Henning
Podulski
Münster

Rap über Hass?

Der Hass, das Politische und die Wut im deutschsprachigen Rap

1 »Rap über Hass geht mal wieder Top-Ten«1 

Mit ihrem neuesten Studioalbum Rap über Hass schafft es die Berliner Rap-Gruppe K.I.Z nicht nur erneut an die Spitze der deutschen Charts, sondern, wie einige andere Rapper*innen auch, wieder einmal in die Feuilletons der größten deutschen Zeitungen. In der journalistischen Auseinandersetzung mit dem Album treffen nun zwei aufmerksamkeitserregende Themenfelder aufeinander: die Rap-Musik und der Hass. Und so erscheint es folgerichtig, dass die HipHop-Crew Rap über Hass als aktuellen Titel wählt, obwohl er ihre Musik schon seit Jahrzehnten gut beschreiben würde. Im Album selbst wird dieser titelgebende Hass nun an expliziten Gewaltfantasien in Zeilen wie »Heute box’ ich dich ins Koma / Und benutze deinen Kopf als Fußball / […] Ich grabsch’ deiner Frau an’ Arsch, kriege ein Uppercut, ey / Ich wurde nicht durchsucht, ziehe ein Klappmesser«2 ausgemacht. Der Titel des Albums und der gleichnamige erste Track geben dabei die künstlerische Richtung der Veröffentlichung vor, so die Interviewenden einer Zeit direkt zu Beginn des Gesprächs:3

Nico, Tarek, Maxim – wir würden gerne mit Ihnen über Hass sprechen. Während die halbe Welt heute Hatespeech bekämpfen will, haben Sie damit Musikkarriere gemacht: Sie sind bekennende Hassrapper, auch auf Ihrem neuen Album, das kommende Woche erscheint.4

Dieses vorangestellte Leitmotiv führt nicht zu handfesten Skandalen, wie unter dem Stichwort ›Echo-Preis‹ durch Kollegah und Farid Bang geschehen,5 aber umso beständiger zu Artikeln und Interviews über und mit den drei Rap-Artists aus Berlin. Feuilleton und Rap-Musik – das ist schon seit Längerem eine fruchtbare Beziehung und zumeist werden die Rapper*innen zum Inhalt des Feuilletons, die entweder mit gesellschaftlichen Themen einen gewissen Vorbildcharakter aufweisen oder zu deren (inszenierter) Lebensrealität die Leser*innen der Zeitung wenig bis gar keinen Bezug haben und die Künstler*innen dadurch besonders spannend wirken. Als Beispiele können hier der Feuilleton-Liebling Haftbefehl oder der mit dem Bambi ausgezeichnete Berliner Rapper Bushido genannt werden oder eben die Künstler*innen, die ein aktuelles wie virulentes Thema konstruktiv für das eigene Schaffen machen. Folglich geht es in den Interviews mit K.I.Z weniger um Fragen, die auf den Vorstellungen von Feuilleton-Journalist*innen zu den kriminellen Vergangenheiten gewisser Künstler*innen basieren, oder um gesellschaftliche Themen wie Integration oder Gewalt- und Drogenpräventionen bei Jugendlichen, sondern ganz um das vorgegebene Leitmotiv: den von den Künstlern auf die Agenda gesetzten Hass. 

Auf den früheren Alben von K.I.Z waren schon immer verschiedene Formen und Ausprägungen dieses Hasses präsent. Sei es der Hass in der Gesellschaft gegenüber bestimmten marginalisierten Gruppen, der Hass der drei Rapper auf die Gesellschaft oder aber seien es Provokationen und Tabubrüche, die häufig eben durch das Spiel mit diesen Stilmitteln als Hass wahrgenommen und betitelt werden. Doch es bleibt die Frage: Ist das, was im Rap als Hass bezeichnet und für die Kunst produktiv gemacht wird, überhaupt Hass? Und wie wird dieser Hass von den Künstler*innen genutzt? Aus diesen Fragen müssen eindeutig die Fälle herausgenommen werden, in denen Rapper*innen über den Hass in der Gesellschaft schreiben und Öffentlichkeit für diese Themen herstellen. So rappen zum Beispiel Advanced Chemistry in »Fremd im eigenen Land« (1992) über Rechtsextremismus und Rassismus, SXTN im Song »Hass Frau« (2016) über den Sexismus und die Diskriminierung von Frauen im Rap und in der gesamten Gesellschaft oder Ben Salomo über Antisemitismus in »Deduschka« (2020). In diesen und ähnlichen Liedern verarbeiten die Handelnden den Hass, artikulieren ihn und schaffen für diesen Hass in der Gesellschaft Öffentlichkeit in künstlerischer Form.

Aber auch innerhalb des Raps wird gehasst. Rap ist ›hypermaskulin‹, sexistisch und von patriarchalen Strukturen durchzogen und die meisten erfolgreichen Rapper wollen sich um jeden Preis als maskulin darstellen.6 Gerne wird in der Diskussion darüber angeführt, HipHop sei auch nur ein Teil der Gesellschaft und als Teilbereich dieser eben genauso davon betroffen wie die gesamte Gesellschaft.7 Dass das jedoch eine unterkomplexe Erklärung ist, zeigt nicht nur die Menge an diskriminierenden Aussagen innerhalb der Songs, sondern auch, wie innerhalb der Szene mit Frauenhass und sexuellen Übergriffen umgegangen wird, wenn sie von den Betroffenen publik gemacht werden, wie in einem aktuellen Fall, bei dem es um Vorwürfe gegen einen Berliner Rapper geht.8 Ebenso sagen die Abwehrreaktionen auf entsprechende Kampagnen wie #deutschrapmetoo9 ihr Übriges aus. Im Kontext dieser um jeden Preis aufrechtzuerhaltenden Maskulinität spielt auch die Normativität von Heterosexualität und die daran anschließende Diskriminierung von Personen anderer sexueller Orientierungen eine entscheidende Rolle. Alles, was nicht einem klassischen, veralteten Männlichkeitsbild entspricht, wird abgelehnt und diskriminiert. Trotz allem sind diese Rapper*innen massentauglich und mitunter die erfolgreichsten ihres Stils, was Rückschlüsse auf die Akzeptanz dieser Diskriminierung bei Hörenden innerhalb der Szene und in der Mehrheitsgesellschaft zulässt. Ebenso offen können antisemitische Verschwörungstheorien geäußert werden, ohne größere Aufmerksamkeits- und Umsatzverluste innerhalb der Rap-Szene erwarten zu müssen. Prägnantestes Beispiel war hier lange Zeit der Rapper Haftbefehl, der insbesondere mit seinen Verweisen auf ›die Rothschilds‹ , die angeblich das Weltgeschehen lenken, antisemitische Verschwörungstheorien an seine Hörenden weitergegeben hat. Zumindest Haftbefehl hat sich aber inzwischen von diesen Zeilen distanziert,10 gehört damit aber im Vergleich zur Minderheit derjenigen, die mit ihren Verschwörungstheorien und ihrem antisemitischen Hass zumindest im Nachgang reflektiert umgehen. PULS hat 2016 anhand der erfolgreichsten Alben der letzten 16 Jahre untersucht, wie ›politisch korrekt‹ der deutschsprachige Rap ist, und dabei festgestellt, dass die Anzahl an Diskriminierungen mit der Zeit und wachsendem Anklang des Raps im Mainstream abgenommen hat,11 jedoch weiterhin besorgniserregend hoch ist, bedenkt man, wie massentauglich und erfolgreich Rap inzwischen ist. Die aktuellen Fälle und der Umgang mit diesen in der HipHop-Szene und den angeschlossenen Szene-Medien spiegeln jedoch kaum den in der Untersuchung dargestellten Rückgang wider. Trotz allem sind diese Phänomene des Hasses auch gesellschaftliche Probleme, die im Rap, teilweise auch deutlich konzentrierter und verstärkt, reproduziert werden. Ebenso wie die Berichterstattung über den Hass innerhalb von Rap-Songs wird der innerhalb des Raps (re-)produzierte gesellschaftliche Hass nicht zu den hier untersuchten Phänomenen zählen. Dies ist der Fall, da es auf der einen Seite bereits einen sehr ausgiebigen wissenschaftlichen und journalistischen Diskurs darüber gibt, auf der andere Seite erscheinen diese Phänomene zudem nicht singulär im Rap, wenn auch ihr Auftreten quantitativ und qualitativ innerhalb dieser Kunstform überdurchschnittlich hoch ist.

Im Fahrwasser des Hasses schwimmen oft Wut, Zorn und Aggressionen mit, die auch durch Gewaltausführungen in Rap-Texten ausgedrückt werden, die aber etwas anderes als Hass sind. Es verwundert bei den Songs und dem Namen des Albums Rap über Hass – bei dieser Selbstzuschreibung – wenig, dass in besagten Interviews gefragt wird, warum die Texte denn so hasserfüllt seien. Der hier angesprochene Hass war schon immer Bestandteil des Raps, auch schon bevor K.I.Z sich diesen auf ihre Fahne geschrieben haben. Doch scheint es so, als sei der Hass in den letzten Jahren innerhalb der Gesellschaft exzessiver geworden, sowohl als erlebtes als auch als ausgelebtes Gefühl.12

Gleichermaßen ist damit auch die mediale, journalistische wie auch die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit ihm gewachsen. Aber wie verhält es sich mit dem Hass innerhalb der deutschsprachigen Rap-Musik der letzten Jahre? Was ist das, was in den Texten als Hass markiert wird, sei es selbst von Rapper*innen oder von Rezipient*innen, überhaupt genau? Ist die Bedeutung des Wortes so aufgeweicht, dass allerlei Ähnliches und dem Wortfeld ›Hass‹ Entstammendes darunterfällt und bei der Benutzung des Wortes mittransportiert wird? Welche Funktionen übernimmt dieser Hass und die an ihn angeschlossenen Begriffe im Rap und in welchem Kontext trifft man dieses Wort und seine Begleitungen wie zum Beispiel die Wut13 an? All diesen Fragen ist nachzugehen, wenn man untersuchen will, welche Rolle der Hass in den Rap-Texten einnimmt.

Neben den weiter oben beschriebenen journalistischen Auseinandersetzungen mit dem gesellschaftlichen, im Rap reproduzierten Hass lassen sich Forschungsrichtungen ausmachen, deren Befunde bei der Beantwortung dieser Fragen und der Betrachtung des Hasses im Rap helfen können. Im 2021 erschienenen Band Soziologie des Gangsterraps datiert Martin Seeliger die historisch-wissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Rap auf das Jahr 1984.14 Die Wurzeln des HipHops sind ein bis heute viel beforschtes und beschriebenes Feld, das im englischsprachigen Raum mit dem Sammelband von Murray Forman und Mark Anthony Neal That’s the Joint! The Hip-Hop Studies Reader (2004) sowie The Anthology of Rap (2010) von Adam Bradley und Andrew Dubois zwei umfangreiche und tiefgreifende Veröffentlichungen aufweist. In dem im Jahr 2004 erschienenen Reader wird in Aufsätzen wie »The Culture of Hip-Hop« von Michael Eric Dyson (2004) den Grundlagen des HipHops in der afroamerikanischen Kultur und ursprünglich schwarzer Musikrichtungen wie Soul oder Blues nachgeforscht. Daneben widmen sich viele Aufsätze im Reader der Frage nach realness und Authentizität. Einer Frage, die bereits zuvor im oft rezipierten Aufsatz von Dipa Basu »What is Real About ›Keeping It Real‹?« (1998) nachgegangen wurde und die auch die heutige Forschung noch beschäftigt und gemeinsam mit dem historischen Ursprung ein zentrales Erklärungsmuster darstellt. Insbesondere in sozialwissenschaftlicher Forschung wie der von Gabriele Klein und Malte Friedrich, Is This Real? (2003), stehen der Ursprung und das Streben nach Authentizität im HipHop im Fokus. Realness und Authentizität lassen sich als zentral für HipHop und Rap sowie als wohlmöglich größter Forschungsstrang in der Auseinandersetzung mit der HipHop-Kultur konstatieren. Ebenso spielt die Rolle des HipHops als ›Gegenkultur‹ und des Raps als »contemporary stage for the theater of the powerless«15 eine bedeutende Rolle. Im Zusammenhang mit dieser Funktion als Sprachrohr für benachteiligte und aus dem Diskurs ausgeschlossene Bevölkerungsgruppen werden sowohl Themen wie Migration als auch der Topos des so genannten Ghettos produktiv für die Forschung gemacht. Wie zum Beispiel in Levent Soysals Aufsatz »Rap, Hiphop, Kreuzberg: Scripts of/for Migrant Youth Culture in the WorldCity Berlin« (2004), in dem insbesondere dem Ursprung des Berliner HipHops innerhalb des türkischen Raps in Berlin, aber auch der Bedeutung des Ghettos nachgegangen wird.16 Im deutschsprachigen Raum werden zudem das Verhältnis von aus den USA stammender globaler Kultur und in Deutschland lokal umgesetzter Praxis sowie der Status des HipHops als hybride Kultur untersucht.17 In vielen dieser Forschungstexte gehen kulturwissenschaftliche, soziologische, linguistische wie musikwissenschaftliche, postkoloniale und die Geschlechterforschung betreffende Forschungsansätze miteinander einher. Hier tut sich nun die Leerstelle auf, die mit diesem Aufsatz zu schließen versucht werden soll. Um dem Hass nachzugehen, erscheint es relevant, sowohl die Forschung zum historischen Ursprung des Raps als auch die soziologischen Untersuchungen zur Funktion des Raps innerhalb der Kultur nachzuvollziehen. Es wurde bisher herausgestellt, dass HipHop in der kulturellen Praxis eng mit Begriffen wie realness und ›Authentizität‹ zusammenhängt und auch, dass Rap als Bühne und Sprachrohr dienen kann und damit, in einer für die hier verhandelte Thematik näher zu bestimmenden Form, politisch sein kann, aber nicht, welche Funktion der Hass hierbei einnimmt. Und auch dem Zusammenhang aus Wut und HipHop ist weiter nachzugehen, den Tricia Rose im Kapiteltitel »Prophets of Rage«18 unter Bezugnahme auf Public Enemy andeutet, dabei aber weder den Bezug zum Hass herstellt noch den Zusammenhang zwischen Wut und dem Politischen im Rap herausstellt.

