzyklopädien und damit auf Texte, deren Lektüre an jeder Stelle ansetzen kann.72 Sie müssen nicht linear gelesen werden, sondern versetzen ihre Leser eo ipso in die Rolle des Textproduzenten.73 Hierdurch werden einerseits die Kombinationsmöglichkeiten auseinanderliegender Stellen potenziert und andererseits der Befund radikalisiert, dass sich die Kernaussagen bei Barthes häufig ›am Rand‹ finden:74 Die alphabetische Ordnung unterläuft gerade die Dichotomie von Zentrum und Peripherie und beugt damit auch einer Konstitution von Schlüsselstellen vor, die privilegiert behandelt werden. Keine Stelle erhält idealiter einen Sonderstatus.75 Die alphabetische Ordnung verwendet Barthes auch in Fragmente einer Sprache der Liebe, das er als eine »Enzyklopädie«76 konzipiert, deren Darstellungsprinzip einen »Nullpunkt der Ordnung«77 bildet, die folglich erst (stellen-)lesend hergestellt werden muss. Mit der Konzeption seines Buches als Enzyklopädie spielt Barthes zudem mit der vollständigen Aneignung seines Textes durch den Leser: Enzyklopädien werden von den Wenigsten in ihrer Gänze rezipiert, weshalb Fragmente einer Sprache der Liebe vielmehr zur Stellenlektüre einlädt und damit jenes Lesen zu provozieren vermag, dass Barthes selbst praktiziert.

 

Die Stelle als Medium – Versuch einer Systematisierung und Perspektivierung

Der schlaglichtartige Abriss hat ein komplexes Zusammenspiel verschiedener Kulturund Körpertechniken freigelegt, die auf unterschiedliche Weise Stellen konstituieren, indem sie Textelemente lokalisier- und identifizierbar machen. Der chronologische Durchlauf hat zudem ein zunehmendes Interesse Barthes’ an der Stellenhaftigkeit des Lesens und Schreibens – kurz: des Umgangs mit (literarischen) Texten – sichtbar gemacht. Da Barthes das Lesen und Schreiben als grundlegend miteinander verflochtene Praktiken begreift,78 überrascht es nicht, dass diese Hinwendung sowohl seine Rezeption als auch Produktion von Texten betrifft. Ergänzend lässt sich beobachten, dass sich Barthes in seinen späteren Schriften von den textuellen ›Stellenangeboten‹ zu befreien versucht und stattdessen ausschließlich den Leser für die Stellenkonstitution verantwortlich macht. Nachfolgend soll erörtert werden, inwiefern sich Stellen als Medium konturieren lassen. Dahinter verbirgt sich der Versuch ihrem Stellenwert näherzukommen: Was leisten Stellen eigentlich und wie werden sie ihrerseits wirksam?

Medien kreisen, trotz beträchtlicher begrifflicher Unterschiede im Einzelnen, immer um Aspekte der Vermittlung. Annäherungsweise ließe sich die Stelle bei Barthes als dasjenige Medium verstehen, das die Lektüre überhaupt erst sichtbar hervortreten lässt, indem sie zwischen Lesen und Schreiben vermittelt. S/Z etwa verdankt sich dem Versuch, Balzacs Novelle in Stellen aufzuteilen, diese anschließend Schritt für Schritt auszuloten und den Vorgang schreibend nachvollziehbar zu machen. Auch die Kulturtechnik des Exzerpierens verweist neben einer Speicherfunktion auf die Vermittlung zwischen Lesen und Schreiben. Stellen fungieren innerhalb dieses kulturtechnischen Netzwerks als dasjenige Medium, in dem sich die Wahrnehmung einerseits und die Entstehung von Literatur andererseits vollzieht. Es gilt für Medien allerdings, dass sie, gemäß Marshall McLuhans Diktum vom ›Medium als der Botschaft‹, Einfluss auf das nehmen, was sie vermitteln. Im Unterschied zu Texten – die sich ihrerseits in verschiedenen Medien manifestieren – übertragen Stellen keine Ganzheiten, sondern lediglich ausgewählte Teile davon. Umfangreiche Texte lassen sich nicht in ihrer Gesamtheit vermitteln oder repräsentieren; Stellen, in Form von Zitaten, hingegen schon. Stellen unterlaufen somit die kulturtragende Opposition von Präsenz und Latenz,79 sind jedoch anfälliger für iterative Verschiebungen; ihre Stückhaftigkeit80 disponiert sie zu semantischen Transferbewegungen und einer von ihrem Ursprung emanzipierten Eigendynamik. Das, was in und mit Stellen übertragen wird, mag im Unterschied zu Texten vollständig sein, verliert im Übertragungsprozess jedoch auch (s)einen Kontext. Die Stellenhaftigkeit sorgt dafür, dass das Vermittelte (s)eine feste Bedeutung in potenziell unendlichen Kontexten zerstreut.81 An diesen Verschiebungen ist Barthes interessiert, wenn er davon spricht »das Plurale des Textes«82 nachzeichnen zu wollen. Seine Vorstellung, dass Literatur Sinn in die Welt setze, »nicht ›einen Sinn‹«83, lässt sich besonders mit und an Stellen beobachtbar machen. Die Stelle wird zum ausgezeichneten Medium, »in dem man die Bedeutungen beobachten kann«84. Vor diesem Hintergrund bedeutet die Hinwendung zur Stelle eine Abkehr von hermeneutischen Ganzheitsvorstellungen, indem sie das zirkelhafte Verstehen auf den Kopf stellt: Den punktuellen Stellenlektüren Barthes’ inhäriert die Annahme, die Summe der Teile eines Textes sei mehr als dessen Ganzes.85

