Digitales Journal für Philologie

Textpraxis # 23 (1.2025)
In dieser Ausgabe erscheinen wieder drei Artikel in den Sparten Literaturtheorie, Literatur und Gesellschaft sowie Literaturwissenschaft und Praxis. Julia Bodenburg untersucht aus literatur- und medienwissenschaftlicher Perspektive die dialogische Gattung des Totengesprächs, seine formale Varianz und Medialität in drei Stationen. Fokussiert wird auf die von der bisherigen Forschung kaum erfasste Figur des Secretarius und seine medienreflexive Funktion. Patrick Siegmann beschäftigt sich mit dem ›Neudeutschen Klartext‹ als Auseinandersetzung mit den Lebensrealitäten von ›Menschen mit Migrationsgeschichte‹ in Deutschland. Im Mittelpunkt steht die Analyse der Traditionen, innerhalb derer sich der Neudeutsche Klartext verortet, dessen Relevanz innerhalb des literaturwissenschaftlichen Diskurses und der Chancen, die er für die Literaturforschung bereithalten kann. Nadine N. Başers Beitrag entwirft einen soziologischen Blick auf die literarische Verarbeitung eines Klassenwechsels am Beispiel von Édouard Louis' Combats et métamorphoses d’une femme. Argumentiert wird, dass sowohl die Transformation der Lebensverhältnisse als auch die retrospektive Betrachtung einen literarischen Raum eröffnen, in dem vergeschlechtlichte Herrschaftsstrukturen im Zuge eines Klassenwechsels zum Ausdruck kommen.
Aus literatur- und medienwissenschaftlicher Perspektive untersucht der Beitrag die dialogische Gattung des Totengesprächs, seine formale Varianz und Medialität in drei Stationen: Von dem durch Lukian begründeten Gattungsmodell (1) werden mit Blick auf die Kategorie ›Öffentlichkeit‹ zwei Totengespräche innerhalb des Makroraums ›Frühe Neuzeit‹ analysiert: Ulrich von Huttens Phalarismus (2) und David Fassmanns Gespräche im Reiche derer Todten (3) stellen gesellschaftsrelevante Kommunikationsräume bereit. In beiden Fällen nehmen Figuren des Übergangs Schlüsselfunktionen ein. Fokussiert wird auf die von der bisherigen Forschung kaum erfasste Figur des Secretarius und seine medienreflexive Funktion.
Der Begriff des ›Neudeutschen Klartexts‹ versteht sich als eine direkte literarische Auseinandersetzung mit den Lebensrealitäten von ›Menschen mit Migrationsgeschichte‹ in Deutschland. Er wurde 2023 vom Welt-Autor Mladen Gladić in den literarischen Diskurs eingebracht und weist deutliche Parallelen zur etablierten Kategorie der ›Postmigrantischen Literatur‹ auf, die ebenfalls klassische Migrationsdiskurse hinterfragt und Themen wie die Identitätsbildung in einer transkulturellen Gesellschaft in den literarischen Fokus nimmt. Dabei werden von den Autor:innen oft neue und innovative Erzählformen verwendet, um von Migrations- und Rassismuserfahrungen zu berichten. Im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht die Analyse der Traditionen, innerhalb derer sich der Neudeutsche Klartext verortet, dessen Relevanz innerhalb des literaturwissenschaftlichen Diskurses und der Chancen, die er für die Literaturforschung bereithalten kann.
In Combats et métamorphoses d’une femme reflektiert der Erzähler Klassen- und Geschlechterverhältnisse seiner Zeit, die er im Laufe seines Lebens erst als Kind einer Arbeiter:innenfamilie und später in den Kreisen Pariser Intellektueller erfährt. Mit dem Schreiben über und an die Figur Monique entfaltet sich die Aushandlung einer Mutter-Sohn-Beziehung, anhand derer gesellschaftliche Verhältnisse verdeutlicht werden. Die Transformation der Lebensverhältnisse sowie die retrospektive Betrachtung eröffnen einen literarischen Raum, worin vergeschlechtlichte Herrschaftsstrukturen im Zuge eines Klassenwechsels zum Ausdruck kommen.