Kerstin
Wilhelms
Münster

Vernetzte Identitäten

Autobiographische Selbstpositionierungen im sozialen Netzwerk bei Fontane und Facebook

Facebook ist das vermutlich bedeutendste autobiographische Medium unserer Zeit. In ihm dokumentieren Millionen Menschen täglich Aspekte ihres Alltags und setzen sich so mit sich und ihrem Leben auseinander sowie mit den Leben ihrer ›Freunde‹.1 Es stellt sich somit die Frage, wie diese ›Autobiographie‹ aussieht, wie sie funktioniert und wie sie sich zu den im Medium des Buchs verfassten Autobiographien verhält. Die These lautet, dass Facebook in einer gewissen historischen Kontinuität steht und sich ältere Traditionen autobiographischen Schreibens auch auf Facebook auswirken. Besonders deutlich wird dies im Vergleich zu Fontanes Autobiographien Meine Kinderjahre (1893) und Von Zwanzig bis Dreißig (1898), da auch hier ein soziales Netzwerk beschrieben wird, in dem sich ein autobiographisches Ich positioniert. Es wird also im Folgenden darum gehen, den Aufbau von Facebook mit diesem im Medium Buch erschienenen Text zu vergleichen und herauszuarbeiten, welche Kontinuitäten und welchen Wandel der Übergang des Autobiographischen in ein solches Internetformat mit sich bringt. Dazu wird ein Zugang gewählt, der dem Motiv des Netzwerks, das sowohl bei Fontane als auch bei Face­book eine große Rolle spielt, auf besondere Weise gerecht wird: über dessen Raum- und Zeitstrukturen. Diese chronotopischen Strukturen, so die weiterführende These, verorten das autobiographische Ich in einem soziohistorischen Raum und synchronisieren es mit der gesellschaftlichen Zeit. Auf diese Weise stellen Raumzeitstrukturen eine Schnittstelle zwischen dem Ich und der Gesellschaft seiner Zeit dar. Die Aufgabe besteht also darin, die raumzeitlichen Strukturen der beiden autobiographischen Formate zu analysieren und auf ihre jeweilige, das Individuum im sozialen Gefüge verortende Funktion hin zu untersuchen.

Der Chronotopos in der Autobiographie

Gerade in Bezug auf das Internet als weltweites Computernetzwerk wird die Bedeutung von Zeit und Raum für das Netzwerk deutlich. Seit den Anfängen des World Wide Web haben sich Raummetaphern durchgesetzt, die aus dem Bereich Meer und Seefahrt (z.B. ›surfen‹, ›Datenmeer‹, ›Weblog‹), sowie aus dem Bereich Stadt (›Cybercity‹, ›Global Village‹) stammen.2 Diese Metaphern und zugleich die physische Beschaffenheit des Internets als Netzwerk und die Funktion der Verlinkung, die eine Bewegung durch das Netzwerk ermöglicht, weisen auf die Relevanz des Raums im ›Neuen Medium‹ hin. Damit verbunden ist – zumal Navigation und Bewegung wesentliche Aspekte des Netzwerks darstellen, die das Internet als Raum erst kreieren – eine spezifische Zeitlichkeit als Aspekt der Bewegung durch den Cyberspace. Diese Vorüberlegungen über die Beschaffenheit des Mediums Internet sind nicht trivial, denn wie Christian Moser und Jörg Dünne in ihrem Konzept der ›Automedialität‹ darlegen, ist gerade bezüglich des Autobiographischen das Medium von einiger Relevanz. Mit Blick auf Michel Foucaults ›pratique de soi‹, Gilles Deleuzes ›pli‹ und Walter Benjamins Begriff des ›Reflexionsmediums‹, sowie der ›medialen Zäsur‹ nach Georg Christoph Tholen machen die Autoren deutlich, dass Selbstbezüglichkeit erst durch eine mediale Entäußerung hergestellt werden kann.3

Es gibt kein Selbst ohne einen reflexiven Selbstbezug, es gibt keinen Selbstbezug ohne den Rekurs auf die Äußerlichkeit eines technischen Mediums, das dem Individuum einen Spielraum der ›Selbstpraxis‹ eröffnet.4

Dieser Aussage liegt die theoretische Position zugrunde, dass eine Autobiographie nicht etwa ein gelebtes Leben in Worte fasst und abbildet, sondern dass ein kohärenter Lebenslauf und eine Subjektposition als ein über Zeit und Raum hinweg einheitliches Individuum im Akt der autobiographischen Selbstbeschreibung überhaupt erst konstruiert werden. Es gibt also kein Subjekt, kein Leben und keinen Lebenszusammenhang, der dem autobiographischen Text vorausginge.5 Die autobiographische Selbstkonstruktion, so die These von Dünne und Moser, verläuft notwendigerweise über ein dem Autobiographen äußeres Medium, in das hinein er oder sie sein oder ihr Selbstbild entwirft und das in hohem Maße – wie es Marshall McLuhan mit seinem Credo ›the medium is the message‹ ausgedrückt hat – den Inhalt dieses Selbstbildes prägt. Medien stellen damit den Rahmen für einen modus operandi der Selbstreflexion dar und sind ein relevanter Aspekt autobiographischer Kommunikation. Um die Art und Weise dieser autobiographischen Kommunikation zu analysieren, bietet es sich daher an zu fragen, wie in den verschiedenen Medien Zeit und Raum evoziert werden, denn bereits Kant stellte diese beiden Anschauungsformen als a priori menschlicher Wahrnehmung heraus: »Der Raum ist eine notwendige Vorstellung a priori, die allen äußeren Anschauungen zum Grunde liegt. […] Die Zeit ist eine notwendige Vorstellung a priori, die allen Anschauungen zum Grunde liegt.«6 Kants Gedanke, dass die menschliche Wahrnehmung immer schon durch die Anschauungsformen Raum und Zeit geformt ist,7 hat freilich großen Einfluss auf eine Forschungsperspektive zu Erinnerungstexten, denn zum einen verleiht diese These den Paradigmen Raum und Zeit eine immense Relevanz und zum anderen sind diese beiden Kategorien nicht mehr als voneinander getrennte realweltliche Begrifflichkeiten zu verstehen, sondern erscheinen in ihrer korrespondierenden Bedeutung als kognitive Konzepte. Raum und Zeit als kognitive, nicht als realweltliche Konzepte zu begreifen, führt zu der Überlegung, dass sie dem Selbstkonzept, aber auch der Erinnerung zugrunde liegen und sowohl individuell als auch sozial geprägt sind.

Die Auffassung von Kant deckt sich – bei aller Verschiedenheit der Ansätze – mit den Ergebnissen der neurowissenschaftlichen Forschung. Harald Welzer geht davon aus, dass das genuin menschliche Segment des Gedächtnisses – das autobiographische Gedächtnis – einen Raum-, Zeit- und Selbstbezug aufweist.8 Während die Zeit ein gängiges Paradigma in der Autobiographieforschung darstellt, haben erst in jüngster Zeit ­ForscherInnen ihr Augenmerk auf die Räumlichkeit der Autobiographie gelegt.9 Der Ansatz, der hier verfolgt werden soll, verbindet alle drei Paradigmen von Raum, Zeit und Selbst. Die Psychologin Katherine Nelson stellt in ihrer Forschung zur Narrationspsychologie fest, dass sich das autobiographische Erinnern in der Kindheit entwickelt und als tägliche Arbeit am Ich ein Leben lang fortgesetzt wird. Sie ist der Ansicht, dass im sogenannten ›Memory Talk‹, also dem täglichen Sprechen über Vergangenes − und sei es nur die Antwort auf die Frage »Wie war dein Tag?« − narrative Muster eingeübt und beständig wiederholt werden, die unsere Form des Erinnerns maßgeblich prägen.10 Das bedeutet, so Nelson, dass das Kind von dem Moment seiner Geburt an von den Narrativen seiner Kultur umgeben ist. Das bedeutet aber auch, dass es durchaus zu Spannungen zwischen der elterlichen und der kulturellen Formung des Verstehens von Vergangenheit einerseits und der spezifischen Aneignung durch das Kind andererseits kommen kann. Autobiographische Erinnerung und die damit verbundene Etablierung eines autobiographischen Ichs ist daher als eine Passungsarbeit zu verstehen zwischen den individuellen Erfahrungen und der »kulturellen Patina« des autobiographischen Gedächtnisses.11 Unsere Erinnerung, das ist die Quintessenz, ist somit in/an kulturelle Narrationsmuster gebunden, die das Selbst in Raum und Zeit entwerfen. Die aus diesen Erkenntnissen abgeleitete These lautet, dass Selbstentwürfe in Erinnerungstexten eine spezifische Raumzeitlichkeit, mit Bachtin gesprochen, eine ›Chronotopik‹ aufweisen, die kulturspezifisch ist und die Autobiographie von ihren Nachbargattungen abgrenzt.12 Den Chronotopos definiert Bachtin wie folgt:

Im künstlerisch-literarischen Chronotopos verschmelzen räumliche und zeitliche Merkmale zu einem sinnvollen und konkreten Ganzen. Die Zeit verdichtet sich hierbei, sie zieht sich zusammen und wird auf künstlerische Weise sichtbar; der Raum gewinnt Intensität, er wird in die Bewegung der Zeit, des Sujets, der Geschichte hineingezogen. Die Merkmale der Zeit offenbaren sich im Raum, und der Raum wird von der Zeit mit Sinn erfüllt und dimensioniert.13

Raum und Zeit sind demnach zwei nicht voneinander zu trennende Kategorien, die sich gegenseitig konstituieren und mit Sinn erfüllen. Die Funktion des Chronotopos ist nach Bachtin eine vielseitige. Zum einen ist er ein wesentliches Strukturelement von Texten, das Gattungen voneinander abgrenzt, zum anderen ist im Chronotopos die gesellschaftliche Raumzeitstruktur seiner Entstehungszeit enthalten, so dass gesellschaftliche Konstel­lationen in den literarischen Text Einzug erhalten.14

