Digitales Journal für Philologie
Jazzmusik in der deutschen Literatur
Die intermedialen Beziehungen zwischen Literatur und Musik sind vielfältig. Das aktuelle Handbuch Literatur & Musik gibt einen umfassenden Überblick auf ein Forschungsfeld, in dem sich in den letzten Jahren viel getan hat.1 Zum ersten Mal findet sich im Rahmen eines Handbuchs zu diesem Thema auch ein Beitrag zum intermedialen Zusammenhang von Literatur und Jazz-, Rock- und Popmusik, welcher der unübersehbaren Relevanz dieser Musikstile für die Literatur des 20. und 21. Jahrhunderts Rechnung trägt.2 Der Verfasser Frieder von Ammon schließt seine Ausführungen an die musikstilunabhängige Systematik musikliterarischer Intermedialität an und gliedert seine beiden thematischen Blöcke zu Jazz und Literatur und Rock / Pop und Literatur systematisch nach den drei bekannten Kombinationsmöglichkeiten ›Musik und Literatur‹, ›Musik in Literatur‹ und ›Literatur in Musik‹. Für mein Vorhaben, die Thematisierung und Darstellung von Jazz in der deutschen Literatur zu untersuchen, konzentriere ich mich im Folgenden auf das intermediale Zusammenspiel von ›Musik in Literatur‹. Hierfür beruft sich von Ammon ausdrücklich auf zwei weitere Beiträge des Handbuchs Literatur & Musik von Christine Lubkoll und Werner Wolf, in denen die übliche Unterscheidung zwischen der Thematisierung von Musik in Literatur (telling) und der Inszenierung oder Imitation von Musik in Literatur (showing) systematisch entfaltet wird.3 Die Thematisierung von Musik in Literatur ist intermedialitätstheoretisch weitgehend unproblematisch, da hierbei ein Medium4 (Literatur) explizit Bezug auf ein anderes Medium (Musik) nimmt, und zwar mit den Mitteln des bezugnehmenden Mediums.5 Interessanter wird es bei der »intermediale[n] Referenz durch altermediale Imitation« bzw. der »imitative[n] Inszenierung«6 von Musik in Literatur, denn hierbei nimmt ein Medium (Literatur) zwar auch mit seinen eigenen Mitteln, jedoch implizit Bezug auf ein anderes Medium (Musik), indem es versucht mit medieneigenen (literarischen) Gestaltungsmitteln Analogien zu den medienfremden (musikalischen) Gestaltungsmitteln herzustellen und so den Eindruck zu erwecken, im Medium Literatur das Medium Musik zu imitieren. Die einschlägigen intermedialitätstheoretischen Überlegungen zu diesem Zusammenhang zwischen Literatur und Musik stammen von Werner Wolf.7 Die implizite Referenz von Literatur auf Musik, also das showing, unterteilt Wolf in ›Evokation‹, ›formale Imitation‹ und ›Teilreproduktion‹.8 ›Teilreproduktion‹ meint beispielsweise das Zitieren eines (Auszugs eines) Liedtextes, das dazu führen kann, dass ein_e Leser_in sich die dazugehörige Musik vergegenwärtigt. Die ›Evokation‹ von Musik funktioniert laut Wolf ähnlich der ›Ekphrasis‹ von Bildern, indem durch eine genaue Beschreibung und / oder poetische Bilder ein »anschauliches Korrelat zur Wirkung der Musik oder eines bestimmten Werkes«9 entsteht. Eine ›formale Imitation‹ von Musik liegt laut Wolf dann vor, wenn entweder mithilfe von »Wortmusik«, also Lautmalerei, »die lautlich-rhythmische Oberfläche der Sprache affiziert« wird,10 oder »Strukturparallelen«11 zwischen Literatur und Musik genutzt werden, um Musik literarisch zu imitieren. Strukturparallelen zwischen dem Medium Literatur und dem Medium Musik anzunehmen, birgt freilich die Gefahr, aufgrund von Metaphern wie zum Beispiel ›Stimmung‹, ›Rhythmus‹ oder ›Polyphonie‹ vorschnell Analogien zwischen beiden Kunstformen zu behaupten, obwohl die damit bezeichneten Phänomene in den jeweiligen Künsten strukturell völlig verschieden sein können. Davor warnen nicht nur die Herausgeber_innen des Handbuchs Literatur & Musik,12 sondern auch Wolf fordert eine zurückhaltende und gut begründete Parallelisierung von Literatur und Musik.13 Die gravierenden formalen Unterschiede zwischen Literatur und Musik lassen Wolf annehmen, dass Literatur nur dann Musik formal imitieren kann, wenn sie sich von ihren medieneigenen Konventionen deutlich entfernt:
Auch bei den Strukturparallelen entsteht wie bei der Wortmusik in der Regel der Eindruck einer mehr oder weniger großen Abweichung von literarischen Konventionen, nämlich dann, wenn in der Erzählkunst z. B. das Organisations- und Kohärenzprinzip erkennbar nicht mehr ein narratives ist, und wenn wie in der Wortmusik ein Text ähnlich dereferentialisiert und zugleich markant selbstreferentiell und formbetont wirkt wie Musik. Devianz von literarischen Formprinzipien und Dereferentialisierung sind denn auch wesentliche Markierungen von formal-imitativen literarischen Musikalisierungsexperimenten – wenn diese Markierungen auch selten hinreichen, um die Referenz auf Musik klarzustellen.14
Wolf nimmt also einerseits an, dass eine ›formale Imitation‹ von Musik in Literatur nur dann einigermaßen zweifelsfrei vorliegt, wenn sich zusätzliche Indizien im Text wie zum Beispiel die explizite Referenz auf Musik finden lassen, die darauf hinweisen, dass an einer bestimmten Stelle Musik imitiert werden soll. Andererseits führt seine zurückhaltende Anwendung des Begriffs ›Strukturparallele‹ dazu, dass ausschließlich Texte mit avantgardistischen oder zumindest deutlich von einer wie auch immer gedachten Normalform abweichenden Schreibverfahren in Frage kommen, wenn es um die Imitation von Musik geht. Das kann zu dem Problem führen, dass man »Devianz von literarischen Formprinzipien und Dereferentialisierung« wiederum als ›Konvention‹ avantgardistischer Schreibverfahren werten könnte und man somit erneut vor der Frage steht, wann etwas eine Abweichung ist und wann diese Abweichung auf eine intermediale Formimitation verweist. Ein weiteres Problem entstünde, wenn man allen Texten, die diese Merkmale aufweisen, eine musikalische Struktur zuspricht, und so die Rede von einer ›intermedialen Beziehung‹ ad absurdum führt. Solche Pauschalisierungen vermeidet Wolf in seinen Untersuchungen, allerdings steckt in seiner Konstruktion von Strukturparallelen eine Grundannahme, die ich in diesem Beitrag hinterfragen möchte: Es ist die Vorstellung, dass vonseiten der Literatur bei der Thematisierung und Imitation von Musik unmittelbar auf das Medium Musik Bezug genommen und dann innerhalb des Mediums Literatur nach vergleichbaren Formen und Schreibweisen gesucht wird, um die in der Musik vorgefundenen Formen eben zu evozieren oder zu imitieren.
Um an dieser Stelle Begriffsverwirrungen zu vermeiden, muss zwischen den Begriffspaaren ›direkt‹ – ›indirekt‹, ›explizit‹ – ›implizit‹ und ›unmittelbar‹ – ›mittelbar‹ unterschieden werden. Wolf bezeichnet in seiner Klassifikation mit ›direkt‹ und ›indirekt‹ den Unterschied, ob in einem Werk zwei oder mehr Medien gleichwertig und in ihrer jeweiligen Spezifik vorhanden sind (›direkte‹ Intermedialität) oder ob ein Medium dominant und ausschließlich in seiner eigenen Spezifik vorhanden ist, jedoch die verdeckte (›indirekte‹) Anwesenheit eines zweiten Mediums angenommen werden kann. Beispiele für direkte Intermedialität wären dann Oper und Film, aber auch die Einfügung von Notentext in einen literarischen Text. Indirekte Intermedialität liegt dann vor, wenn in literarischen Texten mit den Mitteln des Mediums Literatur Musik thematisiert oder imitiert wird.15 Im Folgenden geht es also ausschließlich um indirekte Intermedialität. Die innerhalb der indirekten Intermedialität weiterführende Unterscheidung zwischen Thematisierung und Imitation wird durch das zweite Begriffspaar bezeichnet: Es kann in einem literarischen Text Musik ›explizit‹ thematisiert oder ›implizit‹ imitiert werden.16 In beiden Fällen geschieht die Bezugnahme jedoch ›unmittelbar‹, da davon ausgegangen wird, dass die Verbindung vom bezugnehmenden Medium ohne Umwege oder Zwischenschritte zu dem bezuggebenden Medium hergestellt wird. Wenn ich nun im Folgenden davon ausgehe, dass es auch eine ›mittelbare‹ Spielweise der Intermedialität gibt, heißt das im Falle musikliterarischer Intermedialität, dass die intermediale Beziehung nicht unmittelbar (explizit oder implizit) vom Text auf Musik besteht, sondern mittelbar durch einen intertextuellen Zwischenschritt, also vom Text über einen anderen Text oder eine ganze literarische Strömung auf Musik. Das heißt nicht, dass es nicht auch Texte gibt, in denen die intermediale Bezugnahme genau so geschieht, wie dies Wolf behauptet. Es heißt lediglich, dass es auch Texte gibt, in denen die intermediale Bezugnahme eben nicht so geschieht, wie Wolf es beschreibt, sondern über einen intertextuellen Zwischenschritt. Beim Versuch Musik literarisch zu gestalten, orientieren sich manche Verfasser_innen nicht unmittelbar an der zu gestaltenden Musik, sondern an anderen literarischen Texten oder literarischen Strömungen, die innerhalb des Mediums Literatur den Stellenwert oder die Bedeutung haben, die der Musik zugeschrieben werden soll. Diese intertextuelle Steuerung des intermedialen Verhältnisses von Literatur und Musik dient also vor allem dazu, der Musik eine bestimmte Funktion oder auch eine bestimmte Bedeutung im literarischen Text zu geben. Wolfs Ansatz beantwortet die Frage nach der Funktion von literarischer Musikalisierung erst in einem zweiten Arbeitsschritt, seine Klassifikation der verschiedenen Möglichkeiten literarischer Referenz auf Musik versucht zuerst einmal die Art der Bezugnahme zu klären, bevor nach der Funktion des Musikbezugs für den Text gefragt werden kann.17 Das ist auf keinen Fall falsch, doch verstellt die damit einhergehende Behauptung, dass Literatur sich immer auf unmittelbarem intermedialen Weg auf Musik bezieht, meines Erachtens den Blick auf Texte, in denen der Musikbezug ganz anders funktioniert. Vor allem weil sich das literaturwissenschaftliche Interesse am intermedialen Bezug von Literatur auf Musik ja nie auf die Art der Bezugnahme beschränkt, sondern – wie Wolf selbst betont – immer auch nach der Funktion und dem Zweck des Bezugs für die Textdeutung fragt.18
Neben der Ergänzung der bisherigen musikliterarischen Intermedialitätstheorie hat die Annahme einer mittelbaren intermedialen Beziehung zwischen Text und Musik einen weiteren methodischen Vorteil. Er betrifft die Behauptung, dass die Beziehung zwischen Musik und Literatur über »Ähnlichkeitsrelation[en]«19 geregelt sei, die in manchen Theorie-Entwürfen als »Grundlage jeder Illusionsbildung«20 beim Bezug eines Mediums auf ein anderes betrachtet wird. Denn häufig geschieht die Bezugnahme von literarischen Texten auf Musik auf eine Art und Weise, die alles andere als ›ähnlich‹ ist. Als Beispiel lässt sich die Analyse von ›Jazz-Novels‹ bei Emily Petermann21 heranziehen: Petermann zeigt ausführlich und erhellend, welcher Darstellungsstrategien sich Romane bei der Thematisierung und Imitation von Jazzmusik bedienen können. So finden sich beispielsweise Texte, die versuchen die typische musikalische Form von Standard-Einspielungen im Jazz nachzubilden, also die mehrfache Wiederholung eines Chorus-Schemas, über das meist mehrere Solist_innen nacheinander improvisieren. Die Texte tun dies durch eine Episoden-Struktur.22 Die Ähnlichkeit zwischen beiden Verfahren liegt laut Petermann darin, dass sowohl eine musikalische Chorus- als auch eine literarische Episodenstruktur eine Aneinanderreihung gleichwertiger und in sich geschlossener Einheiten ist. Insofern ist die Wahl einer Episodenstruktur eine nachvollziehbare Strukturparallele zur Chorusstruktur von Jazztiteln, allerdings befindet sich die Gemeinsamkeit zwischen beiden auf einer so hohen Abstraktionsstufe, dass das Sprechen von ›Ähnlichkeiten‹ irreführend ist, vor allem wenn sie als Grundlage der Illusionsbildung dienen soll. Beim Lesen eines Episodenromans die Illusion zu haben, die Interpretation eines Jazzstandards zu hören, verlangt so viel Abstraktionsgabe von Leser_innen, dass die Hörillusion wohl sehr gefährdet ist. Petermann sagt selbst, dass episodisches Erzählen keine Besonderheit von ›Jazz-Novels‹ ist, sondern in Mark Twains Huckleberry Finn, Voltaires Candide und Cervantes’ Don Quixote namhafte Vorgänger in der Weltliteratur hat.23 Sie betont allerdings die hervorragende Eignung dieser Erzählform für die Darstellung von Jazz:
This dual approach of using structures taken from both jazz and classical literary paradigms […] corresponds to the hybridity characteristic of both jazz and the jazz novel in particular, but also of intertextuality in general.24
Einmal abgesehen davon, dass Jazz nicht immer eine Chorusstruktur hat und unklar bleibt, warum er generell hybrid sein sollte, unterschlägt Petermann durch ihre Gleichsetzung von Chorus- und Episodenstruktur einerseits, dass hier eine Parallele zwischen zwei sehr unähnlichen Strukturen gezogen wird und das Sprechen von ›Ähnlichkeitsbeziehungen‹ gerade die medialen Unterschiede verdecken kann, die in einer intermedialen Analyse beachtet werden sollten. Andererseits bekommt Petermann so nicht in den Blick, dass die intertextuelle Bezugnahme der Texte bereits eine Bedeutungsdimension etabliert, die bei der darauf aufbauenden intermedialen Bezugnahme von Belang sein kann.
