Digitales Journal für Philologie
Textpraxis # 9 (2.2014)
In der neunten Ausgabe setzt Ashwin Manthripragada mit seinem Beitrag zu Hermann Hesses Siddhartha die Auseinandersetzung mit der 68er-Bewegung fort, Elisabeth Heyne stellt Überlegungen zu einer bioästhetischen Poetik der Symmetrie zwischen Text und Bild an und Michael Serrer vom Literaturbüro NRW steht der Textpraxis-Redaktion Rede und Antwort.
Während Hermann Hesse vor den 1960er Jahren zu einem der vielgelesenen Autoren gehörte, führte das starke Interesse der Gegenkultur an seinem Werk zu einem wissenschaftlichen Parallelfokus auf die globale Rezeption und Einfluss Hesses. Es scheint, als ob die Forschung auf eine Stärkung von Hans Robert Jauß' zeitgenössischen Annahmen zur Rezeptionstheorie ausgerichtet waren. Jauß' Rezeptionstheorie macht verständlich, wie ein einzelner Text unzählige Gedanken, Untersuchungen und Antworten bewirken kann. Der Beitrag widmet sich daher der Frage, weshalb Siddharta gut 45 Jahre nach seinem Erscheinen für die US-amerikanische Gegenkultur von so hoher Relevanz war.
Die epistemische Wirkmächtigkeit wissenschaftlicher Visualisierungspraktiken wird seit dem iconic turn bzw. pictorial turn in verschiedenen Wissensdisziplinen umfassend diskutiert. Der Beitrag von Elisabeth Heyne greift diese aktuelle Forschungsdebatte auf, um sie mit literaturwissenschaftlichen Analysekategorien zu verbinden, die bereits ihrerseits auf das verstärkte Interesse an Bildlichkeit und Anschaulichkeit in den Wissenschaften reagieren. Anhand von Judith Schalanskys Der Hals der Giraffe werden Korrelationen zwischen Abbildung, Diagramm und Text vor dem Hintergrund der Grenzen von Bildlichkeit und Schriftlichkeit ausgelotet. Darüber hinaus widmet sich der Text den Wechselwirkungen ästhetischer Repräsentationsweisen und naturwissenschaftlichen Wissens.
Die Textpraxis-Redaktion unterhält sich mit Michael Serrer über Literaturvermittlung in Zeiten der Digitalisierung, über Kanonisierung und die Rolle der Literatur in der Gesellschaft. Michael Serrer ist Leiter des Literaturbüros NRW und Feuilletonist.