Für die Autobiographie sieht Bachtin den Lebensweg als einen solchen Chronotopos an.15 Der Lebensweg ist ein raumzeitliches Modell, das laut Bachtin der platonischen Biographie der Antike entspringt,16 das aber spätestens seit Goethes Autobiographie Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit den Entwicklungsgedanken der Bildungsromane in die Autobiographie transferiert und im Wesentlichen aus dem Abschreiten autobiographischer Stationen besteht.17 Dieser Ansatz deckt sich mit der in der Autobiographieforschung weit verbreiteten Auffassung, dass diese Texte sehr stark von Topoi geprägt sind, von einem am Mythos des Herkules orientierten Aufbau, meist beginnend mit der Geburt, der Kindheit, der Schulzeit, und meist endend mit dem Erreichen einer stabilen Position in der Gesellschaft, bzw. konkreter: mit dem Einstieg in den Beruf oder der Heirat.18 Der Lebensweg versorgt diese topischen Stationen mit einem raumzeitlichen Zusammenhang und gibt den Blick frei auf die räumlichen Dimensionen dieser Topoi: der Kindheit entspricht das Kinderzimmer, der Schulzeit die Schule usw. Mit Blick auf die genannten Thesen aus der Narrationspsychologie kann man also formulieren, dass der Lebensweg das raumzeitliche Leitmotiv unserer Erinnerungserzählungen ist und damit eben auch der Autobiographie. Bachtin schreibt weiter, dass sich die Chronotopoi untereinander anschließen und sich gegenseitig Gestalt verleihen,19 so dass es, übertragen auf die Autobiographie, neben dem Gattungschronotopos Lebensweg noch je individuelle Chronotopoi gibt, die den Lebensweg auf je spezifische Weise ins Werk setzen, dem Text einen individuellen Charakter verleihen und ihn in einem historischen Kontext verorten. Der individuelle Chronotopos – ich nenne ihn Textchronotopos in Abgrenzung zum Gattungschronotopos – ist somit als eine dialogische oder intertextuelle Schaltstelle zwischen dem jeweiligen autobiographischen Text und dem historischen gesellschaftlichen Diskurs zu verstehen.

Dieser historische gesellschaftliche Diskurs verdankt seine Raumzeitlichkeit einer spezifischen medialen Konstellation, wie Medientheoretiker verschiedentlich konstatiert haben.20 Mit anderen Worten, es sind die Medien der Gesellschaft, die den historischen Diskurs mit einem spezifischen raumzeitlichen Index versehen, der dann als Chronotopos Eingang in literarische Texte findet. Demnach müsste der Lebensweg als ein historisches Medium zu begreifen sein, das Raum und Zeit der Gesellschaft prägte und dann als Chronotopos die Gattung Autobiographie konstituierte. Die Medialität des Wegs beschreibt Marshall McLuhan in Die magischen Kanäle21 als eine Veränderung der räumlichen Strukturen von Zentrum und Peripherie. Durch die Entwicklung von Straßen und Wegen, die durch Beschleunigung Orte, Menschen und damit Botschaften verbanden, verloren herkömmliche dörfliche Gemeinschaftsstrukturen ihren Status und das neue Medium Straße führte dazu, dass sich der menschliche Handlungs- und Ordnungsraum (und damit, übertragen, auch der autobiographische Raum des Individuums) zunehmend ausdehnte.22 Lev Manovich weist darauf hin, dass Erzählen nichts anderes ist als eine räumliche Bewegung, ein Erzählweg von einem Ausgangs- zu einem Zielpunkt. Erzählen bedeutet demnach das Aufzählen der durchlaufenen Stationen und der Ereignisse, die dort stattfinden.23 Der Chronotopos des Wegs avanciert dadurch zum Paradigma des Erzählens schlechthin und der Lebensweg, als seine spezifisch autobiographische Variante, markiert einmal mehr die von der Psychologie attestierte Nähe von Lebenskonstruktion bzw. Erinnerung und Narration.

Durch die Implementierung dieses Chronotopos in die Autobiographie zeichnet sie sich gleich durch eine zweifache Medialität aus: die gesellschaftliche Raumzeit, die durch Medien konstituiert wird und sich im Text niederschlägt auf der einen Seite, und die Schrift, die noch immer das am häufigsten genutzte autobiographische Medium darstellt, auf der anderen Seite. Beide Medialitäten verbinden sich in der Chronotopik, die damit erneut die Schaltstelle zwischen der gesellschaftlichen Konfiguration und der individuellen autobiographischen Reflexion wird. Dies führt zu der Aufgabe zu zeigen, wie der Lebensweg und die weiteren zu Chronotopoi geronnenen Medien die Art und Weise der Präsentation von Selbst und Erinnerung in einer sozialen Raumzeit beeinflussen.

Außerdem fungiert der Chronotopos für die Autobiographie als Inszenierung von Authentizität. Die vermeintlich authentische Autorstimme, so argumentiert Paul de Man, ist nämlich lediglich eine tropisch verfasste Autormaske, die das Resultat rhetorischer Strategien ist, namentlich der Prosopopoia. Ihre scheinbare Authentizität erhält diese Stimme, indem sie – ebenfalls scheinbar – auf ein ›hinter‹ dem Text stehendes Subjekt referiert.24 Diese Referenz ist allerdings ausschließlich tropisch und damit gerade nicht singulär und authentisch. Die Autormaske verschwindet daher in dem Moment, in dem die sprachliche Materialität ihrer Konstitution zu Tage tritt. De Man spricht in dem Zusammenhang von einem Drehtür-Mechanismus, einem Spiegelverhältnis von Leser und tropisch verfasster Autorstimme, die daher einer Selbstbespiegelung gleichkommt. Macht ein Subjekt sich selbst zum Objekt der Erkenntnis, so wird dieses Spiegelverhältnis zum Merkmal des Textes. Das jedoch, so de Man, sei immer der Fall sobald behauptet wird, der Text sei von jemandem verfasst worden und das sei relevant für das Verständnis des Textes. Damit ist de facto jede Schrift autobiographisch, was das Zusammenbrechen der Gattungsgrenzen zur Folge hat, so dass ebenso wohl kein Text autobiographisch ist.25 Da de Man nicht davon ausgeht, dass der Text auf ein Subjekt außerhalb des Textes verweist, ist der Unterschied zum Ich-Roman auf eine Lesens- und Verstehensfigur reduziert, so dass er der Autobiographie ihren Gattungsstatus abspricht.26 Gabriele Schabacher verhilft ihr jedoch zu neuem Leben, indem sie argumentiert, dass die Autobiographie – anders als der Ich-Roman – gegen ihren konstitutiven Mangel an Authentizität und Referenzialität anschreibt, in dem sie tradierte Topoi strategisch aufruft.27 Hier schließen sich nun ihre Ausführungen an den skizzierten Chronotopos des Lebenswegs an, der nicht nur als topisches, sondern als chronotopisches Gattungsmerkmal der Autobiographie betrachtet werden kann. Das heißt, der Lebensweg muss als jener locus communis aufgefasst werden, der, gemeinsam mit den ihn bedingenden Textchronotopoi, eine kulturell codierte raumzeitliche Topik konstituiert, die den autobiographischen Text innerhalb der kulturellen Gedächtnisnarrative verortet und ihn als authentischen Erinnerungstext ausweist. Raum, Zeit und Selbst werden in autobiographischen Texten verknüpft, so dass das Erzählte als Inhalt des autobiographischen Gedächtnisses inszeniert wird. Es geht also nicht wirklich um Echtheit, Singularität und schöpferische Genialität, sondern Authentizität entsteht durch ein Verorten des Individuellen in einer kulturellen, raumzeitlichen Rahmung. Dieses Spannungsverhältnis ist für die Autobiographie und das autobiographische Ich des Textes, das in diesem Spannungsverhältnis konstituiert wird, von immenser Bedeutung und wird in der Textstruktur durch das Verhältnis von Gattungschronotopos und Textchronotopos gespiegelt.

Der Chronotopos bei Fontane

Dieses Verhältnis von kulturell geprägtem Gattungschronotopos und individuellem Textchronotopos wird besonders in jenen Texten deutlich, in denen die Raum- und Zeitstrukturen eine besonders exponierte Rolle spielen und in denen ein autobiographisches Ich sich in einem sozialen Kontext verortet, so dass sich das textstrukturelle Verhältnis von Sozialität und Individualität inhaltlich wiederfinden lässt. Theodor Fontanes skizziert sich in seiner zweibändigen Autobiographie als einen äußerst geselligen Menschen, der sich in einem sozialen Netzwerk positioniert. Das Motiv des Netzwerks, das in dem Internetformat Facebook offensichtlich relevant ist, taucht hier also schon hundert Jahre früher in einem anderen autobiographischen Medium auf. Diese motivische Gemeinsamkeit, die, wie ich argumentieren möchte, eine raumzeitlich strukturelle ist, macht einen Vergleich der beiden Texte hinsichtlich der autobiographischen Positionierung eines Individuums in einem sozialen Gefüge möglich.

