Steffen
Martus
Berlin

»What matters?«

Schlüsselstellen in Theorie und Praxis

Die Frage nach dem Stellenwert einzelner Passagen für die Interpretation eines Textes zählt zu den kanonischen Methodenproblemen der Literaturwissenschaft.1 Die Debatte darüber, in welchem Verhältnis ›Teil‹ und ›Ganzes‹ zueinander stehen, welcher Aspekt bei der Bedeutungsbildung dominiert oder dominieren sollte und wie ›analytische‹ und ›synthetische‹ Verfahren interagieren, hat eine lange und komplizierte Geschichte, die häufig als Vorgeschichte des sogenannten »hermeneutischen Zirkels« erzählt wird.2 Wolfgang Braungart und Joachim Jacob vermuten sogar, dass sich »die verschiedenen historischen Ausprägungen der Lehren vom Verstehen« allein »an ihrem Verhältnis zu den Stellen ablesen und bestimmen« lassen.3 Wie aber erfolgt diese Auswahl von Stellen? Wie greifen dabei die Sozial- und Sachdimensionen der Interpretationspraxis ineinander? Welche Rolle spielt die Beschaffenheit des Gegenstands und welche die Passungspflicht, die interpretierende Personen innerhalb der institutionellen Umgebung ›Literaturwissenschaft‹ mit erheblichen Spielräumen mehr oder weniger erfüllen?4 Die bisherigen Thesen zum Umgang mit Stellen beziehen sich selbst wiederum auf bestimmte Stellen. Wie lässt sich ein breiterer Eindruck davon gewinnen?

Bevor ich die literaturtheoretischen Implikationen von selektiven interpretatorischen Bezügen auf literarische Texte skizziere, will ich kurz den Ansatz beschreiben, mit dem wir in unserem Projekt (in der ersten Phase durchgeführt von Frederik Arnold, Benjamin Fiechter, Robert Jäschke und mir) im Rahmen des DFG-Schwerpunktprogramms »Computational Literary Studies« (CLS) versuchen, »key passages in literary works« zu identifizieren und zu analysieren: Unser Interesse liegt auf »Kern-« oder »Schlüsselstellen«, die wir in einem ersten Schritt als quantitativ-kumulierte Stellen operationalisiert und, uns auf ein Korpus von Interpretationstexten stützend,5 zunächst als häufig zitierte Stellen erfasst haben.6 Grundlage für die Erfassung des Zitierverhaltens ist der im Projekt entwickelte Algorithmus Quid zur Erkennung wörtlicher Zitate und die zur Visualisierung dienende Webseite QuidEx.7 Quid erkennt bei der Eingabe eines Ausgangstextes und eines oder mehrerer Zieltexte automatisch, welche Textstellen aus dem Ausgangstext übernommen wurden. Die Erkennung erfolgt bei einer Stellenlänge von fünf Wörtern oder mehr zuverlässig; die Erkennung kürzerer und eben auch weniger eindeutiger Stellen war ein zweiter Schritt;8 für die zweite Phase des Projekts steht die Frage im Zentrum, wie indirekte Bezugnahmen automatisch erfasst werden können. In dieser abschließenden Phase des Forschungsvorhabens werden wir auch versuchen, am Beispiel der möglichst umfassenden Analyse der gesamten Interpretationsgeschichte von Annette von Droste-Hülshoffs Die Judenbuche die Etablierung von Stellentraditionen zu erfassen und besser zu verstehen. 

Im Rahmen der CLS liegt das übergreifende Erkenntnisinteresse darin, vorhandenes Expert*innenwissen für automatisierte Verfahren zu nutzen, um auch auf diesem Weg die oft gesehene Spannung zwischen den eher quantitativ vorgehenden computergestützten Methoden und den eher qualitativ vorgehenden Literaturwissenschaften zu lockern. Aus Perspektive des gekonnten interpretatorischen Umgangs mit Stellen ist dabei etwa interessant, dass solche Textdeutungen stets gewichtende Selektionen vornehmen beziehungsweise gewichtende Prioritäten oder Schwerpunkte setzen, wohingegen zwar auch die textanalytischen Verfahren der CLS – je relativ zur Fragestellung – selektiv und fokussierend vorgehen (also nur bestimmte ›Features‹ nutzen), aber literarische Texte in allen ihren Passagen als gleich bedeutsam auffassen. Wie also könnten professionelle Gewichtungen mit den Ansätzen der CLS vermittelt werden? Mit Blick auf die Schlüsselstellen verfolgen wir in quantitativer Perspektive einerseits die Frage, welche Muster sich im literaturwissenschaftlichen Umgang mit Stellen zeigen und wie diese erklärt werden könnten, andererseits wollen wir evaluieren, welche Texteigenschaften dazu prädestiniert sein könnten, dass sich die Aufmerksamkeit der Interpret*innen auf sie in besonders intensiver Weise richtet. 