Im Folgenden möchte ich nach einer kurzen Klärung des Zusammenhangs von Intermedialität und Intertextualität in drei Beispielanalysen zeigen, wie die intertextuelle Steuerung von musikliterarischer Intermedialität und die damit einhergehende literarische Bedeutungszuschreibung an Jazz funktionieren kann. Hierfür wähle ich drei deutschsprachige Romane, in denen Jazz thematisiert und imitiert wird: Hans Janowitz’ Jazz (1927), in dem zum ersten Mal in deutscher Sprache das Programm formuliert wird, einen »Jazz-Roman« zu schreiben; Wolfgang Koeppens Tauben im Gras (1951) als einen frühen literarischen Versuch nach dem Zweiten Weltkrieg, für den deutschsprachigen Roman den Anschluss an westliche Kultur und Literatur zu finden; und Thomas Meineckes Musik (2004), weil sich spätestens mit der Popliteratur, aber vor allem bei einem Autor wie Meinecke die Frage nach intertextuellen Schreibweisen über Musik in einer ganz neuen Dringlichkeit stellt. Die folgenden Ausführungen verstehen sich keineswegs als Widerlegung der bisherigen Intermedialitätstheorie, sondern vielmehr als eine Ergänzung, die helfen könnte, das literaturwissenschaftliche Sprechen über ›musikalische Schreibweisen‹ oder die ›Musikalisierung von Literatur‹ zu präzisieren. Ebenfalls sollen aber die hier folgenden Aussagen keineswegs auf jazzbezogene Literatur beschränkt bleiben. Zwar bietet sich eine Untersuchung solcher Texte an, weil Jazzmusik seit Beginn des 20. Jahrhunderts vielfältige gesellschaftliche, politische, kulturelle und ästhetische Bedeutungswandlungen durchlaufen hat und es gerade bei einer so bedeutungsvarianten Musikrichtung interessant sein kann, nach den jeweiligen literarischen Bedeutungszuschreibungen und Darstellungsverfahren zu fragen. Jedoch soll die Analyse dieser Texte durchaus anschlussfähig bleiben für andere musikliterarische Zusammenhänge.
1. Intermedialität und Intertextualität
Nicht nur die intermedialen Beziehungen zwischen Literatur und Musik sind vielfältig, sondern auch die Beziehungen zwischen Intermedialität und Intertextualität. Das liegt vor allem an den verschiedenen und sich teilweise widersprechenden Intertextualitätstheorien. Die Vielfalt möglicher Positionen verteilt sich zwischen den Polen zweier entgegengesetzter Kategorien: »In der einen wird I[ntertextualität] als deskriptiver Oberbegriff für herkömmliche Bezugsformen von Texten verstanden, in der anderen in einem umfassenderen ontologischen Sinn zur qualitativen Bezugnahme auf sämtliche Arten von bedeutungstragenden Äußerungen verwendet.«25 In dem vor allem im Poststrukturalismus vorherrschenden ontologischen Verständnis von Intertextualität ist eine Unterscheidung von Intertextualität und Intermedialität nicht möglich, weil der Begriff ›Intertextualität‹ und das mit ihm einhergehende Verständnis von ›Text‹ so allumfassend ist, dass jegliche Form von Intermedialität vollständig in Intertextualität aufgeht. Ebenso gibt es intermedialitätstheoretische Ansätze mit dem gleichen universalen Anspruch, die aufgrund eines allumfassenden Verständnisses von ›Medium‹ alle intertextuellen Phänomene zu intermedialen erklären. Angesichts einer fast schon unüberschaubaren Forschungslage, soll hier nur auf einige Positionen eingegangen werden, die für den weiteren Verlauf meiner Untersuchung wichtig sind.
Von großem Einfluss für die folgende Intertextualitätsforschung ist der Band von Ulrich Broich und Manfred Pfister, in dem die Herausgeber den Versuch unternehmen ›Intertextualität‹ nach den poststrukturalistischen Ausweitungen wieder zu einem für die Literaturwissenschaft handhabbaren deskriptiven Begriff zu machen, ohne ihn wieder auf zu enge Vorstellungen von Einflussforschung verengen zu müssen.26 In dem Band findet sich ein Beitrag von Horst Zander, der ›Medienwechsel‹ von Shakespeare-Dramen zu Inszenierungen, Verfilmungen, Vertonungen und Verbildlichungen untersucht, diese allerdings in Zurückweisung des Begriffes ›Intermedialität‹ als intertextuelle Phänomene begreift und somit eher zu einem weiteren Begriff von ›Intertextualität‹ tendiert.27 Zanders Überlegungen werden gleich noch wichtig werden.
Seit den 1990er Jahren gibt es einige Versuche, eine Theorie der Intermedialität aus bestehenden Theorien der Intertextualität zu entwickeln. Einen für die musikliterarische Intermedialitätstheorie einschlägigen Versuch unternimmt Irina O. Rajewsky, indem sie die Ausweitung des Textbegriffs bei Zander kritisiert und ausgehend von dem engeren Intertextualitätsbegriff von Broich und Pfister eine Theorie der Intermedialität entwirft.28 So kann sie beispielsweise die von Broich und Pfister eingeführte intertextuelle Unterscheidung zwischen Einzel- und Systemreferenz für eine Untersuchung der intermedialen Bezugnahme von Literatur auf Film nutzbar machen.29 Indem sie dieses Modell von Intertextualität zu einer Intermedialitätstheorie umbaut, übernimmt sie jedoch auch die Vorstellung einer unmittelbaren Bezugnahme eines Mediums auf ein anderes, wie sie sich schon bei Wolf und generell in Intermedialitätstheorien findet: So wie sich Texte auf andere Texte beziehen, so beziehen sich auch Texte auf andere Medien. Dabei findet sich gerade bei dem kritisierten Zander die Vorstellung von mittelbarer Intermedialität, die mir meines Erachtens in den Ansätzen von Rajewsky oder Wolf zu fehlen scheint. Zander stellt im Fall von Shakespeare-Vertonungen fest, dass der intermediale Bezug vonseiten der Musik auf den Text, aber auch vonseiten anderer Medien auf den Shakespeare-Text, mittelbar konstruiert wird, indem sich zuerst auf Werke innerhalb des eigenen Mediums bezogen wird:
Und wie sich das Shakespeare-Theater gern auf andere Inszenierungen und die Shakespeare-Verfilmung oft auf andere Verfilmungen bezieht, so beziehen sich auf Shakespeare basierende und (mittelbar) auf Shakespeare zurückweisende Musikstücke häufig auf andere Musikstücke, die gleichfalls auf Shakespeare Bezug nehmen[.]30
Der intermediale Bezug von einem Medium auf ein anderes geschieht – das kann Zander anhand überzeugender Beispiele zeigen –31 häufig über einen Zwischenschritt durch einen mittelbaren intramedialen Bezug innerhalb des bezugnehmenden Mediums. Zander thematisiert diese Mittelbarkeit nur bei den intermedialen Bezügen auf Texte, jedoch führt es zu keinen weiteren methodischen Problemen, die Bezugsrichtung einfach umzudrehen: Wenn literarische Texte sich auf andere Medien beziehen, können sie das unmittelbar, so wie es von Rajewsky und Wolf beschrieben wird, oder mittelbar durch einen intramedialen Zwischenschritt. Im Falle von literarischen Texten kann man den ›intramedialen Bezug‹ auch schlicht ›intertextuellen Bezug‹ nennen und zwar in dem engen Verständnis eines deskriptiven Intertextualitätsbegriffs, also zur Beschreibung des Bezugs von Texten im Sinne von sprachlichen oder schriftlich fixierten Aussagen auf andere Texte. Dies soll im Folgenden geschehen. Untersucht wird also der mittelbare intermediale Bezug von Literatur auf Jazz durch einen intertextuellen Zwischenschritt. Insofern kommt dieser Beitrag einer Forderung des neuen Handbuchs Literatur & Musik nach, die Christine Lubkoll formuliert, auf deren Beitrag sich wiederum von Ammon in seinen Überlegungen zu Jazz und Rock / Pop und Literatur ausdrücklich stützt:
Im Übrigen können auch intertextualitätstheoretische Ansätze weiterführen, wenn es darum geht, die in musikliterarischen Analysen herausgearbeiteten Befunde problemorientiert zu reflektieren und ihre bedeutungskonstituierende Funktion präzise zu bestimmen, d. h. den semantischen (Mehr)Wert des Zusammenstoßes von Prä- und Folgetext zu ermitteln.32
Verschiedene literarische Thematisierungen von Musik intertextuell zu vergleichen, ist eine Möglichkeit, intertextualitätstheoretische Ansätze für musikliterarische Analysen fruchtbar zu machen. Eine weitere soll nun gezeigt werden.