In den beiden Bänden der Autobiographie von Theodor Fontane Meine Kinderjahre und Von Zwanzig bis Dreißig zeigt sich, was Uta Schürmann für das 19. Jahrhundert postuliert: Innenräume lösen zunehmend die Natur als Reflexionsraum ab, das Ich entwirft sich stärker im Verhältnis zu seiner architektonischen Umgebung und verbringt weniger Zeit in einsamer Kontemplation als in geselligem Beisammensein.28 Und so verhält es sich auch bei Fontane: Seine Autobiographie ist ein Abschreiten geselliger Innenräume. Bereits in der Darstellung seiner Kinderjahre ist Fontanes Leben maßgeblich von Tischgesellschaften, Salons und später von Vereinen geprägt. In den Kinderjahren ist der Gesellschaft im Elternhaus ein ganzes Kapitel gewidmet, im zweiten Teil gibt es ein langes Kapitel zum literarischen Verein »Der Tunnel über der Spree«.29 Der Textchronotopos ist somit der Salon, so dass der Lebensweg als ein Abschreiten salonhafter Stationen erscheint. Der Salon verweist auf den historischen gesellschaftlichen Diskurs, indem er, wie Habermas sehr deutlich gemacht hat, das zentrale Medium einer neu entstehenden Öffentlichkeit ist.30 Neben der Pflege des Dilettantismus und einer dadurch zunehmenden Demokratisierung der Kunstproduktion etablierte sich eine zwanglose Geselligkeit, die den Rahmen des Sagbaren (insbesondere für Frauen) erweiterte,31 so dass Habermas dem Salon einen großen Anteil am Kampf gegen die Zensur und zur Politisierung der Bevölkerung beimisst.32 Die literarischen Salons und Vereine kreieren laut Habermas aus einem privaten Raum heraus eine neue Öffentlichkeit, indem sie ein dichtes Kommunikationsnetz etablieren.33 Räumlich ist der Salon somit auf der Grenze von Privatsphäre und Öffentlichkeit angesiedelt, seine Zeitstruktur ist eine regelmäßige, die des jour fixe.34 Bachtin schreibt zum Chronotopos Salon:

Das Wichtigste aber an alledem ist die Verflechtung des Historischen und Gesellschaftlich-Öffentlichen mit dem Privaten und sogar höchst Privaten, Intimen; die Verflechtung der privaten Alltagsintrige mit der politischen und finanziellen, des Staatsgeheimnisses mit dem Bettgeheimnis, der historischen Reihe mit der alltäglichen und biographischen. […] Die Epoche wird anschaulich sichtbar und sujethaft sichtbar.35

Die hier skizzierte enge Verbindung von Privatem und Öffentlichem im Salon korreliert mit Habermas’ Einschätzung vom Salon als privatöffentlichem Medium einer neuen Gesellschaftsformation. Darüber hinaus finden sich Kongruenzen von Bachtins Skizze des Chronotopos zu Fontanes Autobiographie. Zum einen ist das von Bachtin konstatierte Sichtbarmachen der Epoche durch den Chronotopos Salon im Vorwort von Meine Kinderjahre wiederzufinden in der Formulierung, die Autobiographie möge als »Zeitbildliches« gelesen werden.36 Zum zweiten findet sich eine weitere Kongruenz in Bezug auf die Funktion des Salons als Ort der Informationsübermittlung. Bachtin verortet das Weitergeben von Geheimnissen und das Austragen von Intrigen im Salon und auch Fontane kreiert seinen Text unter dem Vorzeichen der Mündlichkeit. Nicht nur charakterisiert er z.B. seine Eltern über ihre Fähigkeit, ein Gespräch zu führen und zu lenken,37 vielmehr scheint der Text selbst ein ›sprechender‹ zu sein. Denn nach einer seiner vielen Abschweifungen und erzählerischen Umwegen steht da:

All das ist mir im Plaudern wieder lebendig geworden und bei der Rückerinnerung daran, habe ich zu meinem Leidwesen außer Acht gelassen, daß ich in erster Reihe nicht von den Kaffeegesellschaften meiner Mama, sondern von der Salon-Einrichtung erzählen wollte, die mein Vater damals, in liebenswürdigem Eifer ins Werk zu setzen sich abmühte.38

Das Abdriften vom eigentlichen Thema erklärt der Erzähler mit dem Umstand, er sei ins ›Plaudern‹ geraten. Diese Wortwahl spricht dem Text seine künstlerische Komponiertheit ab und inszeniert stattdessen eine Gesprächssituation, ein mündliches Erzählen, das ganz authentisch direkt vom erinnernden Fontane stammen soll und ohne stilistischen ›Filter‹ an das Ohr des Lesers getragen wird. Der Text erscheint also als eine authentische, mündliche Erzählung des Autors, eine Plauderei, so dass er zu einer salonhaften Begegnung von Erzähler und Zuhörerschaft wird. Denn das ›Plaudern‹, das Gespräch bzw. der Dialog ist für den Salonbegriff so wichtig, dass die Bezeichnung ›Salon‹ im 19. Jahrhundert nicht nur für den Raum, sondern auch für die regelmäßig empfangenen Gäste genutzt wurde.39 Nicht der Raum allein, so mag man schließen, sondern die Gäste, ihre Platzierung im Raum und ihre Gespräche konstituieren also den Salon.

Um aus der monologischen ›Plauderei‹ des autobiographischen Erzählers nun ein solches salonhaftes Gespräch zu machen und gleichzeitig die von Bachtin beschriebene Verbindung von Historischem und Privatem zu leisten, nutzt Fontane einen erzählerischen Kniff: die Anekdote.40 Mithilfe dieser Erzähltechnik gelingt es Fontane, die monologische Erzählstruktur der Autobiographie in eine mehrstimmige Konversation zu überführen, denn laut der Definition der Anekdote im von Walter Killy herausgegebenen Literaturlexikon hat die Anekdote die Funktion, andere Persönlichkeiten außer der eigenen in den Blick zu bekommen und so dem autobiographischen Text eine biographische Komponente zu verleihen:

Die A. ist die Schnittstelle folgender Sinn- u. Formkriterien: die abgegrenzte, wahre oder mögliche, Begebenheit von bes. Wirkkraft; der histor. Augenblick in seiner schicksalhaften, polit. u. menschl. Bedeutsamkeit; die Charakteristik einer Persönlichkeit; eine prägnant, pointiert oder dramatisch gestaltete Handlung u. Sprache; oft eine witzige oder humoristische Erzählstruktur; der Zeit- u. Publikumsbezug. Die Funktionen reichen von der geselligen Unterhaltung (Klatschanekdote) über das Informieren u. Belehren (Charakter- u. Zeitbild) bis zur symbolischen oder krit. Darstellung einer den Menschen, die Geschichte, die Gesellschaft charakterisierenden Situation. Als Urform gilt die mündlich erzählte A.41

Die Anekdote ist also für die Autobiographie und für den Chronotopos des Salons hochproduktiv. Denn das für das Autobiographische so wichtige Spannungsverhältnis von Dichtung und Wahrheit wird dank der Anekdote mit den für den Salon konstitutiven Merkmalen der Verknüpfung von Historie und Privatem, bzw. Persönlichkeitsbezogenem verbunden sowie Mündlichkeit inszeniert, was freilich einen starken Authentizitätseffekt hervorruft. Indem Fontane seine salonhaften autobiographischen Erinnerungen im Modus der Anekdote vorträgt, entsteht eine auf geregelten Zeitordnungen beruhende publikumsbezogene Privatheit, die ihre Räumlichkeit maßgeblich über Gespräche konstituiert und sich in Form der Anekdote in Fontanes Autobiographie wiederfindet. Entsprechend berichtet Fontane teilweise sehr ausführlich über die Gäste und ihren Ort im Raum in seinem anekdotenhaften Stil, der zum einen die Personen charakterisiert und zum anderen deren Lebensweg mit verschiedenen Wiederbegegnungen mit dem autobiographischen Ich erzählt.42 Diese Anekdoten nehmen ihren Ausgangspunkt in einem salonhaft konzipierten autobiographischen Raum, und weisen dann verästelnd weit über diesen und über die in den Titeln angegebene Zeit hinaus. Besonders deutlich wird der Zusammenhang von Salon und Anekdote in dem Kapitel »Der Tunnel über der Spree« im zweiten Teil der Autobiographie. Der Verein wird als ein Salon dargestellt, als ein sozialer aber zugleich intimer Begegnungsraum mit regelmäßiger Zeitstruktur. Jedes Mitglied dieses literarischen Vereins wird anekdotisch dargestellt, dessen Lebensweg und die verschiedenen Wiederbegegnungen mit dem Ich erzählt.43 Ein Beispiel stellt die Figur Julius Faucher dar, den Fontane zuerst im Lenau-Verein kennenlernt. In einer Reihe von Anekdoten erzählt Fontane ausgehend von diesem literarischen Salon den Lebensweg Fauchers. Dabei werden vor allem Anekdoten von Wiederbegegnungen erzählt, so dass die Faucher-Anekdoten über viele Jahrzehnte und fast ganz Westeuropa führen, vor allem aber durch Berlin und London.44 Die Lebensgeschichte Fauchers geht fast vollständig in Fontanes Autobiographie auf als eine Aneinanderkopplung von Anekdoten, die ihren Ausgangsort in dem literarischen Verein haben, in dem sie sich kennengelernt haben. Der (literarische) Salon wird somit zum Ausgangspunkt anekdotenhafter Lebenserzählungen, so dass er zunächst als biographisches Medium fungiert, in dem der Erzähler die Lebensgeschichten seiner Zeitgenossen verortet, aber zugleich auch als autobiographisches, in dem sich das autobiographische Ich im Verhältnis zu seinem sozialen Netzwerk positioniert. Entsprechend kann der Lebensweg des Ichs nicht als chronologisches Abschreiten von Lebensstationen erscheinen, sondern als eine mehrfach verästelte Folge von Begegnungen und Wiederbegegnungen, die im Modus der Anekdote vorgetragen werden.

Neben dem Plaudern, also dem geselligen Gespräch, das als Anekdote in die Autobiographie gerät, gibt es im Text ›Gäste‹, soll heißen, weitere Stimmen neben der des Erzählers, die die Autobiographie zu einer vielstimmigen Unterhaltung machen. Im ersten Teil ist es vor allem der Vater, der neben dem Erzähler dem Text seine Stimme verleiht. Der Erzähler weist an einigen Stellen darauf hin, dass er sich das anekdotische Erzählen und das Plaudern bei seinem Vater abgeschaut hat.45 Die Vater-Sohn-Beziehung muss daher als eine mise-en-abyme-Struktur erkannt werden, denn der Anekdoten erzählende Vater wird Gegenstand des Anekdoten erzählenden Erzählers.46 Durch diese Metalepse wird der Erzählerstimme auch diejenige des Vaters eingeschrieben. Etwas anders verhält es sich mit den Stimmen von ›Gästen‹ im zweiten Teil. Hier sind es vor allem die literarischen Erzeugnisse anderer Schriftsteller der literarischen Vereine, die in den autobiographischen Text eingebunden und bedeutsam gemacht werden.47 Die Vielstimmigkeit ist hier also vor allem eine literarische.