Dass unser Projekt eine Reihe von zentralen literaturtheoretischen Problemen betrifft (oder auch von ihnen betroffen ist), scheint uns offensichtlich. Ich will im Folgenden einige davon festhalten: Als entscheidende diskursive Wende im Umgang mit Stellen in der Textinterpretation gelten Friedrich Schleiermachers Überlegungen zur Hermeneutik,9 weil er in griffigen Formulierungen problematisiert hat, inwiefern sich die Interpretation vorrangig »schwierige[n] Stellen« widmen sollte. Er fordert stattdessen bekanntlich ein »stetig[es]« Verstehen, bei dem die Interpretation des »Teils« beziehungsweise »Einzelnen« eines Textes immer auf das Verstehen des »Ganzen« abgestimmt wird10 beziehungsweise das »Verstehen des Ganzen« das »Verstehen des Einzelnen« »bedingt«.11 Selbst wenn Schleiermachers Bedeutung bei genauerer Sichtung der hermeneutischen Tradition keine so klare historische Schwelle markiert, wie oftmals behauptet wird,12 zählen seine Einsichten in der Literaturwissenschaft zum »stillschweigend akzeptierten ›Praxiswissen‹«.13 Jede partielle Bezugnahme auf literarische Werke erfolgt demnach »im Licht der (späteren) Auslegung« beziehungsweise »Deutung«, und diese Interpretation erhebt in der Regel den Anspruch auf eine angemessene Auffassung des gesamten Werks.14 

Texte aus der Domäne ›Literatur‹ fordern diesen Sinn für das Textganze in besonderer Weise heraus, weil seit der Antike Kohärenz und Stimmigkeit wichtige poetologische Normen darstellen. »Unum« und »totum« sind die in Horaz’ Ars Poetica formulierten kanonischen Leitbegriffe, die sich dezidiert gegen literarisches Stückwerk und eine korrelierende Stellenlektüre wenden;15 diese Forderung nach Ganzheit wird im Kontext der Ästhetik ›um 1800‹ neu begründet und forciert.16 Die ganzheitliche Werkästhetik mag weder historisch noch systematisch allgemeinverbindlich sein und möglicherweise wichtige Ausprägungen insbesondere moderner Literatur verfehlen, gleichwohl orientiert sie die Textumgangspraxis bestimmter Leser*innengruppen nachdrücklich.17 Gerade in philologischen und literaturwissenschaftlichen Kontexten schließen Interpretationstheorien an poetologische Ganzheitsvorstellungen an; die Forderung nach einer tendenziell selektionslosen Aufmerksamkeit ist dort auf besonders fruchtbaren Boden gefallen, so dass maßgebliche Ausprägungen des literaturwissenschaftlichen Leseethos’ auf einer Selbstverpflichtung zur ›Ganztextlektüre‹ beruhen.18 Diese Lektüreideale teilt die Literaturwissenschaft mit bildungsbürgerlichen Lesenormen, die sich etwa in Martin Heideggers oder Theodor W. Adornos Vorbehalten gegen die »widerliche[ ] Art [...], ›Stellen‹ aus Dichtungen anzuführen«, artikuliert – »fragwürdig und sogar schuldhaft« sei es, so Heidegger, »überhaupt mit Stellen zu operieren«.19 Dass sich zwei ansonsten entgegenstehende Denker zumindest in dieser Kritik der Stellenfixierung treffen, weist auf die grundlegenden interpretationsethischen und -affektiven Dimensionen hin, die im Umgang mit dem literarischen Werk eine erhebliche Rolle spielen. 