Dem folgend wird sich dem Hass im kulturellen Feld Rap aus der Annahme eines politischen Potenzials des HipHops heraus genähert. HipHop, so ist weiter auszuführen, hat als gesellschaftlich stark verbreitete Subkultur und Kunstform eine große Bedeutung für die Identitätskonstruktion vieler Menschen und schafft gleichzeitig durch seine mediale Größe eine erhebliche Öffentlichkeit für Künstler*innen und die Inhalte ihrer Songs. Folglich ist es auch relevant, wie sich innerhalb dieser Musikform, die kulturelle Praktik einer Subkultur ist, der Hass sowohl als Gefühl als auch als Wort angeeignet und produktiv für die sozialen Praktiken des HipHops gemacht wird. Dazu soll zunächst herausgearbeitet werden, inwiefern HipHop, und im Speziellen der Rap, politisch ist. Nachdem darauffolgend der Hass näher umrissen wird, ohne dabei jedoch eine festlegende Definition hervorbringen zu wollen, soll untersucht werden, inwiefern der Hass Relevanz für das Politische im Rap hat. Dadurch wird das Politische im Rap exemplarisch dargestellt, der artikulierte Hass im Rap differenziert betrachtet und die Verbindung aus Politischem und Hass innerhalb des Raps aufgezeigt. Wenn Maxim Drüner von K.I.Z im ZEIT-Interview sagt: »Das Tolle am Hass: Man muss ihn nicht rechtfertigen«,19 ist zu untersuchen, ob das überhaupt stimmt. Unabhängig von dem Ergebnis heißt es aber auch nicht, dass man nicht versuchen sollte, ihn differenziert zu betrachten und damit besser zu verstehen.

2 Der Rap, das Politische und der Hass

Möchte man den Rap, das Politische und den Hass zusammenbringen, kann ein Film, der viele Aspekte der HipHop-Kultur aufgreift, ein erster Anlaufpunkt sein: Die Rede ist vom französischen Film La Haine (deutsch: Hass) aus dem Jahr 1995. Er schildert das Leben von Jugendlichen in den französischen Banlieues zwischen Kriminalität, Freundschaft, ökonomischer Perspektivlosigkeit und der HipHop-Kultur. Aus HipHop-Perspektive ist eine Szene zentral, in der ein DJ das Lied »Sound of da Police« vom amerikanischen Rapper KRS-One mit Edith Piafs »Non, Je ne regrette rien« mixt. Diese Verbindung aus globalen und lokalen Einflüssen ist ein zentrales Merkmal des HipHops und wird im folgenden Kapitel noch näher ausgeführt. Ebenso zeigt der Film mögliche Ursprünge für den Hass innerhalb der Texte und gibt einen Einblick in die filmische Lebensrealität derjenigen, die sich innerhalb der (französischen) HipHop-Kultur bewegen, so wie es auch Rap-Texte tun. Zunächst erfolgt jedoch ein Überblick über die historische Entstehung des amerikanischen wie deutschen Raps, aus der im zweiten Schritt auch Teile der politischen Dimensionen abgeleitet werden können. Im dritten Unterkapitel wird es dann um den Hass gehen.

2.1 Rap

Schaut man zurück auf die Anfänge des HipHops, blickt man in die New Yorker Bronx ‒ genauer gesagt in die sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts und auf das Territorium, das durch den Bau des Cross Bronx Expressways und ausbleibenden Stadterhaltungsmaßnamen zu einem Sinnbild für die Kehrseite von spätkapitalistischer Stadtbau- und Sozialpolitik wurde.20 Damit verweisen Sascha Verlan und Hannes Loh (2000) auf den HipHop als Ausdrucksmittel vor allem schwarzer Jugendlicher und junger Erwachsener, die nicht nur von der Kommunalpolitik, sondern von der gesamten Gesellschaft ignoriert und benachteiligt werden und sich mit den verschiedenen kulturellen Praxen des HipHops Gehör und Aufmerksamkeit verschaffen wollen: »Die auffälligen Bilder der Graffiti-Writer, die spektakulären Bewegungen der Breakdancer, die durchdringenden Beats und Raps ‒ dem Einfluss von HipHop konnte sich niemand entziehen«.21 Im Bereich des Raps bilden sich in den kommenden Jahrzenten unterschiedliche Stile heraus, die jedoch alle für sich den ursprünglichen Bezug zu den lebensweltlich erfahrenen Konsequenzen der Politik und der gesellschaftlichen Realität sowie der Bedeutung des eigenen politischen Handelns durch den HipHop beibehalten. Die stilistische Ausdifferenzierung geht zeitlich mit dem steigenden kommerziellen Erfolg des Raps in den 1980er-Jahren einher.22 Neben dem klassischen Message- beziehungsweise Conscious-Rap, dessen prototypisches Beispiel »The Message« von Grandmaster Flash & the Furious Five (1982) sein dürfte, in dem auf rassistische Gesellschaftsstrukturen, fehlende Perspektiven für benachteiligte Jugendliche und andere tiefsitzende gesellschaftliche Probleme verwiesen wird,23 entsteht etwa zur gleichen Zeit der Gangster-Rap, der Künstler*innen ebenfalls als Ausdrucksmittel für lebensweltlichen Erfahrungen dient. Dieser nutzt dafür jedoch einen deutlich härteren Stil und gerät dadurch auch vermehrt in den Fokus der medialen Berichterstattung. Zu den anfänglichen Stilgrößen zählen weltbekannte Rapper-Kollektive wie N.W.A, die in ihren Liedern eindringlich mit Wortspielen und expliziten Gewaltbeschreibungen ähnliche Themen wie bereits der Conscious-Rap ansprechen, dabei jedoch deutlich härtere Texte rappen und Tabus des Mainstreams brechen. Diese Tabubrüche führen nicht nur zu einer erhöhten Medienaufmerksamkeit und steigenden Verkaufszahlen, sondern auch zu Debatten um den Zusammenhang von Textinhalten und Gewaltverbrechen.24

Die Erzählungen aus den so genannten Ghettos, in denen die Rapper*innen von ihren alltäglichen Kämpfen, dem Stress und Leid berichten, werden schnell zum Verkaufsschlager und so entwickeln sich die Alben von N.W.A und später die von Tupac Shakur und The Notorious B.I.G. zu den bis heute am meist verkauften Alben in den USA.25 Rap wird zu einem großen, vielgefächerten und verbreiteten, kommerziell erfolgreichen Feld der Pop-Musik und findet auch außerhalb von herkömmlichen HipHop-Communities Anklang, was sich auch in Gastparts von erfolgreichen Rapper*innen wie Eminem, Kanye West und Nicki Minaj bei Pop-Künstler*innen wie Rihanna, Madonna oder Justin Timberlake ausdrückt. Die Rap-Musik nähert sich hinsichtlich des Erfolgs, ihrer Produktionsprozesse und ihrer Bedeutung der herkömmlichen Pop-Musik an und Elemente der Musikrichtungen vermischen sich zunehmend. Dies geschieht lokal auf unterschiedliche Weise. Während es in den USA schon sehr viel früher an der Tagesordnung ist, dass sich die erfolgreichsten Rapper*innen mit den größten Pop-Musiker*innen zusammentun, erfolgt dieser Schritt im deutschsprachigen Rap deutlich später und vorsichtiger.

Die Entstehungsgeschichte des deutschsprachigen HipHops muss im Kontext des hybriden Charakters der HipHop-Kultur zwischen Lokalität und Globalität betrachtet werden. Innerhalb der kulturellen Praxis des HipHops erfolgt eine Anpassung der globalen Kultur innerhalb der lokalen Kontexte, was nach Gabriele Klein und Malte Friedrich (2003) ein zentrales Merkmal der hybriden Kultur HipHop darstellt und von großer Bedeutung für die sozialen Praktiken innerhalb der Kultur ist. Durch das lokale Handeln kann sich mit der globalen Kultur identifiziert und damit auf lokaler Ebene kollektive und individuelle Identität konstruiert werden:26 »Das Eigene im Gemeinsamen suchen, dies ist die Grundmaxime der lokalen HipHop-Szene.«27 

Die HipHop-Kultur in Deutschland entsteht erst einige Jahre später in den 1980er-Jahren. Rap-Gruppierungen wie Advanced Chemistry, Fresh Familee und Die Fantastischen Vier stellen die bekanntesten Gruppen aus dieser Anfangszeit dar, wobei nur Letztgenannte auch im Mainstream erfolgreich sind. In dieser Zeit unterscheidet sich Rap in Deutschland von seinen amerikanischen Wurzeln, nimmt ebenso eine leicht andere Entwicklung und wird von Medien und Gesellschaft anders wahrgenommen. Während in den Vereinigten Staaten Rap von Beginn an als Ausdrucksform und Sprachrohr marginalisierter Gruppen fungiert und erst im Laufe der Jahrzehnte, vermutlich auch wegen Kontroversen und Tabubrüchen, medial und kommerziell erfolgreich wird, entwickeln sich Die Fantastischen Vier zur prototypischen Rap-Gruppe Deutschlands, ohne dabei jedoch den ursprünglichen Protestcharakter der Musik zu vertreten.28 Damit bildet sich die Vorstellung von Rap-Musik und auch von der HipHop-Kultur in der Anfangszeit grundlegend anders aus und Gruppierungen wie Advanced Chemistry, die durch die Schilderungen ihrer lebensweltlichen Erfahrungen und ihre politischen Texte dem Ursprung der HipHop-Kultur viel näher stehen,29 werden außerhalb des HipHops nur als Randerscheinungen wahrgenommen. Genauso wie in den USA entsprechend verzögert einsetzend, bilden sich auch in Deutschland neben dem erwähnten Conscious-Rap härtere Stile heraus. In den 1990er-Jahren entstehen mit dem Battle-Rap und dem Gangster-Rap auch in Deutschland Stile, die Beleidigungen, Provokationen und Tabu-Brüche integrieren und durch die Schilderung von Gewalt, Drogenkonsum und anderen Straftaten das Bild von Rap in Deutschland verändern. Beide Stile sind in der Analyse jedoch nicht immer trennscharf.30 Zentrum dieser neuen härteren Stile ist zu Beginn Frankfurt, wo HipHop als ein Medium zum Ausdruck von erfahrener Diskriminierung und Rassismus, aber auch als Ausdrucksform von nationaler Identität genutzt wird.31