Die Relevanz des Salons für den Text ist also immens: nicht nur erzählt Fontane seinen Lebensweg ausgehend von Salons, er macht zudem seinen autobiographischen Text selbst zu einem solchen Salon. Das Interesse des Textes ruht dabei nicht auf der Rekonstruktion eines Entwicklungsganges, vielmehr geht es um die systematische Erschließung von sozialen Erinnerungsräumen, in denen er früheren Begegnungen mit anderen Menschen nachgeht und deren jeweilige Lebensgeschichten erzählt, die freilich immer wieder auf ihn selbst bezogen sind und daher zugleich den eigenen Lebensweg miterzählen. Durch diesen erzählerischen ›Umweg‹ über das Gegenüber erscheint das Ich als ein sozial vernetztes. Das Ich ist ein interdependentes, in soziale Netzwerke eingebundenes, das sich selbst als Positionierung in diesem Gefüge erzählt.

Der Chronotopos bei Facebook

Um soziales Vernetztsein geht es, wie der Name schon sagt, auch bei Social Network Sites wie Facebook. Dieses ist das zurzeit am stärksten genutzte Soziale Netzwerk und hat seine Konkurrenten wie MySpace und StudiVZ längst in den Schatten gestellt. Auch hier wird ein soziales Netz erzeugt, in dem sich das Ich verortet, allerdings hat der User wesentlich weniger Einfluss auf die Gestaltung seines autobiographischen Textes als es Fontane hatte. In den vorgegebenen Strukturen des Facebook-Designs entwerfen die User ein Selbstbild, das – gemäß den Thesen der Automedialitätsforschung – das User-Subjekt erst erschafft. Die im Verhältnis von Gattungschronotopos und Textchronotopos angelegte Aushandlung von Individualität und kulturell tradierten Mustern scheint sich hier also zuungunsten einer individuellen Lebensbeschreibung zu verschieben.

Die ›Startseite‹ bei Facebook, also jener Newsfeed, auf dem Facebook-User die Posts ihrer ›Freunde‹ lesen können, erscheint zunächst als ein Salon, ähnlich wie bei Fontane. ›Vielstimmigkeit‹, wie sie bei Fontane auftritt, scheint dabei fast eine Untertreibung zu sein. Eine Zahl von hunderten ›Freunden‹48 ist nicht außergewöhnlich auf Facebook, so dass im Regelfall eine Vielzahl von Posts im Newsfeed erscheinen, die ihrerseits wieder kommentiert werden können. Dabei wird eine Gesprächssituation durch die Verbindung von Profilbild und Post inszeniert, so dass letzterer als eine Äußerung des im Profilbild Abgebildeten49 verstanden werden soll.

Abb. 1: Screenshot von der Facebook-Seite des Unternehmensgründers Mark Zuckerberg

Unter dem Post werden andere Mitglieder des Netzwerks zum Kommentar aufgefordert, besonders deutlich, indem bereits das Bild des Users neben dem noch nicht verfassten Kommentar mit der Aufforderung »Schreibe einen Kommentar« erscheint. Die ›Startseite‹ kann also durchaus als eine radikalisierte Version von Fontanes Salon-Chronotopos gesehen werden.

Abb. 2: Screenshot von Kommentaren unter einem Post

Der Textchronotopos auf Facebook ist das ›Netzwerk der Freunde‹, denn ohne ›Freunde‹, mit denen sich das Ich vernetzt und austauscht, ergibt das Betreiben eines Facebook-Profils – anders als bei einem Blog beispielsweise – nur sehr wenig Sinn. Die kommunikationsbasierte Interaktion im virtuellen Netzwerk der ›Freunde‹ ist das wesentliche Element der Seite. Außerdem gibt es die Möglichkeit eines Chats, der nicht für die anderen ›Freunde‹ sichtbar ist. Die Facebook-Seite auf Facebook, auf der die Betreiber das Funktionieren der Seite beschreiben, macht die Relevanz der Freundschaft für diese Seite besonders deutlich: »The Facebook Page celebrates how our friends inspire us, support us, and help us discover the world when we connect.«50 Und weiter: »People use Facebook to stay connected with friends and family, to discover what’s going on in the world, and to share and express what matters to them.«51 Die Pflege der Freundschaft,52 die Verbindung zu anderen, sowie das Teilen von Inhalten werden zum Ausdruck der Persönlichkeit stilisiert.

Welche Bedeutung der ›Freund‹ für die Subjektkonstitution hat, verdeutlicht ein Zitat von Giorgio Agamben, der mit seinem Beitrag zum Freundschaftsdiskurs auf einen Austausch mit Derrida zurückblickt. Er schreibt:

Die Wahrnehmung des Seins ist nämlich immer schon geteilt und mit-geteilt, und die Freundschaft benennt diese Mit-Teilung. Hierin liegt keinerlei Intersubjektivität – diese Chimäre der Modernen – keinerlei Relation zwischen Subjekten: Vielmehr ist das Sein selbst geteilt, ist nicht-identisch mit sich selbst, und das Ich und der Freund sind die zwei Gesichter – oder die zwei Pole dieser Mit-Teilung. […] Der Freund ist kein anderes Ich, sondern ist eine der Selbstheit immanente Alterität, ist Anderer-Werden des Selbst.53

Diese Auffassung vom Freund als inhärente Alterität des Ichs führt dazu, das Konzept der Automedialität einzubeziehen. Der Freund ist demnach als ein externes Medium einer Subjektkonstitution zu begreifen, die in einer radikalen Differenz zu sich selbst, einer ›medialen Zäsur‹, besteht, so dass mit Hilfe eines ›Entäußerungsmediums‹ eine Selbsterkenntnis als Subjekt ermöglicht wird. Der Freundschaft ist also eine Automedialität eigen, die in den Sozialen Netzwerken zur Grundlage der Subjektkonstitution wird. Die These des Soziologen Alois Hahn, dass die Ausweitung der Freundschaft in ein Netzwerk Ausdruck der Rollenvielfalt eines Ichs ist,54 lässt bereits ahnen, dass das Subjekt, das auf Facebook kreiert wird, kein ganzheitliches ist, sondern eine Vielheit von Rollen und Per­spektivierungen, die zudem in einem beständigen Weiterbearbeiten besteht und in ein intertextuelles Netzwerk von Ich-Konstruktionen befreundeter User eingebunden ist. Die autobiographische Subjektkonstitution über das Medium des ›Freundes‹ macht aus dem autobiographischen User-Ich nicht nur ein vernetztes, wie es bei Fontane der Fall war, sondern ein vielfach perspektiviertes, multizentrisches. Denn anders als bei Fontane gibt es auf Facebook keinen autobiographischen Erzähler mehr, der auswählt oder künstlerisch darstellt, sondern das Netzwerk präsentiert sich selbst in dem autobiographischen Text des Users, gefiltert lediglich durch den Algorithmus, mit dem Facebook automatisch einzelne Beiträge als für den User relevant einstuft und im Newsfeed präsentiert. Die Posts, die im Newsfeed erscheinen, sind demnach nicht chronologisch, sondern nach dem Relevanzfaktor angeordnet, den Facebook berechnet und auf den keiner der beteiligten User einen Einfluss hat.55

Neben diesen ›Stimmen‹ der Freunde auf der Startseite sind die Profilbilder als Verstärkung der von Paul de Man besprochenen prosopopoiisch, d.h. über die rhetorische Strategie der Personifikation und Stimmverleihung evozierten Autorstimme als Authentizitätsinszenierung sichtbar. De Man nennt seinen Text »Die Autobiographie als Maskenspiel«.56 Hier wird die de Man’sche Metapher von der Maskerade – die sich auf die Figur der Prosopopoia bezieht – wörtlich genommen und multimedial mithilfe von Fotos und Videos umgesetzt und dadurch verstärkt. Auf die Weise wird nicht nur eine authentische Autorstimme evoziert, sondern sie bekommt noch dazu ein Gesicht, so dass auf Facebook ein hohes Maß an Authentizität inszeniert wird. Gleichzeitig ist die Frage nach Fakt und Fiktion, nach der Referenzialität auf ein Außerhalb dieser Selbstdarstellung auf der Grenze von virtuellem und nicht-virtuellem Raum präsent: Ist die Online-Darstellung tatsächlich ›echt‹ und korreliert mit der Offline-Identität? Auch hier gilt das Netzwerk der Freunde als Authentizitäts-Garant. Sie vergleichen Online- und Offline-Identität und wägen die Glaubwürdigkeit der Darstellung ab, sofern sie auch Teil des Offline-Netzwerks des Ichs sind.57

Im Gegensatz zur Startseite ist die Profilseite bei Facebook im Hinblick auf die Gattung Autobiographie wesentlich ›klassischer‹ organisiert. Während das Ich auf der Startseite nur als eine Stimme unter vielen auftritt und eine Position im Netzwerk bekleidet, ist die Profilseite der Ort des starken Ichs. Der Aufbau der Seite ist streng chronologisch, auch wenn das Ich bestimmen kann, welche Posts und Beiträge angezeigt werden und welche nicht. Auf den chronologischen Aufbau hat es keinen Einfluss. Die bläuliche Linie oben rechts ist die visuelle Umsetzung des Lebenswegs, mit der Möglichkeit, wichtige Lebensereignisse als Stationen einzufügen. Ihr entspricht der raumzeitliche Aufbau der Profilseite als chronologische Abfolge von Lebensstationen im Sinne der Lebensweg-Metaphorik.