Der verbreiteten Kritik an der Stellenlektüre steht allerdings die Beobachtung gegenüber, dass die »Stelle« »die Minimaleinheit jeder Lektüre oder der Interpretation überhaupt« bilde.20 So wurde dann auch auf die interpretationstheoretischen Verzerrungen der Lesepraxis aufmerksam gemacht, zu denen das unterstellte Primat des Textganzen führt.21 Schleiermacher weist so gesehen aus arbeitsökonomisch guten Gründen nicht nur auf die Bedeutung des Textganzen hin, sondern auch auf einen pragmatischen Aspekt: Der Totalitätsanspruch überfordert schnell den konkreten Interpretationsakt. Aufgrund beschränkter Kapazitäten und Ressourcen erscheint die Realisierung der idealen Totalperspektive unwahrscheinlich. Eine Lösung der von ihm formulierten hermeneutischen »Aufgabe« hält Schleiermacher daher »nur durch Annäherung zu erreichen«.22 Jede Interpretation basiert demnach faktisch auf der unterschiedlich genauen Analyse von Textpassagen. Pointiert formuliert: Eine wesentliche Interpretationskompetenz besteht darin, dass eine Interpret*in weiß, was nicht beachtet werden muss.23 Berücksichtigt man, dass auch literaturwissenschaftliche Lektüren gleichsam uneben sind und selbst bei Wahrnehmung eines ›ganzen‹ Textes nicht jede Stelle mit gleichbleibender Aufmerksamkeit bedenken, dann büßt eine analytisch wichtige Unterscheidung ihre Trennschärfe ein: die zwischen einer partiellen Lektüre nur ausgewählter Stellen und einer ganzheitlichen Lektüre, auf die dann eine fokussierte Beobachtung besonders wichtiger Stellen folgt. Gleichwohl bleibt es, zumal für die Autorität, mit der interpretatorische Geltungsansprüche erhoben werden können, entscheidend, ob man Anspruch auf das Wahrgenommen-Haben des Textganzen erheben kann oder nicht. 

Hermeneutische Könnerschaft, so lässt sich von hier aus vermuten, besteht darin, während der laufenden Arbeit zu bemerken, aus welchen Stellen sich etwas machen lässt. Welche der etwa während der Lektüre im Gedächtnis behaltenen, durch Annotation hervorgehobenen oder im Exzerpt festgehaltenen Passagen sollen mitgeführt oder sogar in einer publizierten Fassung angeführt werden, um angemessene Textumgangsformen zu belegen? Um Thesen zu plausibilisieren? Argumente zu erhärten? Um professionelle Aufmerksamkeitsleistungen zu demonstrieren? Um die Interpretation selbst verständlich und nachvollziehbar, aber nicht trivial, originell, aber nicht idiotisch, gut zu lesen, aber nicht unwissenschaftlich erscheinen zu lassen? Interessiert man sich in diesem Sinn für die tatsächliche interpretatorische Arbeitsökonomie, dann öffnet sich das normative Spektrum nicht zuletzt für machiavellistische Perspektiven, dafür also, dass man mit einem bestimmten interpretatorischen Vorgehen »die Situation zu seinen Gunsten zu wenden, Verbündete zu gewinnen und Konkurrenten schachmatt zu setzen« versucht.24 Im Arbeitsalltag, so Christoph Hoffmanns abgekühlte Einschätzung, lesen Interpret*innen, »was sie interessiert, fleddern die Texte, wie es ihnen passt, und haben dabei auch sehr profane Dinge im Kopf«, die sie dazu bewegen, sich in einer gewissen Weise mit einem Text zu beschäftigen oder es eben sein zu lassen.25 

