Digitales Journal für Philologie
Textpraxis # 22 (2.2024)
In dieser Ausgabe bietet Ben Dittmann ausgehend von der Stellenkonstitution in ausgewählten Schriften Roland Barthes´ Überlegungen zum Stellenwert der Stelle im Umgang mit Texten. Henning Podulski widmet sich in seinem Beitrag der Literarisierung des Ruhrkriegs innerhalb der proletarisch-revolutionären Literatur in der Weimarer Republik und analysiert zu diesem Zweck Kurt Kläbers Barrikaden an der Ruhr (1925), Karl Grünbergs Brennende Ruhr (1928) und Hans Marchwitzas Sturm auf Essen (1930). Charlotte Rathjen schließt die Ausgabe ab mit einer Untersuchung des Alters in literarischen Texten und nimmt hierfür Gabriele Reuters Roman Aus guter Familie (1896) in den Blick, von dem ausgehend grundlegende literarturtheoretische Reflexionen zum Alter und Altern angestellt werden.
Der Artikel untersucht exemplarisch die Kultur- und Körpertechniken der Stellenkonstitution in ausgewählten Schriften Roland Barthes’, um von hieraus allgemeine Reflexionen zum Stellenwert der Stelle im Umgang mit Texten anzustellen.
Der Beitrag nimmt die Literarisierung des Ruhrkriegs innerhalb der proletarisch-revolutionären Literatur in der Weimarer Republik in den Blick. Anhand einer vergleichenden Untersuchung von Kurt Kläbers Barrikaden an der Ruhr, Karl Grünbergs Brennende Ruhr und Hans Marchwitzas Sturm auf Essen werden unterschiedliche Konzepte des Generalstreiks herausgearbeitet, die zwischen Rosa Luxemburg, Georges Sorel und Walter Benjamin changieren, und an die historischen Geschehnisse 1920 zurückgebunden. Anhand der in den Texten unterschiedlich stark ausgeprägten Bezugnahmen auf Spontanität, Massierung proletarischer Erfahrung, ökonomische oder politische Gewalt und divergierende Bilder des Ruhrkriegs – teils durch Parteinähe der Autoren bestimmt – wird nicht nur die sich veränderten Organisation und Kulturpolitik der KPD in den 1920er Jahren deutlich, sondern auch der unternommene Versuch einer Einbindung des Generalstreiks ins kulturelle Gedächtnis der revolutionären Arbeiterbewegung sinnfällig: einerseits als revolutionärer proletarischer Mythos, andererseits als Teilschritt zur Verwirklichung eines parteilich organisierten Entwicklungsablaufs.
Das Alter strukturiert das Leben eines Individuums von der Geburt bis zum Tod und organisiert allgemeinhin die Gesellschaft in Alterskohorten, Generationen, Jahrgänge. Umso erstaunlicher ist es, dass das Alter in der germanistischen Literaturwissenschaft vorwiegend als hohes Alter konzeptualisiert und untersucht wird. Mit der Folge, dass das Alter in seiner ganzheitlichen Qualität, nämlich als diskursiv hervorgebrachte und performative Kategorie und Identitätsmarker, vernachlässigt und damit wesentliches Beschreibungs- und Erkenntnispotenzial der Literatur verschenkt wird. Der vorliegende Beitrag plädiert für eine umfassende Betrachtung des Alters in literarischen Texten und diskutiert die Konsequenzen einer solchen literaturtheoretischen Betrachtung des Alters und Alterns am Beispiel von Gabriele Reuters Roman Aus guter Familie (1896).