Abb. 3: Profilseite von Mark Zuckerberg

Doch auch dies ist kein ›room of my own‹, sondern ist ebenfalls durchdrungen von der Präsenz des Netzwerks als ›Gäste‹. Der ›Gast‹ dringt als Kommentarstimme in diese Ich-Darstellung ein und ist mit seinem Foto, das einen Link auf dessen Profilseite darstellt, auch räumlich als ›woanders‹ innerhalb des ›hier‹ präsent, da der Link nicht nur ein Bestandteil der Seite ist, von der er weg führt, sondern zugleich jenes entfernte Element ist, zu dem er führt. Die Grenzen zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen da und hier, innen und außen kollabieren angesichts des Links, denn er kann nicht einmal in einem Zwischenraum angesiedelt werden. Er markiert die Präsenz des anderen Raums im aktuellen Raum, wobei er gleichzeitig erst die Erfahrung eines anderen Raums (mit)ermöglicht. So ist der Link ein Grenzphänomen, das sowohl über assoziative als auch über dissoziative Kompetenz verfügt: Er verknüpft Materialien und Daten miteinander, um im gleichen Zug ihre Differenz zu manifestieren.58 Der eigene Raum der Selbstpräsentation und der des Anderen sind somit nicht mehr klar getrennt, das Netzwerk der Freunde prägt daher maßgeblich die Selbstpräsentation und das Selbstbild als soziales Wesen. Sozialität erscheint entsprechend als zentrales Kriterium für eine gelungene Selbstpositionierung.59 Während Fontane noch den Kniff über die Anekdote machen musste, um das Gespräch in der monologischen Autobiographie zu implementieren, ist der Monolog bei Facebook überhaupt nicht vorgesehen. Stattdessen sieht das System das Gespräch mit mehreren Partnern als Kommunikationsform vor. Gekoppelt wird diese Gesprächsform mit der Alltäglichkeit, mit der die Seite bearbeitet wird, bzw. werden soll.60 Mit Nelson gesprochen, ist Facebook derart konzipiert, dass es an die Stelle des ›Memory Talk‹ tritt, also an jenem alltäglichen Sprechen über Vergangenes, Erinnertes und Erlebtes beteiligt ist. Das bedeutet aber auch, dass die Struktur, die Facebook zur Verfügung stellt, zur Rahmenbedingung für unsere Erinnerungen wird. Eine Struktur, die freilich für den einzelnen User kaum zu verändern ist. Deshalb aber ist es so wichtig zu verstehen, wie Facebook funktioniert. Dieses auf Algorithmen basierende System hat großen Einfluss auf die Art und Weise, wie sich User online und offline als Subjekte entwerfen.61 Der Lebensweg ist als Chronotopos jedenfalls vorhanden und implementiert sich dadurch als Normalfall auch für User aus nicht-westlichen Kulturen, die vielleicht andere Vorstellungen von Identität und Subjektivität haben könnten.62

Mit den beiden Seiten oszilliert die Subjektform auf Facebook zwischen der emphatischen Ich-Inszenierung einerseits und der Auflösung in Netzwerke und Fragmente andererseits. Facebook spiegelt also jenes Paradoxon unserer Zeit und der Autobiographieforschung: Trotz aller postmodernen Auflösungserscheinungen des Subjekts scheint sich alle Welt mit sich selbst zu beschäftigen und sich als ein gar nicht aufgelöstes, stabiles Selbst zu betrachten. Autobiographien werden noch immer geschrieben und besiedeln neue Medien. Facebook besteht also in der Verbindung von tradierten und (post)modernen Vorstellungen von Subjektivität. Das spiegelt sich auch in dem Textchronotopos, dem ›Netzwerk der Freunde‹. Zeitlich gesehen ist das Netzwerk charakterisiert durch Chronologie in der Darstellung des ›Lebenswegs‹ auf der Profilseite und der Übertragung von Daten in Echtzeit. Die Überbrückung raumzeitlicher Distanzen in Echtzeit lässt diese Distanzen verschwinden und inszeniert Nähe, die auch als soziale Nähe interpretiert werden kann. Das Netzwerk löst sich von den zeitlichen Bedingungen der realen Welt, so dass die Kategorien Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft im Extremfall zu einer medialen Ewigkeit kulminieren.63 Räumlich wird durch das Auflösen von Distanzen durch Links die Bedeutung der geographischen Topographie außerhalb des virtuellen Raums relativiert und durch soziale Präsenz ersetzt.64 Aufschlussreich ist jedoch, dass es auf der Profilseite, dem Ort des ›starken Subjekts‹, die traditionelle Orientierung am chronologischen Verlauf gibt sowie eine autobiographische Landkarte. Auf dieser Karte kann nachvollzogen werden, wann sich das Ich wo im geographischen Raum aufgehalten hat,65 so dass an dieser Stelle eine Implementierung von Offline-Raumzeitlichkeit in die virtuelle raumzeitliche Umgebung beobachtet werden kann.

Abb. 4: Beispiel einer topographischen Landkarte auf Facebook

Diese Doppelung von virtueller und nicht-virtueller Raumzeit ist bedeutsam, wenn man die Thesen von Manuel Castells betrachtet. Einer seiner wichtigen Befunde in seinem monumentalen Werk Das Informationszeitalter lautet, dass wir in einer Zeit leben, in der zwei Chronotopoi – Castells selbst benutzt diesen Begriff nicht – in unserer Gesellschaft gleichzeitig vorherrschen. Es gibt zum einen den Raum der Orte mit der Uhrenzeit und zum anderen den Raum der Ströme mit der zeitlosen Zeit. Der ›Raum der Ströme‹ ist konzipiert als ein auf Medien gestützter Raum der Datenübertragung mittels Netzwerke. In diesem Raum ist physische Geographie irrelevant geworden. Was zählt, ist der Anschluss an das jeweilige Netzwerk, so dass dieser Raum als eine Art virtueller Bewegungsraum von Daten und Informationen zu verstehen ist, der jedoch bezüglich gesellschaftlicher Macht den Erfahrungsraum des Individuums überlagert und unterordnet.66 Castells verbindet mit dem ›Raum der Ströme‹ ein entsprechendes Zeitkonzept, die ›Zeitlose Zeit‹, die auf der Grundlage multimedialer Systeme eine zunehmende Raffung erfährt, so dass Zukunft, Vergangenheit und damit Gegenwart in eine »Kultur des Ewigen«67 kulminieren. Das Problem, das Castells sieht, ist die gleichzeitige Existenz dieser neuen, medialen Raumzeit und der herkömmlichen aus geographischen Orten und der ›Uhrenzeit‹ bestehenden Raumzeit.

Die Menschen leben also noch immer an Orten. Weil aber Funktionen und Macht in unseren Gesellschaften im Raum der Ströme organisiert sind, verändert die strukturelle Herrschaft seiner Logik die Bedeutung und die Dynamik von Orten entscheidend. Erfahrung, die sich nun einmal auf Orte bezieht, wird von der Macht abgezogen, und Sinn wird zunehmend von Wissen abgetrennt. Daraus folgt eine strukturelle Schizophrenie zwischen zwei räumlichen Logiken, die droht, die Kommunikationskanäle innerhalb der Gesellschaft zum Zusammenbruch zu bringen. Die herrschende Tendenz verweist auf den Horizont eines vernetzten, a-historischen Raumes der Ströme, der darauf abzielt, seine Logik den verstreuten, segmentierten Orten aufzuzwingen […]. Wenn nicht bewusst und planvoll kulturelle, politische und physische Brücken zwischen diesen beiden Formen des Raumes gebaut werden, könnten wir uns auf dem Weg zu einem Leben in parallelen Universen befinden, deren Zeiten sich nicht treffen können, weil sie in unterschiedlichen Dimensionen eines sozialen hyperspace verstrickt sind.68

Manuel Castells macht also für unsere Zeit der rasenden globalen Datenübertragung dank medialer Vernetzung zwei Arten von Raum- und Zeitregimen aus. Dabei ordnet er den ›Raum der Ströme‹ mit der ›Zeitlosen Zeit‹ dem Kapital und dem überindividuellen Netzwerk zu, den ›Raum der Orte‹ mit der ›Uhrenzeit‹ der Arbeit und dem Individuum,69 so dass gleichzeitig zwei Raumzeit-Konstellationen in unserer Gesellschaft am Werk sind, die sich zum Teil widersprechen und eine gesellschaftliche Synchronisierung und Verortung erschweren. Jedoch besteht seitens des Einzelnen ein Bedürfnis zu gesellschaftlicher Synchronisierung, das Gefühl, ›im Takt‹ einer sozialen Zeitordnung zu sein,70 so dass es einer Art Brücke bedarf. Diese soziale Raumzeit hält nun nach Bachtin Einzug in den autobiographischen Text in Form des Chronotopos. Und tatsächlich bildet Facebook mit seiner dualen Struktur diese Doppelung der Raumzeiten ab und kann als eine solche Brücke zwischen ihnen interpretiert werden. Es verortet das Individuum mit seiner ›Uhrenzeit‹, die Facebook unter jedem Post und jedem Kommentar automatisch einfügt, in einem überindividuellen Netzwerk, das als Informationsstrom in ›Zeitloser Zeit‹ von geographischen Positionen abgelöst ist.71 Positiv formuliert kann Facebook also als jenes missing link verstanden werden, das unsere globalen Informationsströme mit dem Individuum verbindet und so eine Subjektivität entwirft, die zwischen Netzwerk- und Individualgesellschaft vermitteln kann. Facebook kann also nicht nur als neues, postmodernes Phänomen betrachten werden, das ohne kulturelle Vorbilder in einem neuen Medium entstanden ist, sondern es ist eingebettet in tradierte Konzepte des Autobiographischen und enthält zugleich die Raumzeitstrukturen unserer gegenwärtigen Gesellschaft, im Sinne Bachtins. So vermag Facebook zwischen moderner Identität und postmodernem Netzwerk eine Subjektivität zu etablieren, die die Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen überbrückt und zwischen den verschiedenen Segmenten unserer gesellschaftlichen Raumzeitkonstellationen vermittelt.

Zugleich ist das einzelne Individuum der Maschine Facebook massiv unterworfen. Denn die Informationen, die User in ihren Newsfeeds erhalten, sind von besagtem Algorithmus gesteuert, der ihnen unbekannt und nicht direkt, bzw. planmäßig beeinflussbar ist. Das heißt, User können nicht – oder nur sehr eingeschränkt – wählen, welche Stimme sie zu Wort kommen lassen und welches Gesicht sie in ihrer Selbstdarstellung auftreten lassen, anders freilich als Fontane es konnte. Das heißt, dass das Ich nicht über seinen eigenen autobiographischen Text bestimmen kann.72 Dies ist insofern reich an Konsequenzen, als das Konzept der Automedialität, wie es zuvor skizziert wurde, davon ausgeht, dass das Verhältnis zwischen Ich und autobiographischem Text kein unidirektionales ist, sondern ein reziprokes. Hinzu kommt, dass durch die Regelmäßigkeit, mit der Facebook von den Usern bedient werden soll, ein großer Einfluss auf alltägliche Selbstentwürfe ausgeübt wird, denn wie gesehen ist Facebook als Medium des ›Memory Talk‹ entworfen. Wenn der Inhalt dieser Selbstbilder nicht mehr hundertprozentig den Usern selbst überlassen ist, kann dann von Subjektkonstitution überhaupt noch die Rede sein? Das Ich, das hier produziert wird, ist eines, dessen Informationen und Kurznarrative von einem Algorithmus prozessiert werden, der daraus eine soziale, vernetzte Identität nach Mustern berechnet, auf die das Ich keinen Einfluss hat. Laurie McNeill formuliert:

This algorithmic auto/biography is collaboratively, if not consensually, coproduced in ways that suggest that the subject of Facebook is the product of a posthuman process that results in a corporate subject that is simultaneously deeply embedded in humanist and industrial ideologies.73

Facebook, so kann zugespitzt paraphrasiert werden, bringt eine Autobiographie hervor, die nicht mehr menschlich, sondern algorithmisch produziert ist und die wiederum algorithmisch zugerichtete Subjekte konstituiert.