Die isolierte Stelle wird bei Barthes zum Ort, wo Literatur ihre Wirkung entfaltet. Barthes erklärt sogar, dass er sich ausgehend von einer einzigen Stelle ein Urteil über den ganzen Text erlaubt.86 Gerade Stellen lassen eine solche Erfahrung zu und leisten damit etwas, was ein Text in seiner Gesamtheit nicht zu leisten vermag; die Erfahrung des Textganzen setzt sich, wie einleitend erwähnt, stets nur aus der Erfahrung gesammelter Stellen zusammen. Folgerichtig reflektiert Barthes das Vergessen als Bestandteil der Lektüre87 und markiert damit eine weitere Differenz zwischen Stellen und Texten: An Stellen erinnern wir uns (bisweilen ohne kontrollieren zu können an welche), an den gesamten Text nur in Ausnahmefällen oder in Form einer Paraphrase, die als eigenständiger Text aufgefasst werden muss.

Barthes konzipiert Literatur mit dem Begriff der »Mathesis«, worunter er die grundlegende enzyklopädische Beschaffenheit von Literatur versteht.88 In diesem Begriff scheint bereits der Gedanke angelegt, dass das, was in Texten enthalten ist, ihre potenziellen Stellen, sich nicht länger unter eine Totalität subsumieren lässt. Der Mathesis-Begriff verweist zudem darauf, dass Stellen Andockstationen intertextueller Bezüge sind, die nicht nur als konkrete Textverweise, sondern auch als kulturelles Wissen verstanden werden können.89 In Stellen tut sich jene »Grund- und Bodenlosigkeit der Schreibfläche«90 auf, die stets zu anderen Texten führt. In den, als Lexien konstituierten, Stellen will Barthes diese »Verteilung der Bedeutungen beobachten«91. Für Julia Kristeva, deren Konzeption von Intertextualität Barthes aufgreift, weisen Stellen diachrone Beziehungen auf, indem sich an ihnen verschiedene Textebenen überlagern.92 Aus dieser Perspektive sind Texte nicht länger abgeschlossene Einheiten, sondern offene Gewebe oder Netze, die – an bestimmten Stellen – mit anderen Texten verbunden sind. Es mag sein, dass Netze aus Löchern bestehen,93wesentlich aber sind ihre Knotenpunkte.

Barthes hat, wie gezeigt, die Diskrepanz zwischen Objekt- und Metasprache reflektiert und Metasprache als Aneignung problematisiert. Das Medium, in dem diese (kulturelle) Aneignung zum Ausdruck kommt, ist die Stelle: Eine Textanalyse oder -interpretation isoliert Stellen, sodass sie sich als über den analysierten Text gelegter, zweiter, bestirnter Text offenbart. Am Ende dieser Kulturtechniken stehen folglich einige wenige Stellen, aus denen Barthes wiederum ein subtiles Übertragungsmedium macht, mit dem er zugleich eine Selbstreflexion literaturwissenschaftlicher Analyse- und Interpretationspraxis initiiert: In der provokanten Aussage: »Sag mir, wie du klassifizierst, und ich sage dir, wer du bist«94 steckt implizit die Annahme, dass die Stellenauswahl nie unschuldig ist, sondern stets etwas über den (ideologischen) Standpunkt des Analytikers oder Interpreten aussagt.95 Die Stellenauswahl bildet eine unterstellte Hierarchie innerhalb des Gesamttextes ab, die nach Schlüsselstellen und unbeträchtlichen Stellen abstuft. Indem sich hierüber ein Konsens bildet, entstehen konventionelle Lesarten.96 Bereits 1964 hatte er in seinem Artikel über den Eiffelturm sinnbildlich das Zentrum entleert,97 was zugleich als Einspruch gegen eine stellenhierarchisierende Lektürepraxis gedeutet werden kann, gegen die Barthes auch mit seinen eigenen Texten anschreibt. Die Position des Textzentrums98 bleibt unbesetzt und keine Stelle kann sie für sich beanspruchen. Das klassifikatorische Engagement zeigt sich ex negativo auch an den ausgeschlossenen, marginalisierten Stellen, an denen sich dekonstruktive Lesarten abarbeiten.99 In diesem Sinne transportiert das, was aus dem Textfluss isoliert wurde, stets einen bestimmten kulturellen Kontext, eine bestimmte Lesart, ein bestimmtes Erkenntnisinteresse.100 Diese Überlegungen legen eine weitere Eigenschaft von Stellen frei, die sie von Texten unterscheiden: Stellen, besonders kanonisch gewordene Schlüsselstellen, erwerben sich einen kulturellen Stellenwert und können zu Gemeinplätzen werden.101 Gerade in derartigen stereotypen Phrasen sieht Barthes 1971 den zeitgenössischen Mythos und konstatiert, dass auch der Entzifferung von Mythen, der Metasprache, stets die Gefahr droht, zu einem Korpus von Phrasen, zu kulturellen Topoi zu verhärten.102 Diese Tendenz zum Phrasenhaften und Stereotypen ist einmal ausgewählten Stellen inhärent; insbesondere wenn sie wiederholt im gleichen Kontext aufgerufen werden.103 Barthes spricht von einer toten Lektüre, die er an Wiederholungen festmacht: Sie vollzieht lediglich diejenigen Stellen nach, die kulturell als privilegiert vorgegeben sind; Stellen erstarren zu Parolen und Devisen.104 Mit der Lust, die sich nicht institutionalisieren lasse, sowie seiner eigenen stellenförmig angelegten Schreibweise, versucht Barthes, dieser Tendenz entgegenzuwirken. Hieran lässt sich auch ein Unterschied zu Jacques Derridas Herangehensweise an die Stelle festmachen: Derrida steuert, exemplarisch in einem Aufsatz über Nietzsche, die ausgeschlossenen, vernachlässigten Stellen an, um mit ihnen die etablierte Bedeutungshierarchie zu kippen.105 Eine solche Identifizierung marginalisierter Stellen setzt aber, wie Derrida einräumt,106 bereits eine Kenntnis des Stellenwerts anderer Stellen voraus.107 Barthes versucht hingegen mit der Lust dem Einflussbereich früherer Lektüren, der Wahl zwischen »Unterwerfung oder Widerstand«108 gegenüber einer früheren Lesart gänzlich zu entgehen. Die Lust, die weder etwas leugne noch ausschließe,109 lässt sich nicht auf Überlesenes oder Stereotypes reduzieren. Freilich muss sich Barthes den berechtigten Einwand gefallen lassen, inwiefern die Lust tatsächlich so frei verfährt, wie er vorgibt. Hinsichtlich der Stellenkonstitution drängt sich die Frage auf, ob sich wirklich so problemlos an den stellenkonstitutiven Angeboten, die von den Texten selbst ausgehen, ›vorbeilesen‹ lässt.110