Ist diese Einschätzung zu pessimistisch? Und inwiefern ist es epistemisch von Nachteil, die soziale Dimension von Wissenschaft so in den Vordergrund zu rücken? Ein Grundproblem der hermeneutischen Theorie besteht darin, dass sie auf solche Fragen wenige gute Antworten parat hat, weil sie sich vor allem auf abstrakte und ideale rezeptive und kognitive Operationen bezieht.26 Beim Interpretieren als einer akademischen Praxis, die auf die Erstellung einer Interpretation, also einer wissenschaftlichen Rede- und Textgattung, zielt, geht es aber nicht nur um das Lesen und Verstehen an sich, sondern auch um das Sprechen und Schreiben, also um produktive und körperliche Aktivitäten, die in einem bestimmten institutionellen Rahmen stattfinden und diverse Funktionen und Leistungen erbringen. Interpret*innen müssen dabei nicht nur gut, richtig beziehungsweise insgesamt sachangemessen gelesen haben, sie müssen diese Lektüreverfahren auch für den sozialen Verkehr dokumentieren, mündlich oder schriftlich zum Ausdruck bringen, Indizien für eine passende Lektüreleistung erbringen etc. Welche Stellen sollen ausgewählt werden, um die sachlichen und sozialen Anforderungen der Wissenschaft zu erfüllen? Wie viele Stellen sind als Belege angesichts unvermeidbarer Selektivität notwendig, damit eine ‚gute‘ Interpretation vorliegt?27 In welcher Weise müssen die ausgewählten Stellen angeführt werden, damit eine Deutung einleuchtet? Die Stellenökonomie des Interpretierens bringt im engeren Sinn epistemische, aber auch rhetorische oder ästhetische Faktoren und viele andere Herausforderungen zur Geltung. Man hat es mit sehr unterschiedlichen normativen Ordnungen zu tun, die sowohl die Sach- als auch die Sozialdimension des Interpretierens betreffen.

Man darf davon ausgehen, dass die Stellenwahl durch komplex miteinander verwobene intrinsische (inhaltliche und formale Aspekte des Textes) und extrinsische Faktoren bestimmt wird. Welche Rolle spielten dabei Fragestellungen und Forschungsinteressen, geschmackliche, methodische und theoretische Vorlieben oder die diversen historisch-pragmatischen Kontexte, in denen eine Interpretation entsteht und als zweckmäßig und geglückt beziehungsweise insgesamt als »plausibel«28 kommuniziert wird? Bislang zeigt sich in der theoretischen Reflexion von stellenbezogenen Lektüren eine ebenso typische29 wie produktive Spannung bei der Gewichtung extrinsischer und intrinsischer Faktoren. Auf der einen Seite steht die These im Raum, »zu einer Stelle« werde »etwas erst in unserer Interpretation«.30 Das »Stelleninteresse«31 leitet sich demnach aus den persönlichen Erfahrungen des Rezipienten ab.32 Zugleich wird dem literarischen Text eine spezifische Form der agency attestiert, wenn es heißt, dass er »in der Stelle« eine »besondere Geltung« für den Leser »beansprucht«.33 So steht auf der anderen Seite die These, »die Stelle [...] selbst« trage dazu bei, »dass wir sie finden«.34 Sie verfüge über eine »poetisch-rhetorische Zudringlichkeit« beziehungsweise sei »poetisch und rhetorisch so beschaffen, dass sie uns interessieren und unsere Aufmerksamkeit konzentrieren« kann.35 Diese divergierenden Ansätze lassen sich nur im Zusammenwirken von quantitativen und qualitativen Forschungsansätzen aufeinander abstimmen.

Literaturverzeichnis

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ZABKA, Thomas: Pragmatik der Literaturinterpretation. Theoretische Grundlagen – kritische Analysen. Tübingen 2005.