Facebook ist also ein mächtiges System, das unsere Erinnerungen strukturiert und ihnen Gestalt verleiht. Dabei unterwirft sich das Ich der Logik eines geheimen Algorithmus, den es nicht beeinflussen kann. Dieser richtet das Ich zu, so dass eine Subjektivität hervorgebracht wird, die sich durch ihre Position im Netzwerk, aber auch durch ihre Kodiertheit durch computerisierte Prozesse auszeichnet. Dabei passt Facebook in unsere Zeit der gleichzeitigen Fragmentierung und Sozialität als Vernetzung. Das von Facebook produzierte Ich ist ein soziales, das die Brücke zwischen dem Ich und dem Netz herstellt und das Konzept der Freundschaft in ein neues Medium überführt. Zugleich jedoch ist es ein dem Algorithmus unterworfenes.

Fazit

Sowohl der Chronotopos des Salons bei Fontane als auch der des Netzwerks der Freunde bei Facebook positionieren das autobiographische Ich in einem sozialen Netz und stellen auf diese Weise eine Verbindung zwischen dem Ich und der sozialen Raumzeit her. Das autobiographische Ich erscheint so in beiden Fällen nicht als isoliertes Subjekt, sondern als interdependentes Sozialwesen. Die Struktur von Facebook weist also durchaus Kontinuitäten im Hinblick auf die Autobiographietradition auf. Doch auch die Differenzen der beiden Chronotopoi sind virulent. Autobiographen wie Fontane können darauf verzichten, ihre autobiographischen Stationen chronologisch anzuordnen. Facebook-User hingegen sind darauf beschränkt, ihre autobiographischen Texte in einer radikalen Chronologie zu entwerfen, da sich das Design der Seite nicht verändern lässt. Kurz: einen individuellen Chronotopos gibt es auf Facebook nicht. Während Fontane die Freiheiten des Mediums Buch nutzen konnte, um seinen Lebensweg zu gestalten, wird auf Facebook dem autobiographischen Ich sowohl der Gattungs- als auch der Textchronotopos oktroyiert. Zwar kann es diese oktroyierte Ordnung mit individuellen Inhalten füllen, an der Raumzeitstruktur, die von erheblicher Relevanz für die Subjektkonstitution ist, ändert dies jedoch nichts. Carolin Wiedemann ist rechtzugeben, wenn sie behauptet, das Facebook-Profil würde einer anderen autobiographischen Form ähneln: dem Curriculum Vitae.74 Die standardisierte Form des Lebenslaufs macht Individuen zu vergleichbaren Human Resources und nicht zu individuellen Subjekten.

 

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Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Screenshot von der Facebook-Profilseite des Unternehmensgründers Mark Zuckerberg. https://www.facebook.com/zuck?fref=ts. Aufgenommen am 8. April 2015.

Abb. 2: Screenshot von Kommentaren unter einem Post. https://www.facebook.com/zuck?fref=ts. Aufgenommen am 8. April 2015.

Abb. 3: Profilseite von Mark Zuckerberg. https://www.facebook.com/zuck?fref=ts. Aufgenommen am 20. Februar 2015.

Abb. 4: Beispiel einer topographischen Landkarte auf Facebook. https://www.facebook.com/niels.kohrt/map. Aufgenommen am 20. Februar 2015, mit freundlicher Genehmigung des Users.