In den Folgejahren entwickelt sich neben Frankfurt Berlin zu einer Hochburg des deutschsprachigen Battle-Raps. Formationen wie Westberlin Maskulin fallen mit besonders harten Texten und entsprechendem Sound auf. Bewusste Tabubrüche in Zeilen wie »Ich bin ein Nazi / Hitler ist mein Vater«32 von Rapper Kool Savas – dessen Texte abseits dieser Zeile genauso wie sein Auftreten nicht den Eindruck erwecken, dass er rechtsradikal sei – gehören zu den festen Stilelementen. Spätestens mit dem 2001 gegründeten Label Aggro Berlin etabliert sich auch der Gangster-Rap als Stil im deutschsprachigen Rap und Künstler wie Bushido und Sido prägen in den Folgejahren den Klang, aber auch das Bild von Rap und der HipHop-Kultur in der Öffentlichkeit. Im Jahr 2011 veröffentlicht der Bielefelder Rapper Casper unter Einfluss seiner Hardcore- und Rock-Vergangenheit das Album XOXO, das nicht nur ihn weit über die Grenzen des Rap-Genres bekannt macht, sondern dem Mainstream und dem Feuilleton eine andere Facette des Raps offenbart. Während in den Vorjahren zumeist Kontroversen um Gangster-Rapper*innen ihren Weg in die Zeitung fanden, gelingt es Casper, Anschluss an den deutschsprachigen Mainstream zu finden, und er sorgt dafür, dass Rap nicht nur vermehrt durch Pop- und Rock-Einflüsse bereichert wird, wie es zum Beispiel später bei dem Pop-Rapper Cro der Fall ist, sondern auch ganz neue Käufer*innenschichten erreicht. Sowohl aus den USA als auch aus Frankreich und England haben inzwischen die verschiedensten Stile Einfluss im deutschsprachigen Rap gewonnen und sind teilweise auch über die HipHop-Community im Mainstream kommerziell erfolgreich. Diese Entwicklung untermauert aber auch den Charakter des HipHops als offene, vielseitige Kultur und Musikrichtung, in der die Musik an die sozialen Praktiken der Handelnden anschließt und die lebensweltlichen Erfahrungen der Musiker*innen transportiert, aber auch Identität und Inszenierung der eigenen Kunstfigur ausdrückt. Trotzdem bleiben Ressentiments gegenüber dem Rap, seiner Geschichte und dem eigentlichen Ursprung des HipHops bestehen.33

2.2 Der Rap und das Politische

Bereits in der Entstehung des HipHops ist das politische Potenzial zu erkennen. Als Sprachrohr für marginalisierte Menschen in der Bronx nimmt HipHop als kulturelle Praxis, als gelebte soziale Praktik der Bewohner*innen der entsprechenden Viertel eine wichtige Rolle in der Herstellung von Öffentlichkeit ein. Es fällt auf, dass die einzelnen Teilgebiete des HipHops dies auf unterschiedliche Art tun und zum Teil auch räumlich inmitten der Mehrheitsgesellschaft stattfinden, so zum Beispiel Breakdancer*innen, die in Fußgängerzonen tanzen, oder Graffitis, die im Stadtzentrum auf Häuserfassaden zu finden sind, und damit Themen verhandeln und ein Ausdrucksmittel der HipHopper*innen darstellen. So ermöglicht es Rap, eine Öffentlichkeit für die Dinge zu schaffen, die in der Gesellschaft zu verhandeln sind, und das durch Personen, die vom entsprechenden öffentlichen Diskurs ausgeschlossen sind:

At the same time, rap by definition has a political content; even when not explicitly issuesoriented, rap is about giving voice to a black community otherwise underrepresented, if not silent, in the mass media.34

Wenn HipHopper*innen Graffitis sprayen, breakdancen, DJing betreiben oder rappen, entsteht ein zweigeteilter Raum, ähnlich wie es im Theater der Fall ist: der Raum der Künstler*innen und der Raum der Rezipient*innen. In der Theorie des politischen Theaters wird das Politische unterschiedlich aufgefasst: So gilt das Theater schon als politisch, weil es innerhalb der öffentlichen Aufführung zwei Menschengruppen, Akteur*innen und Zuschauende, zusammenbringt und diese im Theater-Saal ihre Beziehung untereinander verhandeln lässt.35 In der akuten Situation der Performance können diese Räume auch für die Praktiken des HipHops erkannt werden. Erfolgt jedoch beispielsweise die Rezeption der Rap-Musik in Form von Platten, Tapes, CDs oder Streams unabhängig von der Aufführungssituation, also asynchron, dann erfolgt die Aushandlung der Beziehung nur einseitig zwischen Hörenden und Künstler*in. Diese Aushandlung ist nicht zwangsläufig weniger politisch als die synchrone im gemeinsamen Saal, aber muss von dieser aufgrund ihrer temporären Einseitigkeit zumindest differenziert werden, insbesondere da viele der HipHop-Hörenden die Musik vermutlich nur in Form des Abspielens von Aufzeichnungen rezipieren. Es macht einen Unterschied, ob Hörende vor ihren Abspielgeräten auf einen Battle-Rap-Song oder das Publikum während eines HipHop-Battles auf die Zeilen der Kontrahent*innen jubelnd oder ablehnend reagieren. Dies beeinflusst nicht nur den Ausgang des Battles, wenn der oder die Sieger*in des Battles durch das Klatschen des Publikums ausgemacht wird, sondern kann sich auch auf den Inhalt auswirken; ähnlich wie sich auch im Theater das Spiel der Darstellenden in einem Wechselverhältnis mit den Zuschauenden befindet oder Inszenierungen explizit das Publikum ins Spiel einbinden. Des Weiteren können sowohl das Theater als auch HipHop dann als politisch bezeichnet werden, wenn gesellschaftliche Phänomene, historische Ereignisse oder aktuelle politische Konflikte zum Gegenstand werden.36 Insbesondere im Conscious- beziehungsweise Message-Rap liegt dies nahe. Aber auch Battle-Rapper*innen wie die bereits zu Beginn erwähnte Rap-Gruppe K.I.Z bauen immer wieder zumeist sarkastische und zynische Zeilen mit Bezug zum aktuellen politischen Geschehen in ihre Texte ein:

Denkt ihr die Flüchtlinge sind in Partyboote gestiegen
Mit dem großen Traum im Park mit Drogen zu dealen?
[…]
K.I.Z Selbstmordattentäter
Ich sprenge eure Demo und es regnet Hackepeter37

Ferner ist eine weitere politische Dimension des Theaters die performative Kraft in Form einer auf die Beziehung zwischen Mensch und Welt abzielende verändernde Wirkung.38 Daran anschließend definiert Benjamin Wihstutz das politische Theater als eine ästhetische Sichtbarmachung der gesellschaftlichen Antagonismen und eine Aushandlung sozialer und politischer Grenzen.39 Damit nimmt er Bezug auf die von Chantal Mouffe in Beziehung zu Carl Schmitt stehende Definition des Politischen als ein demokratischer Antagonismus zwischen gesellschaftlichen Ideen, Forderungen und Gruppen, der für die Individuen auch Teil des Konstruktionsprozesses politischer Identität darstellt.40 Im Kontext der identitätsstiftenden Prozesse spielen Hegemonien eine wichtige Rolle. Gesellschaftliche Hegemonien, verstanden als Vormachtstellungen von gewissen Ideen, Meinungen oder Ordnungsmächten,41 spielen eine wichtige Rolle für den identitätsstiftenden Prozess.42 Im gesellschaftlichen Diskurs versuchen Teilnehmende mit ähnlichen Positionen diese gegen andere zu behaupten und hegemonial zu festigen, benötigen dafür Macht und erhalten gleichermaßen durch die Festigung ihrer Position weitere Macht.43 Die Teilnehmenden, die den gleichen Idealzustand anstreben, bilden eine Gruppenidentität aus und grenzen sich von denen ab, die den von ihnen angestrebten Idealzustand blockieren, also von der so genannten Gegenhegemonie.44 Diese gesellschaftlichen Agonismen, die maßgeblich mit Macht und Identitätskonstruktion zu tun haben, können ebenso wie die öffentlichkeitsschaffende Praxis im Ursprung des HipHops erkannt werden. Rap-Musik artikuliert den gesellschaftlichen Antagonismus und bietet eine Ausdrucksform der Gegenhegemonie45 marginalisierter Gruppen, die in der Mehrheitsgesellschaft keine Lobby besitzen und deren Interessen nicht ausreichend vertreten werden.46 Die Texte transportieren die lebensweltlichen Erfahrungen dieser Gruppen und weisen damit auf die Problematik fehlender Macht und Öffentlichkeit hin, wirken identitätsstiftend und können somit auch als ein Aneignungsversuch von Macht im Diskurs gedeutet werden.

Gabriele Klein und Malte Friedrich (2003) weisen auf den Inszenierungscharakter des HipHops hin und stellen die Frage nach Theatralität und sozialer Praxis im HipHop. Ihnen zufolge ist HipHop eine von den Kulturmitgliedern erzeugte Lebenswelt, die eine Mischung aus (Selbst-)Inszenierung sowie simulierter Wirklichkeit und Realität darstellt. Dieser Zusammenhang aus simulierter Wirklichkeit und Realität muss stets neu verhandelt werden und entsteht durch die Reproduktion der Kultur im eigenen Handeln. In diesem Handeln wird die Kultur des HipHops erfahrbar, stets lokal kontextualisiert und damit auch aktualisiert.47 Die lokale HipHop-Kultur ermöglicht dabei nicht nur die Identifikation mit dem HipHop als globaler Pop-Kultur, sondern schafft auch ein Gemeinschaftsgefühl zwischen Mitgliedern im lokalen Raum.48 Die HipHopper*innen schaffen sich einen sozialen Teilraum, in dem sie nicht nur ihre Bezüge zur Welt verhandeln,49 wie es auch das politische Theater tut, sondern in dem sie auch innerhalb des Teilraums ein spezifisches Normgefüge etablieren, aktualisieren und reproduzieren.50 Die Identifikation mit dieser Kultur kann dann weitergehend auch ein wichtiger Bestandteil im Prozess der Identitätsbildung sein und so bietet auch HipHop als Feld innerhalb der Pop-Kulturen die Möglichkeit, nationale Identität zu überschreiten:51 

Denn HipHop ist keine Freizeitkultur […] auch keine Gegenkultur […]. Denn HipHop ist eine Lebenswelt mit einem klaren sozialen Ordnungssystem, festen Regeln, definierten Orten und einem tradierten Normen- und Wertesystem. Sie ist identitätsversprechend und identitätssichernd.52

Die Aushandlung von Identität innerhalb des HipHops hängt maßgeblich mit der Inszenierung der eigenen Person innerhalb des Feldes zusammen. Klein und Friedrich betonen die Rolle der Authentizität innerhalb der Selbstinszenierung. Die Authentizität stellt eine performative Herstellungspraxis dar, um die soziale Praxis der Kultur lebendig zu halten, und muss von den Akteur*innen durch ihre Inszenierungen auf der theatralen Bühne des HipHops bewiesen werden.53 Diese Inszenierungen sind eine Form von Performances, in denen Akteur*innen sich selbst darstellen. In der lokalen Praxis wird die globale Kultur des HipHops erfahrbar,54 ähnlich wie die Verkörperung des Stücks in einer Rolle im theatralen Raum. Und so hat die Performance drei Funktionen: Sie dient der Selbstinszenierung, sie produziert ein Gemeinschaftsbewusstsein im Zusammenspiel von Akteur*in und Publikum und sie macht die Kultur erfahrbar.55 Bezogen auf den Rap kann jeder Text als eine Bühne gesehen werden, auf der sich Akteur*innen selbst inszenieren. Das performative Moment der Inszenierung liegt damit im Text selbst und nicht erst in der Aufführung.56 Damit ist der Rap-Text nicht nur eine Aufzeichnung des performativen Handelns, sondern selbst performativ und ein Akt der Performance. Durch die Herstellung von Weltbezügen und Identitätsaushandlung können auch die sozialen Praktiken im Rahmen von Inszenierungen im Kontext des von Klein und Friedrich untersuchten ›Realworld HipHop‹ als politische Praxis angesehen werden. 