2. Hans Janowitz: Jazz – das Synkopische von Satire und Dadaismus
1927 erscheint der Roman Jazz von Hans Janowitz. Es ist der einzige Roman dieses Autors, der vor allem für seine Mitarbeit am Drehbuch zum Film Das Cabinet des Dr. Caligari bekannt geworden ist, und der erste Roman in deutscher Sprache, der explizit von sich behauptet ein »Jazz-Roman«33 zu sein. Das äußert sich sowohl thematisch als auchformal. Janowitz begrüßt gleich zu Beginn den Jazz emphatisch als den neuen Heilsbringer nach dem Ersten Weltkrieg:
Der Zigeuner, der bis 1914 der Welt was ins Ohr gegeigt hatte, war von dem bleichen Fiedler abgelöst worden, der die Schützengräben des interstaatlichen Brudermordkonzernes vier Jahre lang abgewandert hatte. Dann aber kam sein Bruder Narr, der Mann der Synkope, die Geige des Todes wurde von dem Saxophon des Lebens abgelöst, die Trommel des Henkers vom Schlagwerk des Tänzers, das Maschinengewehr vom Takt des Stepers. Radikale Verjüngung der Welt durch blühenden Unsinn! (S. 8)
In dieser Verquickung von Musik-, Kultur- und politischer Geschichte ist der ›Mann der Synkope‹ nicht nur Stellvertreter einer bestimmten neuen Musikrichtung, sondern auch einer neuen Zeit, in der zwar ein disparates Durcheinander herrscht, das aber vom Erzähler ungebrochen positiv als ›blühender Unsinn‹ gefeiert wird.34 Gleichzeitig bezeichnet die Synkope jedoch neben Jazz und der gesamten neuen Zeit darüber hinaus ausdrücklich auch das Kompositionsprinzip des Textes (vgl. S. 19). Nathalie Baumann geht diesem Versuch nach, »die Gesetze der Jazzmusik auf die Literatur zu übertragen«.35 Aus der Selbstbehauptung des Textes schlussfolgert sie: »Die Handlung hier kurz zusammenzufassen, kommt also dem Versuch gleich, ein Stück Jazzmusik in Worten zu erläutern.«36 Die spontanen und in ihrer Zufälligkeit sehr unwahrscheinlichen Zusammentreffen zweier zwielichtiger Gestalten im Roman bezeichnet sie als »improvisierte[…] ›Duette‹, bzw. ›Jamsessions‹«37 und stellt in Bezug auf die synkopische Struktur des Romans fest: »Die Synkope erfährt im Roman eine beträchtliche Bedeutungserweiterung. […] [Sie] repräsentiert […] bei Janowitz nicht nur den Jazz schlechthin, sondern Außergewöhnlichkeit, Normabweichung oder auch Nonlinearität«.38 Es ist einerseits fraglich, ob eine Synkope in der Musik eine ›Normabweichung‹ ist und ob es sich im Falle von Musik und Literatur um vergleichbare Normabweichungen handeln kann. Andererseits verschleiert die Übernahme metaphorischen Sprechens aus dem Phänomenbereich zur Beschreibung des Phänomens mehr als sie klärt, weil sie die intermediale Übertragung von Musik auf Literatur als gelungen bestätigt, obwohl es diese ja gerade zu analysieren gilt. Der Inhalt des Romans lässt sich ganz unmusikalisch zusammenfassen: Ein englischer Lord namens Henry lernt in einem Zug die High-Society-Dame Mae R. kennen. Es kommt zu einem Flirt zwischen beiden, der jedoch von Schaffner und Passagieren bemerkt wird und zu Henrys Ehrverlust führt. Henry flüchtet nach Paris und gründet dort die Band »Lord Punchs Jazz-Band-Boys«. Die internationalen Mitmusiker zeichnen sich dadurch aus, dass bei allen das ›Synkopische‹ (vgl. S. 19) eine verbindende Charaktereigenschaft ist. Sie sind ein Verein von Untauglichen: Henry als entehrter Lord spielt Geige, der Saxophonist Punch war ein Exzentrikclown, der das Publikum nicht zum Lachen, sondern zum Weinen brachte, Tobby war seekranker Matrose und spielt nun Ziehharmonika. Hinzu kommen der neapolitanische Straßensänger Tino Cecconi, der den Neapolitanerinnen nicht die von ihm geforderten Liebesdienste erfüllen will, und der Jude Siegi Winter, der Generaldirektor einer Schuhoberteilfabrik werden sollte, bei dem Maschinenlärm jedoch nicht rechnen kann, sondern lieber die Fabrikgeräusche dirigiert. Die Band hat durchschlagenden Erfolg in Paris, zumal sie noch um die fünf »Dancing-Girls« (S. 53) Baby, Dolly, Winnie, Peggy und Bully ergänzt wird. Die wunderschöne Baby verliebt sich in Henry, der hängt in Gedanken aber immer noch Mae nach, die ihrem Mann Douglas treu ist, aber exzentrisch genug, um sich mit dem mysteriösen Maler Astragalus einzulassen, dessen liebstes Motiv allerdings Frauen im Moment des Todes sind, weswegen er bereits zum Mörder an einem Modell geworden ist. Mae und Astragalus treffen sich in Paris, Maes Mann kommt ihm rechtzeitig auf die Schliche: Es kommt zum Showdown im Tanzlokal Château d’Or bei einem rauschenden Rosenmontagsball mit der Hausband »Lord Punchs Jazz-Band-Boys and Dancing Girls« (S. 53), bei dem herauskommt, dass Maes Jugendfreundin Victoria St. Clair Mae in die Hände von Astragalus gespielt hat, weil diese ihr einst Douglas wegschnappte. Da Baby merkt, wie sehr Henry in Mae verliebt ist, will sie sich beiden zuliebe den Künsten des Astragalus opfern. Durch diesen Heroismus verliebt sich Henry nun endlich in Baby, das Ehepaar R. ist wieder glücklich vereint, die anderen vier Bandmitglieder bekommen die anderen vier Tänzerinnen und Astragalus muss ins Gefängnis, weil er seinen Kunsteifer in der alles ans Licht bringenden Nacht an einer Dauerbesucherin des Tanzlokals auslebt, die vom Erzähler in ihrer stereotypen Funktion des Tanz- und Amüsiergirls nur den despektierlichen Namen »So-Etwas« (S. 22) erhält. Also fünf Hochzeiten und ein Todesfall mit rauschendem Jazz als Hintergrundmusik. Vor allem die Zuspitzung der Liebes- und Kriminalgeschichte im Lokal Château d’Or mit nahezu dem gesamten Figurenensemble in einem Raum zeigt die Begabung des Drehbuchautors Hans Janowitz. Genuin literarische Gestaltungsmittel sind allerdings ein aufgedrehter und geschwätziger Erzähler, der sich häufig mit metafiktionalen Kommentaren ins Geschehen einschaltet und eine Vorliebe für Wortspiele und sich verselbstständigende Metaphern hat. Zum Beispiel bei der Beschreibung der Musik am Abend des Show-Down:
Es ist die Stunde, wo alles dort den Höhepunkt erreicht: die Stimmung, die Tanzfreude, der Jazz-Geist, der in dem Hause waltet, und die Rechnungen, die M. Adolphe [Inhaber des Château d’Or] den Gästen serviert. So-Etwas ist, wie alle Abende, aufgeblüht unter dem Strahl der Glühbirnen und dem Sprudelbad der Töne, das ›Lord Punchs Jazz-Band‹ durch das Palais ergoß, bald dampfendheiß, daß die Glut bis in die Knochen der Tänzer und Tänzerinnen dringt, bald kalt und eiskalt, daß sie zähneklappernd unbändig herauslachen müssen wie unter einer Dusche. Das Saxophon Punchs durchfegt den Hexenkessel des Raumes mit seinem launischen Schmettern oder Grunzen, mit der Wirkung eines unsichtbaren Kochlöffels, der alles in dem Topfe durcheinanderwirbelte, das Unterste zu oberst kehrt und das Oberste zu unterst; aber ein ganzes Büschel von kleinen und größeren Kochlöffeln besorgt dem Topfinhalt einen immer höher gesteigerten Wirbel, so daß das Oberste wiederum zu unterst und das Unterste zu oberst zu liegen kommt, um immer neu von oben nach unten und rechts nach links und links nach rechts, quer hinauf und quer hinunter gewirbelt zu werden. Da sind die Violinen und das Klavier, die Trommel, Gesangsstimmen männlichen und weiblichen Timbres, da ist das ›Flexaton‹ in den Händen Siegis, das Stepbrett unter den Füßen Henrys und der Girls, Hupen und Kindertrompete, Kastagnietten und platzende Luftballons, alles Lautspender, die sich, jeder in seiner Art, als kräftige Kochlöffel bewährten. (S. 75f.)
Neben der stark demokratisierenden Wirkung, die der Musik zugeschrieben wird,39 fällt die übermäßige Verwendung von Metaphern auf, die in ihrer Wiederaufnahme vor keiner Katachrese zurückschreckt: Ein unsichtbarer Kochlöffel, mit dem durch den Raum gefegt wird, unterstützt von einem Löffelbündel, die in Gemeinschaftsarbeit erst das Sprudelbad produzieren, das sie in den Hexenkessel gießen, und dann für die akustische Volksspeisung zubereiten. Das entspricht dem oben zitierten Programm des »blühenden Unsinn[s]«, den Janowitz zur »Verjüngung der Welt« (S. 8) verbreiten möchte.
Neben der überbordenden Verwendung von Metaphern ist noch etwas bemerkenswert: die Instrumentierung. Die Handlung des Romans wird im Text auf »die Zeit um 1925« (S. 6) datiert, die Beschreibung des Instrumentariums entspricht jedoch eher dadaistischen Jazzversuchen um 1920 als einer professionellen Abendunterhaltung, wie sie sich ab Mitte der 1920er Jahre entwickelt. Entweder kennt der Erzähler die zunehmend seriöser werdende Jazzpraxis in dieser Zeit nicht oder er spielt bewusst auf ein Image von Jazz an, das diese Musik in Texten des Dadaismus erhalten hat. Zum Beispiel auf George Grosz’ Gesang an die Welt von 1918, in dem der Ragtime euphorisch bejubelt und eine Varieté-Szene beschrieben wird, in der es zwar noch turbulenter zugeht, die aber ebenso in der Faschingszeit spielt. Vielleicht ist es kein Zufall, dass die Tanznacht bei Janowitz an einem Rosenmontag stattfindet:
Niggersongs im Schädel,
Bunt wie Hyazinthenfelder,
Oder turbulente D-Züge,
[…]
Was erfanden die Menschen?
Das Fahrrad – den Fahrstuhl – die Guillotine – die Museen,
Das Variété – das Frackhemd – das Panoptikum,
Die dunkle Manilla – – –
Die grauen Steinkästen
Und flimmernde Sonnenschirme
Und die Faschingsnächte
Und die Masken – – – – –
Seht!!! Zwei Affen tanzen Schuhplattler im Variété.
Hoch knallt die Sketch-Pistole,
Und lammfromm kriecht der Masoch ins Geschirr.40
Beide Texte feiern Jazz als Spektakel, Lärm und ›blühenden Unsinn‹. Und Janowitz zeigt sich so vielleicht weniger als Kenner der Jazzpraxis um 1925, als vielmehr als Kenner des Dadaismus.41 Denn einerseits nutzt er in seinem Text das Image, das der Dadaismus von Jazz entworfen hat, für seine Version dieser Musik. Andererseits profitiert sein Text zusätzlich von einem bestimmten Verständnis, dass die Zeitgenoss_innen von Dadaismus und Kabarett haben als denjenigen Literaturformen, denen Eigenschaften wie lustig, sinnverweigernd, sprachspielerisch, aber auch avantgardistisch oder anti-bürgerlich zugeschrieben werden. Denn auch diese Bedeutungsebene nutzt Janowitz für eine nun intertextuelle Bedeutungsübertragung auf die Musik. Was Jazz bedeutet, wird hier nicht über eine Analogie zur Musik, sondern über Analogien zu anderen Texten und literarischen Strömungen bestimmt. Die intermediale Beziehung zwischen Text und Musik entsteht also über einen intertextuellen Umweg. So auch bei der Umsetzung der ›synkopischen‹ Gesamtstruktur des Textes.