Ein Medium verweist stets auf Aspekte der Kommunikation, der Informationsübermittlung und des Zeichentransfers.111 Da die Stelle all diese Funktionen übernehmen kann, scheint es angebracht, von ihr als eigenständigem Medium zu sprechen. Stellen fungieren als Filter, die Sender und Empfänger, bei Barthes vermittelt durch Lesen und Schreiben, verbinden, zugleich aber Einfluss auf diese Beziehung nehmen.

Medien werden besonders dann sichtbar, wenn mediale Umbrüche stattfinden. Zahlreiche stellenkonstitutive Kulturtechniken verweisen auf die Zeit um 1500, als im Zuge des Buchdrucks mit beweglichen Lettern Techniken entstehen, die einen schnellen und effektiven Zugriff auf bestimmte Stellen ermöglichen. Die topische Wissensorganisation der Frühen Neuzeit ist, vereinfacht gesprochen, eine Sammlung kanonischer Stellen, die, bedingt etwa durch die Kulturtechnik der Paginierung »a truly local habitation«112 innerhalb eines Textes erlangen. Dass Barthes sich dieser Techniken bedient, verweist auf eine Ähnlichkeit zwischen seinem Textverständnis und dem der Frühen Neuzeit,113 die sich als Affinität zur Stelle konkretisieren lässt. Um 1970, in jener Zeit, in der Barthes S/Z publiziert, nimmt die Digitalisierung zunehmend an Fahrt auf; neue Textmodelle und -auffassungen entstehen, in denen die Stelle, als hypertextueller Link, erneut eine entscheidende Rolle spielt. Barthes, der vornehmlich mit Füllfederhalter und Schreibmaschine schrieb, war gewiss kein ausgemachter Kenner und Nutzer dieser neuen Medien, bezeugt aber dennoch eine veränderte Sichtbarkeit der Stelle unter den sich wandelnden medialen Vorzeichen: Innerhalb medialer Transformationsprozesse verschiebt sich der Stellenwert der Stelle. Die Stelle ist, man denke nur an das augustinische tolle lege, stets präsent gewesen, wird aber in ihrer Medialität unter unterschiedlichen historischen und kulturellen Konstellationen mehr oder weniger sichtbar. Es wurde festgestellt, dass Theorien eine Affinität zu bestimmten Untersuchungsgegenständen aufweisen;114 möglicherweise lässt sich dieser Befund auch medial perspektivieren. Es ist auffällig, dass Barthes’ literaturtheoretische Überlegungen zunehmend den Umgang mit Stellen favorisieren. Es ließe sich aber auch der umgekehrte Entstehungszusammenhang annehmen, wonach erst ein bestimmter Stellengebrauch, eine bestimmte Stellenpraxis, bestimmte theoretische Rückschlüsse plausibilisiert. Aus dieser Perspektive sind es die Stelle selbst und die Kultur- und Körpertechniken ihrer Konstitution, die bestimmte theoretische Überlegungen initiieren. Der Umgang mit Stellen lässt zweifellos andere Wahrnehmungen zu als etwa ein hermeneutischer Zugriff. Bei Barthes gewinnt die Stellen praktisch und theoretisch an Sichtbarkeit; sie wird, überspitzt formuliert, zum Medium von Literatur überhaupt.

 

Der Stellenwert der Stelle

Die skizzierten kultur- und körpertechnischen Netzwerke der Stellenkonstitution legen die Allgegenwart dieses zunächst so unscheinbaren Mediums im Umgang mit Texten frei und provozieren die Frage, ob sich Literatur überhaupt anders als stellenhaft hantieren lässt. Bei Barthes wird diese Problematik umgekehrt gelöst: Die Stellen sind die Literatur; das kulturelle Vor- und Nachspiel von Literatur finden in Stellen statt. Das wird von Barthes nicht als Verlust beklagt, sondern zum maßgeblichen Vergnügen des Lesens hypostasiert.