Wie in allen Disziplinen des HipHops geht es auch im Rap darum, real zu sein. Das heißt: sich entsprechend authentisch geben und die theatrale Selbstinszenierung in ein Verhältnis mit der Realität bringen. Dabei muss das Gelebte mit dem Gesagten übereinstimmen. Entsprechend gibt es im Rap, insbesondere im Gangster-Rap, immer wieder Debatten um die Authentizität der in den Texten geschilderten lebensweltlichen Erfahrungen. Dies ist zum Beispiel zu sehen bei der langanhaltenden Debatte um Rick Ross oder Kollegah sowie nachzulesen in dem einführenden Artikel von Stefan Sommer, »Realness im Deutschrap«.57 Des Weiteren existieren immer wieder Streitigkeiten um nicht selbstgeschriebene Texte von Rapper*innen wie Shirin David oder Bushido, die ebenfalls in die Debatte um Authentizität einwirken. Folglich versuchen Rapper*innen in ihren Texten, ihre realness zu beweisen und ihre Persönlichkeit entsprechend zu inszenieren. Als aktuelles Beispiel kann der deutschsprachige Rapper Asche gesehen werden. Nachdem ein YouTuber mit großem Bezug zum deutschsprachigen Rap Asches tschetschenische Herkunft als vermeintlich gelogen zu entlarven versuchte, fühlte sich der Rapper genötigt, mit einem langen und ausführlichen Video seine Familiengeschichte zu erzählen, um die Zweifel aus dem Weg zu räumen. Über diesen Streit wird auf YouTube-Kanälen und von Rap-Journalist*innen boulevardesk berichtet und ebenso kommentiert. Und auch szeneexterne Medien nehmen diese Streitigkeiten wahr und berichten über sie.58 Daneben finden sich in den Texten der meisten deutschsprachigen Rapper*innen Zeilen, in denen sie sich explizit selbst darstellen sowie inszenieren und gewisse Teile ihrer Rapper*innen-Persönlichkeit hervorheben. Auch diese Selbstzuschreibung ist eine Form der Aneignung von Macht im Kontext von Fremdzuschreibungen im von Hegemonien geprägten Diskurs und stellt damit politisches Handeln dar.

Der Rapper Asche macht dies in seinem Song XMASSAKER59 gleich auf mehrfache Weise: Zeilen wie »Fick Levi’s, trag’ Jogginghose, glücklich sein«60 oder »Nie mehr im Handyladen steh’n / Doch steh’ lieber auf dem Bau, statt dass ich Trends nachjagen geh’«61 untermauern seine Authentizität als selfmade Straßenrapper aus einfachen Verhältnissen, der sich hochgekämpft hat, aber nicht abgehoben ist, wohingegen Zeilen wie »Doch widmen wir uns dem Business, mein Stilmittel / Schlägerei’n, MMA-Fights ohne Rasiermittel«62 sowie »Straßenschläger, all black wie Darth Vader / Kick zur Leber, du Silbenzähler, wir sind die Täter«63 sein Image als gefährlicher und gewaltbereiter Kampfsportler unterstreichen. Ferner soll die realness durch den Verweis auf die langjährige Teilhabe an der Kultur hergestellt werden: »Doch ich bin, wo ich bin, nicht weil mich irgendjemand entdeckt hat / Sondern weil ich seit 2010 im Kinderzimmer gerappt hab’«64 oder durch die Zeilen »Die Fans woll’n endlich, dass ein Album erscheint / Frei von gebiteten Beats und gewaltlosen Lines«,65 die einen intertextuellen Bezug auf die tief im kulturellen Gedächtnis des deutschsprachigen HipHops verankerten Anfangszeilen vom Intro-Track von Kool Savas’ Album Der beste Tag meines Lebens (2002) darstellen: »Ihr habt lang genug gewartet, dass ein Album erscheint / Frei von gebiteten Beats und peinlichen Rhymes«.66 Somit finden sich in einem Track bereits mehrere Verse, die innerhalb der Performances beziehungsweise des Textes als performative Handlung herausgestellt werden können, und die dazu dienen, die für die realness nötige Authentizität herzustellen und Deutungshoheit über die Identitätszuschreibung zu gewinnen.

Es lässt sich als Zwischenfazit konstatieren, dass Rap auf mehrere Arten eine politische Dimension aufweist. Auf textlicher Ebene kann der Rap-Text als Bühne für die Aushandlung von Weltbezügen und der Selbstinszenierung im Rahmen der Konstruktion der ›Realworld HipHop‹ dienen und ist damit eine von mehreren sozialen Praktiken innerhalb der HipHop-Kultur. Damit fungiert Rap auch als ein Medium der Selbstinszenierung im Rahmen der Authentizität stiftenden Performance. Gleichzeitig weist HipHop auch eine ähnliche performative Kraft auf, wie sie das politische Theater besitzt, indem auf die Veränderung der Mensch-Welt-Beziehung abgezielt wird. Sowohl auf Künstler*innen- als auch auf Rezipient*innen-Seite kann Rap als Teil des HipHops identitätsstiftend wirken, indem Akteur*innen im lokalen sozialen Feld, unter anderem durch die Performance und die Teilhabe an dieser Situation, ein spezifisches Gemeinschaftsbewusstsein entwickeln und sich mit der Kultur identifizieren. Die damit einhergehende Beziehung unter den Hörenden und zwischen Künstler*innen und Rezipient*innen kann mit der Aufführungssituation im Theater verglichen werden, in der die Aufführung dazu führt, dass Spielende und Zuschauende ihre Beziehung miteinander verhandeln, so wie es auch bei Rap-Battles, Konzerten, Jams und Breakdance-Auftritten der Fall ist. Auch durch die Gegenstandswahl kann HipHop eine weitere politische Dimension erhalten – wie auch beim Theater. Rap schafft damit Öffentlichkeit für Personen und Themen, die ansonsten keine Öffentlichkeit bekommen, und dient als Ausdrucksform und Sprachrohr verschiedenster gesellschaftlicher Gruppen. Durch diese Funktion wird gleichzeitig der gesellschaftliche Antagonismus mitartikuliert und Rap weist durch sich hindurch auf unterschiedliche Ungleichverteilungen in der Gesellschaft hin: Seien es die innerhalb der Rap-Texte transportieren lebensweltlichen Erfahrungen der Künstler*innen, die auf fehlende Perspektiven, Polizeigewalt, Gewalt, Diskriminierung oder ein marodes Sozialsystem hinweisen, oder sei es durch die reine Notwendigkeit, die eigenen Positionen auf diese Art ausdrücken zu müssen, da sie ansonsten keine Beachtung finden. Ferner kann HipHop durch die Berichterstattung über ihn inhaltlich politisch angereichert werden, wenn zum Beispiel über rassistische oder sexistische Zeilen berichtet wird und diese damit gesellschaftlich diskutiert werden, wie es im Zuge der Echo-Verleihung an Kollegah und Farid Bang der Fall war. Dadurch, dass das soziale Teilfeld HipHop ein Teil der Pop-Kultur ist, auch andere kulturelle Einflüsse auf die Akteur*innen wirken und diese Personen an verschiedenen anderen Kulturen teilhaben und eine plurale Identität besitzen beziehungsweise entwickeln, (re-)produzieren und modifizieren die Akteur*innen im HipHop nicht nur die HipHop-Kultur selbst, wodurch im HipHop auch Abdrücke von gesamtgesellschaftlicher Einflüsse und anderer Kulturen zu lesen sind, sondern die Akteur*innen tragen auch Aspekte des HipHops in andere kulturelle Teilfelder der Gesellschaft.

Im nächsten Schritt ist zu klären, in welchem Zusammenhang Rap und seine politischen Dimensionen mit dem Hass stehen. Dazu wird zunächst der Hass näher umrissen, seine politische Dimension beleuchtet und von ähnlichen Gefühlen abgegrenzt, bevor er in den Kontext des Raps eingeordnet wird.

2.3 Das Politische und die Gefühle

In welchem Zusammenhang steht nun der Hass mit diesen politischen Sphären des Raps? Hass wird von Aurel Kolnai aus phänomenologischer Perspektive als ein personenvertretendes Feindschaftserlebnis beschrieben, das aus dem Widerstreben und Ablehnen eines Gegenstands und den damit im Zusammenhang stehenden beziehungsweise vertretenen Werten herrührt und in dem die Intention zur Vernichtung des Gegenübers, eines konkreten Gegenstands wohnt.67 Das setzt voraus, dass die hassende Person den gehassten Gegenstand als wichtig, mächtig und bedeutsam für das eigene Leben betrachtet und dass dieser Gegenstand die hassende Person persönlich betrifft beziehungsweise in deren Leben eindringt.68 Hass grenzt sich demnach von anderen Gefühlen mit negativen Empfindungen ab, wie zum Beispiel Angst und Ekel, da die Intention der angstvollen oder angeekelten Person eine Abwehr- oder Abwendungsreaktion ist, wohingegen Hass ein nicht ausweichendes oder ausbesserndes Handeln hervorbringt;69 vielmehr wohnt ihm eine Vernichtungsintention inne: »Wen wir aber so recht abgrundtief hassen, den wollen wir keineswegs erziehen und veredeln«.70 Ferner ist neben der persönlichen Betroffenheit der hassenden Person auch eine sachliche Komponente gegeben,71 womit zwei weitere Kategorien angeführt werden, mit denen der Hass in seiner existenziellen Form eingegrenzt werden kann. Neben dem rhetorischen Gebrauch des Wortes als Hyperbel fallen durch das im Hass notwendige Abzielen auf ein wohlumschriebenes, konkretes Objekt ebenso Konzepte von Welt- und Lebenshass aus diesem stärksten aller negativen Gefühle heraus.72 Damit bleibt eine deutlich klarere, aber immer noch nicht eindeutig abgrenzbare Menge an Beziehungen zwischen Personen und Gegenständen übrig, die Kolnai zufolge vom Hass geprägt sind. Hass ist demnach ein Gefühl, das durch die Ablehnung eines Gegenstands entsteht, weil dieser uns sowohl persönlich als auch sachlich betrifft, wir dessen Werte ablehnen, wir dadurch in ein feindliches Verhältnis treten und den Willen hervorbringen, den gehassten Gegenstand aus unserem Leben zu verbannen, ihn zu vernichten. Dadurch, dass das Gehasste sowohl persönlich wie auch sachlich so tief in das eigene Leben – in die eigene Existenz – eindringt, dass es aus diesem beziehungsweiser dieser verbannt werden soll, gar die Existenz des Gehassten vernichtet werden soll, und in seiner Gesamtheit abgelehnt wird, kann der Hass ebenfalls als ein existenzielles Gefühl beschrieben werden, das beide Seiten vollständig einnehmen kann. Hass ist existenziell für die hassende Person und das gehasste Objekt, von Grund auf die Beziehung bestimmend und in seinem das gesamte Leben betreffende Charakter auch extrem in seinem Ursprung, seinem Ausleben wie auch in den aus ihm folgenden Taten. Das Gefühl Hass impliziert, Kolnai zufolge, eine Tat und ist dementsprechend in sich bereits performativ und stets auf etwas Konkretes gerichtet.73 So existenziell wie der Hass für den oder die Hassende ist, so extrem wird der Hass auch von außen wahrgenommen. Sowohl in der Betitelung mit diesem Wort als auch in der Wahrnehmung von außen sind Situationen, Gefühle und Relationen, die mit dem Hass beschrieben werden, existenziell74 und stellen in einer ursprünglichen Verwendung ein Extrem dar. Hass ist als stärkstes aller negativ wahrgenommenen Gefühle, so wie es auch Kolnai beschreibt, einnehmend und von großer Bedeutung für die Hassenden75 wie für das oder die Gehassten sowie für diejenigen, die den Hass von außen wahrnehmen. Hass kann in dem Ausleben wie im Erfahren überwältigend sein und stellt häufig eine grenzüberschreitende Erfahrung dar.

Ute Frevert (2020) betont, dass alle Gefühle Menschen zu Handlungen motivieren,76 der Hass aber ganz besondere Energie freisetze und so unter anderem zu Empörung führen und damit dann auch einen politischen Widerstand anleiten könne.77 Politische Widerstände können unter anderem von Chantal Mouffes Ausführungen zum Politischen her gedacht werden: Nach Mouffe ist das Politische gekennzeichnet von Widerständen und Antagonismen. Nicht nur, dass das Politische sich im Agonismus, einem abgeschwächten Antagonismus, zwischen Wir und Sie vollzieht und damit entscheidend für das gesellschaftliche Handeln und die Identitätskonstruktion ist. Innerhalb dieser Wir-Sie-Beziehung erfolgt auch das Streiten um Macht und um die Konstruktion und Dekonstruktion von Hegemonien.78 Doch hasst man innerhalb dieser Wir-Sie-Beziehung? Sicherlich lehnen Personen, deren Normen und Werte nicht zur ordnungsbestimmenden Hegemonie geworden sind, jene Hegemonie ab und sind dabei sowohl sachlich als auch persönlich getroffen. Aber ist das Gefühl, das zum Auflehnen gegen als unrecht empfundene Hegemonien anregt, dann als Hass zu betiteln? Entsteht daraus auch die Vernichtungsintention und ist diese dann auch gegen einen konkreten Gegenstand gerichtet?