  • 1. Ich danke Robert Jäschke für die kritische Lektüre dieses Beitrags.
  • 2. Vgl. Lutz Danneberg: »Die Historiographie des hermeneutischen Zirkels: Fake und fiction eines Behauptungsdiskurses«. In: Zeitschrift für Germanistik 5.3 (1995), S. 611–624.
  • 3. Wolfgang Braungart u. Joachim Jacob: Stellen, schöne Stellen. Oder: Wo das Verstehen beginnt. Göttingen 2012, S. 7.
  • 4. Vgl. dazu Steffen Martus u. Carlos Spoerhase: Geistesarbeit. Eine Praxeologie der Geisteswissenschaften. Berlin 2022, z. B. S. 46–70.
  • 5. Wir danken dem von Simone Winko geleiteten Projekt »Das Herstellen von Plausibilität in Interpretationstexten« (https://www.uni-goettingen.de/de/588365.html; vgl. auch den Beitrag im vorliegenden Textpraxis-Sonderband) für die Überlassung aufbereiteter Korpora von Interpretationstexten zu Annette von Droste-Hülshoffs Die Judenbuche sowie zu Heinrich von Kleists Michael Kohlhaas.
  • 6. Vgl. Frederik Arnold u. Benjamin Fiechter: »Lesen, was wirklich wichtig ist. Die Identifikation von Schlüsselstellen durch ein neues Instrument zur Zitatanalyse«. In: Dhd2022: Kulturen des digitalen Gedächtnisses. Konferenzabstracts. Potsdam 2022, DOI: 10.5281/zenodo.6327917 (zuletzt eingesehen am 01. Februar 2023).
  • 7. https://hu.berlin/quidex. Vgl. Frederik Arnold u. Robert Jäschke: »Lotte and Annette: A Framework for Finding and Exploring Key Passages in Literary Works«. In: Proceedings of the Workshop on Natural Language Processing for Digital Humanities (NLP4DH), 2021, S. 55–63, https://aclanthology.org/2021.nlp4dh-1.7.pdf (zuletzt eingesehen am 01. Februar 2023).
  • 8. Vgl. Frederik Arnold u. Robert Jäschke: »A Novel Approach for Identification and Linking of Short Quotations in Scholarly Texts and Literary Works«. In: Proceedings of the 2nd Annual Conference of Computational Literary Studies, 2023.
  • 9. Vgl. Materialien zur »Stellenlektüre in der Forschung« sowie zur »Hermeneutik der Stelle« bei Harun Maye: Blättern / Zapping. Studien zur Kulturgeschichte der Stellenlektüre seit dem 18. Jahrhundert. Zürich 2019, insbes. S. 28–42, 75–116.
  • 10. Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Hermeneutik und Kritik. Mit einem Anhang sprachphilosophischer Texte Schleiermachers. Hg. v. Manfred Frank. 5. Aufl. Frankfurt a. M. 1993, z. B. S. 75 und 97.
  • 11. Friedrich Daniel Ernst Schleiermacher: Hermeneutik. Nach den Handschriften neu hg. u. eingeleitet von Heinz Kimmerle. 2. Aufl. Heidelberg 1974, S. 46.
  • 12. Vgl. Danneberg: »Die Historiographie des hermeneutischen Zirkels«. Ders.: »Schleiermachers Hermeneutik im historischen Kontext – mit einem Blick auf ihre Rezeption«. In: Dieter Burdorf u. Reinhold Schmücker (Hg.): Dialogische Wissenschaft. Perspektiven der Philosophie Schleiermachers. Paderborn u. a. 1998, S. 81–105.
  • 13. Tilmann Köppe u. Simone Winko: Neuere Literaturtheorien. 2., aktualisierte und erweiterte Aufl. Stuttgart 2013, S. 21.
  • 14. Vgl. Werner Strube: Analytische Philosophie der Literaturwissenschaft. Definition, Klassifikation, Interpretation, Bewertung. Paderborn u. a. 1993, S. 99, 107f., 111f. Vgl. in diesem Zusammenhang auch zur praxeologisch ausgerichteten Revision des Verhältnisses von Beschreibung und Interpretation bei Tom Kindt: »Deskription und Interpretation. Handlungstheoretische und praxeologische Reflexionen zu einer grundlegenden Unterscheidung«. In: Marie Lessing-Sattari u. a. (Hg.): Interpretationskulturen. Literaturdidaktik und Literaturwissenschaft im Dialog über Theorie und Praxis des Interpretierens. Frankfurt a. M. 2015, S. 93–112. Auch etablierte Positionen der Textlinguistik bestätigen durch ihre kontroverse Konzeptionalisierung des Verstehens die Relevanz und Komplexität des Verhältnisses von Textstelle und Textganzem. Vgl. etwa zum Unterschied zwischen einer holistischen und einer analytischen Zuschreibung von Textfunktionen: Eckard Rolf: »Textuelle Grundfunktionen«. In: Klaus Brinker u. a. (Hg.): Text- und Gesprächslinguistik. Linguistics of Text and Conversation. Ein internationales Handbuch zeitgenössischer Forschung. An International Handbook of Contemporary Research. Berlin u. a. 2000, S. 422–435, 423f.