Man muss Barthes’ Inszenierung der Literatur als stellenförmig nicht teilen; gewiss ließen sich auch zahlreiche Gegenargumente für diese Annahme finden. Die exemplarische Auseinandersetzung mit der Stelle genügt aber, um ihre mannigfaltigen Anschlussmöglichkeiten offenzulegen, von denen einige in jüngerer Zeit bereits verfolgt wurden: Wie sieht die Kulturgeschichte der Stelle aus? Es gibt etwa eine Traditionslinie für die schicksalhafte Wirkung zufällig ausgewählter Stellen, die vom mantischen Blättern der Antike bis zu den Los- und Orakelbüchern des 15. und 16. Jahrhunderts reicht und in der eine Wertschätzung gegenüber der Stelle einerseits und eine gewisse Ehrfurcht andererseits zum Ausdruck kommt.115 Um 1500 erlebt der Umgang mit Stellen eine Konjunktur, die nicht unwesentlich durch die Zunahme verfügbarer Bücher und die Etablierung zahlreicher Kulturtechniken der Stellenkonstitution, etwa der Paginierung und dem Index bedingt wird. Mit den Lesedidaktiken des ausgehenden 17. Jahrhunderts und nicht zuletzt der hermeneutischen Aufwertung des ›Ganzen‹ gerät die Stelle um 1800 hingegen, man denke nur an Johann Adam Bergks Die Kunst, Bücher zu lesen oder Schleiermachers Hermeneutik, in Verruf.116 Im 20. Jahrhundert erlebt die Stelle, vor dem Hintergrund neuer (Literatur-)Theorien und medialer Veränderungen, eine neuerliche, theoretisch begründete Phase der Euphorie; jedoch unter neuen Vorzeichen: Um 1500 ist die Stelle das Medium eines gezielten und ökonomischen Umgangs mit Texten, während sie in den 1960er- und 1970er-Jahren das Resultat vergnügter oder pragmatischer Zufallsfunde wird.

An dieser kurzen Skizze lassen sich bereits die literaturtheoretischen Einflüsse auf die wechselhafte Geschichte der Stelle erahnen, die sich insbesondere um die Dichotomie von Teil und Ganzem konzentrieren. Interessant wäre in diesem Zusammenhang eine Untersuchung der literarischen Thematisierung und Inszenierung von Stellen. Augustinus’ folgenschwere Stellenlektüre bekehrt ihn zum Christentum und wirft zugleich die Frage auf, ob jede andere Bibelstelle dasselbe vermocht hätte. Stellen riskieren, wie etwa in Emilie von Wallenthal, ein Missverstehen zu verantworten und können ihren Lesern sogar zum Verhängnis werden: In Dantes Inferno sitzen Francesca da Rimini und Paolo, die aufgrund einer erregenden Stelle zum Ehebruch verführt werden. Anton Reiser wiederum versucht, seine punktuelle Lektüre selbst nach hermeneutischen Maßgaben zu zähmen.

Handelt es sich bei den genannten Beispielen um Prosatexte, drängt sich ferner die Frage auf, wie das Verhältnis anderer Gattungen zur Stelle aussieht. Bestimmte Gattungen scheinen sich etwa privilegierte Stellen zuzuweisen: Novellen kreisen um eine ›unerhörte Begebenheit‹ und Fortsetzungsromane sind auf Cliffhanger ausgerichtet. Besondere Aufmerksamkeit – hier sei neben Friedrich Schleiermachers Hermeneutik auf Edgar Allan Poes Philosophy of Composition oder Clemens Lugowskis Theorie der ›Motivation von hinten‹ verwiesen – fällt häufig auch dem Ende als besonders signifikanter Stelle zu.

Nicht nur liefert dieser weite Fragenhorizont einen Hinweis auf die zahlreichen Konstellationen, in denen Stellen virulent werden, sondern er deutet auch eine ihnen eigentümliche Dynamik an: Eine Stelle führt immer wieder zu einer anderen. Der Stellenwert einer Stelle, so ließen sich seine Grenzen – insbesondere angesichts der wechselhaften Launen der Lust – abstecken, ist stets provisorisch. Der Stellenwert der Stelle ist allerdings kaum zu überschätzen.

 