Möchte man dieses hier auftretende Gefühl näher beschreiben, findet man bei Johannes F. Lehmann eine plausible Erklärung. Lehmann beschreibt den Hass auf erfahrene Widerstände wie den gegenüber einer Hegemonie als Wut.79 Diese Wut ist auf eine Relation gerichtet, die als asymmetrische Verteilung von Handlungsenergie und Handlungsmacht empfunden wird, womit auch die Beobachtung und Kritik der Handlungsmacht und ihrer Verteilung in der Gesellschaft einhergehen.80 Lehmann hebt ähnlich wie Mouffe die Bedeutung von Hegemonien im Politischen hervor81 und verweist auch damit auf das politische Moment der Wut und auch des Hasses. Diese Abgrenzung von Wut und Hass geht ebenso mit Martina Wagner-Egelhaafs Verweis einher, dass der Hass ein grundsätzlicher Zustand ist, während die Wut nicht dauerhaft ist und verblassen kann.82 Dementsprechend ist die Wut, wenn sie aus dem Erleben einer Ungleichverteilung von Macht resultiert beziehungsweise auf die Änderung abzielt und damit zur Handlung motiviert, bis zu dem Zeitpunkt bestimmend, bis diese Ungleichverteilung behoben wird. Dabei zielt die Wut, im Gegensatz zum Hass, nicht auf einen ganzheitlich gehassten Gegenstand, sondern auf den Zustand der Ungleichverteilung und damit auf eine Relation. Sie verweist nicht auf einen einzelnen Gegenstand, der für die Empfindung ursächlich ist und deren Änderung als realistisch oder zumindest möglich erscheint.

3 Wütend und extrem?

Im Folgenden soll dargestellt werden, welche Funktion der Hass in einigen deutschsprachigen Rap-Texten einnimmt. Zuerst stehen im Zusammenhang mit den politischen Dimensionen des HipHops die Schilderungen des Rappers Haftbefehl im Vordergrund, anhand derer verdeutlich werden soll, inwiefern in diesen Kontexten viel eher von Wut als von Hass die Rede ist. Im nächsten Schritt sollen dann weitere Hass-Konzepte betrachtet und insbesondere der affirmative und existenziellen Charakter des Hasses im Rap, auch im Kontext von Authentizität und Aufmerksamkeitswirkung, untersucht werden.

3.1 Mehr Wut als Hass

Mit den bisher gemachten Grundannahmen über den Hass und die Wut lassen sich einige Erkenntnisse zu diesen Gefühlen im HipHop gewinnen. Blickt man gleichzeitig auf die politische Dimension in der Entstehung des HipHops, findet sich dort die erlebte Ungleichverteilung von Handlungsmacht und die Position gegenüber einer die Betroffenen benachteiligenden Hegemonie. Aus der erfahrenen Situation und der daraus resultierenden Wut wird Energie freigesetzt, um politisch zu handeln, wie zum Beispiel durch die sozialen Praktiken des HipHops. Dieses Handeln erzeugt kulturelle Produkte, die wiederum die Wut der Künstler*innen transportieren können und als Ausdrucksform dienen, um die asymmetrische Verteilung zu beheben. Diese Wut hat in den Texten einen affirmativen Charakter. Es soll ermöglicht werden, dass die Rezipient*innen sie ebenso fühlen. Die transportierten Gefühle können affirmativ wirken oder aber nur sachlich zum Gegenstand von journalistischen oder wissenschaftlichen Texten werden. Rap fungiert in diesem Zusammenhang als eine Form der Aneignung von Artikulationsmacht durch diejenigen, die sich der asymmetrischen Machtverteilung ausgesetzt sehen, und ist damit sowohl von der Wut geprägt als auch genuin politisch. Diese Funktion behält Rap auch heute noch und auch die feine Unterscheidung zwischen Wut und Hass ist für die Betrachtung aktuellen Raps produktiv.

Betrachtet man aktuell erfolgreiche Rap-Stile wie den Gangster-Rap, erzählen die Künstler*innen oft von der Perspektivlosigkeit, der vorherrschenden Gewalt und anderen oft zu Klischees von sozialen Brennpunkten gewordenen Charakteristika ihrer Herkunftsgegend. Damit konstruieren sie nicht nur ihre Identität sowie das Bild von ihnen in der Öffentlichkeit und reproduzieren bestimmte Teilgebiete der ›Realworld HipHop‹, sondern sie artikulieren auch reale Probleme, Ängste und Sorgen von Menschen aus diesen und ähnlichen Wohnorten. Im Kontext des HipHops ist dabei das Ghetto zum Topos geworden. Das Ghetto, so Klein und Friedrich, ist wohl die wichtigste Bildfigur des HipHops; mit ihr werden Hoffnungslosigkeit, Gewalt und Angst verbunden.83 Darüber bietet es den Rapper*innen die Möglichkeit, durch Verweise auf ihre entsprechende soziale Herkunft Authentizität zu gewinnen,84 und sich innerhalb der Szene zu legitimieren, denn es versinnbildlicht auch die Möglichkeit des Entkommens und des Erfolgs.85 Dieses Bild stellt als Konsequenz aus der Entstehung des HipHops in der Bronx den Ursprungsmythos des HipHops dar.86

Der Offenbacher Rapper Haftbefehl rappt in seinem 2010 erschienenen Song »Hass ‒ Schmerz«87 aus dem Album Azzlack Stereotyp nicht nur von den schwierigen finanziellen Verhältnissen (»Überlebenskampf, kein Geld auf den Kontos […] Wo ich wohne werden Möbel mit Plastik überzogen«88) und dem kriminellen Umfeld, in dem er selbst aufwuchs (»Brüder gehen in den Knast weil sie scheiße [sic] bauen«89), sondern auch von der Perspektivlosigkeit (»Azzlacks sterben jung, es ist Hass und schmerz [sic] […] Ich war gestern im Block und geh heute in den Knast«90) und verschiedenen Personengruppen, die ausgedrängt oder abgehängt von der Gesellschaft erscheinen (»Der Penner am Kiosk besäuft sich schon wieder / Und der Junk spritzt sich Heroin auf’m Spielplatz«91). Ferner spielen auch die eigenen Erfahrungen als Person mit Migrationshintergrund in den Texten eine entscheidende Rolle und werden mit Zeilen wie »Kriegst’n Abschiebestempel, hast du keinen deutschen Pass«92 reflektiert. Die von Haftbefehl angesprochenen Gefühle Hass und Schmerz dienen ihm dabei zur Beschreibung seiner Erfahrungen in seiner Jugend. Der Hass verweist weniger auf einen expliziten Vernichtungswillen, wie es dem Gefühl Kolnai zufolge innewohnt, sondern eher auf die von Lehmann angesprochene Wut, auf ein als ungleich und als unfair empfundenes Machtverhältnis. Ferner dient die Bezeichnung ›Hass‹ hier der Verstärkung der affirmativen Gefühle, die durch die Verwendung von Wut nicht als in dem Maße essenziell gedeutet werden würden. Neben der Artikulationsmacht spielt auch die Möglichkeit zur selbstständigen Verbesserung der Lebenssituation eine wichtige Rolle, wie sie im Zuge von Diskussionen um Chancengleichheit und soziale Benachteiligung immer wieder aufkommt und die bis heute eine relevante soziale Frage bleibt. Wie wichtig und produktiv der ›Ursprungsmythos Ghetto‹ für Künstler*innen und ihre Texte im deutschsprachigen Rap ist, wird auch dadurch gezeigt, dass Rapper*innen, auch nachdem sie es aus diesen Umständen herausgeschafft haben, weiterhin über diese sie selbst und ihre Kunst prägenden Erfahrungen rappen. Gleichzeitig dient der stetige Verweis auf das Ghetto als Herkunft auch der Herstellung von Authentizität innerhalb der Kultur und der Legitimierung des eigenen Images als Gangster- beziehungsweise Straßenrapper. Circa elf Jahre nach »Hass ‒ Schmerz« rappt Haftbefehl unter anderem in den 2021 erschienenen Songs »Kaputte Aufzüge« und »Wieder am Block« weiterhin von diesen Erfahrungen in der Gegend seiner Kindheit und Jugend (»Der [sic] Treppenhaus riecht nach Kush / Im Feuermelder verstecken wir Packs mit Schnuff / Crackrauch liegt in der Luft«93) und untermauert die Artikulationsfigur der Rap-Texte für Menschen mit ähnlichen Erfahrungen durch die direkte Ansprache an die Hörenden: »Der Drecksaufzug ist kaputt, kennst du das, kaputte Aufzüge?«94 Das Bild der kaputten Aufzüge steht dabei, pars pro toto, für das Bild von kaum gepflegten Hochauskomplexen, die wiederum gesellschaftlich ein Sinnbild für so genannte Brennpunktviertel und Milieus darstellen. Die dort lebenden Menschen haben mit allerhand finanziellen und gesellschaftlichen Missständen zu kämpfen und haben im Kontext von Lobbyismus und neoliberaler Wirtschaftspolitik nur wenige Fürsprecher*innen und kaum Macht im gesellschaftlichen Diskurs. Das Bild und die Geschichten aus den Hochhauskomplexen sind insbesondere im deutschsprachigen Rap ein Synonym für den aus dem amerikanischen Rap stammenden ›Ursprungsmythos des Ghettos‹ geworden. Hier ist unter anderem Sidos Song »Mein Block« (2004) hervorzuheben, der in einer Zeit veröffentlicht wird, in der Gangster-Rap als HipHop-Stil massentauglich wird und in der es im Zuge dessen auch zu Diskussionen kommt, ob es in Deutschland Viertel gibt, die den so genannten amerikanischen Ghettos ähneln.95 

Auch wenn weder bei Sido noch bei Haftbefehl explizit von Hass oder Wut die Rede ist, werden ähnliche Gefühle und die zugrundeliegenden Erfahrungen transportiert. Affirmation und Artikulation von Gefühlen und Erfahrungen finden sich auch hier, wie in Haftbefehls Song elf Jahre zuvor, in dem die Verwendung des Begriffs ›Hass‹ noch ein zentrales Werkzeug zur Affirmation war. Seeliger beschreibt den Gangsterrap auf eine ähnliche Weise: So wie der Wut im Rap eine affirmative und eine artikulatorische Funktion zukommt, bezeichnet er den Gangsterrap »als [eine] Kulturform ›zwischen Affirmation und Empowerment‹«.96

Somit kann als erstes Phänomen festgehalten werden, dass das ausgedrückte Gefühl der Machtasymmetrie im Rap nach Lehmann weniger als Hass zu betiteln ist, sondern stärker dem Gefühl Wut entspricht. Dieses Gefühl ist zugleich Auslöser politischen Handelns, indem im Rap als Ausdrucksform und in der Performance auf die Machtasymmetrie aufmerksam gemacht wird und gleichzeitig in diesem Handeln versucht wird, die Machtasymmetrie auf die eigene Seite zu bewegen. Entsprechend entlarvend ist es für den Großteil des fachfremden Journalismus, wenn Haftbefehl aufgrund seiner Erlebnisberichte in Rap-Form als Hass-Rapper dargestellt wird, was der Rapper auch selbst anmerkt. Im Handelsblatt werden passenderweise These und Gegenthese in einem Absatz zusammengefügt, jedoch nicht aufgehoben: »Mittlerweile belebt er die heimische Rap-Szene. Seine Stärke: szenetypische Hasstiraden mit Insidervokabular. ›Ich berichte doch nur Sachen, die ich sehe. Wie ein Reporter‹, rechtfertigt sich der hessische Rapper.«97 Dies fasst die Selbstbeschreibung einer Wut als Hass und die auch daraus resultierende Wahrnehmung von außen als Hassender zusammen. Es muss dabei beachtet werden, dass der Hass hier nicht nur aus Künstler*innen-Perspektive zur Verstärkung genutzt wird, sondern auch in der Berichterstattung über den HipHop. Denn auch hier erzielt ein Extrem wie der Hass größere Aufmerksamkeit. Damit ist zunächst festzuhalten, dass Hass im Rap oft viel eher Wut und auch eine Form von politischem Handeln in der Performance darstellt und gleichzeitig der Hass als Verstärker genutzt wird, um der Wut und damit auch dem, was die Wut auslöst, größeres Gewicht und Aufmerksamkeit zu verleihen.