  • 1. Facebook funktioniert nicht nur als autobiographisches Medium. Auch Unternehmen, Zeitungen, NGOs etc. betreiben Facebook-Seiten. Unter der Fragestellung dieses Artikels spielen diese Seiten zunächst keine Rolle, da ich mich ausschließlich mit den autobiographischen Selbstdarstellungen der User beschäftigen möchte. Ich weise allerdings darauf hin, dass es ein Spezifikum von Facebook und anderen Social Network Sites ist, nicht-autobiographische Inhalte zuzulassen, die dann für die autobiographische Selbstdarstellung genutzt werden können und einen Beitrag zum Selbstbild leisten können.
  • 2. Vgl. Markus Schroer: »Raumgrenzen in Bewegung. Zur Interpretation realer und virtueller Räume». In: Christiane Funken u. Martina Löw (Hg.): Raum – Zeit – Medialität. Interdisziplinäre Studien zur neuen Kommunikationstechnologie. Opladen 2003, S. 217–236, hier S. 221.
  • 3. Vgl. Jörg Dünne u. Christian Moser: »Allgemeine Einleitung. Automedialität«. In: Dies. (Hg.): Automedialität. Subjektkonstitution in Schrift, Bild und Medien. München 2008, S. 7–18, hier S. 13.
  • 4. Ebd., S. 13.
  • 5. Vgl. Martina Wagner-Egelhaaf: Autobiographie. Stuttgart 2005, S. 45, 61–63.
  • 6. Immanuel Kant: Kritik der reinen Vernunft. Hg. v. Raymund Schmidt. Marburg 1956, S. 67, 74.
  • 7. Hierbei ist der Raum eine Anschauungsform der äußeren Dinge, während sich die Zeit nach innen richtet. (Vgl. ebd., S. 66.) Raum und Zeit, so mag geschlossen werden, vermitteln also die Subjektivität des Ichs mit der äußeren intersubjektiven Umwelt.
  • 8. Vgl. Harald Welzer: »Die Entwicklung des autobiographischen Gedächtnisses – ein Thema für die Biographieforschung«. In: BIOS 15.2 (2002), S. 163–168, hier S. 164.
  • 9. Zu nennen ist hier vor allem das DFG-Projekt »Topographien der Autobiographie« in Münster (2009–2012), in dessen Rahmen Stephan Berghaus die Dissertation Das topographische Ich. Zur räumlichen Dimension der Autobiographie in Goethes »Dichtung und Wahrheit« (Würzburg 2015) angefertigt hat. Eine weitere Publikationen aus diesem Projekt ist z.B. Martina Wagner-Egelhaaf: »Goethes Einquartierungen. Zur autobiographischen Dimensionalität besetzter Räume«. In: Salvatore Pisani u. Elisabeth Oy-Marra (Hg.): Ein Haus wie ich. Die gebaute Autobiographie in der Moderne. Bielefeld 2014, S. 103–128.
  • 10. Vgl. Katherine Nelson: »Erzählung und Selbst, Mythos und Erinnerung: Die Entwicklung des autobiographischen Gedächtnisses und des kulturellen Selbst«. In: BIOS 15.2 (2002), S. 241–263, hier S. 255–259.
  • 11. Vgl. ebd., S. 255, 257f. Vgl. zu den Thesen der Narrationspsychologie auch z.B. Heiner Keupp u.a.: Identitätskonstruktionen. Das Patchwork der Identitäten in der Spätmoderne. Reinbek b. Hamburg 2008, S. 207–210. Oder auch Wolfgang Kraus: Das erzählte Selbst. Die narrative Konstruktion von Identität in der Spätmoderne. Herbolzheim 2000.
  • 12. Vgl. Michail Bachtin: Chronotopos. Berlin 2008, S. 8.
  • 13. Ebd., S. 7.
  • 14. Vgl. ebd., S. 8, 180, 190f.
  • 15. Vgl. ebd., S. 57f.
  • 16. Vgl. ebd., S. 57.
  • 17. Vgl. Ortrud Gutjahr: Einführung in den Bildungsroman. Darmstadt 2007, S. 38.
  • 18. Vgl. Stefan Goldmann: »Topos und Erinnerung. Rahmenbedingungen der Autobiographie«. In: Hans-Jürgen Schings u.a. (Hg.): Der ganze Mensch. Anthropologie und Literatur im 18. Jahrhundert. Stuttgart 1994, S. 660–675, hier S. 660, 664, 672, 675.
  • 19. Vgl. Bachtin: Chronotopos (Anm. 12), S. 92.
  • 20. Vgl. z.B. Marshall McLuhan u. Quentin Fiore: Das Medium ist die Massage. Stuttgart 2011; Marshall McLuhan u. Bruce R. Powers: The Global Village. Der Weg der Mediengesellschaft in das 21. Jahrhundert. Paderborn 1995; Manuel Castells: Der Aufstieg der Netzwerkgesellschaft. Teil 1 der Trilogie. Das Informationszeitalter. Opladen 2001.
  • 21. Vgl. Marshall McLuhan: Die magischen Kanäle. Understanding Media. Dresden u.a. 1995. Bes. Kapitel 10: »Straßen und Nachrichtenwege«, S. 141–166.
  • 22. Vgl. ebd., S. 142f., 146, 149, 156.
  • 23. Vgl. Lev Manovich: »Navigable Space. Raumbewegung als kulturelle Form«. In: Hans Beller, Martin Emele u. Michael Schuster (Hg.): Onscreen / Offscreen. Grenzen, Übergänge und Wandel des filmischen Raums. Ostfildern u. Stuttgart 2000, S. 185–207.
  • 24. Vgl. Paul de Man: »Autobiography as De-Facement«. In: Ders.: The Rhetoric of Romanticism. New York 1984, S. 67–81, hier S. 75f.
  • 25. Vgl. ebd., S. 70.
  • 26. Vgl. ebd.
  • 27. Vgl. Gabriele Schabacher: Topik der Referenz. Theorie der Autobiographie, die Funktion ›Gattung‹ und Roland Barthes’ ›Über mich selbst‹. Würzburg 2007, S. 348–351.
  • 28. Vgl. Uta Schürmann: »Tickende Gehäuseuhr, gefährliches Sofa. Interieurbeschreibungen in Fontanes Romanen«. In: Fontane Blätter 85 (2008), S. 115–131, hier S. 115.
  • 29. Theodor Fontane: »Meine Kinderjahre«. In: Ders.: Sämtliche Werke. Abtlg. 3. Aufsätze, Kritiken, Erinnerungen. Bd. 4. Autobiographisches. Hg. v. Walter Keitel. München 1973, S. 7–177; Ders.: »Von Zwanzig bis Dreißig«. In: Ders.: Sämtliche Werke. Abtlg. 3. Aufsätze, Kritiken, Erinnerungen. Bd. 4. Autobiographisches. Hg. v. Walter Keitel. München 1973, S. 179–539.
  • 30. Vgl. Jürgen Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit. Untersuchungen zu einer Kategorie der bürgerlichen Gesellschaft. Frankfurt / M. 1990, S. 89, 90–107.
  • 31. Vgl. Petra Wilhelmy: Der Berliner Salon im 19. Jahrhundert (1780–1914). Berlin u. New York 1989, S. 418f.
  • 32. Vgl. Habermas: Strukturwandel der Öffentlichkeit (Anm. 30), S. 86–121.
  • 33. Vgl. ebd., S. 11.
  • 34. Vgl. Wilhelmy: Der Berliner Salon (Anm. 31), S. 18. Die Salonnière Hedwig von Olfers spricht beispielsweise von »ihren Donnerstagen«. Vgl. ebd., S. 21.
  • 35. Bachtin: Chronotopos (Anm. 12), S. 184.
  • 36. Fontane: »Kinderjahre« (Anm. 29), S. 9.
  • 37. »Und nun, unter gefälligem Weiterplaudern, worin sie, wenn sie wollte, virtuos war, stieg meine Mama von ihrem Maroquinthron herab, um gleich danach jedem einzelnen Gaste die ihm zuständige Tasse zu reichen.« Fontane: »Kinderjahre« (Anm. 29), S. 44. »In diesen Gesellschaften, auf deren Schilderung ich in einem anderen Kapitel zurückkomme, war er [der Vater; K. W.] sehr beliebt, was mit seiner großen und liebenswürdigen Unterhaltungsgabe, ganz besonders aber mit einigen kleinen Sonderbarkeiten zusammen hing, die diese Unterhaltungsgabe begleiteten.« Ebd., S. 47.
  • 38. Ebd., S. 45.
  • 39. Vgl. Wilhelmy: Der Berliner Salon (Anm. 31), S. 17.
  • 40. Zum Anekdotischen als Stilmittel bei Fontane, das das Verhältnis von Autobiographie und Historiographie präsentiert, vgl. z.B. Katrin Lange: Selbstfragmente. Autobiographien der Kindheit. Würzburg 2008; Dies.: »Merkwürdige Geschichten. Anekdoten in Fontanes Kindheitsautobiographie Meine Kinderjahre, Geschichten und Geschichte«. In: Hanna Delf von Wolzogen (Hg.): Theodor Fontane am Ende des Jahrhunderts. Bd. 3. Würzburg 2000, S. 77−86; Matthias Bauer: »Romanhafte Gedächtnisbildung«. In: Günter Helmes u. Marianne Polz (Hg.): Sprachbilder – Sprachbildung – Sprachhandeln. Festschrift für August Sladek. Siegen 2008, S. 17−22; Jürgen Lehmann: »›Was man nicht alles erleben kann!‹ Biographisches und autobiographisches Erzählen bei Theodor Fontane«. In: Roland Berbig (Hg.): Fontane als Biograph. Berlin u. New York 2010, S. 41−57; Wolf Wülfing: »›Immer das eigentlich Menschliche‹. Zum Anekdotischen bei Theodor Fontane«. In: Roland Berbig (Hg.): Fontane als Biograph. Berlin u. New York 2010, S. 59−76; Elisabeth Vollers-Sauer: Prosa des Lebensweges. Literarische Konfigurationen selbstbiographischen Erzählens am Ende des 18. und 19. Jahrhunderts. Stuttgart 1993.
  • 41. Jürgen Hein: »Anekdote«. In: Walther Killy (Hg.): Literaturlexikon. Autoren und Werke deutscher Sprache. Band 13. Begriffe, Realien, Methoden. Gütersloh 1992, S. 28.
  • 42. Ein Beispiel von vielen ist die Lebensgeschichte des Geheimen Kommerzienrat Krause, die aus mehreren Wiederbegegnungen mit dem Ich besteht. Vgl. Fontane: »Kinderjahre« (Anm. 19), S. 71–74. »Sommer 1837 sah ich den alten Geheimrat zum letzten Mal. Er traf damals Anstalten den 1816 erworbenen Besitz wieder zu veräußern und zwar an den Staat. Zu diesem Zwecke war er nach Berlin gekommen und hatte daselbst in dem in der Bergstraße belegenen [sic] Hotel de Portugal Wohnung genommen. Natürlich eine Flucht Zimmer im ersten Stock.« Ebd., S. 73. Besonders auffällig ist, wie auch in diesem Zitat deutlich wird, Fontanes Affinität zu ausführlichen Raumbeschreibungen. Die von ihm portraitierten Personen werden in literarische Räume platziert, die ihren Charakter widerspiegeln: »Man wurde von dieser Eigenart des auch in seinen Umgangsformen überaus liebenswürdigen Mannes auf einen Schlag überzeugt, wenn man ihn, statt in den unteren Wohnzimmern, in den schon erwähnten, nach dem Bollwerk hinausgelegenen Giebelzimmern aufsuchte, deren geräumigstes er sich zu einem physikalischen Kabinett eingerichtet hatte.« Ebd., S. 76.
  • 43. Vgl. Fontane: »Von Zwanzig bis Dreißig« (Anm. 29), S. 314−464.
  • 44. Vgl. ebd., S. 213–228.
  • 45. »Ich habe diese Neigung, in scherzhaftem Tone mit Damen in diffizile Debatten einzutreten, von ihm geerbt, ja, diese Neigung sogar in meine Schreibweise mit herübergenommen und wenn ich entsprechende Szenen in meinen Romanen und kleinen Erzählungen lese, so ist es mit mitunter, als hörte ich meinen Vater sprechen.« Fontane: »Kinderjahre« (Anm. 29), S. 82.
  • 46. Vgl. Lange: Selbstfragmente (Anm. 40), S. 90. Vgl. auch Günter Niggl: »Theodor Fontanes Meine Kinderjahre und die Gattungstradition«. In: Ders.: Zeitbilder. Studien und Vorträge zur deutschen Literatur des 19. Und 20. Jahrhunderts. Würzburg 2005, S. 72−85, hier S. 84 und Vollers-Sauer: Prosa des Lebenswegs (Anm. 40), S. 152. Claudia Liebrand liest die enge Beziehung zwischen Vater und Sohn als eine ödipale Rivalitätsbeziehung, in der der Sohn – Theodor Fontane – in die Fußstapfen seines Vaters tritt, diese jedoch ›läutert‹, indem er aus dem »Redenkönnen« ein »Schreibenkönnen« macht. Claudia Liebrand: »Tod und Autobiographie. Fontanes ›Meine Kinderjahre‹ und Canettis ›Die gerettete Zunge‹«. In: Hofmannsthal. Jahrbuch zur europäischen Moderne 2 (1994), S. 287−307, hier S. 303f.