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  • 1. Stichwort »Stelle«, DWDS, https://www.dwds.de/wb/etymwb/Stelle (zuletzt eingesehen am 13. April 2024).
  • 2. Für einen Überblick über die Forschungslage zur Stellenlektüre vgl. Harun Maye: Blättern/Zapping. Studien zur Kulturtechnik der Stellenlektüre seit dem 18. Jahrhundert. Zürich 2019, S. 28–42.
  • 3. Steffen Martus: »›What matters?‹. Schlüsselstellen in Theorie und Praxis«. In: Textpraxis 7 (2023).
  • 4. Eva Geulen: »Stellen-Lese«. In: MLN 116 (2001), S. 475–501, hier S. 477.
  • 5. Dieser Befund lässt sich physiologisch bestätigen: Beim Lesen springt das Auge in Sakkaden von Fixation zu Fixation.
  • 6. Wolfgang Iser: Der Akt des Lesens. Theorie ästhetischer Wirkung. München 1976, S. 178.
  • 7. Iser spricht vom »Leseaugenblick« und verweist damit auf die zeitliche Dimension der Stellenkonstitution, der an anderer Stelle nachzugehen wäre.
  • 8. Joachim Jacob: »Kleine Stellenkunde«. In: Ders. u. Wolfgang Braungart (Hg.): Stellen, schöne Stellen. Oder: Wo das Verstehen beginnt. Göttingen 2012, S. 11–63, hier S. 17.
  • 9. Immerhin gibt es verschiedene Lektüremodi und -strategien, die in unterschiedlichem Maße stellenhaft verfahren. Insbesondere im wissenschaftlichen Kontext gehören kursorisches, diagonales oder punktuelles neben dem intensiven Lesen zur gängigen Propädeutik und müssen von Studierenden erworben werden.
  • 10. Stefan Willer: »Fallen, Stellen. Örter der Lektüre«. In: Robert Stockhammer (Hg.): TopoGraphien der Moderne. Medien zur Repräsentation und Konstruktion von Räumen. Paderborn/München 2005, S. 197–226, hier S. 198.
  • 11. Gerade ihre augenscheinliche Trivialität und Alltäglichkeit gestaltet eine explizite Thematisierung der Stelle schwierig und macht die sie konstituierenden Kultur- und Körpertechniken nicht selten zu einer selbstverständlichen und »unerschütterlichen Praxis«. Vgl. Lorraine Daston: »Die unerschütterliche Praxis«. In: Rainer M. Kiesow u. Dieter Simon (Hg.): Auf der Suche nach der verlorenen Wahrheit. Zum Grundlagenstreit in der Geschichtswissenschaft. Frankfurt a. M./New York 2000, S. 13–25.
  • 12. Vgl. Carlos Spoerhase: Linie, Fläche, Raum. Die drei Dimensionen des Buches in der Diskussion der Gegenwart und der Moderne (Valéry, Benjamin, Moholy-Nagy). Göttingen 2016.
  • 13. Thomas Macho: »Zeit und Zahl. Kalender und Zeitrechnung als Kulturtechniken«. In: Sybille Krämer u. Horst Bredekamp (Hg.): Bild, Schrift, Zahl. München 2003, S. 179–192, hier S. 179.
  • 14. Bernhard Siegert: »Kulturtechnik«. In: Harun Maye u. Leander Scholz (Hg.): Einführung in die Kulturwissenschaft. München 2011, S. 95–118, hier S. 97f.; vgl. auch Harun Maye: »Was ist eine Kulturtechnik?«. In: Zeitschrift für Medien- und Kulturforschung 1 (2010), S. 121–135, hier S. 127–132.
  • 15. Ex negativo lässt sich der Beitrag visueller und räumlicher Seitengestaltung zur Konstitution von Stellen anhand von Ferdinand Kriwets Roman Rotor abschätzen: Der Text wird ohne jegliche Interpunktion, ohne Großschreibung, ohne Absätze oder andere textinterne Gliederungen, ohne Seitenzahlen und im konsequenten Blocksatz präsentiert, wodurch die Identifikation und Lokalisierung von Stellen beeinträchtigt wird. Hier scheint die Rede von einem Fließtext angebracht, der von sich aus keine Stellen nahelegt. Vgl. Ferdinand Kriwet: Rotor. Mit einem Nachwort von Konrad Boehmer. Köln 1961.
  • 16. Diese Verschiebungen ließen sich im Zuge einer noch zu schreibenden Kulturgeschichte der Stelle nachvollziehen.
  • 17. Roland Barthes: »Interview by Jean Marie Benoist et Bernard Levy, 1977«, YouTube, 22. Juli 2015, https://www.youtube.com/watch?v=IwM4muyJ8sw (zuletzt eingesehen am 30. April 2024), TC: 22:28-24:00.
  • 18. Vgl. Ottmar Ette: Roland Barthes. Eine intellektuelle Biographie. 3. Aufl. Frankfurt a. M. 2017, S. 98.
  • 19. Vgl. Roland Barthes: »Notes sur André Gide et son Journal«. In: Ders.: OEuvres complètes. Hg. v. Éric Marty. Bd. 1: 1942–1965. Paris 1993, S. 23–33, hier S. 23.
  • 20. Roland Barthes: Über mich selbst. Übers. v. Jürgen Hoch. Berlin 2019, S. 109.
  • 21. Maye spricht vom autoritativen Charakter exzerpierter Stellen, da sie bisweilen metonymisch für das Textganze einstehen. Vgl. Maye: Blättern/Zapping, S. 147.
  • 22. Vgl. Steffen Martus u. Carlos Spoerhase: Geistesarbeit. Eine Praxeologie der Geisteswissenschaften. Berlin 2022, S. 274.
  • 23. Roland Barthes: Michelet. Übers. v. Peter Geble. Frankfurt a. M. 1984, S. 27
  • 24. Vgl. ebd., S. 223f.