3.2 Das (Sprach-)Spiel mit dem Hass

Folgt man Kolnais phänomenologischem Umriss des Hasses, fallen weitere Hass-Phänomene aus dieser Definition: der Welt-, der Lebenshass und die Misanthropie. In allen drei Konzepten wird nicht das einzelne Gegenüber gehasst, sondern die gesamte Welt, das eigene Leben oder die Menschen um einen herum. Häufig gehen diese Fälle miteinander einher und sind nicht immer trennscharf zu betrachten. Diese Konzepte des Hasses »ohne wohlumschriebenes Ziel«98 findet man auch im deutschsprachigen Rap, jedoch weniger bei den erfolgreichsten Rapper*innen. Als Beispiele können die Rapper Blokkmonsta, Uzi und Schwartz des Labels Hirntot Records genannt werden. Viele ihrer Lieder können dem Rap-Stil Horrorcore zugeordnet werden, in dem Gewalt- und Mordfantasien sehr explizit und ausführlich beschrieben werden und Text und Beat eine schwere, melancholische Atmosphäre erzeugen. In dem Track »Der Hass wächst 2« schildern die Rapper ihren allesumgreifenden Hass, der alle drei zuvor genannten Hass-Phänomene abdeckt: »Hass die Welt / Hasse mich / Hasse das Leben / Der Hass wächst«.99 Einen ähnlich melancholischen Text, jedoch im Vortrag deutlich energetischer, rappt Schwartz auf dem Song »Hass«: »Mein Herz so aufgebrochen in der Brust nur Scherben / Damit ich wieder Liebe [sic] müssen alle sterben / Und ich bin taub, taub vor Schmerz / Denn ich hab, ich hab, ich hab, ich hab sehr viel«.100 Danach setzten drei Zeilen des Refrains ein, die sich viermal wiederholen, sich aus dem Wort »Hass«, der Frage »Was?« und der Antwort »Hass, Hass auf alles« zusammensetzen und von einem abschließenden einzelnen »Hass« beendet werden.101 Während im ersten Song eher die Gründe für den Welt-, Lebens- und Menschenhass im Fokus stehen, sind im Song von Schwartz eher die gewalterfüllten Handlungen, die aus diesem Hass resultieren, im Fokus. Dadurch heben Rapper*innen den von Frevert betonten handlungsleitenden Charakter von Gefühlen hervor.

Anders macht die Rap-Crew Ruffiction diese Gefühle produktiv. Neben den Horrorcore-Einflüssen sind ebenso Anleihen des Hardcores in den Liedern erkennbar, wodurch die Songs zum Teil schneller und auch härter wirken. Die Schilderung von Gewalttaten, die durch das andere Klangbild eher treibend wirken, verbindet sich mit der Zelebrierung exzessiven Drogenkonsums. Entsprechend wird auch hier der performative Charakter der Gefühle im Song »Lebe deinen Hass« von Ruffiction und Swiss betont. Dieser performative Charakter drückt sich im Refrain aus: »Ich hasse nicht mein Leben – Nein, ich lebe meinen Hass«.102 Dieser Chiasmus und die damit ausgedrückte Umkehrung des Lebenshasses als Aneignung des Gefühls und der Zurückeroberung der Macht über die eigenen Gefühle sind ein Beispiel für das Sprachspiel des Raps mit dem Hass. Damit geht ein produktiver Umgang mit dem Hass und den gesellschaftlichen Vorstellungen von ihm und anderen als verwandt angenommenen Gefühlen einher.

Bei der Betrachtung diverser Lieder ist festzuhalten, dass dieser vermeintlich hasserfüllte Rap keinen Hass im Sinne einer Vernichtungsintention darstellt, sondern den Hass anders nutzt. Auf der einen Seite dient er dazu, eine melancholische, düstere Atmosphäre zu schaffen, und auf der anderen Seite kann er auch als ein Mittel gedeutet werden, den eigenen Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Dem Credo der realness folgend, treten die Rapper in schwarzer Kleidung auf, tragen Ski-Masken und posieren mit Waffen oder Waffenattrappen, um gefährlich zu wirken, was ein wichtigen Bestandteil des Images von einigen Gangsterrappern ausmachen kann, und die Ausmaße beziehungsweise Konsequenzen ihres Hasses auf die Welt zu verdeutlichen, oder zeigen sich beim Drogenkonsum, der sie vom gefühlten Hass ablenken soll, um Authentizität zu erlangen und ihre Künstlerfigur sowie ihre Identität im HipHop zu bestärken. Gleichzeitig spielen Rapper*innen mit dem Gefühl und nutzen es sowie den Begriff ›Hass‹, um mit dem Hass assoziierte Gefühle, Handlungen und ein bestimmtes gesellschaftliche Bild zu vermitteln. Es werden verschiedene weitere Konzepte, Gefühle und Begriffe mit dem Hass assoziiert, sodass sich um das Gefühl Hass wie bei der Brainstorming-Methode des Clusterns ähnliche Assoziationen sammeln. Hass fungiert damit als eine Art Cluster, der entsprechend kulturell konventionalisiert ist und bei der Verwendung des Cluster-Begriffs ›Hass‹, der in der Mitte dieses Clusters steht und auch hervorsticht, die an ihn angehangenen über den konkreten, extremen Sinn herausragenden Konzepte und Begriffe zu den Rezipient*innen transportiert. 

Eine ähnliche Verwendung des Begriffs findet auch bei dem zuvor zitierten Song von Haftbefehl »Hass – Schmerz« statt, in dem das übermittelte Gefühl eher Wut ausdrückt, der Begriff ›Hass‹ jedoch auch bestimmte Bilder und ein Beiwerk transportiert. Der Hass-Begriff wird in den meisten deutschsprachigen Rap-Songs als Cluster verwendet, um einen Sinnüberhang des Wortes zu transportieren und die schiere Extremität des Erlebten zu verdeutlichen. Dies gilt sowohl dann, wenn Wut als Hass gedeutet wird, als auch, wenn andere Begriffe aus dem Wortfeld ›Hass‹ wie ›Menschenhass‹, ›Lebenshass‹, ›Welthass‹ oder auch ›Selbsthass‹ verwendet werden, die kein klar umrissenes Gegenüber als Ziel haben, keine eindeutige Vernichtungsintention besitzen oder nicht persönlich und sachlich zugleich sind und damit zumindest nach der hier zugrunde gelegten Definition nicht die Bedingungen erfüllen.

Die Verwendung von Beleidigungen und Gewaltdarstellungen in Rap-Texten und anderem devianten Verhalten durch Rapper*innen werden aus der Perspektive der Mehrheitsgesellschaft beziehungsweise im Rahmen der Feuilleton-Berichterstattung meistens als Tabubrüche gewertet. Diese Tabubrüche sorgen auf der einen Seite dafür, dass Rapper*innen mediale Präsenz erlangen können, wodurch Tabubrüche ein kalkulierbares PR-Mittel werden.103 Sie können aber auf der anderen Seite auch ohne verkaufstechnische Hintergedanken als Abgrenzung von jener Mehrheitsgesellschaft dienen und sind fester Bestandteil von Subkulturen, die sich schon ihrem Namen folgend von anderen Kulturen abgrenzen. HipHop entstand aus der Ausgrenzung, es ging seinen Mitgliedern aber nie darum, sich anzupassen, sondern eigenständig zu bleiben und das auch zu betonen, wie Klein und Friedrich es formulieren, die Konstruktion einer eigenen Welt durch soziale Praktiken zu ermöglichen. HipHop als Kultur sucht die Öffentlichkeit, um sich mitzuteilen, und im Teilfeld des Raps sorgen insbesondere die Tabubrüche dafür, eine Öffentlichkeit zu erlangen. Soll die Musik kommerziell erfolgreich sein, führen die Tabubrüche zu medialer Reichweite, die aber auch dann wichtig ist, wenn auf Missstände hingewiesen werden soll. Der Blick von außen sieht in diesen Tabubrüchen meistens Hass. Was mit Hass betitelt wird, ist jenes beschriebenes Beiwerk aus Gewalt, Wut und vielerlei mehr. Dass die Gesellschaft so auf die Tabubrüche blickt, ist den Rapper*innen durchaus bewusst. Sie spielen damit und nutzen es auch explizit, um sich von dieser Mehrheitsgesellschaft abzugrenzen. K.I.Z wiederholen dies in unterschiedlichen Interviews und Mitglied Nico Seyfrid sieht die Ablehnung von Hass als eine bürgerliche Position.104 Hass ist demzufolge ein deviantes Verhalten, das, wenn innerhalb von Rap-Texten performt, als Abgrenzung105 dienen kann und soll und auch eine Abneigung gegen die Mehrheitsgesellschaft ausdrückt.106 Rap fungiert, gerade auch wenn Hass oder Wut Bestandteil der Performance ist, als ein Ausdruck eines ›antibürgerlichen Habitus‹.107 Die damit einhergehende Distinktion, auch in Form von Tabubrüchen, kann als Prozess der Identifikation und der Identitätsbildung gesehen werden,108 die im Rahmen der Performance beziehungsweise des sozialen Handelns geschieht.109

Ferner scheint der Zusammenhang aus vermitteltem beziehungsweise beschriebenem Hass ‒ oder eben Wut ‒ und Authentizität wichtig zu sein. Wenn Rapper*innen auf den Hass rekurrieren, um damit die dahinterliegenden Gefühle wie Wut verstärkt auszudrücken, ist die damit einhergehende Herstellung eines Weltbezuges durch diese Performance nicht nur Teil der sozialen Praxis innerhalb der HipHop-Kultur, sondern es ist gleichzeitig auch im Kontext der Inszenierung und unter dem Aspekt der Authentizität zu lesen. Hass, in seiner affirmativen Wirkung und seinem existenziellen Charakter, dient gleichermaßen der Hervorhebung bestimmter Eigenschaften wie auch dem Verdecken anderer. Spricht man vom Hass, wird alles darum herum schnell klein und unbedeutend. Damit kann die Aneignung dieses Gefühls – beziehungsweise dieses Konzeptes und Begriffs – produktiv für die Rappenden und die Herstellung von Authentizität sein. Als Beispiel dafür kann unter anderem das Lied der Rapper des Labels Hirntot Records »Hassrapper« (2008) herangezogen werden. Die drei Rapper Uzi, Blokkmonsta und Schwartz rappen über ihre Rolle als ›Hassrapper‹, die von außen an sie herangetragen wird (»als hassrapper [sic] abgestempelt / sie stelln uns an den pranger [sic]«110), die sie sich aber auch selbst zuschreiben (»ich bin hassrapper [sic] / ich bring den hass [sic] immer / tief aus meinem herzen [sic] / in dein gottverdammtes wohnzimmer [sic]«111). Den Ursprung dieses Hasses in ihren Songs sehen die Rapper in ihrer Lebenswelt, die sie in ihrer Musik ausdrücken (»viel ich schreibe über hass [sic] / und ihr denkt ich wäre krank / dabei rap ich über das / was passiert in diesem land [sic]«112). Miteinander einher gehen hier die von außen herangetragene Rolle und das selbst aufgebaute Image als ›Hassrapper‹ insofern, als dass die drei den Stil, für den sie bekannt sind, aus obszönen und harten sowie unter Einsatz von viel Druck in der Aussprache und einer zumeist tiefen Stimmlage vorgetragenen Texten mit der Reflexion ihrer eigenen Performance und der Wahrnehmung dieser von außen verbinden. Hass dient ihnen als Mittel, um die von ihnen als hasserfüllt wahrgenommene Welt in ihren Texten zu beschreiben und die damit einhergehende Wut auszudrücken sowie ein Image als Personen, die in dieser harten, hasserfüllten Welt bestehen und sogar von ihr berichten können, aufzubauen. Dass sie von außen als ›Hassrapper‹ wahrgenommen werden, hilft ihnen sogar dabei, authentisch zu sein. Sie erfahren Bestätigung für ihre Performance. Die Selbstzuschreibung und die stetige Bestätigung im Handeln ruft eine Fremdzuschreibung hervor, die wiederrum ihrem Image hilft. Gleichermaßen braucht es die durch diese performativen Handlungen hergestellte Authentizität, um das von ihnen mit dem Hass eigentlich auszudrückende Gefühl zu vermitteln. 

