Digitales Journal für Philologie
Textpraxis # 21 (1.2023)
In Textpraxis # 21 begibt sich Joachim Harst auf die Spuren von Sigmund Freud und untersucht anhand dessen »Bruchstück einer Hysterie-Analyse« die Bedeutung der »Fallgeschichte« in der psychoanalytischen Therapie und Theorie. Teresa Wolfs Beitrag beschäftigt sich mit den Funktionen und Wirkweisen von Adressierung und Re-Adressierung in Chimamanda Ngozi Adichies Roman Americanah und Daniela Henke stellt sich den Herausforderungen, den die aktuelle Debatten rund um die sogenannte Identitätspolitik für literaturtheoretische Überlegungen und die literaturwissenschaftliche Praxis darstellen.
Auf Grundlage von Butlers Theorie zur Performativität und Subjektivierung zeigt der Aufsatz durch die Analyse von Adichies Americanah, wie die Protagonistin Ifemelu durch Adressierung als fremd markiert wird, durch die selbstgewählte Re-Adressierung vor dem Hintergrund verschiedener Machtdiskurse aber ihre Handlungsfähigkeit zurückerlangt. An diesem Beispiel wird gezeigt, wie Adressierung und Re-Adressierung in fiktionalen Texten über die Interaktion zwischen fiktiven Figuren hinausgeht; analysiert werden diese Dynamiken daher auch zwischen Figuren und Leser*innen, Erzählinstanz und Leser*innen sowie Text und Leser*innen. Die Analyse dieser ineinander verschränkten Interaktionen kann so erklären, warum Figuren als handelnde Personen wahrgenommen werden und Subjektivierungsprozesse der Leser*innen anstoßen können.
Dieser Beitrag untersucht die Herausforderungen, die die sogenannte Identitätspolitik für die Literaturwissenschaft darstellt. Dabei zeichnet er wichtige Entwicklungen im Bereich der Literaturtheorie nach und hinterfragt, inwiefern der:die Autor:in als biographische, politische und individuelle Person bei der Literaturanalyse zu berücksichtigen sei. Der Beitrag zielt darauf ab, die Größe ›Autor‹ in eine diskursorientierte Ausrichtung zu integrieren, ohne dabei intentionalistische und im engeren Sinne biographistische Positionen zu reaktualisieren. Dafür wird auf Michel Foucaults Konzept der Autorfunktion und seine anwendungsbezogene Interpretation bei Fotis Jannidis zurückgegriffen, indem die spezifisch identitätspolitische Autorfunktion analysiert und von der empirischen Autorperson unterschieden wird.
Der Aufsatz beschäftigt sich mit der Bedeutung der »Fallgeschichte« in der psychoanalytischen Therapie und Theorie. Dabei changiert die Bedeutung des »Falls« jedoch zwischen verschiedenen Registern, unter denen hier »casus«, »Rätsel« und »lapsus« diskutiert werden. Sie werden anhand von Freuds »Bruchstück einer Hysterie-Analyse« erläutert, wobei ein besonderes Augenmerk auf unterschiedliche mediale Konstellationen gelegt wird, die dazu dienen sollen, der Mehrdeutigkeit des Falls Herr zu werden.