  • 25. Roland Barthes: »Plaisir aux Classiques«. In: Ders.: OEuvres complètes. Hg. v. Éric Marty. Bd. 1: 1942–1965, S. 45–53, hier S. 49.
  • 26. Ette: Roland Barthes, S. 64.
  • 27. Vgl. Roland Barthes: »Am Nullpunkt der Literatur«. In: Ders.: Am Nullpunkt der Literatur. Literatur oder Geschichte. Kritik und Wahrheit. Übers. v. Helmut Scheffel. 2. Aufl. Frankfurt a. M. 2016, S. 9–69, hier S. 18–21.
  • 28. Vgl. Doris Kolesch: Roland Barthes. Frankfurt a. M./New York 1977, S. 21; sowie Ette: Roland Barthes, S. 407.
  • 29. Barthes: »Am Nullpunkt der Literatur«, S. 20.
  • 30. Ebd., S. 18. Das Zitat verweist mit seinen zahlreichen Doppelpunkten auch darauf, dass es nicht nur semantische und diskursive, sondern ebenso auch grafische beziehungsweise schriftbildliche Verfahren der Stellenkonstitution gibt. Vgl. hierzu Ette: Roland Barthes, S. 438.
  • 31. Besonders deutlich wird das in Le plaisir du texte, in dem das Begriffspaar Lust Wollust an verschiedenen Stellen des Textes verschiedene Bedeutungen anzunehmen scheint.
  • 32. Vgl. grundlegend Jacques Derrida: »Signatur Ereignis Kontext«. In: Ders.: Limited Inc. Übers. v. Werner Rappl u. Dagmaer Travner. Wien 2001, S. 15–45.
  • 33. Roland Barthes: »Was ist Kritik?«. In: Ders.: Am Nullpunkt der Literatur. Literatur oder Geschichte. Kritik und Wahrheit, S. 117–123, hier S. 121.
  • 34. Vgl. Roland Barthes: »Die Handlungsfolgen«. In: Ders.: Das semiologische Abenteuer. Übers. v. Dieter Hornig. Frankfurt a. M. 1988, S. 144–155, hier S. 148f.
  • 35. Vgl. Roland Barthes: »Einführung in die strukturale Analyse von Erzählungen«. In: Ders.: Das semiologische Abenteuer, S. 102–143.
  • 36. Vgl. Barthes: »Die Handlungsfolgen«, S. 149.
  • 37. Ebd.
  • 38. Roland Barthes: Elemente der Semiologie. Übers. v. Eva Moldenhauer. Frankfurt a. M. 1983, S. 53.
  • 39. Vgl. Roland Barthes: »Literatur und Diskontinuität. Über Mobile von Michel Butor«. In: Ders.: Am Nullpunkt der Literatur. Literatur oder Geschichte. Kritik und Wahrheit, S. 137–141.
  • 40. Roland Barthes: »Die strukturalistische Tätigkeit«, In: Hans M. Enzensberger (Hg.): Kursbuch. Frankfurt a. M. 1966, S. 190–196.
  • 41. Barthes merkt an, dass die analytisch benannten Einheiten keineswegs mit den linguistischen Kategorien, etwa dem Satz, übereinstimmen müssen. Vgl. Barthes: »Einführung in strukturale Analyse«, S. 110. Das ist insofern wichtig, als es der extensionalen Unschärfe des Stellenbegriffs Rechnung trägt: Es ist weniger ein bestimmter Umfang entscheidend, um von Stellen zu sprechen, als vielmehr der Akt des Herauslösens aus dem Textfluss.
  • 42. Vgl. Barthes: »Kritik und Wahrheit«, S. 222.
  • 43. Barthes: »Einführung in strukturale Analyse«, S. 109.
  • 44. Vgl. Roland Barthes: »Der Wirklichkeitseffekt«. In: Ders.: Das Rauschen der Sprache. Kritische Essays IV. 4. Aufl. Übers. v. Dieter Hornig. Frankfurt a. M. 2015, S. 164–172, hier S. 164f. Barthes grenzt sich auch deshalb von der morphologischen Analyse Propps ab, der er vorhält zu viele Details unberücksichtigt zu lassen. Vgl. Barthes: »Die Handlungsfolgen«, S. 145.
  • 45. Roland Barthes: Die Vorbereitung des Romans. Vorlesungen am Collège de France 1978–1979 und 1979–1980. 4. Aufl. Hg. v. Éric Marty. Übers. v. Horst Brühmann. Frankfurt a. M. 2016, S. 448.
  • 46. Roland Barthes: »Der Tod des Autors«. In: Ders.: Das Rauschen der Sprache, S. 57–63, hier S. 63.
  • 47. Barthes: »Interview by Jean Marie Benoist et Bernard Levy, 1977«, TC: 22:46-22:47.
  • 48. Hans M. Enzensberger: »Bescheidener Vorschlag zum Schutze der Jugend vor den Erzeugnissen der Poesie«. In: Ders.: Mittelmaß und Wahn. Gesammelte Zerstreuungen. 3. Aufl. Frankfurt a. M. 1989, S. 23–41, hier S. 33f.
  • 49. Roland Barthes: »Die alte Rhetorik«. In: Ders.: Das semiologische Abenteuer, S. 15–101, hier S. 15.
  • 50. Roland Barthes: »Das semiologische Abenteuer«. In: Ders.: Das semiologische Abenteuer, S. 7–12, hier S. 11.
  • 51. Die sich in mehreren Publikationen zum Lesen niederschlägt. Vgl. Roland Barthes: »Das Lesen schreiben«. In: Ders.: Das Rauschen der Sprache, S. 29–32; »Über das Lesen«. In: Ders.: Das Rauschen der Sprache, S. 33–43; »Pour une théorie de la lecture«. In: Ders.: OEuvres complètes. Hg. v. Éric Marty. Bd. 2: 1966–1973. Paris 1994, S. 1455f.
  • 52. Roland Barthes: S/Z. 7. Aufl. Übers. v. Jürgen Hoch. Frankfurt a. M. 2016, S. 7.
  • 53. Ebd., S. 18.
  • 54. Barthes: »Das Lesen schreiben«, S. 29.
  • 55. Vgl. Barthes: S/Z, S. 18f.
  • 56. Ebd. 19 [Hervorhebung im Original].
  • 57. Ebd.