Der insgesamt 122 Seiten lange Text ist in 30 Kapitel eingeteilt, in denen zwar einigermaßen chronologisch erzählt wird, jedoch sehr häufig aufeinanderfolgende Kapitel repetitiv denselben Zeitraum an einem anderen Ort oder bei einer anderen Figurengruppe berichten. Hierbei ist der kalauernde Erzähler einerseits Moderator der zeitlichen und räumlichen Sprünge, andererseits verhindert er den Fortgang der Handlung andauernd durch Digressionen. Für diese findet er meist sprachspielerische Begründungen. Im sechsten Kapitel wird ausführlich davon berichtet, dass Tobby seinen Beruf als Matrose aufgeben musste, weil er andauernd »kotzte« (S. 18). Im siebten Kapitel soll nun über die »Poesie des Nachtlokals« (S. 19) berichtet werden, mit folgender Begründung:
zur Einführung des Lesers in das neue Milieu gewissermaßen, und darum, weil es mir Spaß macht, den sogenannten Gang der Handlung noch einmal und immer wieder noch einmal synkopisch zu unterbrechen. Denn vergessen Sie nicht, meine Herrschaften: es ist ein Jazz-Roman, der hier entsteht. Der Jazz-Charakter muss doch endlich irgendwo zum Ausbruch kommen. Weil nun in diesem Kapitel schon viel gebrochen wurde, so breche er also im nächsten aus. (S. 19)
›Synkopisch‹ heißt hier also ein Hang zu Sprachspielen, Publikumsansprache und Digressionen. Diese Gestaltungsmerkmale lassen sich nicht in Jazzmusik nachweisen. Und es hätte wohl auch keinen unmittelbaren Erkenntniszugewinn, Lawrence Sternes Tristram Shandy oder Romane von Jean Paul als ›synkopische‹ Literatur zu bezeichnen. Vielmehr verdeutlichen die intertextuellen Bezüge zweierlei: Die Beschreibung des Tanzabends bei Janowitz als Stilzitat des Dadaismus und die Gesamtkonzeption des Romans als Bezug auf die Großmeister des satirischen Romans im 18. Jahrhundert zu lesen, wird so als literarischer Versuch erkennbar, die thematische Forderung auch formal einzulösen, Jazzmusik als ›blühenden Unsinn‹ zu verstehen, der als positives Programm allen Beschwörungen des Kulturverfalls und der zunehmenden Bedrohung des Individuums durch die Moderne entgegengesetzt wird. Und zwar genau anhand der Musikrichtung, die für viele Inbegriff gerade dieses Kulturverfalls ist.42 Das ist die gelungene Provokation dieses Romans und in diesem Zusammenhang müssen die Darstellungsverfahren von Jazz im Text verstanden werden. Des Weiteren zeigt diese intertextuelle Steuerung der intermedialen Beziehung von Literatur und Musik, dass die Darstellung von Musik gerade nicht – wie Wolf im Handbuch Literatur & Musik annimmt – auf massive Abweichungen von literarischen Konventionen angewiesen ist. Jazz ist ein unterhaltsamer Kriminalroman, der darin beschriebene Jazz ist begeisternde Tanz- und Unterhaltungsmusik. Diesen mithilfe dadaistischer und satirischer Verfahren darzustellen, gibt der Musik genau diese Bedeutungsdimension. Zusätzlich profitiert die zitierte Rosenmontags-Szene, aber auch der gesamte Roman, von der Betonung des Performativen im Dadaismus, weswegen es völlig schlüssig ist, dass Janowitz seinen Bezug zum Dadaismus gerade durch einen Live-Auftritt der Jazz-Kapelle inszeniert. Der Dadaismus trat mit dem Programm an, Kunst mit einer spielerischen Respektlosigkeit wieder zurück ins Leben zu holen, fernab von jeglichem formexperimentellen Elitismus.43 Das äußerte sich zwar auch in Verfahren, die in ihrer Entstehungszeit als avantgardistisch wahrgenommen wurden, aber denen das Pathos des l’art-pour-l’art vollständig fehlte. 1927 kann sich Hans Janowitz auf die formalen Neuerungen, die sowohl der Dadaismus als auch das satirische Erzählen brachten, spielerisch und ohne jeden Gestus von Avantgarde berufen, es sind Formen witziger und unbeschwerter Unterhaltung geworden, die damit genau das ausdrücken, das Jazz in Jazz sein soll: blühend unsinnige Unterhaltungsmusik gegen den Stumpfsinn kulturpessimistischer Verfallsklagen.
3. Wolfgang Koeppen: Tauben im Gras – die Polyphonie der literarischen Moderne
Eine so klare Frontstellung gegen kulturpessimistische Positionen lässt sich aus Wolfgang Koeppens Tauben im Gras von 1951 nicht herausarbeiten und auch eine knappe Inhaltsangabe ist nicht so einfach möglich, denn der Roman ist inhaltlich und formal viel komplexer als das Werk von Janowitz. In deutlicher Anlehnung an Darstellungsverfahren moderner Literatur der Zwischenkriegszeit werden unterschiedliche Handlungsstränge mit verschiedenen Figuren zusammenmontiert. Kohärenz stiften hierbei die Einheit von Ort und Zeit – der Roman spielt an einem einzigen Tag in München44 – und die häufig sehr virtuose Verknüpfung zwischen den einzelnen Episoden. Gerade diese Verknüpfungen können nicht nur Kohärenz, sondern aufgrund ihres Anspielungsreichtums auch Verwirrung stiften, wie das folgende Beispiel zeigen soll, in dem der Übergang mithilfe von Musik hergestellt wird:
Aus der Kirche, aus ihren noch nicht wieder eingesetzten Fenstern grollte unter den Händen des übenden Organisten die Orgel, erhob sich das Stabat-mater.
Stormy-Weather: die Musik der Kinoorgel wehte, wogte, bebte und rasselte. Sie wehte, wogte, bebte und rasselte aus allen Lautsprechern.45
Der Wechsel von Ort, Personal und Handlungsstrang wird verknüpft durch die Nennung zweier Liedtitel, die auf der Textoberfläche verbunden sind durch Alliteration und gleicher und gleichbetonter Silbenzahl. Wertet man diese Nennung als musikliterarische Evokation, hat der musikkundige Leser auch gleich die beiden Liedtexte präsent und kommt so von den sprachlichen Gemeinsamkeiten zu den inhaltlichen Unterschieden: der Fürbitte an die im Angesicht ihres gekreuzigten Sohnes leidenden Maria um Stärke für das eigene sorgenvolle Erdendasein und Heil im Jenseits auf der einen Seite und der untröstlichen Klage einer verlassenen Frau um ihren treulosen Geliebten auf der anderen. So eng zusammengestellt deuten sich diese beiden Musikstücke gegenseitig. Das alte, auf einer Orgel gespielte Kirchenlied zeigt angesichts grenzenloser Verlusterfahrung die Möglichkeit zu Trost im christlichen Glauben, das auf einer elektrisch verstärkten Heimorgel gespielte neuere Lied formuliert ohne diese Heilsperspektive eine zwar nur säkulare, aber unstillbare Trauer. Diese Bedeutung etabliert sich freilich intertextuell, ob der musikkundige Leser bei der Nennung der Lieder auch Musik hört, wie es in Theorien musikliterarischer Intermedialität verhandelt wird,46 ist insofern problematisch, als im Text nicht klar genug genannt wird, welche der vielen Vertonungen des Stabat mater und von Stormy Weather gemeint sind. Zumal die Leser_innen bei Stormy Weather nicht nur etwas hören, sondern auch etwas sehen müssten. Denn möglicherweise bezieht sich die Anspielung im Text auf den Film Stormy Weather von 1943, in dem Lena Horne den Titelsong interpretiert und den Odysseus Cotton und Joseph in der Szene gerade im Kino sehen. Hieran zeigt sich bereits, dass es bei der Bezugnahme auf Musik in diesem Text zumindest nicht ausschließlich um eine Musikalisierung geht. Die beiden Lieder stehen im Zusammenhang mit dem gesamten Text stellvertretend für bestimmte kulturgeschichtliche Positionen im Umgang mit Trauer und Verlust und damit im Kontext der intertextuellen Gesamtstruktur von Tauben im Gras. Diese besteht nicht nur in der Montage von Zeitungsmeldungen oder Literaturzitaten in den Text, sondern vor allem in unzähligen Stilzitaten, überwiegend aus der Literatur der literarischen Moderne.47 Zwar könnte sich Koeppen bei dem Verfahren, zwei Episoden musikalisch miteinander zu verknüpfen, an Friedo Lampes Am Rande der Nacht orientiert haben,48 aber es geht Koeppen selten um ein konkretes Werk als Vorlage, sondern ganz allgemein um die gesamte Epoche der modernen Literatur der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts,49 die er zur Bezugs- und Deutungsfolie seines eigenen Textes macht. Dass in Tauben im Gras auch Jazz vorkommt, passt völlig zu diesem Programm, denn Koeppen nennt darin ausschließlich Jazztitel, die vor dem Zweiten Weltkrieg geschrieben wurden und in der Nachkriegszeit bereits zur etablierten Playlist von Unterhaltungssendungen gehören. Der kulturelle Nachholbedarf der deutschen Nachkriegsgesellschaft bezieht sich also nicht nur auf die Literatur der Moderne, sondern auch auf moderne Tanzmusik. Und es ist diese Musik, die im Gegensatz zu den zeitgenössisch avantgardistischen Jazzformen Bebop und Cool-Jazz bereits zum Material für eine wiederholende und zitierende Aktualisierung zur Verfügung steht. Denn die meisten der im Roman erwähnten Jazztitel gehören seit den 1950er Jahren zum immer wieder neu interpretierten Bestand des Great American Songbook. Die intertextuelle Bezugnahme auf die Literatur der Moderne verleiht so auch der Jazzmusik ihre Bedeutung als der Form von Musik, von deren Entwicklung Deutschland durch die NS-Zeit abgeschnitten war, die sich aber durch eine nachholende Aktualisierung immer wieder neu aneignen lässt. Insofern passt Jazz sehr gut zu Koeppens literarischem Verfahren einer wiederholenden Aktualisierung der literarischen Moderne.50
Neben der Virtuosität seiner Kombination von Themen und Darstellungsverfahren der literarischen Moderne liegt Koeppens Originalität darin, mithilfe von Musik auf seine Poetik des Synkretismus hinzuweisen. Dies hat Friedhelm Marx für Koeppens eigentlichen Musikerroman Der Tod in Rom gezeigt, in dem sich Koeppens Vorliebe für die Neukombination von Tradition und Gegenwart in der Vision Siegfried Pfaffraths offenbart: »[›]Hörst Du es nicht, Pan spielt das Saxophon, und Orpheus singt zum Banjo kleine Dschungellieder!‹«51 Gleiches gilt für die Stilkombination in Pfaffraths Symphonie, welche jedoch nie explizit gemacht wird, sondern aus den verschiedenen Meinungen und Höreindrücken der Figuren erschlossen werden muss.52 Marx verweist auch kurz auf die poetologisch einschlägige Passage in Tauben im Gras: die Szene im Tanzclub der schwarzen US-amerikanischen Soldaten.53 Denn in diesem Club mischt sich Tradition und Gegenwart bereits in der Jazzmusik, die von einem deutschen Tanzorchester gespielt wird: »Die Kapelle spielte Dixieland. Unter der Stabführung des Musikmeisters spielte sie eine der ersten Jazz-Kompositionen, deutsch und romantisch in der Weise des Freischütz« (TiG, S. 194). Es lässt sich freilich fragen, ob so eine gelungene Synthese aussehen (und klingen) kann. Allerdings ist die Verbindung von Jazz als einer für Koeppen genuin US-amerikanischen Musik und musikalischer deutscher Romantik der offensichtliche Stellvertreter für ein ganzes Bündel von inhaltlichen und formalen Synthesen von Gegensätzen, die in diesem Club aufeinandertreffen: Der »alte[…] Freischützdirigent[…]« (TiG, S. 202) Behrend ist nur deswegen Leiter einer Tanzkapelle in einem Soldatenclub, weil er nach dem Krieg seine Frau für die Tschechin Vlasta sitzen ließ und sich so aus dem bürgerlichen Musikbetrieb verabschiedete. An diesem Abend kommt seine Tochter Carla in den Club, die von dem schwarzen Soldaten Washington Price schwanger ist, gerade beschlossen hat, das Kind zu behalten, und mit Washington zusammen nach Paris zu gehen. Vater und Tochter begegnen sich reserviert freundschaftlich; der Vater unterdrückt seine Bedenken über den schwarzen Partner seiner Tochter, weil er sich selbst mit seiner tschechischen Geliebten in einer ähnlichen – gesellschaftlich nicht akzeptierten – Beziehung sieht. Um Carla und ihrem afroamerikanischen Partner eine Freude zu bereiten (und so musikalisch seine Zustimmung zu deren Beziehung zu zeigen), spielt Behrend eine Hot-Jazz-Nummer, die freilich nicht ›hot‹ klingt, jedoch von Carla als »schön« (TiG, S. 203) empfunden wird, weil Vater und Tochter auf neue Weise verständnis- und liebevoll miteinander umgehen. In dieser Passage bündeln sich alle Stil- und Themensynthesen:
Die Kapelle des Herrn Behrend fing an, mit Blech zu rasseln und die Trommeln zu rühren. Dann setzten die Trompeten ein. Es war laut, und es war auch schön. Susanne hatte Odysseus gefunden. […] Susanne, die Kirke und die Sirenen und vielleicht auch Nausikaa war, hielt Odysseus umschlungen. Zur Hot-Weise des Musikmeisters glitten sie wie ein Leib im Tanz über das Parkett, wie eine vierfüßige sich windende Schlange. Sie waren beide erregt. Alles, was sie heute erlebt hatten, hatte sie erregt. Odysseus hatte fliehen, Odysseus hatte sich verstecken müssen, man hatte ihn nicht gefangen, der große listenreiche Odysseus war den Häschern entkommen, er hatte Susanne Kirke die Sirenen betört, oder sie hatten ihn betört, und vielleicht hatte er Nausikaa erobert. Wenn das nicht erregte? Es erregte. Es erregte sie beide. Die Schlange mit den vier Beinen, die so geschmeidig sich windende Schlange wurde von allen bewundert. Nie würden sie sich aus dieser Umschlingung lösen. Die Schlange hatte vier Beine und zwei Köpfe, ein weißes und ein schwarzes Gesicht, aber nie würden die Köpfe sich gegeneinander wenden, nie die Zungen gegeneinander geifern: sie würden sich nie verraten, die Schlange war ein Wesen gegen die Welt. (TiG, S. 203)
Ein deutsch-afroamerikanisches Liebespaar tanzt zu US-amerikanischer Musik, die von einem deutschen Orchester gerumpelt wird, und vereinigt sich für den kurzen Augenblick des Tanzes zu einem ewigen mythischen Wesen, vereinigt in einer musikalischen Synthese aus Jazz und Romantik und in einer sprachlichen Synthese aus klassisch griechischer und moderner Literatur. Das utopische Potenzial dieser Passage ist offensichtlich und betrifft sowohl die inhaltliche wie auch die textliche Ebene: So wie Susanne und Odysseus eine unzertrennliche Einheit bilden »gegen die Welt«, so ist auch Wolfgang Koeppens Roman-Poetologie zu verstehen als ein intertextuelles Schreibprojekt gegen die Welt, das seine Einheit durch die virtuose Stilkombinatorik aus literarischer Tradition und Moderne gewinnt. In der hier dargestellten Jazz-Musik äußert sich also Koeppens Ideal einer ›ästhetischen Existenz‹,54 das der Grausamkeit und Gewalttätigkeit der Gegenwart entgegengesetzt wird. Die Darstellung von Jazz ist in Tauben im Gras also zuerst einmal insofern intertextuell gesteuert, als sie im Rahmen des intertextuellen Gesamtkonzepts steht und sich nicht sonderlich von der Darstellungsweise anderer Themen oder Sachverhalte unterscheidet. Im Gegensatz zu anderen Themen hat Jazz jedoch eine zentralere Funktion im Text, weil er die Poetik des Romans verdeutlicht: Einerseits macht er das Verfahren der ›wiederholenden Moderne‹ thematisch explizit, da es sich im Text um Jazzmusik der 1920er und 30er Jahre handelt, deren Kenntnis nach dem Krieg in Deutschland erst nachgeholt werden muss. Andererseits verweist die deutsch-amerikanische Kombination, in der der Jazz hier gespielt wird, auf das Ideal einer Synthese traditioneller und moderner Stile und der Reaktualisierung von durch den Krieg verlorengegangener Kultur, das der Roman selbst literarisch einzulösen versucht.
Solch ein Schreibverfahren nennt Marx in Bezug auf Der Tod in Rom ›polyphon‹: »Koeppens ›musikalische‹ Spielart literarischer Selbstreflexion bezieht sich nicht nur auf die polyphone Musik der Moderne, sondern zugleich (und vor allem) auf literarische Texte. Zur Vielstimmigkeit des Romans gehört die innerliterarische Auseinandersetzung mit anderen Werken.«55 So naheliegend dieser Vergleich ist, so eindeutig ist hier das Sprechen von ›Polyphonie‹ ein metaphorisches, das allerdings recht verbreitet ist, wie eine Äußerung aus dem aktuellen Handbuch Literatur & Musik beweist: »Polyphon ist Literatur […] in ihrer pluralen Sinnhaftigkeit und Mehrdeutigkeit. Als klanglich realisierte Partitur bleibt sie aber einstimmig.«56 Bei diesem Versuch, den Unterschied zwischen polyphoner Musik und polyphoner Literatur zu markieren, gerät literarische Polyphonie zu einem allgemeinen Merkmal nahezu jeglichen literarischen Textes und damit zu einem für die konkrete intermediale Analyse unbrauchbaren Begriff. Gleichzeitig benennt diese Definition jedoch den entscheidenden Unterschied. Der Begriff ›polyphon‹ kann zwar in der Musikwissenschaft recht unterschiedliche Phänomene bezeichnen, die jedoch eine verbindende Gemeinsamkeit haben: Mehrstimmigkeit, und zwar insofern als mehrere Stimmen gleichzeitig erklingen.57 Dies kann ein einsträngiger literarischer Text nicht leisten. Zwar bedient sich Koeppen sowohl in Tod in Rom als auch in Tauben im Gras vielfältiger spezifischer Referenzen und Systemreferenzen auf Musik, die Rede von ›Polyphonie‹, wie sie Marx vorschlägt, legt jedoch eine umfassende literarische Imitation von musikalischen Strukturen nahe, die in beiden Texten nicht gegeben ist. Die Romane mögen sich für ihre Struktur zwar auch bei der Musik bedienen.58 Sie bedienen sich aber vor allem, auch und gerade in ihren musikdarstellenden Passagen, bei anderen literarischen Texten.
4. Thomas Meinecke: Musik – das Sampling der (Pop-)Kultur
Thomas Meinecke gehört zu den avanciertesten Vertretern postmoderner Schreibverfah-ren in der deutschen Gegenwartsliteratur: Eine ›Geschichte‹ im traditionellen Sinne findet man in seinen Texten nicht, sondern meist einige Figuren, die nahezu vollständig aus den Texten bestehen, die sie lesen, und miteinander über diese Texte diskutieren, meist entlang gemeinsamer Interessen wie Fragen nach ethnischer, kultureller, sexueller oder religiöser Zugehörigkeit. Meineckes Figuren sind somit weniger Individuen als vielmehr Fragezeichen in den unterschiedlichsten Diskursen von Identität und Individualität. Auch Meinecke selbst stilisiert sich zu solch einem Fragezeichen in seiner Frankfurter Poetikvorlesung, in der er ausschließlich aus Kritiken und wissenschaftlichen Arbeiten über sich oder aus Interviews mit ihm zitiert. So stellt er in seiner ersten Vorlesung die unterschiedlichsten Kontextualisierungsversuche der Literaturkritik zu seinem ersten Verkaufserfolg Tomboy aus. Um literarische Gegensätze oder Gemeinsamkeiten zu verdeutlichen, fallen Namen wie Honoré de Balzac, Thomas Mann, August von Kotzebue, Rainald Goetz, Michel Houellebecq, Ingeborg Bachmann, Norbert Niemann, Robert Musil, Gustave Flaubert, David Lodge, Elfriede Jelinek, Nick Hornby, Florian Illies, Andreas Neumeister, Hubert Fichte, Rolf Dieter Brinkmann, Kathrin Röggla, Walter Serner oder Carl Einstein.59 Bei einem Autor wie Meinecke, der ›Pop‹ ausdrücklich zur Produktionsmethode seiner Texte erklärt,60 werden natürlich auch musikalische Vergleiche gezogen, zum Beispiel zur Popmusik, Minimal Music oder Punkrock.61 Meinecke betont selbst, dass er versuche, seine Romane aus Gelesenem und Gefundenem wie ein DJ zu sampeln.62 Der Begriff des ›Samplings‹ wurde inzwischen für die literaturwissenschaftliche Untersuchung seiner Texte methodisch fruchtbar gemacht, um zu beschreiben, wie Meinecke Zitate aus Texten postmoderner Theorie, popmusikalisches Wissen und Nachrichtenmeldungen unterschiedlicher Medien miteinander verbindet und zu einem neuen Text anordnet, der gleichzeitig sinnhaft in sich geschlossen und offen für die weitergehenden Assoziationen der Leser_innen ist.63 Meineckes Schreibverfahren des ›Samplings‹ unterscheidet sich laut Florence Feiereisen von bisherigen literarischen Verfahren des Zitierens, weil in postmodernen Poetologien der Unterschied zwischen Original und (zitierter) Kopie verschwimmt beziehungsweise ein Zitat immer nur eine Verweisfunktion auf einen intertextuellen oder außertextuellen Kontext hat, das postmoderne Sample jedoch sowohl Verweis als auch (neues) Original ist:
In ihrer Verweisfunktion erlangen Samples jedoch Eigenständigkeit, einen eigene [sic] Kontext. In diesem Sinne verweist jedes Sample (auch in Meineckes Literatur) auf das Original, oder besser: eine frühere Version, und liefert mit sich selbst gleichzeitig eine neue Version.64
Diese Bestimmung von ›Sample‹ beschreibt treffend, wie Meineckes Texte funktionieren. In ihnen wird heterogenes Material gegeneinandergeschnitten, um verdeckte Sinnebenen im Material oder durch die Kombination entstehende neue Sinnebenen aufzuzeigen. Allerdings leisten solche Zitatmontagen auch schon lange vor der Postmoderne diese Bedeutungsetablierung, wie sich zum Beispiel oben im Abschnitt zu Janowitz an der Aktualisierung dadaistischer Literatur zeigt. Der von Feiereisen genannte Unterschied ist also nicht allzu trennscharf,65 dabei lässt sie einen anderen Unterschied zwischen musikalischem Sample und literarischem Zitat unerwähnt. Er betrifft – wie schon bei der Polyphonie – das Problem der Gleichzeitigkeit: Literatur kann Zitate nur hintereinander ordnen. Zwar gruppiert Meinecke in seinen Texten die Zitate so, dass Querverweise über größere Abschnitte stattfinden und so der Eindruck vom Übereinanderlegen verschiedener ›Samples‹ entstehen soll, tatsächlich kann es aber nur beim Eindruck bleiben, wohingegen Sampling in der Musik tatsächlich meist genau das Ineinandermischen verschiedener Tonspuren meint.
Nach Wolf wäre dies insofern eine Musikalisierung, als literarische Texte die Gleichzeitigkeit von Musik eben immer nur andeuten, aber nie vollständig erreichen können.66 Aber selbst wenn man dies akzeptiert, lässt sich mit Wolfs Ansatz nicht klären, dass die Rekontextualisierung oder Umdeutung von bereits existierendem Material in Musik und Literatur völlig unterschiedlich funktioniert. Die Rekontextualisierung von Samples in der Musik geschieht im Gegensatz zur Sukzession in literarischen Texten gerade durch Gleichzeitigkeit, also dadurch, dass verschiedene Samples gleichzeitig erklingen oder ein bestimmtes Sample aus dem Ursprungskontext entnommen und mit einer neuen Bassspur, einem neuen Rhythmus oder neuen Harmonien unterlegt wird. Diesen Unterschied gilt es im Folgenden zu beachten. Er gilt auch und vor allem für die Analyse von Jazzmusik in Meineckes Werk, wie die Untersuchung von Andrew W. Hurley zeigt. Denn dieser sieht einen Zusammenhang zwischen Meineckes Schreibweise und der Jazzästhetik ebenso wie Feineisen für die DJ-Culture gerade in der Verwendung von literarischen oder allgemeiner Text-Zitaten.67 Und tatsächlich ließen sich einige Parallelen zwischen dem Zitieren von bereits existierender Musik in Jazz und elektronischer Musik ziehen, da sich in beiden Fällen auf einen bestimmten Traditionsbestand bezogen, dieser neu kontextualisiert oder umgedeutet werden kann, jedoch besteht beim Zitieren in Jazz der gleiche Unterschied zur Literatur wie bei elektronischer Musik: Das Zitat im Jazz gewinnt seine neue Bedeutung meist durch das gleichzeitige Erklingen mit einer anderen Komposition, oder zumindest anderem Harmoniematerial oder einem anderen Rhythmus.