Die Sprache des Raps ist als eine Mischung aus alltäglicher Sprache und Sprachspiel zu beschreiben.113 Deshalb ist es auch wenig verwunderlich, dass das Gefühl Hass innerhalb des Raps genauso wie in seiner alltagssprachlichen Verwendung einen Sinnüberhang aufweist. Dieser Hass fungiert nicht nur als Möglichkeit, auf affirmativer Ebene verschiedenste Gefühlen zu transportieren, bestimmte in den Texten beschriebene Handlungen zu rechtfertigen und sich von der Mehrheitsgesellschaft abzugrenzen und damit auch innerhalb des HipHops Authentizität zu erlangen. Er ermöglicht die Herstellung von Weltbeziehung, die Selbstinszenierung und die Verhandlung von Identitäten innerhalb des sozialen Feldes und nach außen, wodurch Hass im Rap eine politische Funktion einnimmt. Rapper*innen nutzen den Hass, um sich damit selbst auszudrücken – als Form der Identitätskonstruktion und Affirmation von Gefühlen –, sich zu inszenieren – als soziale Praktik und Aushandlung der Authentizität in der ›Realworld HipHop‹ – und auch, um Weltbezüge im Kontext des Hasses zu verhandeln, so zum Beispiel, um die der Wut zugrundeliegenden Missstände zu artikulieren.

Aber warum wird gerade der Hass genutzt und kein anderes Gefühl? Sowohl der Rap114 als auch der Hass weisen einen grenzüberschreitenden Charakter auf. Hass ist ein existenzielles Gefühl, das in seiner alltagssprachlichen Verwendung Bilder, Gefühle und Vorstellungen transportiert, die über das Wort hinausragen: der bereits genannte Sinnüberhang. Gleichzeitig ist es so ein existenzielles negatives Gefühl und stellt ein Extremmaß dar, sodass das damit beschriebene in den meisten Fällen kleiner ist. Damit macht das Etikett Hass das Bezeichnete größer und überschreitet in seinem Extrem die Grenzen. Es gibt kein negativeres Gefühl als Hass und gleichzeitig ist es doch so leicht, Hass als Beschreibung zu nutzen, denn es vereinfacht die zu beschreibende Situation. Liebe und Hass überführen die breite Gefühlsskala in eine Binarität. Die Verwendung des Hasses wird unterkomplex, denn es muss nicht komplexer sein, um affirmativ zu wirken. Gleichzeitig trägt der Hass als Cluster aber sehr viel Komplexes mit sich, wie im Kontext der Unterscheidung von Wut und Hass verdeutlicht wurde. Der existenzielle und damit auch extreme Charakter des Hasses mündet in dieser extremen Verwendung des Begriffs, so auch im Rap. Wer von Hass spricht wird gehört, wird wahrgenommen und drückt die daran geclusterten Gefühle, Bilder und Erfahrungen aus. Die als Hass wahrgenommenen Tabubrüche im Rap zeigen genau das. Hass ist stärker und existenzieller als Wut und die Wut wird folglich als Hass beschrieben und von außen als Hass wahrgenommen. Die Grenzüberschreitung des Hasses bringt für die Rapper*innen Aufmerksamkeit und wird gerne von Medien und Berichterstatter*innen aufgenommen, denn Extreme bringen nicht nur Öffentlichkeit, sondern auch Abruf- und Verkaufszahlen. Ebenso können die Grenzüberschreitungen genutzt werden, um Authentizität zu erlangen und ein spezifisches Image herzustellen. Dabei dient der Hass in der Sprache, in Kombination mit einem entsprechenden Auftreten durch Kleidung, Bildsprache in Videos und die Art des Songvortrages, als Abgrenzung gegenüber ›weicherem‹ Rap oder der Gesellschaft außerhalb des HipHops – also zur Abgrenzung nach innen oder nach außen. Durch die Selbstdarstellung als hasserfüllt oder hassend wirken die Rapper*innen nicht nur gefährlich, sondern es wird ihnen auch eher geglaubt, wenn sie von ihren ›harten‹ lebensweltlichen Erfahrungen berichten. Seeliger beschreibt dies auch als eine Form der Inszenierung rebellischer Identität durch bedrohliche Gesten und Schockeffekte, in dessen Kontext auch der Hass steht.115 Dies kann dazu dienen, das Gerappte zu verstärken und im Falle des Gangster- und Battle-Raps, in dem Schockeffekte und Tabubrüche ein zentrales Stilmittelt sind, damit auch innerhalb des Stils authentischer zu wirken. Es kann aber auch bewusst damit gespielt werden. So sticht ein gefühlvoller Liebessong einer Rapperin oder eines Rappers, der oder die sich sonst als hassend und besonders hart darstellt, stark heraus. Oder die stetigen Verweise eines Rappers wie Haftbefehl, der es durch seine musikalischen Erfolge aus dem so genannten Ghetto geschafft hat, helfen ihm dabei, seine Authentizität aufrechtzuerhalten. Die Wut, von der er rappt, schafft weiterhin eine Bühne für die asymmetrischen Machtverteilungen und hilft ihm gleichzeitig dabei, real zu bleiben. So oder so dient die Verwendung des Hasses zumeist der Überschreitung einer Grenze. Sei es durch Tabubrüche, um Aufmerksamkeit zu erregen, für sich oder das Geschilderte im Text, oder in Form einer affirmativen Weise, die durch den existenziellen Charakter des Hasses bestärkt wird, um Gefühle verstärkt zu transportieren. Und auch um aufrufbescherende Überschriften für Artikel und andere Medien zu generieren, die über Hass berichten oder vielmehr über das, was als Hass bezeichnet wird. Hass ist extrem, komplex, existenziell, aber gleichzeitig stimmt das, was Nico Seyfrid von K.I.Z sagt. Hass muss aus Aufmerksamkeits- und Verkaufsperspektive nicht gerechtfertigt sein und bedarf dahingehend keiner weiteren Erklärung und funktioniert, auch im Rap: affirmativ und grenzüberschreitend.

4 Schluss

HipHop ist in seiner Entstehung genuin politisch. Als Ausdrucksform marginalisierter Menschen, die asymmetrische Machtverhältnisse erleben und ihre lebensweltlichen Erfahrungen sowie diese Asymmetrie der Gesellschaft mitteilen wollen, schafft HipHop einen öffentlichen Raum, bis heute. So wird Rap als Kunstform auch in Deutschland von Rappern wie Advanced Chemistry, Samy Deluxe, Haftbefehl, Sookee, K.I.Z, SXTN und vielen anderen genutzt, um sich und den sie betreffenden Themen eine Öffentlichkeit zu schaffen. Dabei kommt auch dem Hass eine besondere Rolle zu. Mit ihm beschreiben die Künstler*innen ihre lebensweltlichen Erfahrungen auf eine zugleich niedrigschwellige und extreme Weise. Wie gezeigt wurde, trägt die Verwendung des Wortes vielerlei mit sich, was nicht mit den Definitionen des Hasses übereinstimmt. Hass wirkt affirmativ und kann die Atmosphäre innerhalb der Songs aufbauen, sie aber auch brechen. Dies wäre in vielen K.I.Z-Songs der Fall, in denen der Hass derartig humoristisch und sarkastisch Teil der Performance wird, dass man ihn allein durch die schiere Häufigkeit und die überspitze Verwendung nicht mehr ernst nehmen kann. Umso mehr kontrastiert dies dann aber wiederum Verse und Songs, die eine Message mit als stark wahrgenommene Aussagekraft haben oder als besonders gefühlvoll wahrgenommen werden. Als Cluster-Begriff lässt sich allerhand an den Begriff ›Hass‹ anschließen, ohne nötige Schattierungen und Differenzierungen. Damit laufen Rapper*innen Gefahr, als Klischee zu enden und Authentizität einzubüßen. Es eröffnet aber auch die Möglichkeit, mit der Verwendung des Begriffs und bestimmten Selbstzuschreibungen innerhalb der Performance, eine Identität zu schaffen und die realness innerhalb des HipHops sowie nach außen zu bestätigen. Dies ist unter anderem im Gangster- und Battle-Rap der Fall. Hass dient dort zumeist dazu, die Härte des Erlebten zu unterstreichen und damit einhergehend die eigene Authentizität zu kräftigen. Sei es nun dadurch, dass man von dem erlebten Hass berichtet, der eigenen Wut auf die Gesellschaft in Form des Hasses einen griffigen und starken Titel zu geben oder um die eigene Identität als tough und hart authentisch herüberzubringen.

Gleichermaßen ist der Begriff in der Gesellschaft als ein so grenzüberschreitendes Extrem geläufig, dass er genutzt werden kann, um durch Tabubrüche, die nichts anderes als Grenzüberschreitungen darstellen, Aufmerksamkeit zu erlangen – so auch für die geschilderten lebensweltlichen Erfahrungen. Damit erhält der Hass im Rap eine weitere politische Funktion, neben seinem Mitwirken innerhalb der Identitätskonstruktion im Rahmen der sozialen Praktiken des HipHops. Hass dient als Lautsprecher, als Verstärker, um in der Gesellschaft wahrgenommen zu werden. Insbesondere die Wut, die eben aus jener Ungleichverteilung und als Streben gegen Hegemonien wächst, wird mit dem Begriff ›Hass‹ übermalt und damit auf den Platz der Öffentlichkeit gehoben. Es berichtet sich leichter von Hass-Rapper*innen als von Wut-Rapper*innen. Denn der Hass ist beständig, existenziell und hat, folgt man unter anderem Kolnai und Frevert, klare Konsequenzen. Das ist bei der Wut deutlich schwieriger und bedarf mehr Worten, mehr Fragen und vor allem differenzierteren Handlungen. Beide Gefühle sind politisch und regen Taten an. Es wird aus Wut gerappt und das mithilfe des Hasses, mithilfe von Affirmation, Grenzüberschreitungen, Selbstinszenierung und mithilfe von Rap über Hass als eine Performance und als Bestandteil der sozialen Praktiken des HipHops.