  • 58. Eine spätere, S/Z vergleichbare, Analyse einer Erzählung von Poe beschränkt sich nur noch auf eine angedeutete Demonstration. Vgl. Roland Barthes: »Textanalyse einer Erzählung von Edgar Allan Poe«. In: Ders.: Das semiologische Abenteuer, S. 266–298.
  • 59. Barthes: S/Z, S. 16.
  • 60. Ebd.
  • 61. Dieses Verfahren hat Barthes bereits in L’empire des signes erprobt, wo seine handschriftlichen Notizen, isoliert betrachtet, homoerotische Begegnungen andeuten. Vgl. Ette: Roland Barthes, S. 280f.
  • 62. Vgl. grundlegend: Maye: Blättern/Zapping; sowie Christoph B. Schulz: Poetiken des Blätterns. Hildesheim/Zürich/New York 2015.
  • 63. Vgl. Roland Barthes: Die Lust am Text. 14. Aufl. Übers. v. Traugott König. Frankfurt a. M. 2016, S. 55.
  • 64. Ebd., S. 29, 77, 80.
  • 65. Vgl. hierzu Martus u. Spoerhase: Geistesarbeit, S. 128.
  • 66. Vgl. Barthes: Die Lust am Text, S. 51.
  • 67. Ebd., S. 48.
  • 68. Vgl. Barthes: »Über das Lesen«, S. 34–36.
  • 69. Vgl. Roland Barthes: »Roland Barthes erklärt sich«. In: Ders.: Die Körnung der Stimme. Interviews 1962–1980. Übers. v. Agnès Bucaille-Euler, Birgit Spielmann u. Gerhard Mahlberg. Frankfurt a. M. 2002, S. 348–366, hier S. 352.
  • 70. Roland Barthes: »Zwanzig Schlüsselwörter für Roland Barthes«. In: Ders.: Die Körnung der Stimme, S. 225–255, hier S. 242.
  • 71. Diese Darstellungsform hat Barthes bereits zuvor in einem Artikel über Georges Bataille ausprobiert. Vgl. Roland Barthes: »Die Ausgänge des Textes«. In: Ders.: Das Rauschen der Sprache, S. 267–278.
  • 72. Vgl. Winfried Eckel: »Rhetorik der Streuung. Textbegriff und alphabetische Form bei Roland Barthes«. In: Monika Schmitz-Emans, Christoph B. Schulz u. Kai Fischer (Hg.): Alphabet, Lexikographik
    und Enzyklopädistik. Historische Konzepte und literarisch-künstlerische Verfahren
    . Hildesheim/Zürich/New York 2012, S. 305–331, hier S. 311.
  • 73. Vgl. Monika Schmitz-Emans: »Zur Einleitung. Das Alphabet als Ordnungsmuster –Enzyklopädie als poetologisches Programm«. In: Dies., Christoph B. Schulz u. Kai Fischer (Hg.): Alphabet, Lexikographik und Enzyklopädistik, S. 7–26, hier S. 7f.; sowie Andreas B. Kilcher: »Im Labyrinth des Alphabets. Enzyklopädische Lektüreweisen«. In: Jürgen Gunia u. Iris Hermann (Hg.): Literatur als Blätterwerk. Perspektiven nichtlinearer Lektüre. St. Ingbert 2002, S. 71–75.
  • 74. Vgl. Kolesch: Roland Barthes, S. 101.
  • 75. Vgl. Eckel: »Rhetorik der Streuung«, S. 313.
  • 76. Roland Barthes: Fragmente einer Sprache der Liebe. 18. Aufl. Übers. v. Hans-Horst Henschen. Frankfurt a. M. 2016, S. 20.
  • 77. Barthes: »Die Ausgänge des Textes«, S. 267.
  • 78. Barthes spricht etwa vom »Lese-Text«, den man während der Lektüre in seinem Kopf schreibt. Vgl. Barthes: »Das Lesen schreiben«, S. 30.
  • 79. Die etwa für Aspekte des kulturellen Gedächtnisses von entscheidender Bedeutung sind. Vgl. Aleida Assmann: Erinnerungsräume. Formen und Wandlungen des kulturellen Gedächtnisses. 4. Aufl. München 2009, S. 133–142.
  • 80. Vgl. hierzu Ben Dittmann: »Die semantische Zähmung der Stelle. Thematisierte Mehrdeutigkeit in Grillparzers Der arme Spielmann als Reflexionsangebot hermeneutischer Problemlagen«. In: Stefan Descher u. a. (Hg.): Mehrdeutigkeit als literarisches Thema. Strategien und Funktionen von der Romantik bis zur Gegenwart. Bielefeld 2023, S. 69–88, hier S. 80–82.
  • 81. Vgl. Derrida: »Signatur Ereignis Kontext«, S. 23–29.
  • 82. Barthes: S/Z, S. 16.
  • 83. Barthes: »Was ist Kritik?«, S. 121.
  • 84. Barthes: S/Z, S. 18.
  • 85. Vgl. Maye: Blättern/Zapping, S. 7f., 74 und 292.
  • 86. Barthes: »Interview by Jean Marie Benoist et Bernard Levy, 1977«, TC: 23:40-24:00. Auch Heinz Schlaffer konstatiert eine solche Beurteilung, die ihren Ausgangspunkt in einzelnen Stellen, etwa dem Titel eines Buches, nimmt. Er verweist hierbei auf weitere Kulturtechniken der Stellenkonstitution, etwa Kapitelüberschriften oder Inhaltsverzeichnisse, Vgl. Heinz Schlaffer: »Der Umgang mit Literatur. Diesseits und jenseits der Lektüre«. In: Poetica 31 (1999), S. 1–25, hier S. 14.
  • 87. Vgl. Barthes: »Textanalyse einer Erzählung von Edgar Allan Poe«, S. 269.
  • 88. Vgl. Roland Barthes: Leçon/Lektion. Französisch und Deutsch. Antrittsvorlesung am Collègede France. Gehalten am 7. Januar 1977. Übers. v. Helmut Scheffel. Frankfurt a. M. 1980, S. 25–31.
  • 89. Indem Barthes kulturelle Codes als »Typen des Bereits-Gelesenen, Bereits-Gesehenen, Bereits-Getanen« definiert, weicht er in gewisser Weise den Begriff der Stelle auf, indem er den Aspekt ihrer Lokalisierbarkeit unterschlägt: Codes lassen sich nach diesem Verständnis nicht mehr eindeutig einer konkreten Textstelle zuordnen. Vgl. Barthes: »Textanalyse einer Erzählung von Edgar Allan Poe«, S. 292.