Das komplexe Verfahren der Zitatanordnung und der so entstehenden Querverweise in Meineckes Texten kann hier freilich nicht ausführlich gezeigt werden.68 Es muss im Folgenden ein Auszug aus Musik mit Jazzbezug genügen:
Seit Tagen dreht sich des Trompeters Dick Suttons Album Progressive Dixieland von 1954, mit Steve Lacy an Klarinette und Sopransaxophon, sowie des Posaunisten und Pianisten Bob Brookmeyers Album Traditionalism Revisited von 1957, mit Jimmy Giuffre an Klarinette und diversen Saxophonen, auf meinem Plattenteller. Interessantes Zusammenspiel von Wiederholung und Differenz: Hot Jazz erscheint hier, des Kornettisten und Pianisten Bix Beiderbeckes verfrühtes Versprechen einlösend, als Cool Jazz. Logisch: Das Neue ist ja eben nie wirklich neu; vielmehr wird das Althergebrachte ständig neu überschrieben. Wie in der permanenten, stets performativen Rekonstruktion unserer Identität; wie in meinem elektronischen Textverarbeitungsprogramm. Vergleiche auch: Die auf Bix Beiderbecke basierende, wiederholt als süßlich, ist gleich effeminiert, in Verruf geratene Intonation des Cool Jazz-Trompeters Chet Baker, dem Bob Brookmeyer, noch weicher klingend, nämlich an der Ventilposaune, als Solist im Gerry Mulligan Quartet nachfolgte. Neue Seite. Am 31. August starb Lionel Hampton, einst afrikanisch-amerikanischer Förderer des frisch gegründeten Staates Israel, Jahre davor bereits als Star der Swing Music wichtiger Teilnehmer an des Klarinettisten Benny Goodmans Carnegie Hall Jazz Concert zur Errettung der vom gewaltsamen Tod bedrohten Juden aus dem Deutschen Reich, als Vibraphonist von größtem Einfluß noch auf Vincent Montana, Philly Soul, Salsoul Disco, in einem biblisch hohen Alter, das sich gar nicht genau feststellen läßt. Wofür ich Lionel Hampton, im grundsätzlichen Gegensatz zu den meisten Jazz Fans, besonders schätze: Er interpretierte Be-Bop als Rhythm & Blues. Neue Seite.69
Derjenige, der hier ›ich‹ sagt, ist die Figur Karol, von Beruf Flugbegleiter und zusammen mit seiner Schwester Kandis das Protagonistenpaar des Romans. Karol sammelt Material für eine Untersuchung zu den Begriffen ›hot‹, ›sweet‹ und ›cool‹ in der Musik des 20. Jahrhunderts und deren Verknüpfung mit Vorstellungen von Weiblichkeit und Männlichkeit. Kandis ist Schriftstellerin und sammelt Material für ein Buch über Ludwig I. und Ludwig II. von Bayern, Lola Montez, Clara Bow, Ruby Keeler, Leonard Bernstein und Claudia Schiffer, weil diese am gleichen Tag Geburtstag haben (oder vorgeben zu haben) wie Kandis, am 25. August, dem Geburtstag von Thomas Meinecke. Der Roman besteht überwiegend aus den Lesefrüchten und den dazugehörigen Assoziationen, die die beiden und deren Freundinnen und Freunde zu diesen Themen finden, sich gegenseitig schicken und miteinander diskutieren. Der Roman ist also die dokumentierte Materialsammlung zu zwei Büchern, die nicht geschrieben werden, wobei der Schreibprozess – wie im Zitat – ständig ausgestellt wird: »Neue Seite.« Die Figuren lesen kreuz und quer feministische und Gender-Theorie, theoretische und populäre Texte zu Fragen der kulturellen und ethnischen Zugehörigkeit, Mode, Film und vor allem Musik. Die Darstellung von Musik beschränkt sich meist auf den hochtheoretisierten Insider-Talk der Figuren. Falls einmal der Vorgang des Musikhörens thematisiert wird, wie im zitierten Abschnitt, wird die Musik genauso wie alles Gelesene an die Themen gebunden, die im Zentrum der Figurengespräche und somit des Romans stehen: die Problematisierung und das Unterlaufen eindeutiger Zuschreibungen von kultureller, ethnischer, religiöser oder sexueller Zugehörigkeit und somit immer auch der Frage nach Authentizität oder Identität. Diese thematischen Interessen bestimmen auch die Musikvorlieben der Figuren. Im obigen Zitat bildet das Hören der beiden Platten den Denkanstoß für Fragen nach der Authentizität und Überschreibung von Traditionen und dem Unterlaufen kultureller Grenzen durch weiße Jazzmusiker oder schwarze, die in der Band eines russischstämmigen Juden spielten und später den Jazz hin zur Popmusik öffneten.
Die Bedeutung des Jazz in diesem Zitat und im gesamten Roman ist die eines Assoziationsraums für die Figuren. Diese gleichen das Gehörte mit dem ab, was sie gerade gelesen haben oder worüber sie gerade diskutieren. Genau dies leistet die Darstellungsweise des Textes: Die Zitatmontage aus unterschiedlichsten Texten, die durch ihre spezielle Anordnung im Roman einen Zusammenhang aus verschiedensten Querverweisen und gegenseitigen Deutungen und Umdeutungen erzeugen, ermöglicht es Jazzmusik die Bedeutungen zuzuschreiben, die in dem jeweiligen Zitatnetz gerade im Vordergrund stehen. Entscheidend hierbei ist jedoch, dass dieses Verfahren der intertextuellen Bedeutungszuschreibung nicht willkürlich ist. Den Hinweis hierfür liefert der Schluss des oben zitierten Abschnitts: So wie Lionel Hampton eine Verbindung zwischen Swing, Bebop und Disco herstellt, ist es Meineckes Programm, die vermeintlich trennscharfen Unterscheidungen auch im Bereich der Musikgeschichte aufzulösen und bestimmte Formen von Jazz, R&B, Disco oder Techno unter dem Oberbegriff ›Pop‹ zusammenzudenken. Das hat einerseits die inhaltliche Konsequenz, dass Jazzmusik in Meineckes Texten nicht als ein bestimmtes Musikgenre betrachtet wird, sondern als ein Teilbereich der Popkultur. Und es hat andererseits Konsequenzen für die literarische Form. Es ist egal, über welche Musikrichtung geredet wird, präsentiert wird sie immer im Stil der assoziativen Materialsammlung, in der der gesamte Roman geschrieben ist. So ist auch verständlich, wie Meineckes Schreibweise einmal als Ähnlichkeitsbeziehung zur DJ-Culture und einmal zum Jazz betrachtet werden kann. Allerdings bedient sich Meinecke überhaupt keiner Ähnlichkeitsbeziehung zur Musik, sondern bei einer universalen Bedeutung von ›Pop‹, wie sie beispielsweise der Pop-Theoretiker Diedrich Diederichsen formuliert: »Pop-Musik ist der Zusammenhang aus Bildern, Performances, (meist populärer) Musik, Texten und an reale Personen geknüpften Erzählungen.«70 Sicher haben Meinecke und Diederichsen in Einzelheiten ein unterschiedliches Verständnis von Pop, in der Reichweite des Begriffs jedoch nicht. Eher könnte man sagen, dass Meinecke unter ›Pop‹ noch viel mehr versteht als nur Musik und die mit ihr zusammenhängenden Kulturphänomene: Pop ist für ihn »Haltung«, »Praxis«, »analytisches Verfahren«, »Wahrnehmungstechnik«, »Lesen«, »Fragen«, »feminin«.71 Dass sich Meinecke also in seinen Romanen Hellblau (2001), Musik (2004), Jungfrau (2008) und Selbst (2016) an Jazzmusik und in allen seinen Texten an Popmusik abarbeitet, ist deswegen kein Zufall. Der universale kulturelle Zusammenhang, in dem die »Verweishölle«72 Pop immer schon steht, ermöglicht das Verknüpfen verschiedenster Themen und die virtuose Technik der sich gegenseitig deutenden und umdeutenden Zitatmontage. Die Leistung von Meineckes Romanen besteht darin, dass er dieses umfassende Verständnis von ›Pop‹ nicht nur nutzt für sein ebenso umfassendes intertextuelles Schreibverfahren, sondern dass er gerade durch die Radikalität seines Schreibverfahrens die Mechanismen aufdeckt, mit denen innerhalb der Popkultur die Bedeutung von Musik und den dazugehörigen Kulturphänomenen überhaupt erst etabliert und zugewiesen wird. Diese Prozesse der Bedeutungszuschreibung funktionieren meist sprachlich, oder wie Meinecke sagen würde: »Techno heißt Text.«73
Wenn Pop – und damit auch Jazz – nie nur eine Tonspur ist, sondern immer das gesamte Reden darüber, seine Theoretisierung und die Zuschreibung verschiedenster gesellschaftlicher, politischer oder (sub)kultureller Bedeutung, wird es problematisch, noch von der intertextuellen ›Steuerung‹ von Intermedialität zu sprechen. Denn Meinecke versucht mit seinem universalen Intertextualitätsbegriff ja gerade die Unterschiede zwischen verschiedenen Medien einzuebnen. Man muss die programmatischen Vorgaben von Autor_innen nicht übernehmen, wenn man ihre Werke analysiert. Lohnender scheint es mir, bei den literarischen Texten, die den intermedialen Zusammenhang zwischen Literatur und Musik intertextuell gestalten, die unterschiedlichen Spielweisen der intertextuellen Bezugnahme möglichst genau zu benennen. Neben dem Stilzitat bei Janowitz und dem intertextuellen Bezug auf eine gesamte literarische Tradition bei Koeppen wäre Meineckes Verfahren, intertextuell auf alle Bereiche der (Pop-)Kultur auszugreifen, der radikalste Versuch, die literarische Bezugnahme auf Jazz im Speziellen und auf Musik im Allgemeinen intertextuell zu gestalten.
Allen drei hier vorgestellten Gestaltungsmöglichkeiten ist jedoch eines gemeinsam: Die Autoren nutzen intertextuelle Bezüge, um der von ihnen dargestellten Musik eine bestimmte Bedeutung zu geben, die erst durch den Medienvergleich entsteht. Die Frage ›Was bedeutet Jazz?‹ wird in den Texten beantwortet mit: ›Er bedeutend im übertragenen Sinne genau das, was innerhalb des Mediums Literatur die Texte und Strömungen bedeuten, die zur Musikdarstellung genutzt werden‹. Janowitz nutzt den Dadaismus, um Jazz zu einer performativ-spielerischen Unterhaltungsmusik zu erklären; Koeppen macht Jazz durch seine Anspielungen auf die literarische Moderne zu einer modernen US-amerikanischen Musik, die durch ihr utopisches Potenzial das Individuum gegen die Grausamkeiten der Welt abschirmen kann. Bei Meinecke wird Jazz zu einer Musik, in der und anhand derer Fragen nach ethnischer, religiöser, geschlechtlicher und kultureller Zugehörigkeit verhandelt werden, ohne dass es zu verfestigenden Antworten käme. Diese jeweiligen Bedeutungen, die zwar völlig unterschiedlich, aber zur jeweiligen Entstehungszeit keineswegs beliebig an Jazz herangetragen werden, werden in den Texten etabliert, indem sich bei der Musikdarstellung auf andere Texte oder literarische Strömungen bezogen wird, welche die Bedeutung haben, die Jazz haben soll. Was hier also in einem intermedialen Vergleich zwischen Literatur und Musik von einem Medium aufs andere übertragen wird, sind vordergründig Bedeutungen, und keine Formen und Strukturen. Eine intermediale Analyse, die zuerst nach formalen und strukturellen Analogien zwischen Medien fragt, bekommt solche Bedeutungsübertragungsprozesse nur unzureichend in den Blick, zumal wenn der intermediale Bezug zwischen Literatur und Musik – wie in den hier behandelten Texten – intertextuell gesteuert ist. Deswegen sollte die Frage danach, ob ein intermedialer Bezug unmittelbar oder mittelbar hergestellt wird, in die Untersuchung von intermedialen Beziehungen integriert werden. Ob diese Erweiterung der Intermedialitätstheorie nur für die Analyse von intermedialen Beziehungen in Literatur oder sogar nur bei der Analyse musikliterarischer Intermedialität sinnvoll ist, bleibt zu untersuchen.