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  • 1. K.I.Z: »Rap über Hass«. Auf: Rap über Hass. Vertigo / Capitol 2021. Songtext abrufbar unter: https://genius.com/Kiz-rap-uber-hass-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 2. K.I.Z: »Filmriss«. Auf: Rap über Hass. Vertigo / Capitol 2021. Songtext abrufbar unter: https://genius.com/Kiz-filmriss-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 3. An dieser Stelle möchte ich mich bei Martina Wagner-Egelhaaf und Hanna Pulpanek bedanken. Die Idee zu diesem Aufsatz entspringt dem gemeinsamen Austausch über das Interview.
  • 4. K.I.Z: »K.I.Z: ›Ich finde selber grauenhaft, was wir rappen!‹« Interview von Martin Eiermacher und Lars Weisbrod, 20. Mai 2021. https://www.zeit.de/2021/21/kiz-rap-album-hass-hatespeech-rassismus-prov... (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 5. Die Echo-Verleihung an Farid Bang und Kollegah führte zu einer weitreichenden medialen Berichterstattung und starker Kritik aufgrund der homosexuellen-, frauenfeindlichen und antisemitischen Zeilen auf ihrem prämierten Album Jung, brutal, gutaussehend 3, weshalb schlussendlich der Echo-Preis sogar vollständig abgeschafft wurde. Dazu weiterführend: Alexander Armbruster: »Der ›Echo‹ wird abgeschafft«, 25. April 2018. https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/der-echo-wird-abgeschafft-1555959... (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 6. Vgl. Philipp Hannes Marquardt: Raplightenment. Aufklärung und HipHop im Dialog. Bielefeld 2015, S. 92.
  • 7. Vgl. ebd., S. 108.
  • 8. Dazu weiterführend: Elena Witzeck: »Steht dem Deutschrap ein MeToo-Moment bevor?«, 20. Juni 2021. https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/pop/samra-vergewaltigungsvorwuerf... (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 9. Mehr dazu unter anderem in dem Podcast Schacht & Wasabi vom 12. August 2021 von Falk Schacht und Juliane Wieler: https://www.br.de/mediathek/podcast/schacht-wasabi-der-deutschrap-podcas... (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 10. Vgl. Johann Voigt: »Hybridsprache mit Störgeräuschen«, 5. Juni 2020. https://taz.de/Neues-Album-von-Haftbefehl/!5686525/ (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 11. Vgl. Matthias Scherer: »So politisch korrekt ist Deutschrap«, 23. September 2016. https://www.br.de/puls/musik/so-homophob-frauenfeindlich-rassistisch-und... (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 12. In den letzten zehn Jahren ist sowohl die Zahl der Delikte, die als so genannte ›Hasskriminalität‹ gelten, gestiegen (vgl. Website der Bundesregierung: »Hasskriminalität und politisch motivierte Straftaten«. https://www.gut-leben-in-deutschland.de/indikatoren/sicherheit/hasskrimi...) wie auch die Verwendung des Begriffs ›Hass‹ in den größten deutschen Zeitungen (vgl. Digitales Wörterbuch der deutschen Sprache – Zeitungskorpus: »Hass«. https://www.dwds.de/r/plot?view=1&corpus=zeitungen&norm=date%2Bclass&smo...) (beide zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 13. Vgl. Aurel Kolnai: Ekel Hochmut Haß. Zur Phänomenologie feindlicher Gefühle. Frankfurt / M.2007, S. 100.
  • 14. Vgl. Martin Seeliger: Soziologie des Gangsterraps. Popkultur als Ausdruck sozialer Konflikte. Weinheim / Basel 2021, S. 24.
  • 15. Tricia Rose: Black Noise. Rap Music and Black Culture in Contemporary America. Hanover 1994, S. 101.
  • 16. Siehe dazu: Levent Soysal: »Rap, Hiphop, Kreuzberg: Scripts of/for Migrant Youth Culture in the WorldCity Berlin«. In: New German Critique 92 (2004), S. 62–81.
  • 17. Siehe dazu: Gabriele Klein u. Malte Friedrich: Is This Real? Die Kultur des HipHop. Frankfurt / M. 2003.
  • 18. Vgl. Rose: Black Noise (Anm. 15), S. 99.
  • 19. K.I.Z: »K.I.Z: ›Ich finde selber grauenhaft, was wir rappen!‹« (Anm. 4).
  • 20. Vgl. Sascha Verlan u. Hannes Loh: 20 Jahre HipHop in Deutschland. Höfen 2000, S. 47.
  • 21. Ebd., S. 49.
  • 22. Lothar Mikos: »›Interpolation and sampling‹. Kulturelles Gedächtnis und Intertextualität im HipHop«. In: Jannis Androutsopoulos (Hg.): HipHop. Globale Kultur ‒ lokale Praktiken. Bielefeld 2003, S. 64–84, hier S. 67.
  • 23. Vgl. Verlan u. Loh: 20 Jahre HipHop in Deutschland (Anm. 20), S. 41.
  • 24. Vgl. ebd., S. 51f.
  • 25. Vgl. ebd.
  • 26. Vgl. Klein u. Friedrich: Is This Real? (Anm. 17), S. 94.
  • 27. Ebd.
  • 28. Vgl. Verlan u. Loh: 20 Jahre HipHop in Deutschland (Anm. 20), S. 45.
  • 29. Vgl. ebd., S. 71.
  • 30. Vgl. Seeliger: Soziologie des Gangsterraps (Anm. 14), S. 34.
  • 31. Vgl. Andy Bennet: »HipHop am Main«. In: Androutsopoulos: HipHop. Globale Kultur ‒ lokale Praktiken (Anm. 22), S. 26–42, hier S. 28.
  • 32. Westberlin Maskulin: »Bass«. Auf: Hoes Flow, Moneytoes. Maskulin Management 1997. Songtext abrufbar unter: https://genius.com/Westberlin-maskulin-bass-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 33. Siehe dazu: Thomas Winkler: »Spucken mit Stil«, 7. Juli 2011. https://www.zeit.de/2011/28/Casper/komplettansicht (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 34. Alan Light: »About a Salary or Reality? Rap’s Recurrent Conflict«. In: Murray Forman u. Mark Anthony Neal (Hg.): That’s the Joint! The Hip-Hop Studies Reader. New York / London 2004, S. 137–145, hier S. 144.
  • 35. Vgl. Erika Fischer-Lichte: »Politisches Theater«. In: Dies. u. a. (Hg.): Metzler Lexikon Theatertheorie. Stuttgart 2005, S. 242–245, hier S. 242.
  • 36. Vgl. ebd.
  • 37. K.I.Z: »Boom Boom Boom«. Auf: Hurra die Welt geht unter. Vertigo Records / Universal 2015, abrufbar unter: https://genius.com/Kiz-boom-boom-boom-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 38. Vgl. Fischer-Lichte: »Politisches Theater« (Anm. 35), S. 242.
  • 39. Vgl. Benjamin Wihstutz: Der andere Raum. Politiken sozialer Grenzverhandlung im Gegenwartstheater. Zürich / Berlin 2012, S. 129.
  • 40. Siehe dazu: Chantal Mouffe: Über das Politische. Wider die kosmopolitische Illusion. Frankfurt / M. 2007; Oliver Marchart: »Chantal Mouffe«. In: Dagmar Comtesse u. a. (Hg.): Radikale Demokratietheorie. Ein Handbuch. Frankfurt / M. 2019, S. 372–377.
  • 41. Vgl. Mouffe: Über das Politische (Anm. 40), S. 27.
  • 42. Vgl. Maximilian Fuhrmann: Antiextremismus und wehrhafte Demokratie. Kritik am politischen Selbstverständnis der Bundesrepublik Deutschland. Baden-Baden 2019, S. 29.
  • 43. Vgl. Mouffe: Über das Politische (Anm. 40), S. 27.
  • 44. Vgl. ebd.
  • 45. Siehe dazu auch: Seeliger: Soziologie des Gangsterraps (Anm. 14), S. 39.
  • 46. Vgl. Theresa A. Martinez: »Culture as Oppositional Culture. Rap as Resistance«. In: Sociological Perspectives 40.2 (1997), S. 265–286, hier S. 273.
  • 47. Vgl. Klein u. Friedrich: Is This Real? (Anm. 17), S. 197.
  • 48. Vgl. ebd., S. 89 u. 94.
  • 49. Vgl. ebd., S. 186.
  • 50. Vgl. ebd., S. 197.
  • 51. Vgl. ebd., S. 95.
  • 52. Ebd., S. 159.
  • 53. Vgl. ebd., S. 210f.
  • 54. Vgl. ebd., S. 154 u. 11.
  • 55. Vgl. ebd., S. 158 u. 11.
  • 56. Vgl. ebd., S. 154.
  • 57. Vgl. Stefan Sommer: »Realness im Deutschrap. Von Fake-Waffen und gemietete Autos«, 9. Juni 2020. https://www.br.de/puls/musik/aktuell/realness-im-deutschrap-fake-waffen-... (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 58. Vgl. ebd.
  • 59. Vgl. Asche: »XMASSAKER«. Auf: Feind von Jedem. Universal Music 2021. Songtext abrufbar unter: https://genius.com/Asche-xmassaker-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 60. Ebd.
  • 61. Ebd.
  • 62. Ebd.
  • 63. Ebd.
  • 64. Ebd.
  • 65. Ebd.
  • 66. Kool Savas: »Intro (Der beste Tag meines Lebens)«. Auf: Der beste Tag meines Lebens. Subword 2002. Songtext abrufbar unter: https://genius.com/Kool-savas-intro-der-beste-tag-meines-lebens-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 67. Vgl. Kolnai: Ekel Hochmut Haß (Anm. 13), S. 102 u. 105f.
  • 68. Vgl. ebd., S. 102 u. 110.
  • 69. Vgl. ebd., S. 105f.
  • 70. Ebd., S. 107.
  • 71. Vgl. ebd., S. 110.
  • 72. Vgl. ebd., S. 101 u. 120.
  • 73. Vgl. Kolnai: Ekel Hochmut Haß, (Anm. 13), S. 102 u. 133.
  • 74. Vgl. ebd., S. 101f.
  • 75. Vgl. ebd.
  • 76. Vgl. Ute Frevert: Mächtige Gefühle. Von A wie Angst bis Z wie Zuneigung – Deutsche Geschichte seit 1900. Frankfurt / M. 2020, S. 8.
  • 77. Vgl. ebd., S. 168.
  • 78. Vgl. Mouffe: Über das Politische (Anm. 40), S. 27.
  • 79. Vgl. Johannes F. Lehmann: »Zorn, Hass, Wut«. In: Jürgen Brokoff u. Robert Walter-Jochum (Hg.): Hass/Literatur.  Literatur- und kulturwissenschaftliche Beiträge zu einer Theorie- und Diskursgeschichte. Bielefeld 2019, S. 139–166, hier S. 139.
  • 80. Vgl. ebd., S. 140.
  • 81. Vgl. ebd.
  • 82. Vgl. Martina Wagner-Egelhaaf: »Hass als kritische Haltung«. In: Brokoff u. Walter-Jochum: Hass/Literatur (Anm. 79), S. 379–396, hier S. 382.
  • 83. Vgl. Klein u. Friedrich: Is This Real? (Anm. 17), S. 22f.
  • 84. Siehe dazu: Soysal: »Rap, Hiphop, Kreuzberg« (Anm. 16), S. 65.
  • 85. Vgl. Klein u. Friedrich: Is This Real? (Anm. 17), S. 22–24.
  • 86. Vgl. ebd., S. 23f.
  • 87. Haftbefehl: »Hass ‒ Schmerz«. Auf: Azzlack Stereotyp. Real Music 2010. Songtext abrufbar unter: https://genius.com/Haftbefehl-hass-schmerz-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 88. Ebd.
  • 89. Ebd.
  • 90. Ebd.
  • 91. Ebd.
  • 92. Ebd.
  • 93. Haftbefehl: »Kaputte Aufzüge«. Auf: Das schwarze Album. Azzlack (Urban) 2020. Songtext abrufbar unter: https://genius.com/Haftbefehl-kaputte-aufzuge-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 94. Ebd.
  • 95. Siehe dazu weiterführend: Seeliger: Soziologie des Gangsterraps (Anm. 14), S. 116–121.
  • 96. Ebd., S. 204.
  • 97. Stefan Kreitewolf: »Das Erfolgsrezept der Skandal-Rapper«, 16. Dezember 2014. https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/meinung-haftbefehl-ist-d... (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 98. Kolnai: Ekel Hochmut Haß (Anm. 13), S. 130.
  • 99. Blokkmonsta & Uzi feat. J-Smart: »Der Hass wächst 2«. Auf: Schlachthof. Hirntot Records 2006. Songtext abrufbar unter: https://genius.com/Blokkmonsta-and-uzi-der-hass-wachst-2-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 100. Schwartz: »Hass«. Auf: Schatten. Hirntot Records 2019. Songtext abrufbar unter: https://genius.com/Schwartz-hass-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 101. Vgl. ebd.
  • 102. Ruffiction feat. Swiss: »Lebe deinen Hass«. Auf: Hassmaske. Ruffiction Production 2020. Songtext abrufbar unter: https://genius.com/Ruffiction-lebe-deinen-hass-lyrics (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 103. Siehe dazu auch: Dennis Pohl: »Was ist eigentlich Battle-Rap?«, 17. April 2018. https://www.spiegel.de/kultur/musik/echo-fuer-kollegah-und-farid-bang-ba... (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 104. Vgl. K.I.Z: »K.I.Z: ›Ich finde selber grauenhaft, was wir rappen!‹« (Anm. 4).
  • 105. Vgl. Seeliger: Soziologie des Gangsterraps (Anm. 14), S. 26 u. 39.
  • 106. Vgl. Niko Backspin: »K.I.Z: Das große Interview zu ›Rap über Hass‹ mit Niko Backspin (2021)«, YouTube, 28. Mai 2021. https://www.youtube.com/watch?v=YDNbGm-tzNQ&t=1s (zuletzt eingesehen am 29. September 2021), ab Minute 06:20.
  • 107. Vgl. Seeliger: Soziologie des Gangsterraps (Anm. 14), S. 125.
  • 108. Vgl. Stefanie Rhein: »›Die dramatisieren da bestimmte Sachen ziemlich arg‹«. In: Gabriele Hofmann (Hg.): Musik & Gewalt. Aggressive Tendenzen in musikalischen Jugendkulturen. Augsburg 2011, S. 17–42, hier S. 24f.
  • 109. Vgl. Klein u. Friedrich: Is This Real? (Anm. 17), S. 10f., 168 u. 222.
  • 110. Uzi, Blokkmonsta u. Schwartz: »Hassrapper«. Auf: Im Fadenkreuz. (Die wahre Geschichte der Hassrapper). Hirntot Records 2008. Songtext abrufbar unter: http://www.deine-songtexte.com/lyrics/hirntot-records/hassrapper-417906 (zuletzt eingesehen am 29. September 2021).
  • 111. Ebd.
  • 112. Ebd.
  • 113. Vgl. Klein u. Friedrich: Is This Real? (Anm. 17), S. 37.
  • 114. Siehe dazu auch: Seeliger: Soziologie des Gangsterraps (Anm. 14), S. 41 u. 125; Rose: Black Noise (Anm. 15), S. 101f.
  • 115. Vgl. Seeliger: Soziologie des Gangsterraps (Anm. 14), S. 125.

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