  • 15. Vgl. Steffen Martus: Werkpolitik. Zur Literaturgeschichte kritischer Kommunikation vom 17. bis ins 20. Jahrhundert mit Studien zu Klopstock, Tieck, Goethe und George. Berlin u. a. 2007, S. 17.
  • 16. Vgl. Lutz Danneberg: »Ganzheitsvorstellungen und Zerstückelungsphantasien. Zum Hintergrund und zur Entwicklung der Wahrnehmung ästhetischer Eigenschaften in der zweiten Hälfte des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts«. In: Jörg Schönert u. Ulrike Zeuch (Hg.): Mimesis – Repräsentation – Imagination. Literaturtheoretische Positionen von Aristoteles bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. Berlin u. a. 2004, S. 241–282.
  • 17. Vgl. Steffen Martus: »Die Praxis des Werks«. In: Lutz Danneberg u. a. (Hg.): Wiederkehr des Werks. Berlin u. a. 2019, S. 93–130.
  • 18. Zur Entstehung dieser Haltung im Zusammenspiel von Literatur, Literaturkritik und Philologie vgl. Martus: Werkpolitik. Zur Problematisierung vgl. etwa Leah Price: What We Talk About When We Talk About Books. The History and Future of Reading. New York 2019; Julika Griem: Szenen des Lesens. Schauplätze einer gesellschaftlichen Selbstverständigung. Bielefeld 2021.
  • 19. Martin Heidegger: Hölderlins Hymne »Andenken«. Frankfurt a. M. 1982, S. 60f.; Eva Geulen: »Stellen-Lese«. In: MLN 116 (2001), S. 475–501, 476, 481f. DOI: 10.1353/mln.2001.0040.
  • 20. Geulen: »Stellen-Lese«, S. 477.
  • 21. Vgl. Heinz Schlaffer: »Der Umgang mit Literatur. Diesseits und jenseits der Lektüre«. In: Poetica 3 (1999), S. 1–25, hier S. 3.
  • 22. Schleiermacher: Hermeneutik und Kritik, S. 94, 168.
  • 23. Arthur C. Danto: Analytische Philosophie der Geschichte. Frankfurt a. M. 1974, S. 214. Gleichwohl hat sich das literaturwissenschaftliche Interesse am Lesen – selbst entgegen anderslautenden programmatischen Bemerkungen – nur selten auf Fragestellungen der »Leseforschung« eingelassen und stattdessen »nicht-reale« (»ideale«, »probabilistische« oder »theoretische«) Leser favorisiert (vgl. Marcus Willand: Lesermodelle und Lesertheorien. Historische und systematische Perspektiven. Berlin u. a. 2014, z. B. S. 15f., 298–301; vgl. zu einer Ausnahme ebd., S. 312f., 317f.).
  • 24. Christoph Hoffmann: Schreiben im Forschen. Verfahren, Szenen, Effekte. Tübingen 2018, S. 234.
  • 25. Hoffmann: Schreiben im Forschen, S. 244. Vgl. in diesem Sinn zur Pluralität von Illokutionen: Thomas Zabka: Pragmatik der Literaturinterpretation. Theoretische Grundlagen – kritische Analysen. Tübingen 2005, S. 64–66.
  • 26. Hierzu und zum Folgenden: Steffen Martus: »Interpretieren – Lesen – Schreiben. Zur hermeneutischen Praxis aus literaturwissenschaftlicher Perspektive«. In: Andreas Kablitz u. a. (Hg.): Hermeneutik unter Verdacht. Berlin 2021, S. 45–81.
  • 27. Zur Stellvertretung des ganzen Textes durch einzelne Stellen vgl. Georg Stanitzek: »Brutale Lektüre, ›um 1800‹ (heute)«. In: Joseph Vogl (Hg.): Poetologien des Wissens um 1800. München 1998, S. 249–265, 256.
  • 28. Simone Winko: »Zur Plausibilität als Beurteilungskriterium literaturwissenschaftlicher Interpretation«. In: Andrea Albrecht u. a. (Hg.): Theorien, Methoden und Praktiken des Interpretierens. Berlin u. a. 2015, S. 483–511.; Strube: Analytische Philosophie der Literaturwissenschaft, S. 109f.
  • 29. Vgl. Willand: Lesermodelle und Lesertheorien z. B. S. 269–282.
  • 30. Braungart u. Jacob: Stellen, schöne Stellen, S. 64.
  • 31. Ebd., S. 81.
  • 32. Vgl. ebd., S. 66.
  • 33. Ebd.
  • 34. Ebd., S. 67.
  • 35. Ebd., S. 70f., ähnlich auch S. 85.

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