Literaturverzeichnis
ACZEL, Richard: [Art.]»Intertextualität und Intertextualitätstheorien«. In: Ansgar Nünning (Hg.): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. 5., aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart u. Weimar 2013, S. 349–351.
ADORNO, Theodor W.: »Über Jazz«. In: Ders.: Gesammelte Schriften. Hg. v. Rolf Tiedemann. Bd. 17: Musikalische Schriften IV. Moments musicaux. Impromptus. Frankfurt / M. 1997, S. 74–108.
VON AMMON, Frieder: »Von Jazz und Rock/Pop zur Literatur«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017, S. 535–545.
BARESEL, Alfred: Jazz-Buch, 4., umgearb. Aufl. Berlin u. a. 1926.
BAUMANN, Nathalie: »Die Literatur war Jazz geworden. Hans Janowitz’ »Jazz«-Roman als polyphones Stimmungsbarometer der zwanziger Jahre«. In: Weimarer Beiträge 52.3 (2006), S. 354–377.
BECKER, Sabine: »Ein verspäteter Modernist? Zum Werk Wolfgang Koeppens im Kontext der literarischen Moderne«. In: treibhaus 1 (2005), S. 97–115.
BROICH, Ulrich u. Manfred Pfister: »Vorwort«. In: Ulrich Broich u. Manfred Pfister (Hg.): Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien. Tübingen 1985, S. IV–XII.
BÜRGER, Peter: Theorie der Avantgarde. 16. Aufl. Frankfurt / M. 2013.
DIEDERICHSEN, Diedrich: Über Pop-Musik. Köln 2014.
ERHART, Walter: Wolfgang Koeppen. Das Scheitern moderner Literatur. Konstanz 2012.
FEIEREISEN, Florence: Der Text als Soundtrack – der Autor als DJ. Postmoderne und postkoloniale Samples bei Thomas Meinecke. Würzburg 2011.
GESS, Nicola u. Alexander Honold: »Einleitung«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017, S. 1–14.
GRANDT, Jürgen E.: »Kinds of Blue: Toni Morrison, Hans Janowitz, and the Jazz Aesthetic«. In: African American Review 38.2 (2004), S. 303–322.
GROSZ, George: »Gesang an die Welt«. In: Karl Riha (Hg.): Dada Berlin. Texte, Manifeste, Aktionen. Stuttgart 2005, S. 26–28.
HIELSCHER, Martin: Zitierte Moderne. Poetische Erfahrung und Reflexion in Wolfgang Koeppens Nachkriegsromanen und in »Jugend«. Heidelberg 1988.
HURLEY, Andrew W.: »Ripe for a Diskursabenteuer. Jazz in Thomas Meinecke’s Novels«. In: Kirsten Krick-Aigner u. Marc-Oliver Schuster (Hg.): Jazz in German-language Literature. Würzburg 2013, S. 281–302.
JANOWITZ, Hans: Jazz. Hg. u. m. e. Nachw. v. Rolf Rieß. Bonn 1999.
KOEPPEN, Wolfgang: »Der Tod in Rom«. In: Ders.: Werke. Hg. v. Hans-Ulrich Treichel. Bd. 6. Berlin 2015.
KOEPPEN, Wolfgang: »Tauben im Gras«. In: Ders.: Werke. Hg. v. Hans-Ulrich Treichel. Bd. 6. Berlin 2015.
LAMPE, Friedo: Am Rande der Nacht. München 2003.
LUBKOLL, Christine: »Musik in Literatur: Telling«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017, S. 78–94.
MARX, Friedhelm: »Polyphonie. Musik und Romanform bei Wolfgang Koeppen«. In: Gunnar Müller-Waldeck u. Michael Gratz (Hg.): Wolfgang Koeppen. Mein Ziel war die Ziellosigkeit. Hamburg 1998, S. 139–152.
MEINECKE, Thomas: Ich als Text. Frankfurter Poetikvorlesungen. Berlin 2012.
MEINECKE, Thomas, Benjamin v. Stuckrad-Barre, Eckhard Schuhmacher u. Kerstin Gleba: »Pop hat eine harte Tür. Protokoll eines Gesprächs«. In: Kerstin Gleba u. Eckhard Schuhmacher (Hg.): Pop seit 1964. Köln 2007, S. 365–399.
MEINECKE, Thomas: Musik. Frankfurt / M. 2004.
MEINECKE, Thomas: »Ich als Text (Extended Version)«. In: Ute-Christine Krupp u. Ulrike Janssen (Hg.): Zuerst bin ich immer Leser. Prosa schreiben heute. Frankfurt / M. 2000, S. 14–26.
MITTELMEIER, Martin: Dada. Eine Jahrhundertgeschichte. München 2016.
OSTWALD, Hans: Sittengeschichte der Inflation. Ein Kulturdokument aus den Jahren des Marksturzes. Berlin 1931.
PARTSCH, Cornelius: Schräge Töne. Jazz und Unterhaltungsmusik in der Kultur der Weimarer Republik. Stuttgart u. Weimar 2000.
PETERMANN, Emily: The Musical Novel. Imitation of Musical Structure, Performance, and Reception in Contemporary Fiction. Rochester / N.Y. 2014.
PICANDET, Katharina: Zitatromane der Gegenwart. Georg Schmid Roman trouvé – Marcel Beyer Das Menschenfleisch – Thomas Meinecke Hellblau. Frankfurt / M. 2011.
[Art.] »Polyphonie«. In: The New Grove Dictionary of Music and Musicians. 2. Ausgabe. Hg. v. Stanley Sadie. Bd. 20: Pohlmann to Recital. London u. New York 2001, S. 74–83.
PREVIŠIĆ, Boris: »Klanglichkeit und Textlichkeit von Musik und Literatur«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017, S. 39–54.
RAJEWSKY, Irina O.: Intermedialität. Tübingen u. Basel 2002.
REICHEL, Elisabeth: [Art.] »Intermedialität«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston, S. 597.
RIPPL, Gabriele: »Introduction«. In: Dies. (Hg.): Handbook of Intermediality. Literature – Image – Sound – Music. Berlin u. Boston 2015, S. 1–31.
SCHUSTER, Jörg: »Vom Magischen Realismus der 1930er Jahre zur Nachkriegsmoderne. Zur Kontinuität experimentell-intermedialer Verfahren bei Wolfgang Koeppen«. In: Text + Kritik (2014). H. 34, S. 34–43.
SPRENGEL, Peter: »Wolfgang Koeppen. Die Wiederholung der Moderne«. In: Sabine Becker u. Helmuth Kiesel (Hg.): Literarische Moderne. Begriff und Phänomen. Berlin u. New York 2007, S. 403–415.
WIPPLINGER, Jonathan Otto: The Jazz Republic. Music, Race, and American Culture in Weimar Germany. Ann Arbor / MI 2006.
WOLF, Werner: »Musik in Literatur: Showing«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017, S. 95–113.
WOLF, Werner: »Literatur and Music: Theory«. In: Gabriele Rippl (Hg.): Handbook of Intermediality. Literature – Image – Sound – Music. Berlin u. Boston 2015, S. 459–474.
WOLF, Werner: The Musicalization of Fiction. A Study in the Theory and History of Intermediality. Amsterdam u. Atlanta 1999.
ZANDER, Horst: »Intertextualität und Medienwechsel«. In: Ulrich Broich u. Manfred Pfister (Hg.): Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien. Tübingen 1985, S. 178–196.
- 1. Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017.
- 2. Vgl. Frieder von Ammon: »Von Jazz und Rock/Pop zur Literatur«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017, S. 535–545.
- 3. Vgl. ebd., S. 536.
- 4. Einen Überblick über die vielfältigen Begriffsbestimmungen von ›Medium‹ bietet Gabriele Rippl: »Introduction«. In: Dies. (Hg.): Handbook of Intermediality. Literature – Image – Sound – Music. Berlin u. Boston 2015, S. 1–31, v. a. S. 6–10. Im Folgenden schließe ich mich Rippls Vorschlag an, den Begriff ›Medium‹ zu verwenden in einem »broad understanding of the term which triggers an investigation of how meaning is generated by cross-medial references«; ebd. S. 9.
- 5. Vgl. Christine Lubkoll: »Musik in Literatur: Telling«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017, S. 78–94.
- 6. Werner Wolf: »Musik in Literatur: Showing«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017, S. 95–113, hier S. 95.
- 7. Neben seinem Beitrag zum Handbuch Literatur & Musik hat Wolf ebenfalls den betreffenden Artikel im Handbook of Intermediality verfasst: Werner Wolf: »Literatur and Music: Theory«. In: Gabriele Rippl (Hg.): Handbook of Intermediality. Literature – Image – Sound – Music. Berlin u. Boston 2015, S. 459–474; diese Artikel basieren auf seiner grundlegenden Monographie The Musicalization of Fiction. A Study in the Theory and History of Intermediality. Amsterdam u. Atlanta 1999. Wolfs Ansichten wurde aus unterschiedlichsten Perspektiven widersprochen. Allerdings dominiert Wolfs Ansatz insofern die Diskussion um musikliterarische Intermedialität, als sich alle weiteren Positionen in Zustimmung oder Abgrenzung zu ihm definieren. Aus diesem Grund konzentriere ich mich im Folgenden auf Wolfs Theorie.
- 8. Vgl. die Schautafel in Wolf: »Musik in Literatur: Showing« (Anm. 6), S. 98.
- 9. Ebd., S. 101.
- 10. Ebd., S. 104.
- 11. Ebd., S. 105.
- 12. Vgl. Nicola Gess u. Alexander Honold: »Einleitung«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017, S. 1–14, hier S. 2.
- 13. Vgl. Wolf: The Musicalization of Fiction (Anm. 7), S. 71.
- 14. Wolf: »Musik in Literatur: Showing« (Anm. 6), S. 105f.
- 15. Vgl. Wolf: The Musicalization of Fiction (Anm. 7), S. 39–44.
- 16. Vgl. ebd., S. 44–46.
- 17. Vgl. ebd., S. 4.
- 18. Vgl. Wolf: »Musik in Literatur: Showing« (Anm. 6), S. 108f.
- 19. Vgl. ebd., S. 102; vgl. auch Wolf: The Musicalization of Fiction (Anm. 7), S. 11.
- 20. Irina O. Rajewsky: Intermedialität. Tübingen u. Basel 2002, S. 89.
- 21. Vgl. Emily Petermann: The Musical Novel. Imitation of Musical Structure, Performance, and Reception in Contemporary Fiction. Rochester / N.Y. 2014, S. 49–142.
- 22. Vgl. ebd., S. 78–87.
- 23. Vgl. ebd., S. 80f.
- 24. Ebd., S. 84.
- 25. Richard Aczel: [Art.] »Intertextualität und Intertextualitätstheorien«. In: Ansgar Nünning (Hg.): Metzler Lexikon Literatur- und Kulturtheorie. Ansätze – Personen – Grundbegriffe. 5., aktualisierte und erweiterte Auflage. Stuttgart u. Weimar 2013, S. 349–351, hier S. 349.
- 26. Vgl. Ulrich Broich u. Manfred Pfister: »Vorwort«. In: Ulrich Broich u. Manfred Pfister (Hg.): Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien. Tübingen 1985, S. IV–XII, hier S. X.
- 27. Vgl. Horst Zander: »Intertextualität und Medienwechsel«. In: Ulrich Broich u. Manfred Pfister (Hg.): Intertextualität. Formen, Funktionen, anglistische Fallstudien. Tübingen 1985, S. 178–196.