  • 90. Renate Lachmann: Gedächtnis und Literatur. Intertextualität in der russischen Moderne. Frankfurt a. M. 1990, S. 49.
  • 91. Barthes: »Textanalyse einer Erzählung von Edgar Allan Poe«, S. 268.
  • 92. Julia Kristeva: »Bachtin, das Wort, der Dialog und der Roman«. In: Jens Ihwe (Hg.): Literaturwissenschaft und Linguistik. Ergebnisse und Perspektiven. Frankfurt a. M. 1972, S. 345–375, hier S. 346f.
  • 93. Jürgen Mittelstrass: »Das Ganze und seine Teile. Enzyklopädien, das Alphabet des Denkens und die Einheit des Wissens«. In: Waltraud Wiethölter, Frauke Berndt u. Stephan Kammer (Hg.): Vom Weltbuch bis zum World Wide Web. Enzyklopädische Literaturen. Heidelberg 2005, S. 53–67, hier S. 67.
  • 94. Barthes: »Literatur und Diskontinuität«, S. 141.
  • 95. Die aktuelle, bisweilen emotional aufgeladene ›Suche‹ nach problematischen Stellen macht diesen Zusammenhang besonders einsichtig.
  • 96. Vgl. Kurt Wölfel: »Zur aktuellen Problematik der Interpretation literarischer Werke«. In: Georg Stötzel (Hg.): Germanistik – Forschungsstand und Perspektiven. Vorträge des Deutschen Germanistentages 1984. Berlin/New York 1985, S. 398–409, hier S. 407; sowie Georg Stanitzek: »Brutale Lektüre, ›um 1800‹ (heute)«. In: Joseph Vogl (Hg.): Poetiken des Wissens um 1800. 2. Aufl. München 2010, S. 249–265, hier S. 256f.
  • 97. Vgl. Roland Barthes u. André Martin: Der Eiffelturm. Übers. v. Helmut Scheffel. München 1970, S. 27, 38.
  • 98. Mit Lacan könnte man vom Steppunkt eines Textes sprechen. Vgl. Jacques Lacan: Die Psychosen. Das Seminar von Jacques Lacan. Buch III (1955–1956). Hg. v. Jacques-Allain Miller. Weinheim/Berlin 1997, S. 316f.
  • 99. In dieser Hinsicht geradezu exemplarisch setzt eine »poststrukturalistische Modellanalyse« mit dem an, was von früheren Lektüren ausgeschlossen wurde und fragt danach, wie hierdurch die Bedeutung verändert wird. Vgl. Nicole A. Sütterlin: »›Phantom unseres eigenen Ichs‹ oder ›verfluchte Doppelgänger‹? Über die Unentscheidbarkeit in Hoffmanns ›Der Sandmann‹«. In: Oliver Jahraus (Hg.): Zugänge zur Literaturtheorie. 17 Modellanalysen zu E. T. A. Hoffmanns »Der Sandmann«. Stuttgart 2016, S. 84–100, hier S. 84.
  • 100. Vgl. Barthes: »Literatur und Diskontinuität«, S. 141f.
  • 101. Vgl. Geulen: »Stellen-Lese«, S. 476; sowie Wolfgang Braungart: »Vom Sinn und Leben der Stelle«. In: Ders. u. Joachim Jacob (Hg.): Stellen, schöne Stellen, S. 72f.
  • 102. Vgl. Roland Barthes: »Mythologie heute«. In: Ders.: Das Rauschen der Sprache, S. 73–77, hier S. 73f.
  • 103. Hier zeigt sich eine Ambivalenz der Stelle, die, obwohl sie ein Medium semantischer Dissemination ist, paradoxerweise kulturellen Aneignungsprozessen viel eher ausgesetzt scheint als Texte in ihrer Gesamtheit, in der sich, eben weil sie nur stellenweise zugänglich wird, vermutlich stets widerspenstige Stellen aufspüren lassen.
  • 104. Vgl. Barthes: »Pour une theorie de la lecture«, S. 1456.
  • 105. Vgl. exemplarisch Jacques Derrida: »Sporen. Die Stile Nietzsches«. In: Werner Hamacher (Hg.): Nietzsche aus Frankreich. Frankfurt a. M./Berlin 1986, S. 131–168, hier S. 160–164.
  • 106. Vgl. ebd., S. 161.
  • 107. Stanitzek: »Brutale Lektüre«, S. 259.
  • 108. Enzensberger: »Bescheidener Vorschlag«, S. 34.
  • 109. Vgl. Barthes: Die Lust am Text, S. 7.
  • 110. Es wäre in diesem Zusammenhang eine Untersuchung wert, welches die Schlüsselstellen der Schriften Barthes’ sind.
  • 111. Vgl. Detlef Kremer: Literaturwissenschaft als Medientheorie. Münster 2004, S. 13.
  • 112. Walter J. Ong: »Commonplace Rhapsody. Ravisius textor, Zwinger and Shakespeare«. In: Robert R. Bolgar (Hg.): Classical Influences on European Culture A. D. 1500–1700. Proceedings of an International Conference held at King’s College, Cambridge, April 1974. Cambridge 2010, S. 91–126, hier S. 107.
  • 113. Ferdinand van Ingen: »Strukturierte Intertextualität. Poetische Schatzkammern und Verwandtes«. In: Wilhelm Kühlmann (Hg.): Intertextualität in der frühen Neuzeit. Studien zu ihren theoretischen und praktischen Perspektiven. Frankfurt a. M. u. a. 1994, S. 279–308, hier S. 300f.
  • 114. Vgl. Martus u. Spoerhase: Geistesarbeit, S. 224–228.
  • 115. Vgl. hierzu ausführlich Schulz: Poetiken des Blätterns, S. 61–100.
  • 116. Vgl. ebd., S. 193–212; sowie Maye: Blättern/Zapping, S. 95–140.

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