  • 47. Fontane setzt sich mit besonderer Leidenschaft mit seinem ähnlich berühmten Vereinsgenossen Theodor Storm auseinander, vgl. Fontane: »Von Zwanzig bis Dreißig« (Anm. 29), S. 356−378, dessen Texte er ausführlich direkt zitiert (z.B. ebd., S. 361). Er bemüht sich dabei um eine deutliche Abgrenzung von Storm, die er räumlich verdeutlicht: »Er war für den Husumer Deich, ich war für die Londonbrücke« (ebd., S. 372). Fontane ist also der urbane Globetrotter, während Storm der betuliche Heimatdichter sein soll.
  • 48. Der Begriff ›Freunde‹ wird in Anführungszeichen genutzt, denn es haben sich bereits einige Forschungsansätze mit dem sich durch Social Network Sites (SNS) verändernden Freundschaftsbegriff auseinandergesetzt. Vgl. z.B.: Ralf Adelmann: »Von der Freundschaft in Facebook. Mediale Politiken sozialer Beziehungen in Social Network Sites«. In: Oliver Leistert u. Timo Röhle (Hg.): Generation Facebook. Über das Leben im Social Net. Bielefeld 2011, S. 127−144; Barbro Fröding u. Martin Peterson: »Why virtual friendship is no genuine friendship«. In: Ethics and Information Technology 14.3 (2012), S. 201–207. Zur Veränderung des Freundschaftsbegriffs von einer Beziehung zwischen zwei Menschen hin zu einer Vernetzung vieler Freunde vgl. z.B. Katharina Münchberg: »Einleitung«. In: Dies. u. Christian Reidenbach (Hg.): Freundschaft. Theorien und Poetiken. München 2012, S. 7–12, hier S. 8f. Alois Hahn: »Zur Soziologie der Freundschaft«. In: Katharina Münchberg u. Christian Reidenbach (Hg.): Freundschaft. Theorien und Poetiken. München 2012, S. 67–77, hier S. 69; Heidrun Friese: »Freundschaft. Leerstellen und Spannungen eines Begriffs«. In: Natalie Binczek u. Georg Stanitzek (Hg.): Strong ties / Weak ties. Freundschaftssemantik und Netzwerktheorie. Heidelberg 2010, S. 17–38, hier S. 33.
  • 49. Wie auch immer diese Abbildung auch aussehen mag, ob sie offensichtlich andere oder weitere Personen oder sogar Gegenstände abbildet, so ist das Profilbild als Selbstausdruck des Users anzusehen, der sich ein Selbstportrait kreiert, auch wenn es ein abstraktes ist. Facebook schreibt in der Hilfe-Sektion: »Dein Profilbild ist das Bild, das deine Freunde überall auf Facebook neben deinem Namen sehen. So erkennen sie dich.« (https://www.facebook.com/help/169743063106603, zuletzt eingesehen am 15. August 2016) Neben dem nachdrücklichen Hinweis auf das Benutzen des Klarnamens (https://www.facebook.com/help/112146705538576, zuletzt eingesehen am 15. August 2016) ist der Hinweis auf ein Bild, mit dem der User identifiziert werden kann, ein Ausdruck für den Authentizitätsanspruch, den die Facebook-Macher vertreten.
  • 50. Facebook: »Facebook. Produkt / Dienstleistung. Seiteninfo«, https://www.facebook.com/
    facebook/info?tab=page_info (zuletzt eingesehen am 15. August 2016).
  • 51. Ebd.
  • 52. Der Freundschaftsbegriff auf Facebook ist vielfach kommentiert worden und lässt sich wohl am besten mit den Thesen von Alois Hahn zusammenbringen, nach denen die Freundschaft in der Moderne eine Auffächerung von Zweierbeziehungen zu vielfachen Verbindungen, die sich gemäß der verschiedenen Rollen, denen ein Subjekt in der heutigen Gesellschaft gerecht werden muss, entwickeln. Vgl. Hahn: »Zur Soziologie der Freundschaft« (Anm. 48), S. 69. Vgl. z.B. Münchberg: »Einleitung« (Anm. 48), S. 9; Fröding u. Peterson: »Why virtual friendship is no genuine friendship« (Anm. 48).
  • 53. Giorgio Agamben: »Der Freund (L’amico)«. In: Katharina Münchberg u. Christian Reidenbach (Hg.): Freundschaft. Theorien und Poetiken. München 2012, S. 15–21, hier S. 19f.
  • 54. Vgl. Hahn: »Zur Soziologie der Freundschaft« (Anm. 48), S. 69.
  • 55. Auf der Hilfeseite von Facebook wird das Prinzip des Algorithmus folgendermaßen beschrieben: »Die Meldungen, die in deinen Neuigkeiten angezeigt werden, werden von deinen Verbindungen und Aktivitäten auf Facebook beeinflusst. Auf diese Weise siehst du mehr interessante Meldungen von Freunden, mit denen du am meisten interagierst. Außerdem kann die Anzahl der Kommentare und ›Gefällt mir‹-Angaben bei einem Beitrag sowie die Art der Meldung (z.B.: Foto, Video, Statusmeldung) dafür verantwortlich sein, welche Meldungen mit höherer Wahrscheinlichkeit in deinen Neuigkeiten angezeigt werden. Falls du den Eindruck hast, dass dir Meldungen fehlen, die du gern gesehen hättest, oder dir unerwünschte Meldungen angezeigt werden, kannst du deine Einstellungen anpassen.«, https://www.facebook.com/help/327131014036297/ (zuletzt eingesehen am 15. August 2016). Die angekündigte ›Anpassung‹ der Meldungen besteht jedoch lediglich im Unterdrücken der Meldungen von befreundeten Usern, sowie in der Organisierung der »Freunde« in Listen. Der Newsfeed selbst und dessen Algorithmus können nicht oder nur indirekt durch das Nutzungsverhalten verändert werden. Vgl. https://www.facebook.com/help/335291769884272 (zuletzt eingesehen am 15. August 2016). Vgl. dazu auch: Kim Rixecker: »So entsteht unser Newsfeed. Der Facebook-Algorithmus im Detail«. In: t3n. Digital Pioneers. http://t3n.de/news/facebook-newsfeed-algorithmus-2-577027/ (zuletzt eingesehen am 15. August 2016); Dominik Braun: »Web-Wissen: ›Edge-Rank‹ – Der Facebook News Feed-Algorithmus«. In: Netzstrategen. http://www.netzstrategen.com/sagen/
    edgerank-wie-der-facebook-news-feed-algorithmus-funktioniert/ (zuletzt eingesehen am 15. August 2016). Eine dieser Anpassungsmaßnahmen ist zudem das ›Einschalten‹ der Chronologie, indem der User von ›Hauptmeldungen‹ auf ›Neueste Meldungen‹ umstellt. Diese sind dann weiterhin gefiltert nach den Berechnungen von Facebook, sie erscheinen dann aber in chronologischer Reihenfolge. Vgl. Facebook-Hilfe, https://www.facebook.com/help/335291769884272/ (zuletzt eingesehen am 15. August 2016).
  • 56. Engl. Originaltitel: »Autobiography as De-Facement« (vgl. Anm. 24), dt. Übersetzung von Jürgen Blasius: »Autobiographie als Maskenspiel«. In: Paul de Man: Die Ideologie des Ästhetischen. Hg. v. Christoph Menke. Frankfurt / M. 1993, S. 131−146.
  • 57. »Facebook funktioniert am besten als ein virtuelles Kontaktmedium für reale Freundschaften, die auch jenseits des Bildschirms existieren. […] Der Freundeskreis stützt, bestätigt und beglaubigt dabei die Konstruktion der eigenen Identität […].« Aleida Assmann: »Freundschaft im Kommunikationszeitalter«. In: Katharina Münchberg u. Christian Reidenbach (Hg.): Freundschaft. Theorien und Poetiken. München 2012, S. 79−94, hier S. 84. Vgl. auch Adelmann: »Von der Freundschaft in Facebook« (Anm. 48), S. 133. Facebook stellt bei neuen Freundschaften die Frage, ob der User die befreundete Person auch außerhalb von Facebook kennt, so dass hier eine klare Priorisierung von Offline-Freundschaften seitens der Betreiber zu erkennen ist.
  • 58. Vgl. Rob Shields: »Hypertext Links. The Ethic of the Index and its Space-Time Effects«. In: Andrew Herman u. Thomas Swiss (Hg.): The World Wide Web and Contemporary Cultural Theory. London u. New York 2000, S. 145–160, hier S. 145, 151f.
  • 59. Vgl. Adelmann: »Von der Freundschaft in Facebook« (Anm. 48), S. 136−138.
  • 60. Facebook ›fordert‹ eine regelmäßige Bearbeitung des eigenen Profils, wie Carolin Wiedemann analysiert hat. Vgl. Carolin Wiedemann: »Facebook: Das Assessment-Center der alltäglichen Lebensführung«. In: Oliver Leistert u. Timo Röhle (Hg.): Generation Facebook. Über das Leben im Social Net. Bielefeld 2011, S. 161−180, hier S. 168.
  • 61. »[Facebook] has been designed to become part of users’ daily lives, and to shape their offline narratives and selves in Facebooked ways. […] Unlike the relatively unstructured nature of blogs, for example, the auto/biographical act of creating a Profile follows particular company guidelines and establishes community norms for participation. Reading these fields as the outlines for autobiographical acts, we see a programmatic, corporate vision of ideal users, indicating the particular social values that Facebook both promotes and reflects, as well as a potentially homogenized model of subjectivity.« Laurie McNeill: »There is no ›I‹ in Network: Social Networking sites and posthuman auto/biography«. In: Biography 35.1 (2012), S. 65–81, hier S. 67f.
  • 62. »Für den Rest der Welt wäre es kein Problem, wenn fröhliche Amerikaner nur einander mit ihrer optimistischen Folklore belästigen würden. Doch diese Designprinzipien werden ja gerade bei Software angewandt, die Milliarden weltweit nutzen.« Geert Lovink: »Anonymität und die Krise des multiplen Selbst«. In: Oliver Leistert u. Timo Röhle (Hg.): Generation Facebook. Über das Leben im Social Net. Bielefeld 2011, S. 183–198, hier S. 190.
  • 63. Vgl. Castells: Der Aufstieg der Netzwerkgesellschaft (Anm. 20), S. 518.
  • 64. Zur raumzeitlichen Dimension des Links vgl. ausführlicher: Shields: »Hypertext Links« (Anm. 58).
  • 65. Freilich nur, wenn der User diese Datenerfassung zulässt. Vgl. https://www.facebook.com/help/195444053838206 (zuletzt eingesehen am 15. August 2016).
  • 66. Vgl. Castells: Der Aufstieg der Netzwerkgesellschaft (Anm. 20), S. 467–469.
  • 67. Vgl. ebd., S. 518.
  • 68. Ebd., S. 484, Herv. i. Orig. Auch Richard Sennett spricht von einer Kluft der zeitlichen (weniger der raumzeitlichen) Wahrnehmung. Er unterscheidet zwischen interner und externer Zeit, also zwischen persönlichen Ansprüchen und Zeitentwürfen einerseits und gesellschaftlichen (d.h. kapitalistischen) Anforderungen andererseits. Vgl. Richard Sennett: Der flexible Mensch: Die Kultur des neuen Kapitalismus. Berlin 2006, S. 15−38.
  • 69. Vgl. Castells: Der Aufstieg der Netzwerkgesellschaft (Anm. 20), S. 534f.
  • 70. Vgl. Karin-Gratiana Wurm: »Phänomen Zeit – Medien als Zeittreiber. Medieninduzierte Moralvorstellungen und Erwartungshaltungen in Bezug auf die Zeit«. In: Gerhard Chr. Bukow, Johannes Fromme u. Benjamin Jörissen (Hg.): Raum, Zeit, Medienbildung. Untersuchungen zu medialen Veränderungen unseres Verhältnisses zu Raum und Zeit. Wiesbaden 2012, S. 101–116, hier S. 103f.
  • 71. War Facebook in seiner Anfangszeit noch ein Medium zur Vernetzung von Kommiliton/innen und Arbeitskolleg/innen, so verändert sich die Nutzung in den vergangenen Jahren. Die Netzwerke lösen sich zunehmend »von ihren geographischen Lokalisierungen, von ihrer Verbindung mit bestimmten Institutionen und Orten.« Adelmann: »Von der Freundschaft in Facebook« (Anm. 48), S. 133.
  • 72. Vgl. McNeill: »There is no ›I‹ in Network« (Anm. 61), S. 76f.
  • 73. Ebd., S. 75.
  • 74. Vgl. Wiedemann: »Facebook« (Anm. 60), S. 167.

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