- 28. Vgl. Rajewsky: Intermedialität (Anm. 20). Zur Entwicklung der Intermedialitätstheorie aus der Intertextualitätstheorie vgl. ebd., S. 43–57. Zur Kritik Zanders vgl. ebd., S. 63f. Die Einschlägigkeit Rajewskys lässt sich vielleicht daran ermessen, dass sich im aktuellen Handbuch Literatur & Musik nicht nur in insgesamt acht Beiträgen auf ihre Forschung bezogen wird, sondern sie sogar im Glossareintrag zu ›Intermedialität‹ neben Werner Wolf explizit als »wegweisend« für die »Verbreitung und Ausdifferenzierung des Feldes« der Intermedialitätsforschung genannt wird; Elisabeth Reichel: [Art.] »Intermedialität«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston, S. 597.
- 29. Vgl. Rajewsky: Intermedialität (Anm. 20), S. 78–155.
- 30. Zander: »Intertextualität und Medienwechsel« (Anm. 27), S. 189.
- 31. Vgl. ebd.
- 32. Lubkoll: »Musik in Literatur: Telling« (Anm. 5), S. 91f.
- 33. Hans Janowitz: Jazz. Hg. u. m. e. Nachw. v. Rolf Rieß. Bonn 1999, S. 25.
- 34. Die Synkope wird sowohl von Verteidigern des Jazz wie Alfred Baresel als auch von Kritikern wie Theodor W. Adorno als wichtigstes Merkmal dieser Musik benannt: vgl. Alfred Baresel: Jazz-Buch, 4., umgearb. Aufl. Berlin u. a. 1926, S. 24; vgl. Theodor W. Adorno: »Über Jazz«, In: Ders.: Gesammelte Schriften. Hg. v. Rolf Tiedemann. Bd. 17: Musikalische Schriften IV. Moments musicaux. Impromptus. Frankfurt / M. 1997, S. 74–108, hier S. 98. Ebenfalls dient die Synkope in dieser Zeit vielfach als Metapher für die Gegenwart: »So wurde die Jazzmusik und die in ihr geübte Synkope ein Bestand unserer Zeit – zuerst zum Durchbruch kommend in den Tagen der Inflation, als die Welt ganz und gar aus dem Takt gekommen war.« Hans Ostwald: Sittengeschichte der Inflation. Ein Kulturdokument aus den Jahren des Marksturzes. Berlin 1931, S. 207; Hervorhebungen im Original.
- 35. Nathalie Baumann: »Die Literatur war Jazz geworden. Hans Janowitz’ ›Jazz‹-Roman als polyphones Stimmungsbarometer der zwanziger Jahre«. In: Weimarer Beiträge 52.3 (2006), S. 354–377, hier S. 354.
- 36. Ebd.
- 37. Ebd., S. 366.
- 38. Ebd.
- 39. Jazz steht in dem Roman in deutlicher Verbindung mit Demokratie, wenn er z. B. gleich zu Beginn mit der »Utopie« von den »Vereinigten Staaten von Europa« verknüpft wird, Janowitz: Jazz (Anm. 33), S. 6.
- 40. George Grosz: »Gesang an die Welt«. In: Karl Riha (Hg.): Dada Berlin. Texte, Manifeste, Aktionen. Stuttgart 2005, S. 26–28, hier S. 26 u. 27.
- 41. Jürgen E. Grandt behauptet, dass Janowitz, wie die meisten deutschen Musiker_innen und Schriftsteller_innen in der Weimarer Republik, kaum Ahnung von Jazz hat beziehungsweise die US-amerikanischen Vorbilder nur oberflächlich und unoriginell imitiert. Diese Einschätzung verrät mehr über Grandts emphatisches Jazz-Verständnis als über Janowitz’ Umgang mit Jazz. Die intertextuellen Bezüge in Janowitz’ Text beachtet Grandt nicht; vgl. Jürgen E. Grandt: »Kinds of Blue: Toni Morrison, Hans Janowitz, and the Jazz Aesthetic«. In: African American Review 38.2 (2004), S. 303–322. Den deutlichen Bezug von Janowitz zum Dadaismus stellt hingegen Cornelius Partsch fest; vgl. Cornelius Partsch: Schräge Töne. Jazz und Unterhaltungsmusik in der Kultur der Weimarer Republik. Stuttgart u. Weimar 2000, S. 131.
- 42. Vgl. z. B. Adorno: »Über Jazz« (Anm. 34); vgl. dazu Jonathan Otto Wipplinger: The Jazz Republic. Music, Race, and American Culture in Weimar Germany. Ann Arbor / MI 2006, S. 304–358.
- 43. Vgl. Peter Bürger: Theorie der Avantgarde. 16. Aufl. Frankfurt / M. 2013, S. 29., vgl. auch Martin Mittelmeier: Dada. Eine Jahrhundertgeschichte. München 2016, z. B. S. 9.
- 44. Aufgrund der im Roman erwähnten Meldung über den Tod André Gides rekonstruiert Martin Hielscher als Tag der Romanhandlung den 20.02.1951; vgl. Martin Hielscher: Zitierte Moderne. Poetische Erfahrung und Reflexion in Wolfgang Koeppens Nachkriegsromanen und in »Jugend«. Heidelberg 1988, S. 54.
- 45. Wolfgang Koeppen: »Tauben im Gras«. In: Ders.: Werke. Hrsg. v. Hans-Ulrich Treichel. Bd. 4. Frankfurt / M. 2006 (im Folgenden zitiert als TiG), S. 127f.
- 46. Vgl. hierzu Wolf: The Musicalization of Fiction (Anm. 7), S. 67–69.
- 47. Eine genaue Analyse des Romananfangs liefert Hielscher: Zitierte Moderne (Anm. 44), S. 43–54.
- 48. Vgl. Friedo Lampe: Am Rande der Nacht. München 2003, S. 90–93; vgl. dazu Jörg Schuster: »Vom Magischen Realismus der 1930er Jahre zur Nachkriegsmoderne. Zur Kontinuität experimentell-intermedialer Verfahren bei Wolfgang Koeppen«. In: Text + Kritik (2014). H. 34, S. 34–43, hier S. 40f.
- 49. Vgl. Peter Sprengel: »Wolfgang Koeppen. Die Wiederholung der Moderne«. In: Sabine Becker u. Helmuth Kiesel (Hg.): Literarische Moderne. Begriff und Phänomen. Berlin u. New York 2007, S. 403–415. Sabine Becker widerspricht der Deutung, Koeppen sei ein Fortsetzer der modernen Literatur, vgl. Sabine Becker: »Ein verspäteter Modernist? Zum Werk Wolfgang Koeppens im Kontext der literarischen Moderne«. In: treibhaus 1 (2005), S. 97–115. Erhart weist zurecht darauf hin, dass der Streit um die Modernität Koeppens weniger um seine Werke als um eine begriffliche Bestimmung von ›Moderne‹ gehe, vgl. Erhart: Wolfgang Koeppen (Anm. 49), S. 81.
- 50. Vgl. Walter Erhart: Wolfgang Koeppen. Das Scheitern moderner Literatur. Konstanz 2012, S. 88f.
- 51. Wolfgang Koeppen: »Der Tod in Rom«. In: Ders.: Werke. Hg. v. Hans-Ulrich Treichel. Bd. 6. Berlin 2015, S. 133.
- 52. Vgl. Friedhelm Marx: »Polyphonie. Musik und Romanform bei Wolfgang Koeppen«. In: Gunnar Müller-Waldeck u. Michael Gratz (Hg.): Wolfgang Koeppen. Mein Ziel war die Ziellosigkeit. Hamburg 1998, S. 139–152, hier. S. 143.
- 53. Vgl. ebd., S. 144.
- 54. Dass Koeppen in seinen Romanen ein Ideal der ›ästhetischen Existenz‹ und der ›poetischen Erfahrung‹ vertritt, ist eine Grundthese von Hielscher: Zitierte Moderne (Anm. 44).
- 55. Friedhelm Marx: »Polyphonie« (Anm. 52), S. 144.
- 56. Boris Previšić: »Klanglichkeit und Textlichkeit von Musik und Literatur«. In: Nicola Gess u. Alexander Honold (Hg.): Handbuch Literatur & Musik. Berlin u. Boston 2017, S. 39–54, hier S. 51.
- 57. Vgl. [Art.] »Polyphonie«. In: The New Grove Dictionary of Music and Musicians. 2. Ausgabe. Hg. v. Stanley Sadie. Bd. 20: Pohlmann to Recital. London u. New York 2001, S. 74–83.
- 58. Tatsächlich wäre sowohl die zitierte Passage als auch der gesamte Roman Tauben im Gras nach Wolfs Kriterien ein Paradebeispiel für die Musikalisierung von Literatur, da sich darin die Betonung der Lautlichkeit von Sprache, Selbstreferenzialität und die Abweichung von narrativer Plausibilität findet; vgl. Wolf: The Musicalization of Fiction (Anm. 7), S. 75. Allerdings lässt sich die Verwendung dieser Gestaltungsmittel in diesem Text meines Erachtens viel schlüssiger aus Koeppens intertextuellem Schreibprogramm erklären als aus der Behauptung, Koeppen bediene sich musikalischer Strukturen.
- 59. Vgl. Thomas Meinecke: Ich als Text. Frankfurter Poetikvorlesungen. Berlin 2012, S. 7, 13, 22, 29, 37, 39, 40, 43, 44, 47, 48, 51.
- 60. Vgl. Thomas Meinecke: »Ich als Text (Extended Version)«. In: Ute-Christine Krupp u. Ulrike Janssen (Hg.): Zuerst bin ich immer Leser. Prosa schreiben heute. Frankfurt / M. 2000, S. 14–26, hier S. 20–25.
- 61. Vgl. Meinecke: Ich als Text (Anm. 59), S. 11, 16, 24.
- 62. Vgl. Meinecke: »Ich als Text (Extended Version)« (Anm. 60), S. 24.
- 63. Am ausführlichsten bei Florence Feiereisen: Der Text als Soundtrack – der Autor als DJ. Postmoderne und postkoloniale Samples bei Thomas Meinecke. Würzburg 2011.
- 64. Ebd., S. 26–35, hier S. 28.
- 65. Meinecke selbst verwendet die Begriffe ›Zitat‹ und ›Sample‹ durchaus gleichbedeutend, vgl. Meinecke: »Ich als Text (Extended Version)« (Anm. 60), S. 19.
- 66. Vgl. Wolf: The Musicalization of Fiction (Anm. 7), S. 20f.
- 67. Vgl. Andrew W. Hurley: »Ripe for a Diskursabenteuer. Jazz in Thomas Meinecke’s Novels«. In: Kirsten Krick-Aigner u. Marc-Oliver Schuster (Hg.): Jazz in German-language Literature. Würzburg 2013, S. 281–302, hier S. 296f.
- 68. Für den Roman Hellblau ausführlich geleistet von Katharina Picandet: Zitatromane der Gegenwart. Georg Schmid Roman trouvé – Marcel Beyer Das Menschenfleisch – Thomas Meinecke Hellblau. Frankfurt / M. 2011, S. 279–300. Diese Ergebnisse ließen sich auf Musik übertragen, wobei Picandet zu dem Schluss kommt, dass auch für Hellblau »eine von Meinecke gleichfalls postulierte formale Ähnlichkeit seines Textes mit einem DJ-Set nicht zu bestätigen« ist; ebd. S. 306.
- 69. Thomas Meinecke: Musik. Frankfurt / M. 2004, S. 116f.
- 70. Diedrich Diederichsen: Über Pop-Musik. Köln 2014, S. XI.
- 71. Meinecke: »Ich als Text (Extended Version)« (Anm. 60), S. 24f.
- 72. Thomas Meinecke, Benjamin v. Stuckrad-Barre, Eckhard Schuhmacher u. Kerstin Gleba: »Pop hat eine harte Tür. Protokoll eines Gesprächs«. In: Kerstin Gleba u. Eckhard Schuhmacher (Hg.): Pop seit 1964. Köln 2007, S. 365–399, hier S. 367.
- 73. Meinecke: »Ich als Text (Extended Version)« (Anm. 60), S. 20.
Kommentar hinzufügen